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Heimkehr eines Kreuzfahrers

Das Hufgeklapper von der Gasse ließ den Mann auf dem Hof in seiner Arbeit innehalten. Er war gerade dabei, zusammen mit einem Gehilfen eine Holzvorrichtung zu verladen, als der Reiter zu ihm einbog und Berchtold vor Staunen seine Augen weit aufriss.

„Meinhart! Bei allen Heiligen, ist es wirklich wahr?“

Seine Frage schien nicht ganz unberechtigt, denn der Reiter hatte ein kräftig von der Sonne gebräuntes Gesicht, und als er jetzt die Hand zum Gruß erhob, rutschte der Ärmel seiner Cotte zurück und zeigte auch hier die gebräunte Haut.

„Berchtold, du siehst ja aus wie ein Handwerker!“, lachte der Bruder, und Berchtold antwortete: „Na, und du musst dich nur ja vorsehen, dass man dich nicht für einen Sarazenen hält, Bruder! Seit wann bist du zurück?“

Der Ritter sprang leichtfüßig aus dem Sattel und umarmte seinen Bruder, dann packte er ihn an den Schultern und hielt ihn eine Weile etwas von sich abgerückt, um sein Gesicht aufmerksam zu studieren. Dann schloss er ihn erneut in die Arme.

„Seit zwei Tagen bin ich wieder auf dem Gut. Aber lass dir sagen, Berchtold, dass dir die Arbeit gut zu bekommen scheint. Du siehst gesund und kräftig aus und hast schon fast eine Gesichtsfarbe wie einer von uns Kreuzfahrern!“

Rasch band Meinhart sein Pferd an einem dafür in die Hauswand eingelassenen Ring an und musterte rasch das gründlich überarbeitete Wohnhaus.

„Kommt herein und trink erst einmal etwas! Gudrun wird sich freuen, dich zu sehen!“

„Ich komme allein zurecht, Meister!“, rief der Zimmermann an dem Fuhrwerk und gab Berchtold damit das Zeichen, keine Rücksicht weiter auf ihn zu nehmen.

„Gudrun? Ja, ich hörte auf dem Gut, dass du geheiratet hast, Glückwunsch dazu, aber auch recht mutig. Weiß deine Gemahlin ...“

Er ließ den Satz unvollendet, aber es war Gudrun selbst, die auf dem Flur stand und ihn vollendete.

„Ihr müsst der lang erwartete Meinhart sein, seid Willkommen in unserem Haus. Und ja, die Gemahlin weiß über alles Bescheid und kommt mit ihrem Gemahl gut zurecht. Können wir Euch einen Becher Wein reichen oder lieber ein frisch gebrautes Bier?“

Meinhart musterte mit Wohlgefallen die schlanke Gestalt und blickte lange in Gudruns Gesicht, ohne zu antworten.

„Ja, was meint Ihr nun nach Eurer Musterung? Seid Ihr zufrieden mit der Frau Eures Bruders?“, unterbrach sie schließlich die eingetretene Stille, und keineswegs verlegen lachte Meinhart auf.

„Aber ja, er hat mit seiner Wahl wohl die schönste Frau in Mogontiacum gefunden. Ich könnte ihn beneiden, hätte ich nicht selbst mein Herz verloren!“

„Das ist ein sehr schönes Lob, dafür danke ich Euch. Und da Ihr noch immer zögert, schenke ich Euch jetzt etwas von dem Wein ein, der hier gerade auf dem Tisch steht.“

Es gab keinen Protest der Männer, und als sie ihre Becher in den Händen hielten, legte Berchtold seinen Arm um Gudrun, zog sie zärtlich an sich und hob den Becher.

„Wir sind glücklich, dass wir uns haben, Meinhart. Und wenn ich das richtig deute, was du gerade gesagt hast, so gratulieren wir dir ebenfalls!“

„Danke, und am Sonntag Laetare wird uns der kirchliche Segen zuteil. Kommt bitte zum Dom und werdet Zeugen meiner Eheschließung mit Katharina von Rheinfelden.“

„Das werden wir natürlich gern machen, Meinhart. Erzähle, wie es dir ergangen ist in der langen Zeit auf deinem Kreuzzug! Die Nachrichten von der gescheiterten Eroberung Jerusalems sind ja schon vor deiner Rückkehr bei uns eingetroffen!“, erklärte ihm Berchtold.

Sein Bruder lehnte sich zurück, hielt nachdenklich den Becher in der Hand und starrte ins Leere, während er begann.

„Ihr werdet wissen, dass Papst Eugen III. zunächst nur den französischen König Ludwig VII. und das Volk aufforderte, erneut zu einem Kreuzzug aufzubrechen. Das fand zunächst wenig Widerhall bei den christlichen Rittern, wie ich später erfuhr. Als unser König Konrad III. sich entschloss, auch ins Heilige Land aufzubrechen, geschah das zu Ostern im Jahre 1147. Die Kunde kam schließlich bis nach Mogontiacum, und wie du weißt, entschloss ich mich zur Teilnahme. Übrigens habe ich dir an dieser Stelle dafür zu danken, wie gut du alles verwaltet und geordnet hast, Bruder. Es muss nicht immer leicht für dich gewesen sein!“

„Ach, weißt du, Meinhart, wenn ich nicht gelegentlich wieder einmal etwas in der Art erleben würde, könnte ich fast vergessen, dass ich unter der Fallsucht leide. Medicus Gerbert ist ein tüchtiger Mann, der mir mit einigen Mitteln das Leben erleichtert“, antwortete ihm Berchtold mit einem raschen Seitenblick zu Gudrun, die ihm ein Lächeln schenkte und nach seiner Hand griff. „Leider ist es so, dass meine Gudrun fast mehr darunter zu leiden hat!“

Meinhart sah erstaunt auf. „Wie ist das möglich?“

Sein Bruder verzog das Gesicht.

„Nun, du weißt, wie die Menschen sind. Immer wieder muss sie auf dem Markt oder bei einem Gang durch die Stadt hören, dass sie die Frau wäre, die mit einem Mann lebt, den Satan immer wieder heimsucht. Oder es heißt, dass ich mit den Dämonen tanze als Strafe für meine Sünden und die meiner Ahnen.“

Meinhart stieß die Luft aus. „So ein Unsinn, hört das denn nie auf?“

Berchtold zuckte die Schultern.

„Es ist nicht zu ändern. Erzähle noch etwas von deinen Erlebnissen, die scheinen mir weitaus interessanter zu sein als der Alltag in der Stadt. Ich bin ja froh, dass du dich den Kreuzfahrern angeschlossen hast, die ins Heilige Land zogen und nicht denen, die gegen die Slawen kämpften.“

Meinhart nickte zu diesen Worten.

„Das hätte ich niemals getan, Berchtold, das kannst du dir wohl denken. Ich weiß, dass unsere Ahnfrau Katerina einst aus einem slawischen Dorf geraubt wurde, das gehört zu den überlieferten Erzählungen unserer Familie. Aber der Papst erließ eine eigene Bulle Divini dispensatione, die allen, die gegen die Slawen zogen, die gleichen Ablasse gab wie uns anderen. Das war schon eine Versuchung für viele, die den weiten Weg in das heiße Land scheuten. Wir dagegen zogen durch das Byzantinische Reich nach Konstantinopel, kämpften gegen die Seldschuken und mussten sogar vor ihnen an die Küste fliehen. Dort trafen wir auf das Heer König Ludwigs, wurden erneut in Kämpfe verwickelt, und unser König erkrankte.

Schließlich gelang uns die Überfahrt und wir zogen gen Akkon, wo wir uns erneut mit den französischen Rittern trafen.

Wir belagerten vergeblich Damaskus, später Askalon, und schließlich rückte Ludwig mit seinem Heer wieder ab, wir kehrten ebenfalls wieder nach Konstantinopel zurück und blieben dort für längere Zeit, weil Ludwig ein Bündnis mit dem byzantinischen Kaiser einging. Nun – da bin ich wieder und froh, noch im Ganzen zurückgekehrt zu sein.“

„Das glaube ich gern, und deine Katharina? Wo hast du sie kennengelernt?“

Meinhart hielt ihm seinen Becher hin, und Berchtold schenkte aus dem Krug nach.

„Ich bin nicht auf direktem Weg aus Byzanz hierhergekommen. Vielmehr begleitete ich einen verwundeten Ritter bis zu seiner Burg in Burgund. Es war Gottfried von Rheinfelden, ihr Bruder, der mir bei einem Gefecht das Leben rettete.

Ehe ich mich versah, hatten mich in einer Schlacht die Sarazenen umzingelt und bereits meinen Knappen Jenswein getötet, als Gottfried mit ein paar seiner Gefolgsleute heranjagte und mich von den Feinden befreite.

Wenige Tage erging es uns ähnlich, nur umgekehrt. Man hatte ihn bereits verwundet, als sein Pferd unter ihm, durch mehrere Pfeile getroffen, zusammenbrach. Aus dieser schrecklichen Lage konnte ich ihn befreien, auf mein Pferd ziehen und ihn so retten. Aber seine Verwundung war schwer, die Rückreise für ihn äußerst beschwerlich. Ich konnte ihn nicht allein, nur von ein paar Reisigen begleitet, ziehen lassen.“

Die beiden jungen Liebenden hatten bei seiner Schilderung an seinen Lippen gehangen, zogen förmlich jedes Wort in sich auf, und nun zeigte Gudrun wieder ihr bezauberndes Lächeln, als sie in die erneut entstandene Stille sagte: „Und, wie wir gerade gehört haben, habt Ihr das nicht bereut! Auf diese Weise also wurdet Ihr mit Katharina bekannt?“

Meinhart nickte und lächelte in der Erinnerung.

„O ja, und ich darf wohl sagen, dass es für uns beide von der ersten Stunde an klar wurde, dass wir füreinander bestimmt waren.“

Gudrun küsste ihren Berchtold zärtlich auf die Wange und sagte leise: „Wie bei uns, Herr Schwager!“

„Aber da rede und rede ich von meinen Kriegserlebnissen, und habe dich doch inmitten deiner Arbeit unterbrochen, Bruder! Was machst du überhaupt, und wie kam es, dass du diese Werkstatt gekauft hast? Deiner Liebhaberei wegen musstest du doch keine eigene Gießerei aufbauen?“

„Gudrun ist eine Gelbgießerin, und ihren Vorfahren gehörte das hier einst. Meister Ulrych war ihr Ahne. Als Meister Hantz ruiniert war und ... im Siechenhaus starb, verließ seine Frau nebst Kind unsere Stadt.

Naja, die Einzelheiten sind eigentlich auch nebensächlich, Gudrun fand einen treusorgenden Stiefvater, der ihren Wunsch erfüllte und sie in Zürich zu einem Gelbgießer gab. Sie kam wieder nach Mogontiacum und hatte die Hoffnung, Haus und Werkstatt ihrer Ahnen zu übernehmen. Dabei lernten wir uns kennen – und nun betreiben wir das Handwerk gemeinsam.“

Meinhart rieb sich nachdenklich die Kinnspitze und sah zu dem großen Krug hinüber. Berchtold bemerkte das und schenkte ihm erneut nach, wobei er lächelnd erklärte: „Du musst dich künftig nicht für deinen Bruder schämen, Meinhart. Ich weiß, dass mich meine Krankheit schon zu einem Menschen macht, den man meidet. Und nun wird auch noch der Berchtold von Brachtal ein einfacher Handwerker. Gudrun und ich haben beschlossen, uns künftig einen zusätzlichen Namen anzuhängen. Wir heißen nach der bischöflichen Urkunde unserer Heirat nun Gudrun und Berchtold Junker.“

Meinhart hätte sich um ein Haar verschluckt und stellte rasch den Becher ab.

„Junker? Aber du hast diese Bezeichnung stets gehasst, weil ...“

„Richtig, Meinhart. Und das wird nun ein ehrenvoller Name sein, denn wir werden damit die einst von Meister Berenger begründete Werkstatt zu neuem Ruhm führen.“

Meinhart erhob sich und reichte erst seiner Schwägerin, dann seinem Bruder die Hand.

„Nun wohl denn, Herr und Frau Meister Junker! Ich wünsche euch alles Glück dieser Welt. Vermerkt das Datum meiner Eheschließung und seid gewiss, dass ihr jederzeit auf Gut Brachtal willkommen seid!“

Die Brüder umarmten sich noch einmal, und als Berchtold ebenfalls auf den Hof trat, wo Meinhart gerade sein Pferd losband, erkundigte er sich noch einmal: „Du hast da ja schwere Balken auf dem Frachtwagen, Bruder. Was wirst du jetzt arbeiten?“

Berchtold lachte fröhlich auf.

„Es geht zum Dom hinauf, Meinhart. Die Türen Meister Berengers benötigen dringend eine Auffrischung, und das haben wir übernommen. Der Auftrag kommt gerade recht zum Neuanfang unserer Gießerei und Werkstatt, denn die bisherigen Ausgaben waren beträchtlich, mein Erbteil ist erheblich zusammengeschmolzen!“

„Gott behüte euch, Bruder. Und falls es einmal erforderlich ist – ich habe aus dem Morgenland vieles mitgebracht, was meinen Reichtum vermehrt, auch wenn wir die großen Städte nicht eingenommen haben. Auch meine Katharina verfügt über ein gutes Stück Geld.“

„Danke, Meinhart. Ich hoffe sehnlichst, dass wir auf eigenen Füßen stehen können.“

Damit trieb der jüngere Bruder sein Pferd zum Tor hinaus, und während Berchtold noch einiges an Werkzeug auf den Wagen lud, kam der Zimmermann von der Bank geschlendert, wo er die Wartezeit in der Sonne verbracht hatte.

Auch Gudrun war gerüstet, und langsam setzte sich der schwere Frachtwagen in Bewegung, rollte zum Dom von Mogontiacum, wo sie schwere Arbeit erwartete.

Es wurde bereits dunkel, als es Berchtold nun endlich gelungen war, zusammen mit weiteren Arbeitern, die er direkt zum Dom bestellt hatte, beide Türflügel auszuhängen und für die notwendige Überarbeitung auf dem Boden unmittelbar vor dem Eingang abzulegen. Der Zimmermann hatte sofort danach begonnen, die eine Torhälfte mit Holz zu verschließen und auf der anderen Seite eine Holztür einzupassen.

Endlich war dieser Teil der Arbeit beendet, eine Leinwand wurde über die Türen Meister Berengers gebreitet und dann eilten alle zurück zur Gießerei, um dort ein gemeinsames Mahl einzunehmen. Gudrun hatte mit den Mägden einen großen Kessel zusammengekocht, allerlei Gemüse mit gutem Fleisch zu einer dicken Suppe wurde jetzt gereicht und ihr Mann ließ noch ein Fass Bier dazu auf den Hof schaffen, dem alle eifrig zusprachen.

Als sie endlich alle Gäste verabschiedet hatten und todmüde auf ihr Lager fielen, kuschelte sich Gudrun dicht an Berchtold und flüsterte leise: „Was für ein Tag! Und trotzdem wurde es höchste Zeit für uns, dass wir einen so großen Auftrag vom Bischof erhalten haben!“

„Das verdanken wir alles nur dir und deinem unermüdlichen Bemühen, Liebste. Der kleine Beutel voller Silber und natürlich die Aquamanile haben es vorbereitet. Nun blicke ich unserer Zukunft weniger sorgenvoll entgegen. Wir werden gutes Geld mit der Überarbeitung der Tore verdienen. Ab morgen arbeiten wir beide dort oben vor dem Dom zusammen. Ich freue mich schon sehr, mein geliebter Berchtold!“

Er erwiderte ihren leidenschaftlichen, fordernden Kuss und spürte nichts mehr von der Müdigkeit, die ihn eben noch umfangen hatte.

Die Spuren des Bischofs: Tore aus Bronze 3

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