Читать книгу Der Fall mit dem Pastor: Kommissar Jörgensen Hamburg Krimi - Alfred Bekker - Страница 6
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»Jörgensen, Kriminalpolizei!« Ich zeigte meinen Dienstausweis dem uniformierten Polizisten, der die undankbare Aufgabe hatte, Unbefugte vom Betreten des Tatortes abzuhalten.
Mein Freund und Kollege Roy Müller tat es mir gleich und der Uniformierte nickte, ließ uns vorbei.
Wir waren die letzten am Tatort, einer noblen Penthouse-Adresse am Stadtpark. Eine Wohnung in traumhafter Lage, mit einem Ausblick, für den man sicher viel Geld berappen musste.
Jetzt sah sie aus wie ein Schlachtfeld.
Ich sah die zusammengekrümmten Leichen einer Frau und zwei Männern, die offenbar als Leibwächter für den Besitzer dieses Penthouses gearbeitet hatten.
In der Mitte des Raums stand ein Mann in einem grauen Wollmantel, den Kragen hochgeschlagen. Er drehte sich jetzt zu uns um, und ich sah, dass sein Gesicht ziemlich zerfurcht war. Er bedachte uns mit einem abschätzenden Blicken.
»Wer sind Sie? Was machen Sie hier?«, fragte etwas unwirsch.
»Kriminalpolizei«, sagte Roy. »Dies ist der Kollege Jörgensen, mein Name ist Müller.«
»Kriminalpolizei?«, fragte der Mann im Wollmantel nachdenklich zurück und atmete tief durch. Seine Augenbrauen zogen sich zu einer Schlangenlinie zusammen.
Ich fragte mich, warum der Kerl so gereizt auf uns reagierte. Ich sah seine Dienstmarke durch den offenen Mantel und das ebenfalls geöffnete Jackett an seinem Gürtel hängen.
Wir zeigten ihm unsere Ausweise, die ihn aber nicht zu interessieren schienen.
»Sind Sie Herr Mattes?«, fragte ich.
»Ja«, knurrte er. »Mordkommission. Woher...?«
»Ihr Chef sagte mir, dass Sie den Fall bearbeiten...« Ich hatte schon von Mattes gehört. Vor allem dann, wenn von Beförderungen die Rede war. Er musste gut sein. Jedenfalls war er die Karriereleiter ziemlich schnell hinaufgestolpert.
Mattes kam auf uns zu, reichte erst Roy und dann mir die Hand. Sein Blick wirkte gezwungen freundlich. Aber meinen Instinkt konnte er damit nicht täuschen. Aus irgendeinem Grund störten wir ihn...
Ich fragte mich warum.
»Herr Jörgensen? Ihr Name bekannt wie der eines bunten Hundes.« Er grinste schief. Dann seufzte er.
»Nennen Sie mich Uwe«, sagte ich, in der Hoffnung, etwas wärmer mit ihm zu werden. Außerdem war anzunehmen, dass wir nicht zum letzten Mal zusammenarbeiteten.
Mattes nickte lediglich, ohne das Angebot zu erwidern.
Dann sagte er: »Der Chef sagte mir schon, dass jemand von der Kriminalpolizei hier früher oder später aufkreuzen würde. Schließlich ist Vladimir Schakirow alles andere, als ein gewöhnliches Mordopfer...
»Das ist wahr!«, gab ich zurück.
»Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass Sie so schnell sind...«
»Ach, ja?«
»Wir stehen noch am Anfang unserer Ermittlungen und es wäre nett, Sie würden uns erst einmal ein bisschen vorankommen lassen, bevor Sie hier für Stress sorgen...«
»Ich mache keinen Stress«, stellte ich klar.
Er verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er mich aus einem unerfindlichen Grund nicht mochte, und ich fragte mich, ob das etwas Persönliches war oder nur damit zu tun hatte, dass ich mich gerade auf einem Terrain tummelte, das er als sein Privatrevier betrachtete.
Ich ging an Mattes vorbei und warf einen Blick ins Schlafzimmer. Im Bett lag eine vierte Leiche.
Vladimir Schakirow.
Ich kannte ihn von Fotos her. Im Polizei-Computer gab es ein umfangreiches Dossier über ihn, und seine Prozessakten hätten eine mittlere Gemeindebibliothek gefüllt.
Er war Ukrainer, der auf dubiose Weise zu erheblichem Reichtum gekommen war. Man vermutete ihn als Drahtzieher hinter kriminellen Geschäften mit Giftmüll, aber für eine Verhaftung hatten die Beweise nie ausgereicht, oder sie waren aus irgendwelchen Gründen als nicht gerichtsverwertbar abgelehnt worden.
Das Giftmüllgeschäft war zur Zeit eine Domäne der Ukrainer, und sie verteidigten sie mit Klauen und Zähnen. Die Sache war ganz simpel und hatte auch höhere Gewinnspannen als der Rauschgifthandel. Man ließ sich für die Entsorgung von Giftmüll bezahlen, aber anstatt diesen wirklich auf teure Deponien zu bringen, ließ man ihn einfach in einem angemieteten Lagerhaus vor sich hin modern. Wenn der Schlamassel bemerkt wurde, waren die Täter längst über alle Berge und versuchten dieselbe Masche unter neuem Namen in einer anderen Stadt.
Schakirow hatte sich ganz nach oben geboxt, und es war ein offenes Geheimnis, dass er seine Finger inzwischen auch in anderen dubiosen Geschäften gehabt hatte. Jetzt hatte seine Glückssträhne offensichtlich ein Ende gefunden.
»Was haben Ihre Ermittlungen bisher ergeben?«, fragte ich Mattes, der mir ins Schlafzimmer gefolgt und hinter mir stehengeblieben war. Ich drehte mich zu ihm um, und er zuckte die breiten Schultern.
»Ein paar Ratten haben sich gegenseitig ausgelöscht. So sehe ich das.«
»Ich wollte einen Bericht, nicht Ihre Meinung über Herrn Schakirow.« Ich sah ihn an und fügte hinzu: »Sie scheinen noch etwas mehr über Schakirow zu wissen.«
»Was man so hört.«
»Und - was hört man?«
»Das steht doch alles in Ihren Akten. Er war ein Gangster, der es inzwischen weit genug gebracht hatte, um andere Gangster für sich arbeiten zu lassen. Und sich eine Wohnung wie diese hier zu leisten.«
»Ist übrigens seine Zweitwohnung«, warf Roy ein.
Mattes hob die Augenbrauen. »Ach...«
»Er wohnt eigentlich in Stade«, ergänzte Roy Müller.
»Schon gut«, knurrte Mattes, dann erklärte er: »Der Security-Mann unten an der Pforte spricht von zwei Heizungsmonteuren, die hier hinauf wollten. Er hat sich telefonisch erkundigt - die beiden wurden tatsächlich erwartet. Merkwürdig war nur, dass eine halbe Stunde später nochmal zwei Monteure auftauchten. Die haben die Sauerei dann entdeckt.«
»Dann waren die beiden ersten also falsch«, stellte ich fest.
»Anzunehmen. Die Mörder sind richtig professionell vorgegangen und haben offenbar auch Schalldämpfer benutzt. Jedenfalls hat niemand Schüsse gehört. Und gute Schützen waren sie auch.«
»Tatzeit?«
»Heute Morgen, so gegen neun Uhr. Bei allem anderen müssen Sie schon auf das Labor warten.«
Ich nickte.
»Gibt es brauchbare Beschreibungen der beiden falschen Monteure?«
»Der Pförtner ist bei uns auf dem Revier, er hilft bei der Erstellung von Phantombildern.«
»Gut.«
»Wer war die Frau?« Roy meinte die Frauenleiche, die in der Tür zum Badezimmer lag.
»Denise Fiebig. Lebte seit drei Monaten in dieser Wohnung.«
»Und die beiden Leibwächter?«
»Keine Ahnung. Sie hatten keine Papiere bei sich.« Mattes grinste schief. »Aber das kriegen wir auch noch raus.«