Читать книгу Elbkiller: 7 Hamburg Krimis - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 12
6. Kapitel
Оглавление„Biegen Sie da vorn mal rechts ab“, befahl Hauptkommissar Brock. „Da war ein Hinweisschild.“
Sie waren ein ganzes Stück auf dem Veddeler Damm gefahren, an dem zahlreiche Firmen ihre Lagerhäuser besaßen. Auch die Reederei Holler hatte sich hier angesiedelt. Sie fuhren direkt auf das Firmenschild an einer fensterlosen Halle zu, vor der ein großer Parkplatz lag, auf dem einige Container abgestellt waren. Ein einsamer Lastzug stand auf der betonierten Fläche. Sie parkten ein Stück daneben.
„Es wird Zeit, dass wir mit Tim reden, dem Neffen von Anton Holler. Bis jetzt hatte ich noch keine Gelegenheit dazu. Ich hoffe, dass wir die offene Planstelle in unserer Abteilung bald besetzen können, damit es nicht solche Verzögerungen gibt, die wir uns eigentlich nicht erlauben können.
Kommissaranwärter Spengler sagte dazu nichts. Vermutlich malte er sich aus, dass er einen weiteren Vorgesetzten bekommen würde, der nichts Besseres zu tun hatte, als ihm Anweisungen zu erteilen.
Brock warf seinem Assistenten einen schrägen Blick zu und deutete den missmutigen Gesichtsausdruck richtig. „Keine Sorge, Sie bleiben weiter direkt mir unterstellt.“
Spengler lächelte, und sie stiegen aus. Sofort umfingen sie die Geräusche und die typischen Gerüche des Hafens. Das Gekreische der Möwen erfüllte die Luft. Aus der Ferne drang der Lärm von zusammenprallendem Metall zu ihnen durch.
Ohne zu zögern marschierten sie auf das breite Doppeltor der Halle zu, dessen sehr viel kleinerer Personendurchgang geöffnet war. Sie standen in einem riesigen Raum, der weitgehend leer war. Ein paar Container standen dicht an einer Wand nebeneinander, die Türen geöffnet. An einer anderen Seite waren Kisten gestapelt. Zahlreiche Paletten bildeten einen unübersichtlichen Holzhaufen. Zwei Gabelstapler standen mitten in der Halle. Kein Mensch war zu sehen.
Unter der Decke waren verschiedene Stahlträger angebracht, an denen Kranschienen mit schweren Haken hingen. Ein dazu gehörendes Steuerhaus klebte wie ein Bienenstock an einer Seite des Lagerschuppens.
Rechts von ihnen führte eine Metalltreppe zu einer Art Galerie auf halber Höhe, an der wohl die Büros lagen. Es handelte sich eher um hölzerne Verschläge mit kleinen verschmutzten Fenstern.
Brock dachte kurz daran, dass sein Arbeitsplatz vielleicht doch nicht so schlecht war. „Gehen wir hoch.“
Brock blieb vor der ersten Tür stehen. Sie hörten ein erregtes Gespräch. Zwei unterschiedliche Stimmen waren zu vernehmen, doch sie verstanden nur Bruchstücke.
„… besser verstecken sollen … konnte nicht ahnen … wer bezahlt das … endlich erfahre ich auch, was passiert ist … früher sagen können.“
Die beiden Beamten sahen sich ratlos an, dann klopfte der Hauptkommissar kurz an die Tür. Das Fenster im oberen Teil, war so verdreckt, dass man nicht hineinsehen konnte. Sie traten ein, ohne auf eine entsprechende Aufforderung zu warten.
Drei Köpfe zuckten herum.
„Einen schönen Tag, die Herren“, grüßte Brock fröhlich und hob seinen Ausweis.
„Aha, der Herr Kommissar!“, entgegnete der Mann auf der linken Seite, der hinter einem Schreibtisch saß. Er war Mitte zwanzig, von kräftiger Statur, mit leicht gelockten schwarzen Haaren und tief liegenden Augen. Er trug ein offenes Hemd, aus dem eine schwere Goldkette mit einem ebenfalls goldenen Anhänger blinkte.
„Hauptkommissar“, verbesserte Spengler automatisch.
Sieht aus wie ein Pirat, dachte Brock. Das musste Tim sein – der Neffe. Er hatte ihn bei seinem ersten Besuch in Hollers Villa nur kurz gesehen, doch das Gesicht hatte er sich eingeprägt.
Er deutete auf seinen Begleiter. „Horst Spengler. Wir untersuchen den Tod von Markus Holler, und mit Ihnen habe ich noch nicht gesprochen.“
„Und Sie sind?“, fragte Spengler, an die beiden anderen gewandt.
Tim Holler übernahm das Reden. Er zeigte auf den älteren. „Das ist Fiete. Seinen richtigen Namen habe ich vergessen, da ihn alle nur so nennen. Er ist dafür verantwortlich, dass die Waren von unseren Schiffen hier zum Teil zwischengelagert und anschließend termingerecht weitertransportiert werden.“
Fiete nickte. Er stand breitbeinig vor dem Schreibtisch, die Daumen hinter seinen Gürtel gehakt, den er um den dunkelblauen Overall geschlungen hatte. Auf seinem Gesicht lag ein abfälliges Grinsen. Polizisten schienen ihn nicht zu beeindrucken.
Tims Hand schwenkte zu dem jungen Mann von vielleicht achtzehn, neunzehn Jahren herum, der schräg hinter Fiete an der Wand lehnte. „Unser jüngster, Stefan, er lernt noch, wie unser Geschäft funktioniert.“
Brock nahm die Vorstellung mit einem Nicken zur Kenntnis, wobei er registrierte, dass der Junge sichtlich nervös war. Seine Blicke huschten unruhig hin und her, und er wusste nicht, wo er seine Hände lassen sollte, die eine Art Eigenleben entwickelt hatten.
„Sind das alle Mitarbeiter in diesem Lagerhaus?“
„Wir haben noch einen Kranführer, doch der hat ein paar Tage Urlaub. Unser nächstes Schiff kommt erst in einer Woche, daher brauchen wir ihn jetzt nicht. Wenn wir mehr Leute brauchen, werden die tageweise engagiert."
Während Brock Tim Holler betrachtete, war es, als schoben sich zwei Bilder übereinander, der vor ihm sitzende Mann und der Mann, der vor einem Jahr ein Paket von Markus Hollers Jacht über Bord geworfen hatte. Schließlich war er überzeugt, dass es sich um den gleichen Mann handelte. Es wurde immer interessanter!
„Wie kann ich Ihnen helfen?“, erkundigte sich Tim.
„Zunächst hätte ich gern gewusst, wann Sie Ihren Cousin Markus zum letzten Mal gesehen haben.“
Tim Holler legte den Kopf in den Nacken, als müsste er scharf nachdenken. „Ich glaube, das war bei unserem Sonntagsessen im letzten Monat, es ist also einige Zeit her.“
Er blickte zu den beiden anderen Männern. „Ihr habt ihn auch länger nicht gesehen, oder?“
Beide schüttelten den Kopf. Brock bemerkte, dass Stefan fast verzweifelt seine Finger knetete. Der Junge wusste etwas!
Brock verständigte sich wortlos mit seinem Assistenten, indem er eine kurze Augenbewegung in Richtung Stefan machte.
„Du kannst gehen, Stefan. Dich brauche ich nicht mehr“, sagte er anschließend.
Das ließ der Junge sich nicht zweimal sagen, und er lief erleichtert zur Tür.
Brock wandte sich an seinen Assistenten. „Spengler, Sie können inzwischen die Informationen von der Zentrale einholen, auf die wir dringend warten. Ich habe hier noch ein paar Fragen, und wir treffen uns anschließend beim Auto.“
Spengler nickte. Er hatte sofort verstanden, was er tun sollte, und war rasch ebenfalls aus der Tür.
„Haben Sie eine Vorstellung, wer Ihren Cousin ermordet haben könnte?“, fragte er.
Tim Holler zog seine Stirn in Falten und schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung. Wir sehen uns nicht häufig. Markus war drüben im Kontor. Er hat sich hier nicht oft blicken lassen.“
Fiete starrte zu Boden und schwieg.
Um Zeit zu gewinnen, ließ Brock sich noch jede Menge Fragen einfallen, deren Beantwortung ihm allerdings nicht wichtig war. Die beiden Männer entspannten sich sichtlich bei seinen eher harmlosen Fragen. Er hatte den deutlichen Eindruck, dass sie ihm ohnehin nicht die Wahrheit sagen würden. Nach fünfzehn Minuten fiel ihm nichts mehr ein, und er verabschiedete sich mit bestem Dank für die Kooperation.
Spengler stand neben dem Dienstwagen und grinste breit.
„Und?“, fragte Brock.
„Stefan – mit Nachnamen heißt er übrigens Dietz – hat erst geflennt und dann geredet wir ein Wasserfall. Er ist ja nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte, aber ich konnte die Bruchstücke seiner Erzählung einigermaßen zusammensetzen. Ich fasse kurz zusammen: Markus Holler war am Freitag hier. Er hat Stefan auf den Kopf zugesagt, dass es hier Schmuggelware geben müsste, die mit dem letzten Schiff gekommen sei. Stefan hat ihm dann das Versteck gezeigt. Zwei Sporttaschen zwischen Einrichtungsgegenständen, die zu einem Umzug von Rio nach Hamburg gehörten.“
„Nur zwei Taschen?“
„Es gab wohl noch andere, jedoch in einem weiteren Container, der noch nicht entladen war. Jedenfalls nahm Markus diese beiden Taschen und schleppte sie zu seinem Auto, das hier draußen auf dem Parkplatz stand. Bevor er losfuhr, schärfte er Stefan ein, niemandem etwas davon zu erzählen. Nach dem Wochenende hat dann Tims Kumpel Fiete zwei weitere Taschen aus dem Versteck geholt und Stefan beschimpft, weil die Hälfte der Ware verschwunden war.“
„Worum hat es sich dabei überhaupt gehandelt?“
„Drogen. Kokain, um genau zu sein.“
Brock nickte. „Hollers Schiffe bedienen eine Südamerikaroute. Bolivien und Kolumbien sind die Hauptlieferanten für Kokain. Das ergibt allmählich einen Sinn. Was passierte dann?“
„Damit rückte Stefan erst nach eindringlicher Ermahnung und einem erneuten Heulanfall heraus. Als Markus mit seinem Wagen den Parkplatz verließ, kam Tim Holler gerade an. Er sah seinen Cousin wegfahren und folgte ihm mit einigem Abstand, als ob er ihn beschatten würde, wie Stefan sich ausdrückte. Mehr habe ich beim besten Willen nicht aus ihm herausbekommen. Allerdings habe ich ihm empfohlen, sich dringend einen neuen Job zu suchen.“
„Das haben Sie gut gemacht“, lobte Brock. „Das Bild wird allmählich deutlich.“
„Glauben Sie, dass Tim der Mörder ist?“
„Eigentlich nicht. Er mag ein Halunke und in schmutzige Geschäfte verwickelt sein, doch für einen Mörder halte ich ihn nicht.“
Brock öffnete die Beifahrertür. „Fahren wir!“
Als Spengler sich hinter das Steuer des Autos gesetzt hatte, fuhr ein bulliger SUV auf den Parkplatz, höher, breiter und länger als ihr älteres Golf-Modell vom Polizei-Fuhrpark.
„Warten Sie“, befahl Brock.
Ein einzelner Mann stieg aus dem Fahrzeug. Er war zwischen vierzig und fünfzig, besaß volles, doch schon leicht ergrautes Haar und trug einen dreiteiligen Anzug von merkwürdigem gesprenkeltem Aussehen.
„Wie nennt man wohl diese Farbe?“, kam dazu ein erstaunter Kommentar von Brock.
Spengler grinste. „Möwenschiss?“
Jetzt grinste auch Brock. „Wir warten, bis er wieder herauskommt. Dann folgen wir ihm. Ich möchte gern wissen, wer das ist. Er sieht nicht wie der normale Besucher eines Lagerschuppens aus.“
Es dauerte nur zehn Minuten, bis der SUV wieder vom Parkplatz fuhr. Spengler hatte ihren eigenen Wagen inzwischen auf die Straße gefahren. Sie standen jetzt in einer unauffälligen Lücke zwischen anderen Fahrzeugen.
„Halten Sie Abstand. Ich möchte nicht, dass der Typ uns entdeckt.“
Spengler nickte und wartete, bis der SUV ein ganzes Stück entfernt war, ehe er losfuhr. Es wurde eine lange Fahrt, die sie an der Hafencity vorbei durch die Innenstadt in Richtung Altona führte.
„Ich glaube, ich weiß, wer das ist und wohin er will“, sagte Spengler, als sie die Reeperbahn passierten.
Es dauerte nicht mehr lange, bis der SUV in eine Toreinfahrt einbog. Hinter ihm schloss sich sofort das breite Rolltor.
Die beiden Beamten betrachteten das Firmenschild neben der Toreinfahrt: „Gebäudereinigung Igor Jennisew“.
Brock sah seinen Assistenten respektvoll an. „Meine kleinen grauen Zellen laufen jetzt auf Hochtouren.“
*
„Haben wir ein Problem?“, fragte Fiete, nachdem Tim Holler ihn wieder ins Büro gerufen hatte.
Tim saß gedankenverloren hinter seinem Schreibtisch und blickte gegen die Wand, an der ein Kalender vom Vorjahr hing, angestaubt und verblichen.
„Da hast du verdammt recht“, sagte er schließlich.
„Was hat Igor denn gewollt?“
„Er will den Rest der Lieferung. Wir hätten ihm fest zugesagt, alles pünktlich zu liefern, und jetzt hat er nur die Hälfte bekommen. Er war stinksauer und hat mir erhebliche Konsequenzen angedroht, weil er gegenüber seinen Abnehmern verpflichtet ist zu liefern.“
Er machte eine kurze Pause. „Wir haben zehn Tage Zeit.“
„Wie sollen wir das schaffen?“, regte sich Fiete auf. „Das ist völlig unmöglich. Von einem anderen Lieferanten hier zu kaufen können wir uns nicht leisten. Ich habe unsere Konten geprüft. Das ist nicht drin.“
Tim nahm einen kleinen Terminkalender vom Schreibtisch und studierte ihn sorgfältig. „Unser nächstes Schiff legt in drei Tagen in Cartagena ab. Wenn du dich sofort um einen Flug nach Kolumbien kümmerst, kannst du es schaffen, rechtzeitig dort zu sein. Dann passt du selber auf die Fracht auf. Ich rufe inzwischen unseren Lieferanten an und bitte ihn, fünfzig Kilo in Cartagena bereitzustellen. Ich hoffe, dass wir die Summe aufbringen können.“
Fiete nickte. „Dafür müsste es reichen. Wenn Igor uns bezahlt hat, haben wir wieder etwas Luft.“
„Das Schiff ist die Orion. Sie hat Obst geladen, hauptsächlich Bananen. Ich kenne den Kapitän ganz gut. Er wird keine Schwierigkeiten machen, wenn du unerwartet an Bord gehst. Ich rufe ihn an. Er muss trotzdem nicht wissen, was du transportierst. Die Mannschaft darf natürlich nichts erfahren.“
„Ist klar, Chef.“
„Dann kümmere dich um deinen Flug. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“
Fiete ging zur Tür und drehte sich noch einmal um. „Was für Konsequenzen hat Igor eigentlich angedroht?“
Tim blickte ihn düster an.
„Er hat gesagt, wenn er die Ware nicht rechtzeitig bekommt, würden wir ebenfalls die Gelegenheit bekommen, eine schöne Aussicht auf die Elbe zu genießen.“
Fiete starrte Tim Holler an, etwas blass um die Nase.
„Dabei hat er gelächelt“, ergänzte Tim.
Fiete schloss leise die Tür.
*
Kommissaranwärter Spengler saß immer noch vor seinem Monitor, als Cornelius Brock von seinem Besuch bei Birgit Kollmann zurückkehrte.
„Wollen Sie nicht bald Feierabend machen?“
Spengler hob den Kopf. „Sie sind ja auch noch hier.“
Brock setzte sich. „PPK hat darauf herumgeritten, dass wir bloß keinen Fehler machen. Ihr sitzen die großen Bosse im Nacken. Die Medien sind inzwischen groß eingestiegen, auch wenn sie den Namen des Opfers noch nicht veröffentlicht haben. Immerhin haben wir Glück, da sie die beiden Morde noch nicht in Zusammenhang gebracht haben. Doch das wird nicht so bleiben.“
„Man könnte fast Mitleid mit den oberen Etagen haben. Aber immerhin werden sie dafür gut bezahlt, dass sie manchmal selbst den Kopf hinhalten müssen und nicht alles auf die Untergebenen abwälzen können.“
Brock äußerte sich nicht zu den ketzerischen Ansichten seines Assistenten, obwohl er wusste, dass Spengler recht hatte.
„Was haben Sie noch gefunden?“
„Zunächst habe ich diesen Fiete gesucht. Er heißt eigentlich Fritz Borowski und ist für uns kein Unbekannter. Mit anderen Worten, er hat ein umfangreiches Strafregister.“
Spengler drehte den Bildschirm zur Seite. „Erster Diebstahl mit zwölf Jahren, zwei Jahre später der nächste. Von der Schule geflogen, asoziales Elternhaus, Heim, Pflegeeltern, die ganze Palette. Dann Postdiebstahl und Scheckkartenbetrug – Bewährungsstrafe. Mit neunzehn diverse Fälle von Bankautomaten-Manipulation und erster Urlaub in Santa Fu.“
Damit spielte Spengler auf das Gefängnis Fuhlsbüttel an, das im Volksmund Santa Fu genannt wurde.
„Beindruckende Karriere“, kommentierte Brock.
„Kaum war er wieder draußen“, fuhr Spengler fort, „hat er seinen Geschäftszweig um Zuhälterei erweitert. Nach zwei Fällen von schwerer Körperverletzung hat er seine zweite und deutlich längere Haft angetreten. Seit einigen Jahren, also seit er bei Holler angestellt ist, gibt es keine weiteren Einträge in seiner Akte. Mit Drogen hatte er bisher nichts zu tun.“
„Man arbeitet sich hoch.“ Brock lächelte gequält. „Beweisen können wir derzeit nichts. Ich werde versuchen, Genehmigungen für die Prüfung seiner Telefonlisten, Bankverbindungen und Bewegungsprofile zu bekommen.“
Spengler nickte. „Außerdem habe ich mir die Gebäudereinigung von Igor Jennisew angesehen. Er ist in Moskau geboren und lebt seit gut zehn Jahren in Hamburg. Seine Firma besteht fast ebenso lange. Er hat nur wenige Angestellte und vergibt viele Aufträge an Subunternehmen. Seine Akte ist relativ sauber. Es gab eine Anklage wegen verbotener Preisabsprachen, doch das wurde außergerichtlich beigelegt. Sein Management besteht aus zwei Personen, die ebenfalls russischer Herkunft sind: Sergei Iwanow und Wladimir Rostrow. Sie stammen auch aus Moskau und kamen einige Jahre nach Jennisew nach Hamburg. Alle drei haben eine gültige Aufenthaltserlaubnis, haben aber keine Anträge auf die deutsche Staatsbürgerschaft gestellt.“
„Ich vermute mal, dass wir die beiden schon kennengelernt haben.“
„Ich bin sogar sicher.“
Spengler betätigte ein paar Tasten, und auf dem Schirm erschienen nacheinander zwei Fotos.
„Das sind sie!“, rief Brock.
„Ich kann sie allerdings nicht festnehmen lassen, weil sie einen Tisch umgeworfen haben. Wir brauchen ihre Fingerabdrücke und ihre DNA, um sie zumindest mit dem Mord an Dieter Schmitz in Verbindung zu bringen. Fragen Sie morgen bei der Spurensicherung nach, ob sie etwas gefunden haben. Fischer wird dann hoffentlich auch die Obduktion von Schmitz erledigt haben.“
Brock drehte sich zur Wand und betrachtete die Tafel, auf der sie ihren Fall ausgebreitet hatten. „Die Fotos von den beiden Typen sollten auch mit drauf. Es wird Zeit, dass wir ein paar Verbindungsstriche ziehen.“
Er sah auf seine Uhr. „Es ist schon spät, machen wir Schluss für heute. Bringen Sie morgen die Mordakte auf Vordermann, und ich werde noch einmal in die Holler-Villa fahren. Ich muss dringend mit dem kleinen Bruder reden. Ich habe den Eindruck, dass er mehr weiß, als er bisher zugegeben hat.“
Er stand auf und tippte auf das Foto von Markus Holler auf der Tafel.
„Wir haben Kokainschmuggel, ein Lagerhaus mit Verdächtigen und deren Verbindung zu einem Russenclan, der wiederum die Vertriebsstellen wie die Elbklause kontrolliert. Wie passt unser erstes Opfer in die Gleichung?“