Читать книгу Die drei Sprünge des Wang-lun - Alfred Doblin - Страница 8

Zweites Buch
Die Gebrochene Melone

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Inhaltsverzeichnis

Durch das westliche Tschi-li puffte der Name Wu-wei sanft wie ein Schwärmer; Schwirren, Verhallen zwischen Bergtälern.

Durch das westliche und südliche Tschi-li ging ein Ziehen, ein rheumatisches Unbehagen, im Arm, in der Schulter, über den Fußrücken, schmerzhaftes Zucken in einem Zahn, Nervenstechen über dem linken Auge.

Das westliche und südliche Tschi-li fühlte in diesem Frühjahr den warmen beunruhigenden Dampf um die Nan-kubettler.

Aus den Hundert, die das Dörfchen Pa-ta-ling verließen, waren nach ein paar Wochen mehrere Tausend geworden. Was man Vagabunden, Straßendieben, Verunglückten zutrug, war nichts als das Eingeständnis der Not. Es hieß nicht mehr wie in den Nan-kubergen: Wang-lun, der lange gefährliche Kerl aus Hun-kang-tsun in Schan-tung, hat sonderbare Sachen von den goldenen Fos erzählt; er hilft uns, er kann zaubern, wir wollen mit ihm zusammengehen. Die Menge predigte für sich. Entfernter wohnende Dorfleute, Pilger bis in die Ebene hinein hörten von den vielen Menschen, die Pa-ta-ling nach dem strengen Frost verlassen hätten und sich bettelnd, arbeitend, betend nach Süden vorschoben. Zuerst wurde behauptet, es handle sich um die Vagabunden und Strolche, welche die Pässe zum Wu-tai-schan unsicher machten; rasch verschwand dieses Gerede. Von Wang-lun erzählte man, er sei nach dem Kun-lungebirge auf einem blauen Pferde geritten, um der Kaiserin des Westlichen Paradieses die Gründung ihres Bundes anzuzeigen. Er sei nach Schan-tung gewandert, um das Goldwasser und die Perlen des ewigen Lebens zu holen. Diese Meinung erhielt sich am längsten. Man entwarf nach den Erzählungen der älteren ein sonderbares Bild von ihm. Man stellte ihn sich vor als einen sanftmütigen Mann, der mit ungeheurer Körperkraft begabt war, mit der er nichts anzufangen wußte. Von Zeit zu Zeit befielen ihn starke Dämonen, die er zu bezwingen gelernt hatte, da er eine furchtbare Zauberformel brauchte. Er hatte ein gutes Herz für die armen Ching-yin, sie sollten alle an seinen fabelhaften Gaben teilhaben.

Wang-lun hatte seinen Schatten hinterlassen, in dessen Dunkel der Bund lag. Ganz von selbst wurden ein paar Männer in den Vordergrund geschoben, an die sich die Menge hielt. Zwar schwang sich einer und der andere auf, aber dies geschah nebenbei. Jeder empfing seine Rolle.

Ngoh, aus Ta-ku in Tschi-li gebürtig, war durch seine Geschicklichkeit im Reiten und Bogenschießen und ein feines Wesen trotz seiner dreißig Jahre schon zum Jo-ki einer oberen Bannerschaft aufgerückt. Er trug mit Stolz, ohne zu prunken, den Mondstein auf der Mütze, die Tigerkatze im Brustschild; wenn er beim Schachspiel die weiche rechte Hand hob und der Perlmutterring am Daumen matt schimmerte, so wußten seine Mitspieler nicht, welche starke Seele ihnen gegenüber saß. Er hielt jahrelange Freundschaft mit einem weibisch geschminkten Schauspielerknaben, einem jungen Herrchen, wie man sich ausdrückte. Der Kaiser schätzte Ngoh sehr, wie Khien-lung überhaupt eine Vorliebe an den Tag legte für feine elegante Männer, die nicht widersprachen, gut turnen und schießen konnten, Sprödigkeit und Härte besaßen.

Infolge der Unerschrockenheit, die Ngoh bei einem damals vielbesprochenen Vorfall zeigte, kam er in den inneren Höflingsbetrieb der Roten Stadt zu Pe-king hinein. Er war mit seiner Abteilung gegenüber dem oberen Stadttor stationiert, wo auf den breiten Wassergraben, der die Kaiserstadt umzieht, das Tor des Wu-ti führt. Dicht an diesem Teil der Mauer, so daß Ngoh und seine Mannschaften von ihren Wachtürmen herüberblicken konnten, lagen die Paläste der kaiserlichen Frauen und der Nebenfrauen. Es verbreitete sich einmal im Herbst, zu einer Zeit, wo das Wasser des Grabens mit Fröschen, Fliegen bedeckt ist, das Gerücht, daß das kleine Kind einer Nebenfrau an Krämpfen gestorben sei, und ihr anderes Kind, ein junger Säugling schon krank liege. Ärzte und Priester bemühten sich, den Fieberdämon aus dem Kind zu bannen, das viel weinte, aber nicht den Namen des Dämons verriet.

Durch ein lautes Geschrei mehrerer Frauen wurde eines Nachts die Wache Ngohs alarmiert; in die Gärten eindringend bis vor den Pavillon der Nebenfrau, hörte Ngoh, daß man im Pavillon eben den Dämon des kranken Kindes gesehen hätte in Gestalt einer kleinen Fledermaus, welche der Mutter ins Haar schoß, dann über das hitzige Gesicht des Kindchens flatterte und zur Tür hinausfuhr. Ngoh erkannte aus der Beschreibung, an der Größe des Tiers, der weißlichen Bauchfärbung und aus der Richtung des Fluges, daß es sich um einen Schatten handele, den er selbst öfter an dem Wassergraben beobachtet hatte, in Gesellschaft einer Libelle und zweier brauner Kröten. Er postierte vor das Tor des Wu-ti zu Einbruch der nächsten Nacht sechs beherzte Männer seiner Truppe, die er mit Schilden, Pfeil und Bogen bewaffnete; er selbst stellte sich vor den Eingang des bedrohten Pavillons mit einem nackten Schwert.

Am Ende der ersten Nachtwache sahen die sechs Männer etwas aus dem Wasser aufschwirren; sie schossen ihre Bogen ab; die Frauen, durch den Lärm geängstigt, ließen Brander auf Brander los, um das Gespenst zu verscheuchen; weiß und grün strahlten die Raketen durch die finsteren Gärten. Der Dämon, nur geblendet, drang durch, umflog die Zypressen; Ngoh sah ihn in dem Licht eines Branders wie betäubt heranflattern. Er hieb auf ihn zu; man hörte ein Quaken und Kreischen. Die Bestie wandte sich, flog zurück. Ngoh verfolgte sie brüllend, mit dem Schwert fechtend; sie kamen vor das Haus des kaiserlichen Musikmeisters, eines Eunuchen; im Nu war die Bestie über der Mauer des Hauses verschwunden. Als noch die Frauen angelaufen kamen und das Licht der zitternden Lampions zunahm, erwachte drin der Beamte, trat im Nachtgewand erstaunt vor die Tür, fragte, was geschehen wäre. Ngoh schrie: „Der graue Fledermausdämon ist hinter deine Mauer geflogen.“ Entsetzt lief der schwerfällige Mann mit Ngoh und anderen in das Haus hinein; als sie schon in alle Winkel geleuchtet hatten, schlug sich der Musikmeister vor die Stirn, flüsterte, sie sollten einmal rasch neben dem Ofen im Wohnzimmer suchen.

Und da saß ein kleines Weib mit grünen Augen, der das Blut aus der Brust tropfte, mit dem Gesicht eines Affen. Sie war grau und sagte, sie wüßte nicht wie alt sie wäre. Man fragte sie näher aus, hielt sie an den Händen fest. Tu-schi, der berühmte Beschwörer der Roten Stadt, der sich diese Nacht bei dem bedrohten Pavillon aufgehalten hatte und mit in das Haus gedrungen war, gab ein Warnzeichen den Leuten, welche die graue Hexe hielten; aber es war zu spät. Sie hatte sich in eine schwarze Katze verwandelt, zerkratzte den Männern Hände und Arme. Tu-schi warf sich über sie; im Augenblick, als er über sie fiel, hatte er sich durch einen Blick in seinen achteckigen Handspiegel in einen weißen Tiger verwandelt, zerriß die Katze. Blutend schlugen und bissen sie sich am Boden unter dem Geheul der Weiber; da schlug Ngoh der Hexe den Kopf ab.

Er stand lachend da, freute sich blutrünstig über die schmale rote Lache am Boden, während die andern durch die finstern Gänge liefen, sich zu waschen und von dem Anblick des toten Dämons zu befreien.

Das Kind der Nebenfrau war gerettet. Ngoh erhielt vom Kaiser ein Pfefferminzsäckchen geschenkt.

Bei seiner nun folgenden Tätigkeit im inneren Hofdienst wurde Ngoh den Waffen rasch entfremdet; er mußte sich in die Intrigen, die Klatschträgerei, die Eunuchenatmosphäre einfügen. Er hatte schon eine gewisse spielerische und leidenschaftliche Richtung in sich, der er nun ausgeliefert wurde. Er verliebte sich in den vierzehnjährigen Jungen einer armen Gärtnerswitwe, namens King-tsung, stattete den Jungen völlig aus, nahm ihn zu sich in seine Wohnung, machte viele und feine Gedichte auf ihn. In den Zimmern des ehemaligen Soldaten lagen Schminktöpfe, Parfümflaschen, gestickte Überwürfe herum; der eitle Knabe, der ein weibisches Wesen hatte und nicht ohne gewisse Grazie war, lag auf den Knien des Dämonenbezwingers und ließ sich lächelnd von dessen demütigen Lippen küssen und Konfekt reichen.

Sie liebten sich, bis der Junge, der in seidenen Kleidern wie ein Prinz stolzierte, behauptete, Ngoh schenke einem andern Knaben mehr als ihm und davonlief. Tagelang weinte Ngoh fassungslos auf seinen Zimmern; die Gärtnersfrau brachte den Knaben zurück, der böse Streiche bei ihr gemacht hatte. Ngoh verzieh ihm, auch als er gestand, daß ein Eunuch ihm nachstelle und daß er schon Geschenke von ihm angenommen habe. Nach und nach erfuhr Ngoh Einzelheiten von dieser Freundschaft, erfuhr, um wen es sich handle und wurde darüber so betrübt und angeekelt, daß er wieder anfing, zu bitten, man möchte ihn zum Wachdienst auf der Mauer zulassen. Er war dabei keineswegs böse über den Jungen; aber der merkte eine Veränderung in der Art seines Freundes.

Und ob er nun durch den längeren Umgang mit Ngoh feiner und empfindsamer geworden war, er wurde zusehends stiller, verfiel in Schwermut, aß wochenlang kaum, lag in dauernder Abwesenheit. Der Hauptmann verzehrte sich an dem Bett seines Lieblings vor Schmerz, verließ die langen Wochen der Krankheit die Wohnung nicht. Endlich genas der Knabe. Ihre Freundschaft glühte, sie waren sich zugetan wie nicht zuvor. Man übersah zwar in diesem eigentümlichen Kreis die Merkwürdigkeiten der Menschen, aber über die Verliebtheit des tapferen ernsten Ngoh lachte man allgemein. King-tsung war ein großer verzärtelter Bursche; der Hauptmann behandelte ihn, als wäre er empfindlich gegen einen Windstoß, fuhr ängstlich bei dem bitteren Blick des Knaben auf.

Nicht dem Hauptmann, der zu sehr in seine Empfindungen versunken war, fiel das Naserümpfen der Umgebung auf. Der Knabe, noch von seiner Krankheit reizbar, geriet in Zorn über Ngoh, der ihn zum Gelächter machte, beschloß sich von ihm zu trennen, ließ sich willig von einem andern Hauptmann, der mit ihm über Ngoh spottete, kapern. Ngoh wanderte ohne Besinnung auf den Mauern der Tatarenstadt, fiel im Palast in eine lange Ohnmacht, raste; Freunde hielten den Mordlustigen zurück. Sie beruhigten den Mann schwer, dem noch nicht die Augen über sein sentimentales Verhalten aufgegangen waren.

Als er seine Verzweiflung heruntergedrückt hatte, sann er, was tun für sich. Heer und Soldatentracht war ihm verleidet; in der Roten Stadt mochte er nicht bleiben. Er ließ sich an das Flußtransportamt zu Süen-kwa am Yang-ho versetzen. Hier brachte er in eifriger Tätigkeit, mit Reiten, Segeln, Versemachen seine Zeit hin, wurde auf seinen Wunsch weitere drei Jahre da belassen, rückte in eine höhere Stelle auf, steigerte den Verkehr und die staatlichen Einnahmen während seiner Amtszeit nicht unerheblich.

Nach Schluß seines Dienstes in Süen-kwa machte er noch eine kleine Reise zum Besuch eines Oheims in Ta-tung; von dieser Reise kehrte er nicht wieder; man mußte ihn, nachdem er ein halbes Jahr gesucht war, aus den amtlichen Listen streichen. Es wurde ein Verbrechen der Nan-kuräuber angenommen. Aber Ngoh war zu den Wahrhaft Schwachen gegangen, eben in dem Augenblick, als sie aus dem Dörfchen zogen und Wang-lun sie verließ.

Dies war für die sonderbare Gesellschaft, die um die Schönn-i genannten Klippen herumpilgerte, um ostwärts nach dem berühmten Nan-kupaß zu wandern, der erste Augenblick des Schreckens und Staunens, als ein einsamer eleganter Mann auf seinem Maultier hinter ihnen trabte und mit zweien von ihnen zu plaudern anfing. Sie zogen durch das lange schmale Tal; der Reiter folgte. Ngoh folgte in einem unsichern Gefühl; es war im Grunde der Anblick eines jungen Burschen, den er mitten in dem Zug bepackter und zerlumpter Vagabunden erblickt hatte, der ihn fesselte und beunruhigte. Er wußte nicht, daß dieser Bursche eine Ähnlichkeit mit seinem treulosen Freund in der Roten Stadt hatte. Die Männer erzählten vieles; es schienen Sektierer zu sein, die den Behörden zur Last fallen würden. Mittags lagerte er, lachend über sich, aber irgendwie froh, hoffnungsfroh, unter den Gesellen, die ihn wie ihresgleichen behandelten.

Es war eine tolle Umgebung, in der er sich befand, er war beruhigt, in nicht faßbarer Weise angelangt. Sein Oheim in Ta-tung drängte nicht; man muß die Fische fangen, wenn sie kommen; und das Wetter war voll Pracht, schwer von Schnee, wie wenn ein Kind sich über einen Abgrund bückt, seine seidenen Überhänge, dünnen Schals werden bauschig von dem Wind aufgebläht, über seinen Kopf weg, man sieht nur die wallenden Schleifen, Tücher, bunten Schwellungen, glaubt dazwischen lustige verschmitzte Augen zu sehen, schlagende Hände, und ab und zu weht wirklich ein Ingwerduft herunter an eine saugende Nase.

Ngoh in der Mandarinenmütze, braunem dicken Pelzwerk, pelzbesetzten Schuhen kauerte neben einem Teekessel am Boden; sein Maultier neben ihm; eine einzige Tasse wanderte in dem Kreise der sechs Männer; Ngoh trank mit einem starken Vergnügen. Ehe es dunkel wurde und sie in Höhlen Feuerchen schlugen, sagte er mit leiser Stimme, daß er bei ihnen bleiben möchte.

An dem nächsten Tage trat die Notwendigkeit an ihn heran, sich zu entscheiden. Ma-noh erklärte ihm vorsichtig, daß sie die Geschenke aus dem Dorf aufgezehrt hätten; es müsse jeder für sich und für einige Schwache sorgen; ob er sein Pelzwerk verkaufen und gegen Reis und Bohnen eintauschen wolle in dem nächsten Dorfe, wenn er bei ihnen bleiben wolle. Der Priester überlegte dabei, wie der vornehme Mann mit den kühnen Augen auf dem Maultier aussehen würde, wenn er in dickwattierten Kitteln wie sie ginge und die Almosenschale ausstreckte.

Ngoh sagte nicht nein; er bat sich einen Tag Bedenkzeit aus. Er verlangte nur einen Tag Bedenkzeit, weil er das Gefühl hatte, als ob er ein Nachdenken über seine Situation nicht länger ertragen könnte; er wollte hindurch durch diese Wand. Er zog sich dumpf in sich zusammen. Die Gelehrsamkeit des Menzius hatte ihm nichts genützt, die Lieder des Schi-king kannte er auswendig mit ihren Kommentaren. Sie hatten nicht verhindert, daß ein großäugiger Knabe mit schlanken Beinen ihn verriet, ihn verhöhnte.

Brüllend brach es da wie ein Tiger in ihm aus, lief auf dem Wege vor ihm her; er könnte in starrer Wut zuschlagen, wenn er nur ein Schwert in den Händen hätte. Es sprang ihn wie ein Tiger an, den er mit gespreizten Fingern erwürgte, eine halbe Stunde als Leiche vor sich in den Händen hielt und schlenkerte. Ein großäugiger Knabe mit rotgeschminkten Backen; King-tsung. Er rang mit ihm, legte sich atemlos an die eisige Erde. Man ließ ihn still liegen.

Er kaute heftig, kaute mit zusammengeschlagenen Kiefern, so daß er das Spiel seiner Backenmuskeln fühlte, betrachtete angestrengt zwei grüne kantige Steine, die aussahen wie rohe Jade.

Aber es war doch unwahrscheinlich, daß sich hier rohe Jade auf dem Wege finden ließ; vielleicht hatte sie einer verloren.

Aber es war rohe Jade; hier handelte auch niemand mit rohen Jadesteinen.

Ngoh griff vorsichtig an seinem Mund vorbei nach einem und dann nach dem andern, fühlte sie in der geschlossenen Hand ab, wollte sie jedenfalls aufbewahren, in Süen-kwa, wo gute Steinschleifer wohnten, bearbeiten lassen.

Wenn sie gerieten, könnte er sie an einer Gürtelschärpe anbringen lassen in einer Weise, die er sich schon vor einigen Jahren ausgedacht hatte, zwischen einer grünen und lila Stickerei.

Ja, das konnte man mit diesen merkwürdigen Steinen machen.

Die beiden letzten Männer des Zuges bogen um eine Ecke der winkligen Straße, sie ließen sich beim besten Willen nicht mehr erblicken. Sie gingen jetzt vielleicht geradeaus, dann rechts und links, rechts und links.

Ngoh suchte.

Sie gingen vielleicht rechts und links.

Diese schneeschwere Luft, dieses neblige Grau an den kahlen Hängen, fuderhoch über dem Geröll, über das man trat, diese weiche gespenstige Masse, die sich nicht ausschütten und reinigen wollte. Man konnte sie mit den schaufelnden Armen nehmen, sich an die Ohren drücken.

Plötzlich fiel ihm ein: „Lotosblumenlampen, Lotosblumenlampen, heute zünden wir euch an, morgen seid ihr abgetan.“ Das Kinderlied flimmerte beharrlich in ihm und ermöglichte ihm, den linken Arm aufzustemmen, die Knie zu biegen, das linke Bein vorzustellen, zu gehen. Und schon bog er selbst um die Ecke des Weges, lief, so rasch er konnte, hinter dem Zuge her.

Er schloß sich vier Männern an, von denen einer, ein buckliger mit sehr klugem mageren Gesicht, vorgewölbten Augen, aus einer Sutra vorlas, langsam, so gut er bei seiner Atemnot konnte. Ngoh hörte auf das alberne Gewäsch. Die vier Männer kniffen aufmerksam Stirnen und Lippen zusammen. Der Fremde mischte sich nicht ein. Zwei grüne kantige Steine drehte er in den Händen her und hin, hob sie vor den Buckligen mit dem Sutrablatt, fragte, ob er glaube, daß dies Jadesteine wären. Der sah ihn an, dann prüften die vier ernst die Stücken, rieben sie gegeneinander, leckten mit der Zungenspitze daran. Sie schüttelten nacheinander die Köpfe; der Bucklige gab mit Ausdrücken des Bedauerns die Steine zurück.

„Ich wollte mir“, sagte Ngoh nachdenklich mit ihnen marschierend, „eine Schärpe mit grünen und blauen Stickereien machen lassen; daran sollten die Steine angebracht werden in einer Weise, die ich mir vor einigen Jahren ausgedacht habe. Aber wenn ihr meint, daß es keine echten Jade sind, so werde ich mir keine Schärpe machen lassen.“

Der Bucklige hob sein Sutrablatt, strich ein Quadrat in der Gebetspyramide darauf mit Holzkohle aus. „Wir wollen noch einmal die Sutra lesen von der Kleinen Überfahrt.“

Ngoh ließ den Tag bis auf den letzten Tropfen der Wasseruhr verrinnen.

Es war ein schöner, einhüllender Abend.

Er gelobte die Armut, die Ruhe, das Nichtwiderstreben. Verlangte keine Versuchszeit, flüsterte, er schlösse sich ihnen an; dabei machte er eine kühle abweisende Bewegung, eine einsargende glättende Bewegung.

Die drei Sprünge des Wang-lun

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