Читать книгу Der Fall mit dem Pastor: Kommissar Jörgensen Hamburg Krimi - Alfred Bekker - Страница 9
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Jelena Schakirow empfing uns in einem weiträumigen, lichtdurchfluteten Raum mit hohen Fenstern. Die Einrichtung bestand zum Großteil aus kostbaren, wenn auch etwas zusammengewürfelt wirkenden Antiquitäten.
Das Haus eines Mannes, der seinen Reichtum um jeden Preis zeigen will, ging es mir durch den Kopf.
Jelena war eine aschblonde Schönheit mit feingeschnittenem Gesicht und hohen Wangenknochen. Ihre Augen waren dunkel, und die Art und Weise, in der sie funkelten, warnten jeden, der mit ihr zu tun hatte, vor ihrer Hinterhältigkeit und Gefühlskälte. Ihre Figur hingegen war eine einzige, schwindelerregende Kurve, so dass einem das kalte Glitzern ihrer Augen schon entgehen konnte.
Sie machte den Eindruck, genau zu wissen, was sie tat.
Alles an ihr wirkte kontrolliert.
Sie begrüßte uns mit rauchiger Stimme. Wir zeigten ihr unsere Ausweise, die sie sich eingehend ansah.
»Zwei Polizisten, sieh an«, sagte sie mit falschem Lächeln. »Was führt Sie hierher?«
Ich hasse solche Momente. Aber es kommt immer wieder vor, dass man in unserem Beruf zum Überbringer schlechter Nachrichten wird.
»Ihr Mann... er ist heute morgen erschossen worden.« Ich wollte es so kurz und schmerzlos wie möglich zu machen.
Jelenas Gesicht blieb völlig unbewegt. Eine Maske, die wie erstarrt wirkte. Ein Lächeln, das aussah wie gefroren.
Sie atmete tief durch.
Ihre ausladenden Brüste hoben und senkten sich dabei.
Sie schluckte und sah mich dann an.
»Wo«, fragte sie dann stockend, »ist das passiert?«
»In einem Penthouse am Stadtpark ...«, sagte ich und wurde sogleich unterbrochen.
»Ah, ich weiß«, meinte sie und ihr Tonfall wurde hart. »Das ist wohl die Wohnung, die Vlad für diese Schlampe gemietet hat...«
»Sprechen Sie vielleicht von Denise Fiebig?«, hakte Roy nach.
»Häh?«
»Denise Fiebig.«
»Kann sein...«
»Was heißt das nun?«
»...kann auch nicht sein.«
Jelena wandte sich zu meinem Kollegen herum und musterte ihn mit einem schwer zu deutenden Blick. Dann ging sie ein paar Schritte auf ihn zu. Bei jedem ihrer wiegenden Schritte schien sie darauf zu achten, dass die aufregenden Rundungen ihres wohlgeformten Körpers auch richtig zur Geltung kamen.
Sie blieb stehen.
Den linken Arm stemmte sie in die geschwungene Hüfte.
Ihr Parfum hing schwer und aufdringlich in der Luft.
»Möglich, dass sie so hieß«, murmelte sie mit einer Kälte, die einen erschauern lassen konnte.
»Frau Fiebig ist ebenfalls umgekommen«, sagte Roy.
Jelena hob die Augenbrauen.
»Sie erwarten sicher nicht, dass ich darüber besonders traurig bin.« Sie zuckte die Achseln. »Oligarchen-Vlad wusste eben manchmal nicht, was wirklich gut für ihn war. Und seine Menschenkenntnis war auch nicht die beste - jedenfalls was Frauen anging!« Sie drehte sich zu mir herum. Ihre Augen musterten mich.
Ich hielt ihrem Blick stand.
»Sagen Sie mir, wie es genau geschehen ist!«, forderte sie mit dunklem Timbre.
»So, wie es aussieht, waren es zwei sehr professionell vorgehende Killer«, sagte ich.
»Eine Hinrichtung!« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Ich nickte.
»So könnte man es nennen.«
Für den Bruchteil einer Sekunde, huschte ein kaltes, böses Lächeln über ihr Gesicht. Der Eindruck einer trauernden Witwe machte sie mir nicht gerade.
»Für uns stellt sich die Frage, welcher seiner zahlreichen Feinde Ihren Mann umgebracht hat!«, erklärte Roy aus dem Hintergrund.
Jelena lachte auf.
»Ach wirklich?«
»Jeder Mord ist ein Mord zuviel«, erklärte Roy sachlich.
»Und wir versuchen ihn so gut wir können aufzuklären. Auch bei einem Mann...«
»Den Sie für einen Verbrecher halten! So ist es doch!«, rief Jelena. Sie seufzte. Dabei drehte sie sich nicht zu Roy um, sondern sah weiterhin in meine Richtung.
Ich nickte.
»Dem was mein Kollege gesagt hat, kann ich nur zustimmen«, erklärte ich und fuhr dann nach einer kurzen Pause fort: »Seit wann wussten Sie von der Beziehung Ihres Mannes zu Frau Fiebig?«
Ihr Blick bekam etwas Katzenhaftes.
Sie näherte sich einen Schritt und verschränkte die Arme vor der ausladenden Brust, die sich deutlich durch ihren sehr engen Pullover abzeichnete.
»Jeder wusste das. Ich natürlich auch, ich bin nämlich weder blind noch taub. Vladimir hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, seine Affären mit anderen Frauen vor mir oder irgendjemandem sonst geheimzuhalten...«
»Haben Sie Ihren Mann geliebt?«
Sie sah überrascht aus.
»Was soll die Frage?«
»Brauchen Sie länger, um darüber nachzudenken?«
Sie wurde dunkelrot vor Ärger. Ihre Augen funkelten.
»Hören Sie, was soll die Fragerei? Ich dachte, Sie suchen den Mörder meines Mannes! Also tun Sie Ihren Job, wenn Sie es nicht lassen können, aber hören Sie auf, dämliche Fragen zu stellen!«
Sie wirkte wie jemand, der sich in die Enge getrieben fühlte.
»Machen Sie sich keine Gedanken darüber, wer die Mörder beauftragt hat?«
»Glauben Sie...« , sie zögerte, ehe sie weitersprach,
»...dass ich...?«
»Das haben Sie gesagt!«
»Wegen dieser Denise Fiebig? Herr Jörgensen, das ist lächerlich!« Ihr Blick ging zur Uhr. »Meine Zeit ist knapp bemessen. Wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben...«
»Da wäre noch etwas!«
»Dann machen Sie es kurz!«
»Sagen Ihnen die Namen Roberto Brazzos und Achmed Aziz etwas?«
»Nie gehört!«
»Wirklich nicht? Könnte es nicht sein, dass Ihr Mann diese Männer gekannt hat?« Ich holte zwei Fotos aus der Innentasche meiner Jacke und hielt sie Jelena hin. Sie beachtete sie kaum, nahm sie nur kurz zwischen die grazilen Finger und gab sie mir dann zurück.
»Allerweltsgesichter...«, meinte sie schulterzuckend. »Was ist mit diesen Männern?«
»Sie starben vermutlich durch dieselben Täter wie ihr Mann und falls es irgendeine Verbindung zwischen ihm und diesen beiden geben sollte, sagen Sie es uns besser.«
Ihr Augenaufschlag war gekonnt.
»Das werde ich, Herr Jörgensen...« Und dabei strich sie mir mit ihren langen Fingernägeln über das Revers der Jacke. »Sobald ich etwas in dieser Richtung erfahre... Wie waren noch die Namen?«