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13.


„Tote können nicht reden“, ächzte Kid Carson. Mit einer schnellen Bewegung strich er sich das blauschwarze Haar aus der Stirn, ließ den bärtigen Schmied nicht aus den Augen.

„Nun, der Mann, der mir die Informationen gab, sah nicht nach einer Leiche aus, Carson, denn er konnte reiten und sprechen und trug seine Colts auf eine besondere Art, genau wie du, Carson!“, betonte der Schmied grimmig. „Ich sagte dir bereits, dass sich zu viele Reiter für das Wohlergehen Constance Dughams einsetzen.“

Kid nickte vor sich hin, gab jedoch keine Antwort und stellte auch keine weiteren Fragen. Wozu auch? Er würde ja doch nur ausweichende Antworten bekommen und schließlich wieder auf das Gleiche hinauskommen.

„Was wollt ihr alle in Crokston? Kehrt zurück, wir brauchen euch nicht, weder im Guten noch im Bösen! Lasst Constance Dugham in Frieden.“ Ja, das würde der Schmied sagen, und von seinem Standpunkt aus hatte er ja auch recht, man konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Doch das, was er über den Unbekannten sagte, das war eigenartig, war kaum zu fassen. Ja, Tote können nicht reden, und derjenige, der dem Schmied in etwa die Informationen zugetragen hatte, derjenige, der über Kids Vergangenheit genauestens unterrichtet war, lag einige Yards tief in einer Grube bei Lincoln, war tot, von Mörderhand gefallen.

Heftig jagte Kids Atem über die Lippen. Langsam kam er auf den Schmied zu, schloss die Box hinter sich und blieb dicht vor ihm stehen.

„Eine Frage noch, Fellow ...“

„Ich heiße Tom Maly“, unterbrach der Schmied rau. „Ich kann mir schon denken, was du hören willst. Ich soll dir den Mann beschreiben, der mir die Informationen gab. Allright, er war jung, sehnig und schlank. Man sah es ihm an, dass er lange Zeit nicht mehr im Sattel gesessen hatte, dass Schweres hinter ihm lag, denn die Spuren einer langen Krankheit waren nicht zu übersehen ...“

Tom Maly verschluckte sich, brach ab, biss sich auf die Unterlippe, fuhr dann mit leiser, bebender Stimme fort: „Vor zwei Stunden brach er auf, ritt den Raureitern nach!“ Seine Worte verwehten, eine tödliche, unheimliche Ruhe senkte sich zwischen die beiden Männer. Eine Spannung sondergleichen legte sich auf ihre Herzen, und ihre Blicke verkrallten sich.

Lange Sekunden stierten sie sich aus rot geflammten Augen an. Sekunden waren es nur und doch Ewigkeiten – und in die Stille hinein explodierte Kids scharfe Stimme:

„Du hast ihn reiten lassen? Du hast ihn ...“ Seine Stimme überschlug sich, seine Worte erstickten in der Kehle. Man sah es ihm an, dass es ihn gepackt hatte, dass er kaum noch fähig war, seine steigende Erregung zu unterdrücken. Ja, konnte er denn jetzt noch daran zweifeln, dass Hay Stoard vor ihm hier eingetroffen war, dass er lebte?

Ein Wunder war geschehen! Der Totgeglaubte war hier, war auf Gibsons Fährte! Oder sollte Tom Maly ein gemeines Spiel in Szene gesetzt haben, sollte das hier wieder eine Falle sein?

„Yeah, ich ließ ihn ziehen und hätte ihn auch wohl kaum aufhalten können, denn er fragte nicht nach Constance, fragte nicht nach ihrem Versteck, sondern ihn interessierten einzig und allein Gibson und Rufe Wells.“

Die Hölle war in Kid entbrannt, ein Aufruhr sondergleichen, und seine Gedanken und Gefühle wirbelten wirr durcheinander.

„Ich werde reiten – reiten“, flüsterten seine Lippen. Seine Augen lösten sich aus Tom Malys Blick, wurden ausdruckslos. Ah, er konnte es noch immer nicht fassen, konnte es nicht glauben. Hay Stoard war doch tot. Mit eigenen Augen hatte er es gesehen. Und nun?

Schwerfällig drehte er sich auf dem Absatz. Ah, er brauchte Luft, viel Luft, er glaubte, ersticken zu müssen. By Gosh, es wäre doch verdammt einfach, aus dem Bärtigen alles herauszuholen. Kids Handflächen juckten und brannten. Zum Donner, es wäre einfach und auch verständlich, wenn er jetzt die Eisen angelüftet und zu einem grausigen Tanz aufgespielt hätte. Doch er tat es nicht. Nein, noch konnte er sich beherrschen, konnte den Zorn und seine rasenden Gefühle bändigen, und nur die heftig pochenden Stirnadern verrieten etwas von der ungeheuren Erregung, die in seinem Innern tobte.

Er sah und hörte nichts. Fühlte weder die brennenden Blicke des Bärtigen, noch sah er die Lichtfluten der Sonne, und es war gewiss, dass er kaum die gigantische Landschaft in sich aufnahm. Erschöpft blieb er an der Tür stehen, lehnte sich gegen einen Balken.

„Hay ... Hay Stoard!“, flüsterte er wie gebrochen vor sich hin, murmelte es immer wieder, und es war, als ob er den Namen in sich einprägen wollte.

Die Blockhütten von Crokston warfen blaue Schatten, und auf den Dächern lag pralles Sonnenlicht. Goldene Lichter spiegelten sich in den Fensterscheiben wider.

Leise wehte der Wind und kühlte die heißen Schläfen. Er brachte den herben Geruch der Wildnis mit sich und trug den scharfen Duft von Rindern und Pferden, von Feuerrauch und Küchengerüchen mit sich.

„Westward, ho, jippi ahoooo“, klang es bassstimmig. Der unsichtbare Sänger entlockte einer Gitarre rauschende Akkorde; eine Flut weicher, harmonischer Töne, und dann tönte es seltsam klar und eindringlich:

„So long, Partner, du weißt, ich muss gehen ... wer weiß, wann wir uns wiedersehen!

Denn die Erde ist nah, und der Himmel ist fern – das Ende ist nah, uns leuchtet kein Stern. Westward ho, jippi ahooo.“

Ruckartig hob Kid den Kopf in die Höhe, und seine Hände ergriffen eine dicke Stange, pressten sich um das Holz. Er tat es unbewusst aus einer Reaktion heraus, die plötzlich sein Handeln bewegte. Es krachte und barst – mitten entzwei brach die Stange, und die Enden fielen dumpf zu Boden.

„So long, Partner, wer weiß was uns blüht? Wer weiß, was unsern Trail ins Endlose zieht! Ob die Erde uns nah, und der Himmel uns weit, das Ende ist nah und die Ewigkeit — Westward ho, jippi ahooo.“

Durch Kids Gestalt ging ein Beben. Heiß stieg es aus seinem Innern auf.

„So long, Partner, wer weiß um die Not? Wer weiß, wann neben uns reitet der Tod! Denn die Erde ist nah, und der Himmel uns fern, das Ende ist nah, uns leuchtet kein Stern — Westward ho, jippi ahoo.“

Leise verebbte der Gesang, und ein Stöhnen brach über Kids Lippen.

Revolvergeier: Western Sheriff Sammelband 6 Romane

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