Читать книгу Der Zirkel von Versailles: Die Seherin von Paris 3 - Alfred Bekker - Страница 7

Оглавление

3


Beinahe hätte man annehmen können, der Kutscher habe seine Zunge verloren. Weil er niemals auch nur einen Ton von sich gab. Bis auf ein einziges Mal gegenüber Robert, als er diesen zur Audienz bei Seiner Majestät, dem König von Frankreich, verbindlich eingeladen hatte. Eine Einladung, der Robert nicht hatte widersprechen dürfen. Und seitdem war er nun der Sonderermittler Seiner Majestät.

Dieses Mal gab der Kutscher wiederum keinen Laut von sich. Er warf noch nicht einmal einen Blick vom Kutschbock herunter, als Robert kam. Überhaupt bemühte er sich, sein Gesicht im Schatten seiner tief in die Stirn gezogenen Kapuze zu verstecken. Aus welchem Grund auch immer. Robert würde sich wahrscheinlich niemals daran gewöhnen können.

Allerdings sollte er dieser offensichtlichen Marotte des Kutschers sowieso keine größere Bedeutung beimessen. Hauptsache, er konnte auf diese Weise mal wieder auf dessen Dienste zurückgreifen. Und offenbar hatte der Kutscher ansonsten nichts weiter zu tun für den König.

Wie denn auch: König Ludwig XIV. stand nicht gerade im Ruf, reisefreudig zu sein. Höchst selten verließ er auch nur seinen eigenen königlichen Bereich auf dem wahrhaft riesigen Schloss, zu dem nur ausgewählte Personen Zugang hatten. Bei einem König immerhin, wie er kaum misstrauischer und argwöhnischer hätte sein können.

Obwohl jeder, der die Umstände näher kannte, zu der Annahme neigte, genau deshalb würde der König noch am Leben sein. Für eine möglichst lange Amtszeit. Weil Frankreich einen so starken König in diesen wirren Zeiten dringend benötigte. Um das Machtpotenzial inmitten von Feinden für möglichst lange zu erhalten, dem Land und seinem König.

Feinde, die sich überall, rings um Frankreich verteilt, befanden, um auf jegliches Anzeichen von Schwäche gnadenlos zu reagieren.

Nun, an Robert würde es nicht liegen. Es gehörte zu seiner heiligen Aufgabe, den König zu stärken, indem er sich bemühte, dessen Feinde zu schwächen. Feinde im Innern wohlgemerkt, denn die Feinde im Äußeren hatte der König schon länger unter Kontrolle – und das sollte ja so bleiben.

Obzwar immer noch der Verdacht bestand, dass die Feinde im Äußeren durchaus mit den Feinden aus dem Innern gemeinsame Sache machten. Noch fehlten dazu zwar die Beweise, aber es war ja gerade die Aufgabe des Sonderermittlers Seiner Majestät für genau solche Beweise zu sorgen. Damit der König endlich Mittel und Wege fand, auch jene Feinde auszumerzen.

Sobald Robert in der Kutsche Platz genommen hatte, fuhr sie an. Er hatte zum Kutscher kein Wort über sein Ziel gesagt, was wohl bedeutete, dass der Kutscher ihn wieder genau dorthin bringen würde wie beim letzten Mal. Und genau dorthin wollte Robert ja tatsächlich.

Er sah während der Fahrt nach Paris aus dem Fenster und hing weiter seinen Gedanken nach. Vor allem Marie de Gruyére, alias Madame de Marsini, betreffend. Ihre offensichtliche Angst: Wer bedrohte sie wirklich?

Obwohl er zu der Annahme neigte, den Circle Rufucale dafür verantwortlich zu machen, durfte er seine Vorbehalte gegenüber Marie nicht so einfach über Bord werfen. Sowieso schon ließ er sich viel zu sehr von seinen Gefühlen leiten, die er einfach nicht unterdrücken, geschweige denn überwinden konnte. Er musste also ganz verstärkt alles tun, um möglichst nüchtern über dieses Problem nachdenken zu können.

Was würde ihn in Paris erwarten? Beziehungsweise: Was wollte er eigentlich nach seiner Ankunft aktiv unternehmen? Einfach so in die Wohnung jener Wahrsagerin spazieren, als sei er einer ihrer Kunden?

Falls sie überhaupt vor Ort war, denn wenn sie dermaßen von Angst erfüllt war, durfte er nicht ausschließen, dass sie längst untergetaucht war. Vielleicht so, dass nicht einmal er sie jemals wiederfinden würde?

Er spürte, dass speziell bei diesem Gedanken ein Stich sein Herz zu durchbohren schien. Unwillkürlich verkrallte sich seine Hand an der linken Brustseite.

Er schüttelte darüber unwillig den Kopf. Schon wieder diese überwältigenden Gefühle. Und irgendwie verstärkte sich die Unruhe in ihm. So, als müsste er sich tatsächlich berechtigte Sorgen um sie machen.

Dabei hatte er in der Tat nicht die geringste Ahnung, was er tatsächlich nach seiner Ankunft in Paris tun sollte. Einerseits erschien es ihm zu aufdringlich, einfach in ihre Wohnung zu gehen, um sie zur Rede zu stellen. Andererseits benötigte er jedoch ganz dringend mehr Gewissheit über die besondere Rolle, die sie in diesem perfiden Spiel zu spielen gedachte.

Denn falls es sich tatsächlich erweisen sollte, dass sie beide auf der gleichen Seite standen, dass sie beide gegen den Zirkel ermittelten, wäre sie womöglich eine Hilfe für seine weiteren Ermittlungen?

Und wenn nicht? Wenn sich hingegen das genaue Gegenteil herausstellen sollte? Wenn sie ihm bei ihrer letzten Begegnung einfach nur etwas vorgemacht hatte?

Immerhin eine Adelige, die schon einige Zeit dieses Doppelspiel in perfekter Weise beherrschte. Zwar inzwischen enttarnt von diesem Baron Pedro de Cunha, aber bis dahin immerhin geschickt genug, um jetzt wohl auch ihm, Robert de Malboné, etwas vormachen zu können.

Nein, diesen Gedanken schob er sogleich wieder möglichst weit von sich. Es brachte nichts, dergestalt zu spekulieren. Er musste vielmehr versuchen, sich an die reine Faktenlage zu halten, und die besagte nun einmal, dass er einfach noch zu wenig über Marie de Gruyére, alias Madame de Marsini, wusste. Und genau da musste er jetzt ansetzen. Um eben mehr in Erfahrung zu bringen.

Und dann war da ja auch immer noch dieser untergetauchte Henkers- und Folterknecht. Robert hatte seinen Helfern ja gesagt, dass er sich darum kümmern wollte. Das wollte er tatsächlich.

Sobald das mit Marie erledigt war.

Ganz bestimmt sogar!

Der Zirkel von Versailles: Die Seherin von Paris 3

Подняться наверх