Читать книгу ACAN - Die Weltraumstadt - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 6
3. DER KATZENMENSCH
ОглавлениеDie CORNWAY war im Raumhafen von Manolia Town gelandet. Manolia war die Hauptstadt des Freihandelsplaneten Manolo. Manolo gehörte der Gemeinschaft der Freihandelsplaneten (GFP) an, der unter anderem auch Luton angehörte.
Die Manolier hatten keinen solchen Reichtum, wie man ihn von Luton, Lakor oder Aulan her kannte, aber auch Manolo zeigte die typischen Merkmale eines GFP-Planeten. Sie alle begnügten sich mit der wirtschaftlichen Macht. Sie gründeten kein Imperium, wie Lakor oder Aulan es taten. Aber dennoch war Luton einer der mächtigsten Planeten geworden, und auch andere GFP-Planeten hatten eine große Macht entwickelt.
Man hatte auf Luton keinen Zweifel daran, dass die GFP das Erbe des Sternunion-Imperiums antreten würde. Mochten sich Lakorniden und Aulaner streiten, um was sie wollten. Sie würden die Hauptsache immer übersehen.
Walik und Cart gingen in die City von Manolia Town und erkundigten sich nach Shelbar Gryk.
Schließlich fanden sie den Katzenmenschen in einem Luxuszimmer in einem der besten Hotels von Manolo.
„Welch eine Freude, dich wiederzusehen“, wurde Cart von Gryk begrüßt.
Cart nickte nur.
Gryk wandte sich nun an Walik Dark.
„Wer ist das?“, fragte er.
„Das ist Walik Dark, mein Partner“, stellte Cart Rhegan vor. Gryk begrüßte auch ihn.
Der alte Raumfahrer Gryk schien immer noch derselbe geblieben zu sein.
Cart und Gryk hatten sich im Jahr 8890 zum letzten Mal gesehen. Nun schrieb man das Jahr 8896. Inzwischen war das Sternunion-Imperium zusammengebrochen, und Aulan und Lakor stritten sich um das Erbe des SUI.
„Wir haben mit dir zu reden, Shelbar“, sagte Cart. Die drei Männer setzten sich in einer Sitzgalerie nieder, und dann sprach Cart Rhegan.
„Du hast doch immer gesagt, du wärst in Acan gewesen.“
„Ja, das stimmt, Cart.“
„In welcher Position lag Acan damals?“
„Acan kreiste damals um den Planeten D-89-c, einen wilden Methanriesen, auf dem es bis heute Siedler gibt. Es existiert dort eine Stadt, Port D-89-c genannt. Als ich Acan gesehen hatte, hatte ich die Regierung von D-89-c darauf aufmerksam gemacht. Es wurden einige Raumschiffe gestartet, aber als sie ankamen, war Acan verschwunden. Die Stadt im All musste ihre Position geändert haben.“
„Und Acan hatte keine Spuren hinterlassen?“
„Nein, Cart. Es scheint sich bei Acan um ein gigantisches Raumschiff zu handeln.“
„Und man hat auf D-89-c keine Nachforschungen angestellt?“
„Nein. Man hat mich dazu verurteilt alle Kosten, die der Einsatz der Raumflotte verursacht hatte, zu tragen. Und das war nicht wenig, kann ich dir sagen.“
„Ich habe die neuen Koordinaten von Acan, Shelbar.“
Bei Carts letzten Worten schrak der Katzenmensch zusammen.
„Wo befindet sich Acan?“, fragte Gryk nun.
„In einer Umlaufbahn um Luton“, sagte Cart.
„Wir hatten vor, Acan aufzusuchen, Shelbar. Kommst du mit?“
„Habt ihr denn ein Raumschiff?“
„Ja!“
„Gut, ich mache mit. Übrigens wohnt in diesem Hotel noch ein Mann, der zu der Besatzung des Schiffes gehörte, die Acan gesehen hat. Han Suurbier ist sein Name. Ich bestehe darauf, dass er mitfliegen kann.“
„Gut, er kann mit“, gab Cart nach.
*
Am nächsten Tag brachen Rhegan, Dark, Gryk und Han Suurbier mit der CORNWAY auf. Man hatte zuerst ausreichende Vorräte gesammelt. Dann ging die Reise los. Sie erreichten nach einer relativ kurzen Zeit Lutsol, die Sonne, um die Luton seine Bahn zog.
Doch hatte Luton seit einiger Zeit einen Satelliten.
Es handelte sich um eine riesige Raumstadt. Das musste Acan sein.
Die CORNWAY näherte sich vorsichtig dem Gebilde.
„Wir sollten auf Luton landen“, meinte Han Suurbier.
Cart nickte.
„Das wird wohl das Beste sein“, meinte er.
Sie landeten in Lutonia, der Hauptstadt Lutons.
Hier herrschte ein unvorstellbarer Reichtum. Man merkte richtig, dass man sich auf dem wichtigsten GFP-Planeten befand. Sie wurden beim Administrator des Planeten, Luun Thorkild, vorstellig. Schließlich gewährte man ihnen eine Audienz. Sie wurden in den schön ausgeschmückten Regierungspalast gebracht, wo sie mit Luun Thorkild zusammentrafen.
„Was wollen Sie nun von mir?“, fragte Thorkild.
Cart, Walik, Gryk und Han hatten inzwischen in bequemen Sesseln Platz genommen.
„Warum ist Acan in eine Umlaufbahn um Luton gegangen?“, fragte Cart Rhegan.
Thorkild sah seinen Stellvertreter Jason Vorcher ratlos an und sagte dann: „Acan? Das ist doch nur ein Mythos. Acan gibt es nicht.“
„Ich habe Acan mit eigenen Augen gesehen, Sir“, mischte sich Han Suurbier ein.
„Ich weiß sehr genau, dass der fremde Körper, der seine Bahn um Luton zieht, Acan ist.“
„Sie waren in Acan?“, fragte Jason Vorcher verwundert.
Suurbier nickte.
Thorkild und Vorcher schauten sich wieder ratlos an.
„Wissen Sie, wer Arc Wegu ist?“, wandte sich der Administrator von Luton an Suurbier.
Der Raumfahrer nickte.
„Arc Wegu ist der Lord von Acan. Mein Freund Gryk und ich haben schon selber mit ihm gesprochen.“
Luun Thorkild und Jason Vorcher sahen geheimnisvoll zu Cart und seinen Freunden. Sie waren ratlos.
Dann flüsterte Thorkild Vorcher etwas zu, was Cart Rhegan und die anderen nicht verstehen konnten. Vorcher erhob sich und verließ den Raum.
Misstrauisch sah Cart ihm nach. Luun Thorkild blieb bewegungslos sitzen.
„Warum hat Vorcher den Raum verlassen, Luun?“, fragte Gryk barsch.
Der Lutonier zuckte mit den Schultern.
„Er hatte noch einiges zu erledigen“, meinte er gleichgültig.
Doch Cart traute dem Frieden nicht so recht. Er tastete nach seinem Energiestrahler. Er steckte noch im Halfter. Luun bemerkte dies, sagte aber nichts.
Im nächsten Augenblick kamen einige Wachsoldaten in den Raum.
„Es tut mir leid, aber ich muss Sie für einige Zeit festhalten. Sie würden uns zu viele Unannehmlichkeiten bereiten“, eröffnete Luun nun.
Shelbar Gryk wollte seinen Handstrahler ziehen, aber Han Suurbier hielt ihn zurück.
„Es hat keinen Zweck, Shelbar“, sagte Han.
Sie wurden von den Sicherheitsbeamten abgeführt.
*
Sie waren alle zusammen in einer Zelle. Eigentlich war die Zelle der vier Raumfahrer ganz wohnlich.
„Mir hat man immer gesagt, dass die Freihandelsplaneten die freiesten des Universums seien“, brummte Walik Dark.
„Offenbar ein Irrtum“, bemerkte Han Suurbier.
„Es ist mir jetzt kein Rätsel mehr, warum die Freihandelsplaneten so schnell zur führenden Macht aufstiegen. Sie werden Hilfe aus Acan erhalten haben.“
Cart Rhegan hatte bei diesen Worten die Hände zu Fäusten geballt.
„Was ist denn daran so verwerflich, die GFP zu unterstützen?“, fragte Walik Dark.
„Du hast recht, Walik“, meinte Han Suurbier.
„Die GFP errichtet keine Tyrannei, wie es das SUI tat, und außerdem könnten so den Auseinandersetzungen zwischen Aulan und Lakor ein rasches Ende bereitet werden.“
„Wir müssen hier raus“, murmelte Shelbar Gryk.
Han lief auf und ab.
„Wir haben keine Chance“, meinte Han. „Der Raum ist vollkommen abgeschlossen.“
„Halt mal“, rief Cart Rhegan. „Wir können atmen! Also muss irgendwo ein Belüftungssystem sein.“
Walik Dark nickte.
„Wir sollten mal die Wände abtasten“, schlug er vor.
Die Raumfahrer machten sich daran die Wände abzutasten. Kein Millimeter wurde ausgelassen. Aber man hatte ja Zeit, und so brauchten sie sich nicht zu beeilen.
„Hier“, rief Gryk.
Der Katzenmensch hatte eine lose Platte im Fußboden gefunden. Mit Hilfe von Han Suurbier löste Gryk die Platte vollends und legte sie beiseite. Unter der Platte kam ein Gitter zum Vorschein, unter der eine Art Schacht gähnte. Das musste der Luftschacht sein. Irgendwo musste es einem doch durch den Schacht gelingen, ins Freie zu gelangen.
„Da müssen wir rein“, meinte Cart.
Han nickte und ging dann zu den Betten. Er riss kurzerhand die Laken von den Betten der Gefangenen und begann aus ihnen ein Seil zu flechten.
Noch einmal überprüfte er das Seil auf seine Belastbarkeit, dann war es fertig. Er führte es den anderen vor.
Ein Aufzug wäre den Männern zwar lieber gewesen, aber Han Suurbiers Seil war die einzige Chance, aus dem Gefängnis von Lutonia zu entkommen.
Cart befestigte das Seil sorgfältig am Schachteingang, und Han ließ es dann langsam herunter.
Zuerst wurde Walik Dark heruntergelassen, dann folgte Han Suurbier, und als dritter kletterte Cart Rhegan. Shelbar Gryk kam zuletzt dran, weil der Katzenmensch das größte Gewicht besaß.
Nun waren sie alle auf dem Boden des Schachtes. Der Schacht selber war alles andere als sauber. Dazu hatten die Männer noch unangenehme Gerüche und schleimige Kriechtiere auszuhalten, die hier in den Schächten ihr armseliges Dasein fristeten.
Hinter einem Gitter bemerkten sie nun einen anderen Gang. Er schien die Fortsetzung des Schachtes zu sein.
Das Gitter wurde nach einigen Anstrengungen der Mänenr und mit Hilfe der Krallen des Katzenmenschen entfernt, und so konnten Cart und die anderen ihren Weg fortsetzen.
Es war kein angenehmer Weg, aber der einzig mögliche.
„Das sieht aber mehr nach einem Abflusskanal aus als nach einem Lüftungsschacht“, meinte Walik Dark.
„Ist das nicht egal?“, fragte Cart Rhegan.
„Diese Insekten“, stöhnte Shelbar Gryk.
„Wir scheinen wirklich in einem Abflusskanal gelandet zu sein“, vermutete Han Suurbier.
Überall war es glitschig und rutschig. Die Insekten waren fast nicht mehr auszuhalten und die Gerüche wurden immer unerträglicher. Dazu kam noch eine fast vollkommene Dunkelheit, die die Männer fast blind umherirren ließ.
Cart fragte sich, ob man ihre Flucht schon entdeckt hatte. Er schaute auf die Leuchtziffern seiner Uhr. Um diese Zeit kam normalerweise ein Roboter und brachte ihnen, was sie zum Leben brauchten. Sie mussten ihre Flucht also schon entdeckt haben. Was würde man unternehmen? Würde man die Kanäle vergasen, so dass sie hier ersticken mussten? Das konnte gut sein. Aber warum wollte Luun Thorkild die Existenz Acans leugnen?
Wussten die Aulaner, dass Acan hinter dem raschen Aufstieg Lutons stand? Suchten die Aulaner deshalb nach den Koordinaten? Wussten die Verantwortlichen in Lakor Bescheid?
Die Männer standen jetzt zeitweise knietief im Schlamm. Sie stolperten, standen wieder auf, stolperten und liefen weiter. Irgendwann musste der Ausgang kommen. Nur wann, das wusste keiner. Jetzt kam die erste Gangbiegung. Die Männer sahen die Schatten von Leuchtstoffröhren, die vor langer Zeit einmal gebrannt hatten. Doch die Lampen waren erloschen. Nach der Gangbiegung konnten die Männer noch nicht das Licht der Sonne sehen. Statt dessen sahen sie fast nichts. Sie taumelten vorwärts, nur von den Mauern geleitet und von den Insekten geärgert.
Plötzlich hielt Cart Rhegan an.
„Stopp, Leute, ich habe etwas gehört.“
Die Männer horchten angestrengt.
„Schritte“, sagte Han schließlich.
Cart nickte.
„Die sind sicher wegen uns hier unten“, meinte Gryk.
„Sie werden eine gute Ausrüstung bei sich haben, wenn unsere Vermutung stimmt und sie wirklich uns suchen“, spekulierte Walik Dark.
„Was meinst du damit?“, fragte Cart.
Dark zuckte mit den Schultern.
„Ich dachte nur, dass wir sie unter Umständen überwältigen können.“
Gryk kraulte seine Barthaare.
„Kein schlechter Gedanke“, fand der Katzenmensch.
Die Schritte wurden lauter.
„Wir müssen uns verstecken“, meinte Han Surrbier.
„Da in die Nische“, befahl Cart.
Die Männer gehorchten und versteckten sich in einer Nische. Die Männer sahen jetzt einige Gestalten in Spezialanzügen und mit Scheinwerfern ausgerüstet. Es waren insgesamt drei Mann.
„Die schaffen wir“, meinte Gryk.
Dem Katzenmenschen machte die Dunkelheit wenig zu schaffen. Er konnte seine Pupillen derart erweitern oder verengen, das er sich bei grellem Licht und annähernder Dunkelheit immer noch orientieren konnte.
Mit einem tollkühnen Satz sprang Gryk auf die Gestalten zu. Mit wenigen Handgriffen und übermenschlichen Kräften überwältigte Gryk die kleine Patrouille. Cart, Han und Walik zogen die Kombinationen der Überwältigten an. Diese zogen die zerschlissene Kleidung der drei an. Gryk musste seine alte Kleidung anbehalten. Ihm wären die Kombinationen auf alle Fälle zu klein gewesen.
Die drei Mitglieder der Patrouille sahen sich betroffen an. Cart Rhegan trat zu ihnen.
„Wer war der Kommandant von eurer Patrouille?“, fragte Cart.
„Ich, Mister“, meldete sich einer der Männer.
„Wie ist Ihr Name?“
„Leutnant Temistokles O’Shay“, antwortete der Mann.
„Und wie heißen Ihre Kollegen?“
„Ren Borker und John Cabot!“
Cart blickte von einem zum anderen.
O’Shay war ein etwas älterer Mann. Die Haarsträhnen flogen ihm wild durch das Gesicht und sein Bart schien einen Rasierapparat nicht zu kennen. Cabot und Borker waren hingegen noch sehr junge Kadetten. Ren Borker hatte eine Wunde an der linken Schulter – sie musste von Gryks Krallen stammen. Wenn jemand etwas über Acan wissen würde, dann war es Temistokles O’Shay.
„Warum kreist Acan um Luton?“, fragte Cart.
O’Shay hustete. Er wusste ganz genau, dass die Frage an ihn gerichtet war, aber dennoch antwortete er nicht. er tat einfach so, als hätte er die Frage nicht gehört. Cart ballte seine Hände zu Fäusten.
„Antworten Sie, Mr. O’Shay!“, rief Cart.
Der Leutnant blickte zu Cart herüber. Der Lakornide sah jetzt das spitze Kinn und das dürre Gesicht O’Shays, in dem die Knochen deutlich sichtbar waren. Es war ein markantes Gesicht mit einem kühnen Profil.
Das Gesicht hatte in seiner Hässlichkeit eine eigentümliche Schönheit, die den Blick Cart Rhegans gefangenhielt.
„Also gut“, sagte O’Shay. „Ich weiß nicht alles, aber immerhin etwas. Acan hat Luton Hilfe angeboten. Schon vor einigen Jahren hatten wir Kontakt mit Acan. Es bestand aber immer äußerste Geheimhaltepflicht. Und dann ist Acan vor drei Monaten hier im Lutsol-System aufgetaucht.“
„Wissen Sie über die genauen Pläne der Raumstadt Bescheid, Mr. O’Shay?“
Der Leutnant schüttelte heftig den Kopf.
„Nein, das wissen nur wenige. Außer Luun Thorkild und Jason Vorcher nur noch Ellery Woodman, der Chef der Datenabteilung von Luton.“
„Was wollt ihr eigentlich? Warum interessiert ihr euch für Acan?“, wandte sich John Cabot an Cart Rhegan.
„Wir wollen das Geheimnis eines alten Mythos lüften.“
„Ihr wollt nach Acan?“, fragte Cabot nun.
„Ja“, sagte Cart Rhegan nur.
Er wandte sich nun wieder Temistokles O’Shay zu.
„Führen Sie uns hier raus, O’Shay. Aber ich warne Sie. Wenn Sie Dummheiten machen, sind Sie dran, das verspreche ich Ihnen.“
Die Gruppe setzte ihren Weg fort. O’Shay führte sie, und Ren Borker und John Cabot wurden von Walik und Gryk streng bewacht.
Der Leutnant führte sie durch die langen Gänge. Er bewegte sich in diesem Labyrinth mit traumwandlerischer Sicherheit. Er musste schon oft hier unten gewesen sein.
„Sagen Sie, ist dies nun ein Luftschacht oder ein Abflusskanal?“, wurde Ren Borker von Han Suurbier gefragt.
„Ein stillgelegter Abwasserkanal“, gab Ren Auskunft.
„Dahinten! Ein Lichtschimmer!“, rief Walik Dark.
Sie hatten es geschafft. Sie waren entkommen.
Sie liefen auf die Öffnung zu. Früher war hier einmal eine Kläranlage gewesen, aber das war schon mehr als 30 Jahre her. Nun war hier nichts außer einem stinkenden Müllhaufen, der die Landschaft verunstaltete.
Seufzend stiegen Cart und seine Gruppe ins Freie. Endlich konnten sie ihre Scheinwerfer ausschalten.
„Wo finden wir diesen Ellery Woodman?“, wandte Cart Rhegan sich an Temistokles O’Shay.
„Wissen Sie, er ist ein Faulpelz. Er kümmert sich selten um seinen Job. Meistens hält er sich in einem der Hotels von Lutonia City auf.“
„Und wissen Sie genau, wo?“
„Nein. Er wechselt außerdem alle paar Wochen seinen Wohnsitz. Er ist ein Narr, aber was soll man machen. Das Datenwesen auf Luton ist zwar seine Sache, aber er kümmert sich nicht darum. Die Arbeit lässt Woodman von seinen sogenannten ‚Agenten’ machen.“
Han Suurbier nahm Cart zur Seite.
„Wir können den Leutnant und seine Leute noch nicht laufen lassen“, brummte Han.
Cart nickte nur. er wusste, dass sie ihren Plan sofort verraten würden. Und dann würden sie bestimmt nicht mehr an Ellery Woodman herankommen.
„Wir werden sie weiter hierbehalten müssen“, meinte Cart zu Han.
Die Männer setzten ihren Weg fort. Der Müllplatz war auch alles andere als eine angenehme Umgebung, aber gegen die Kanäle war er das Paradies.
Um den Müllplatz herum war ein Wald angelegt worden. Er war wirklich nicht groß, aber er gewährleistete, dass die Leute auf der Straße hinter dem Wald nichts mehr von dem alten Müllplatz sahen.
Sie durchquerten das Dickicht und sahen auf die Straße. Es war eine riesige Geschäftsstraße. Die Leute drängten sich. Cart drehte sich zu Walik um.
„Du und Gryk – ihr werdet unsere Gefangenen bewachen. Han und ich werden uns nach diesem Ellery Woodman erkundigen.“
„Und wo treffen wir uns wieder?“, wollte Gryk wissen.
Cart Rhegan deutete auf den Boden.
„Genau hier, Shelbar.“
Der Katzenmensch nickte, und Cart machte sich zusammen mit Han Suurbier auf den Weg.
Sie hatten die Energiestrahler allerdings in den Kleidern verborgen. Han Suurbier hatte fast 4 Jahre auf Luton gewohnt und kannte sich in Lutonia City recht gut aus. Und so gingen sie zum Inteplanetar-Hotel. Es galt als das Beste auf Luton. Hier weilten Milliardäre und Diplomaten. Hier hofften sie auf Woodman zu treffen.
Cart und Han gingen zum Eingang. An der Tür stand ein Wächter – es war kein Roboter! – der Subjekte, die nicht hier hinpassten oder -gehörten, hinauswarf.
„Wir suchen Mr. Ellery Woodman“, wandte sich Han an den Wächter.
Der Wächter drehte sich um.
„Wie bitte, Mister?“
„Wohnt hier ein Mr. Woodman?“
„Wenden Sie sich an die Personalaufsicht, Mister.“
Cart und Han betraten das Gebäude und gingen auf den Schalter der Personalaufsicht zu.
„Was wünschen Sie, Mister?“, fragte der Mann hinter dem Schalter. „Wir hätten gerne Mr. Ellery Woodman gesprochen“, sagte Han Suurbier.
„Wir kommen von der Regierung. Es ist dringend.“
Der Dicke hinter dem Schalter sah Cart und Han misstrauisch an. Er fasste sich an seine lange Nase, als wolle er sehen, ob sie noch am rechten Platz säße.
„Mr. Woodman wohnt in Zimmer 42. Im dritten Stock. Rechts.“
Cart nickte und ging dann zusammen mit Han zum Lift. Die Tür des Liftes teilte sich vor den Männern, und sie traten ein.
Während der Lift sie in den dritten Stock brachte, tastete Cart nach dem Energiestrahler, den er in seinen Kleidern verborgen hielt. Er war noch da. Cart hatte zwar nicht geglaubt, dass er ihn verloren hätte, aber es war doch irgendwie beruhigend, den Griff der Waffe zu spüren. Die Tür des Liftes teilte sich wieder. Sie waren jetzt im dritten Stock. Cart und Han gingen aus der Lift-Kabine und suchten nach Zimmer 42.
„Hier ist es“, hörte Cart Han Suurbier sagen. Mit einem Spezialschlüssel, der sich in der Raumkombination Leutnant O’Shays befunden hatte, öffneten sie die Tür und stürzten mit erhobener Waffe herein. Han Suurbier verschloss die Tür sorgfältig, während Cart Rhegan auf Ellery Woodman zuging, der faul und träge vor einem TV-Gerät saß. Er schrak zusammen, als er Cart mit der Waffe in der Hand sah.
„Was wollen Sie hier?“, fragte er ängstlich.
Cart antwortete nicht, sondern stellte statt dessen den TV-Apparat aus.
„Nehmen Sie die Hände hoch, Mr. Woodman“, befahl Cart nun. Der verdutzte Mann gehorchte. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen Widerstand zu leisten. Er war ganz durcheinander. Han Suurbier drückte ihn wieder zurück auf den Sessel und fesselte ihn mit einem Stahlband, das er auf dem Müllplatz von Lutonia gefunden hatte.
Dann unterbrach Cart Rhegan alle Verbindungen mit der Außenwelt. Alle elektrischen Kontakte wurden gelöst. Das Funkgerät ließen die beiden Raumfahrer heil. Sie konnten ja nicht wissen, ob die Zerstörung dieses Gerätes vielleicht ein automatisches Signal auslöste. Außerdem konnten sie das Gerät unter Umständen noch verwenden.
Nun endlich wandten sie sich Ellery Woodman zu. Er war klein und dick gebaut. Seine goldbestickte Raumfahrerkombination war sicherlich eine Extraanfertigung, die sonst keinem Mann auf Luton passte. Aber hinter dieser Maske befand sich einer der cleversten Köpfe des Universums. Woodman war überall bekannt. Sein Konzern war einer der wichtigsten geworden. Woodman selbst – inzwischen steinreich – war auf Luton Minister für Daten und Information geworden. Er war damit nach Luun Thorkild und Jason Vorcher (der übrigens Wirtschaftsminister von Luton war) der drittwichtigste Mann des Handelsplaneten geworden.
Er hatte über die großen Computerzentren von Luton ebenso das Sagen wie über die Lutonische Abwehr (L.A.) und den lutonischen Geheimdienst.
Doch Woodman leitete sein Amt meistens von irgendeinem Hotel aus. Und die Arbeit ließ er von seinen sogenannten Agenten machen. Diese Agenten waren Angestellte, die sich Woodman hielt. Aber jetzt saß dieser mächtige Mann gefesselt da.
Cart wandte sich an ihn.
„Warum kreist Acan um Luton?“
Cart hielt ihm den Strahler unter die Nase.
Woodman hob die Augenbrauen.
„Acan hat uns technische Hilfe angeboten“, berichtete Woodman.
„Was wissen Sie über die Pläne Acans? Ich warne Sie. Machen Sie keine Dummheiten und sagen Sie uns die Wahrheit.“
Woodman nickte.
„Die Acanier haben uns viel technisches Gerät hiergelassen. Außerdem Pläne, Konstruktionen.“
„Wie lange bleibt Acan noch in der Umlaufbahn um Luton?“, fragte nun Han Suurbier.
„Die Weltraumstadt bricht morgen auf.“
„Wann?“
„Das weiß nur Luun Thorkild. Ich kann ihnen nichts sagen.“
„Verschwinden wir“, meinte Han an Cart Rhegan gewandt.
Der Lakornide nickte und verbarg seinen Strahler wieder in seiner Kleidung.
„Heh! Was wird mit mir?“, jammerte Ellery Woodman.
Er versuchte sich aus den Fesseln zu befreien, aber es gelang ihm nicht.
„Ihr könnt mich doch nicht einfach so sitzen lassen“, rief er wieder.
„Sie würden uns verraten, wenn wir Sie auf freien Fuß setzten. Sie werden deshalb hierbleiben. Man wird Sie finden.“
Doch Hans Worte zeigten bei Woodman keine Wirkung.
„Jemand soll mich finden? Klar! Fragt sich nur, wann!“
Cart und Han achteten nicht mehr auf den drittwichtigsten Mann von Luton. Sie hatten alles erfahren, was sie wissen wollten. Sie konnten zufrieden sein. Jetzt mussten sie zurück zu dem Dickicht am alten Müllplatz.
Die beiden Männer gingen aus dem Raum und verschlossen hinter sich wieder sorgfältig die Tür. Dann eilten sie davon. Sie mussten nur einige Sekunden auf den Lift warten, dann transportierte er sie ins Erdgeschoss. Ohne den Wächter am Eingang oder den Dicken hinter dem Schalter zu beachten, verließen sie das Gebäude.