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Mister McKee machte ein ernstes Gesicht. Tylo und ich saßen zusammen mit einer Reihe weiterer G-men im Besprechungszimmer unseres Chefs.

Tylo ist übrigens ein Zwerg.

Wieso er es nie bis zu einer der vielen bewohnbaren Supererden geschafft hat, die draußen im Kosmos nur darauf warten, von gentechnisch angepassten Supererden-Zwergen besiedelt zu werden weiß ich nicht.

Nicht jeder ist da, wo er sein sollte.

Das gilt ja nicht nur für Tylo, habe ich den Eindruck.

"Wenn wir Pech haben, dann ist der Tod von Jack Rezzolotti nur der Auftakt eines ausgewachsenen Gangsterkrieges", erklärte Mister McKee. Rezzolotti und sein Syndikat versuchten zurzeit mit allen Mitteln, die Vorherrschaft der Russen und Ukrainer aus Brooklyn im Bereich der illegalen Müllentsorgung zu brechen. Die Gewinnspannen in diesem Zweig des organisierten Verbrechens überschritten seit Jahren schon die des Drogenhandels bei weitem. Ein unerwünschter Nebeneffekt immer höherer Umweltstandards und knapper werdender Lagerkapazitäten auf den legalen Sondermülldeponien.

Mister McKee trägt eigentlich auch eine Seriennummer, so wie ich. Denn er ist auch ein Androide mit integriertem Autonomen KI-System (AKIS). Aber Mister McKee hat uns immer seine Seriennummer verschwiegen. Das machen viele Androiden. Sie denken , dass sie das menschlicher erscheinen lässt. Obwohl das meiner Meinung nach Unsinn ist. Viele Androiden sehen menschlicher aus als als manche Menschen, die sich durch Implantate und Body-Modifikationenen verändert haben. Die Gestalt eines Androiden orientiert sich schließlich an der natürlichen Gestalt eines Homo sapiens. Viele Homo sapiens finden diese, ihnen angeborene Gestalt aber inzwischen uncool. Das Problem, jemand anderes sein zu wollen, als man ist, scheint universeller Natur zu sein. Ich denke da natürlich an Neptun. An die Diamanten. An die Greifarme, über die ich dort verfüge und an meine Freunde, die Raumtransporter und die anderen Diamantenfänger.

Bin ich vielleicht in Wahrheit gar kein Androiden Cop, der davon träumt, ein Diamantenfänger auf Neptun zu sein, sondern ist es vielleicht umgekehrt und ich bin eigentlich ein Diamantenfänger auf Neptun, der gerade davon träumt, ein Androiden-Agent beim FBI in New York zu sein?

Eine philosophische Frage

Ich glaube, es war niemals vorgesehen, dass ein AKIS sich solche Fragen stellt.

Aber ich glaube, ab einem gewissen Grad der Komplexität, ist es unvermeidlich, dass solche Fragen aufkommen.

Mister McKee wandte sich an Agent Max Carter aus dem Innendienst. "Ich hatte Sie gebeten, für die anwesenden Special Agents ein Dossier über Rezzolottis bisherigen Werdegang zusammenzustellen, Max."

"Habe ich auch gemacht. Es wird gerade noch ausgedruckt. Im Wesentlichen lassen sich unsere bisherigen Erkenntnisse folgendermaßen zusammenfassen: Jack Rezzolotti übernahm vor drei Jahren die Geschäfte seines Vaters Tony, der außer Landes ging, bevor die Justiz gegen ihn vorgehen konnte. Jetzt sitzt Tony Rezzolotti in Marokko und kann davon ausgehen, dass wahrscheinlich auch in den nächsten zwanzig Jahren kein Auslieferungsabkommen zwischen Marokko und den USA abgeschlossen werden wird."

"Und selbst wenn", ergänzte Mister McKee. "Rezzolotti senior hat frühzeitig dafür gesorgt, die Gewinne aus seinen illegalen Geschäften ins Ausland zu transferieren. Er wäre reich genug, um in Marokko die Justiz in seinem Sinn zu bestechen."

"Aus diesem sicheren Hafen wird ihn wohl so schnell auch niemand hervorlocken können", war ich überzeugt.

Mister McKee hob die Augenbrauen. "Wer weiß? Sein Sohn Jack Rezzolotti wurde jedenfalls gestern am frühen Abend auf der Brooklyn Bridge unter sehr eigenartigen Umständen erschossen, was auch für das alte Familienoberhaupt die Lage ändern könnte. Jeder von Ihnen, der die Lokalnachrichten oder das Frühstücksfernsehen eingeschaltet hatte, wird die Bilder von der Rauchwolke gesehen haben, die Richtung Battery Park zog."

Max Carter projizierte ein Dia an die Wand, das den Tatort nur wenige Minuten nach dem Anschlag zeigte. Ein Ornithopter der City Police hatte das Foto gemacht. Die Rauchfahne war deutlich zu sehen.

"Die Kollegen der City Police und der Highway Patrol haben gestern Abend noch Dutzende von Zeugen befragt. Einige unserer Agenten waren auch dabei. Danach ergibt sich folgendes Bild: Eine Gruppe von sieben bewaffneten Roller-Skates-fahrenden Ogern schnellte zwischen den im Stau stehenden Fahrzeugen her und begann damit, die wehrlosen Insassen auszurauben. Einer von ihnen drohte mit einer Handgranate für ein Inferno zu sorgen..."

"Was ihm ja wohl auch gelungen ist", sagte Clive Zefirelli. Der stellvertretende Special Agent in Charge nippte an seinem Kaffeebecher.

Max Carter kratzte sich am Kinn. "Den Zeugenaussagen nach lief das Ganze nicht so, wie diese Roller-Skates-Gang es wohl geplant hatte. Ein Porschefahrer zog eine Waffe und wehrte sich. Das war Jack Rezzolotti. Er lieferte sich mit den Mobstern ein Feuergefecht. Insgesamt drei von ihnen kamen ums Leben. Dabei wurde die Handgranate ausgelöst. Die sterblichen Überreste der drei Roller-Skates-Fahrer sind beim Coroner und ich hoffe, dass wir möglichst bald wissen, um wen es sich handelt. Durch die Explosion, sowie durch die Luft geschleuderte Metallteile kamen außerdem die nach unseren bisherigen Erkenntnissen völlig unbeteiligten Insassen eines Sportcoupés ums Leben. Einige Dutzend Personen erlitten Verletzungen."

"Hatten die Täter es denn wirklich auf Rezzolotti abgesehen oder handelte es sich vielleicht doch um einen Raubüberfall?", hakte mein Freund und Kollege Tylo Rucker nach.

Max Carter zuckte die Achseln. "Wir wissen es nicht. Nur eins steht fest: Es gibt einige Leute bei der Müllmafia in Brooklyn, denen Rezzolottis Tod gut in den Kram passt. Und der alte Rezzolotti wird jetzt Blutrache schwören."

"Also können wir uns so oder so in nächster Zeit auf einiges gefasst machen", schloss Mister McKee. "Jack Rezzolottis zweiter Mann hier in New York ist ein gewisser Ray Neverio. Gehört zur Familie, ein Großcousin glaube ich. Wir gehen davon aus, dass er die Geschäfte weiter führt."

"Wenn die Hypothese stimmt, dass die Brooklyn-Leute dahinterstecken, dann wird Neverio mit Sicherheit die Nummer Zwei auf der Todesliste sein", stellte Clive Zefirelli fest.

Mister McKee nickte. "Oder die Rezzolotti-Familie schlägt zurück und es erwischt einen der Bosse in Brooklyn. Aber wir werden nicht zulassen, dass das passiert. Unter keinen Umständen."

"Für mich sieht das ganze eher aus wie eine dieser Mutproben, wie man sie von den Gangs aus dem Barrio oder der South Bronx kennt", meinte ich. Bei derartigen Mutproben mussten neu aufgenommene Mitglieder Straftaten begehen, die sie an die Gang banden. Es kam auf die Coolness des Auftritts an. Die Neuen mussten sich Respekt innerhalb der Gruppe verschaffen und zeigen, was für tolle Typen sie waren. Die Effektivität stand nicht an erster Stelle. Ihr Geld machten diese Gangs normalerweise im Drogenhandel oder anderen Zweigen des organisierten Verbrechens. Auf jeden Fall gab es einträglichere Möglichkeiten für sie, Geld einzunehmen, als das Auto-Mugging im Stau der Brooklyn Bridge.

Mister McKee nickte. "Normalerweise würde Ihnen jeder hier im Raum sofort zustimmen, Jesse. Aber in diesem Fall heißt das Opfer Jack Rezzolotti. Und an so eine Nummer würden sich die üblichen Gangs nicht im Traum herantrauen."

"Sie meinen, dieses Theater mit den Roller-Skates, den langen Mänteln und dem Brieftaschenraub war nur vorgetäuscht?", hakte ich nach.

"Diese Möglichkeit sollten wir nicht ausschließen", fand Mister McKee.

"Immerhin sind Roller-Skates doch auch total out", mischte sich Orry ein. "Heute fährt doch jeder Inliner."

"Die haben allerdings eine viel geringere Stabilität und lassen sich nicht so sicher stoppen", erläuterte Max Carter. Er aktivierte das Implantat an seiner Schläfe. Es leuchtete auf und verband ihn über ein Interface direkt mit dem Zentralrechner. "Bei Roller-Skates sind die Rollen jeweils paarweise unter dem Schuh angebracht, bei Inlinern dagegen in einer Reihe."

Clive Zefirelli meldete sich zu Wort. "Wie sind die Kerle eigentlich geflohen?", hakte er nach. Max Carter zoomte die Brooklyn Bridge etwas näher heran. Dann markierte er mit seinem Laserpointer eine ganz bestimmte Stelle. "Sehen Sie hier! Genau dort wartete nach Angaben mehrerer Zeugen ein Mercedes Transporter in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Da herrschte nämlich kein Stau! Die Roller-Skates-Gangster kletterten über die Leitplanken und verschwand im Transporter. Glücklicherweise hat sich ein Zeuge bei der City Police gemeldet, der sich die Nummer aufgeschrieben hatte."

"Wenigstens gibt es ab und zu noch so etwas wie Zivilcourage!", raunte Tylo mir zu. Manche Leute glauben, Zivilcourage müsse immer bedeuten, dass man den Helden spielt. Oft genug besteht sie aber zum Beispiel nur darin, dass man sich eine Nummer aufschreibt oder sich als Zeuge meldet, anstatt so zu tun, als würde einen das alles nichts angehen.

"Der Transporter wurde einen Tag zuvor genau um 12.38 Uhr als gestohlen gemeldet", fuhr Max Carter fort. "Halter ist ein gewisser Larry Morton. Ihm gehört ein Drugstore in der South Bronx. Der Transporter ist teil-autonom.”

Das bedeutete, dass das AKIS des Transporters unterhalb einer gewissen Komplexitätsschwelle lag und damit keine Bürgerrechte besaß. Das war bei zahlreichen Haushaltsgeräten, Sex-Robotern, 3-D-Druckern und anderen Service-Geräten auch der Fall. Aus diesem Grund gab es bei diesem Fahrzeug auch einen Halter.

Carter zeigte ein Bild von Morton, das offensichtlich aus den über das Datenverbundsystem NYSIS stammenden Fahndungsdateien stammte. "Morton ist wegen Versicherungsbetrugs vorbestraft, deswegen haben wir ihn in den Archiven."

Unser Kollege Orry Medina meldete sich zu Wort. "Was hat er genau gemacht, Max?"

"Es ging um fingierte Unfälle. Das hat mit der Sache von gestern Abend nichts zu tun."

"Aber wir wissen, dass Morton sich schon auf krumme Touren eingelassen hat", ergänzte ich.

Max nickte. "Diesmal ist auch etwas faul. Er wurde wegen überhöhter Geschwindigkeit auf dem Bruckner Expressway geblitzt - eine halbe Stunde nachdem angeblich sein Wagen gestohlen worden war! Das Foto, das dabei entstand, zeigt eindeutig Morton, daran gibt es nicht den geringsten Zweifel!"

Eigentlich sollten auch teil-autonome Fahrzeuge sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. Aber Halter schaffen es immer wieder mit ein paar Tricks, ihre Wagen dazu zu bringen. Zumindest die teilautonomen. Ein voll-autonomes Fahrzeug würde das nicht tun, es müsse nämlich selbst haften.

Mister McKee wandte sich an Tylo und mich. "Ich möchte, dass Sie sich diesen Morton mal vornehmen. Möglicherweise hat er was mit der Sache zu tun oder kann uns zumindest wertvolle Hinweise geben."

"In Ordnung, Sir", sagte ich.

Unser Chef wandte sich an Clive Zefirelli. "Nehmen Sie alle unter die Lupe, die irgendwie mit den Rezzolottis zusammenhängen, Clive. Aktivieren Sie jeden Informanten in Little Italy, der etwas dazu zu sagen hat!"

"Ich schätze, das Rezzolotti-Syndikat gleicht im Moment einem aufgescheuchten Hühnerhaufen", meinte der stellvertretende SAC.

Mister McKee hob die Augenbrauen. "Aber dieser Zustand wird nicht lange anhalten, fürchte ich!"

Eines der Telefone auf dem Schreibtisch unseres Chefs klingelte.

Mister McKee ging an den Apparat, nahm den Hörer ans Ohr.

Eine tiefe Furche zeigte sich auf seinem Gesicht.

Kurze Zeit später legte er wieder auf. "In Brooklyn hat es eine Explosion gegeben. Die Villa von Alex Moshkoliov steht in Flammen!"

Moshkoliov - der Name war uns allen bekannt. Er galt als starker Mann bei den Ukrainern. Das alte grausame Mafia-Spiel ging also wieder los: Ihr tötet einen von uns, dann töten wir einen von euch...

Planetenmonster : 9 Science Fiction Abenteuer Sammelband

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