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— Viertes Kapitel —

A day in the life of…

Den klassischen Prototyp eines Model-Alltags gibt es nicht. Aber es gibt einige Elemente, die sich wiederholen und so eine gewisse Routine kreieren. Der Job eines Models endet nicht nach einem Casting oder einem Shooting. Model ist man immer, 24/7. Nein, nicht weil man ständig Selfies macht und sogar sich in der U-Bahn in Pose wirft. Sondern, weil wie bei einem Sportler der Körper das Arbeitswerkzeug ist. Und somit ist die Ernährung, das Sportpensum, ausreichend Schlaf und eine gewisse Körperpflege etwa in Form von Kosmetikbehandlungen unerlässlich. Bei einem Sportler schert sich aber niemand um einen abgebrochenen Fingernagel oder einen blauen Fleck. Models haben immer die Verantwortung ihren Körper auf dem absoluten Optimum zu halten. Manche Mädchen nehmen diese Verantwortung sehr ernst, andere pokern auf ihre Jugend und hoffen ihr Körper wird ihnen Alkoholexzesse, lange Partynächte und Fast Food schon verzeihen.

Generell gibt es zwei grundsätzliche Szenarien. Szenario Numero Uno: Das Model arbeitet für einen Kunden, ist also auf Model-Deutsch „On Set“. Dann ist der Tag klar geregelt und eingeteilt. Es gibt eine Call Time, also die Uhrzeit, zu der das Model am Set erscheinen soll. Und das bitte pünktlich. Ein gut vorbereitetes Model hat auch immer hautfarbene und schwarze Unterwäsche ohne Nähte dabei. Ein noch besser vorbereitetes Model hat am Abend vorher keine Kohlenhydrate gegessen, viel Wasser und keinen Alkohol getrunken und erscheint selbstverständlich mit gepflegten Händen und Füßen und hat idealerweise keinen oder nur einen ganz dezenten Nagellack aufgetragen. Außerdem ist man gut beraten, mit lockerer Bekleidung und ohne BH oder Socken zu erscheinen. Berlin Mitte Hipster Chic. Sonst können unschöne Abdrücke auf der Haut entstehen und meistens sind keine Wartezeiten für derartige Probleme eingeplant. Solche Abdrücke sind zwar retuschierbar, aber jeder Extra-Aufwand kostet Geld. Und bei den Kunden macht man sich beliebt, wenn man Kosten einspart und nicht verursacht. Möchte man sich auch bei den Visagisten beliebt machen, dann sollte man Clip-In Extensions oder Haarteile in seiner exakten, aktuellen Haarfarbe dabei haben. Toll ist es auch, wenn man wirklich die Haarfarbe hat, die der Kunde beim Casting oder auf Polaroids gesehen hat. Das wird manchmal außerhalb deiner Macht liegen, weil Kunden gerne mal die spontane Eingebung haben, deine Haare mit einer neuen Farbe zu verschönern. Die meisten Visagisten haben zwar Haarteile und Extensions in allen möglichen Farben, aber den exakten Ton zu treffen, ist vor allem bei Blondinen oft ein Ding der Unmöglichkeit. Gehen wir also vom Idealfall aus. Das Model erscheint pünktlich zur richtigen Adresse in der Location oder dem Studio. Bei größeren Produktionen werden Models auch oft von einem Fahrer im Hotel abgeholt, bei den normalen alltäglichen Online-Shop Produktionen werden Taxi- oder Fahrtkosten nicht immer erstattet. Angekommen meldet sich das Model beim Produktions- oder Studio-Manager als anwesend und wird dann meistens auch schon in den Make-up Raum geleitet. Bei Magazin-, Kampagnen- oder TVC-Produktionen, also überall, wo ein größerer Spielraum für Kreativität vorhanden ist, findet meist ein kurzes Meeting statt. Dort stellen sich alle mit Namen und Funktion vor, und der Art Director oder Produktionsmanager erklärt anhand eines Mood Boards oder Story Boards welcher Content produziert werden soll und welche Szene oder Looks in welchem Zeitrahmen geplant sind. Models haben da oft wenig oder kein Mitspracherecht. Aber diese Meetings sind sehr wichtig, um herauszufiltern, welche Stimmung der Kunde kreieren will und wie das fertige Ergebnis aussehen soll. Im Zuge dessen wird auch das Make-up und die Haare besprochen. Bevor es an das eigentliche Schminken geht, kann es gut sein, dass der Stylist ein Fitting machen möchte. In diesem werden die Outfits anprobiert und dem Kunden präsentiert. Stylisten nennen das „im Set fitten“, durch die Kamera und gegebenenfalls durch die Beleuchtung können Farben und Schnitte anders wirken. Wenn das Fitting zufriedenstellend abgeschlossen ist.... und das kann sehr, sehr lange dauern, weswegen oft ein eigener Fitting-Termin angesetzt wird, geht es ans Make-up. Bei Online Shops oder normalen kommerziellen Produktionen, bei denen ein natürlicher schöner Look gefragt ist, oft nur eine Sache von 45 Minuten. Bei Shootings für Haar- oder Kosmetikprodukte, wo auch das letzte Augenbrauenhaar perfekt fallen muss, kann sich das Prozedere auch auf Stunden erstrecken. Ist das geschafft, werden einige Probeaufnahmen im Set gemacht. Dies hat den Zweck zu sehen, wie Haare und Make-up im Licht wirken und ob das Licht richtig eingestellt ist. Die richtige Lichteinstellung kann eine Sache von wenigen Minuten sein. Oder ein gefühltes Schaltjahr in Anspruch nehmen. Wir fassen zusammen. Wir sind so gegen 8 Uhr oder 9 Uhr am Set erschienen, inzwischen ist es vermutlich 11:30 Uhr. Und bisher ist noch kein brauchbares Material entstanden. Aber keine Panik, das ist völlig normal. Und sobald die optischen Rahmenbedingungen geklärt sind, geht der Prozess auch viel schneller voran. Vorausgesetzt, der Kunde hat ein klares Bild davon, was er möchte. Bei Online Shops sind das eine gewisse Anzahl an Ansichten, manchmal sind sogar die Posen vorgegeben. Was auch nötig ist, weil das Pensum oft mörderisch ist. Deswegen ist es besonders wichtig, dass das Model weiß, welche Posen auch für welches Outfit funktionieren. In einem Poncho muss man sich anders bewegen als in einem Dirndl, um das Ganze vorteilhaft aussehen zu lassen. Apropos Dirndl. Egal wie gut das Model und das gesamte Team ist. Hat der Modegott vorgesehen, 50 Dirndl zu shooten, dann kommen alle an die Grenzen ihrer nervlichen Belastbarkeit. Zu viele Schnüre, Ösen und Häkchen, um auch nur ansatzweise zügig zu arbeiten. Ein beinahe traumatisches Erlebnis hatte ich bei einem bekannten Strumpfhosenhersteller. Es sollten Nylonstrümpfe und Strumpfhosen geshootet werden. Und das bitte schnell. Von jedem Modell war nur ein Exemplar da. Ich weiß nicht, ob man da sparen wollte, oder ob es jemand lustig fand, die wachsende Panik am Set zu beobachten. Und ich hatte den absoluten Horror, mit meinen langen Nägeln eine Laufmasche zu ziehen, dann hätte gegebenenfalls ein neuer Shootingtag für eine fehlende Strumpfhose angesetzt werden müssen. Jetzt denkt ihr vielleicht, wieso, das wäre doch gut gewesen, hätte ja doppeltes Gehalt für mich bedeutet. Diese Einstellung vergesst ihr gleich mal wieder. Divengehabe und Profitgier funktionieren in diesem Business nur eine sehr kurze Zeitspanne lang. Egal, wie sehr ihr von den Kunden gehyped werdet, seid ihr dauerhaft unzuverlässig oder unkooperativ, werden weder die Kunden noch eure Agentur lange Lust haben, sich mich euch zu beschäftigen. Das konnte sich vielleicht damals eine Naomi Campbell leisten, das war aber noch zu Zeiten, als es wesentlich weniger Models gab und die persönliche Verbindung zum Kunden noch stärker war. Egal wie groß euer Hype ist, er kann in drei Monaten schon wieder vorbei sein und wenn ihr bis dahin als Zicke verschrien seid, sieht es düster aus. Aber ich komme vom Thema ab. Oft weiß der Kunde nicht genau, was er will. Er hat zwar eine Vorstellung... aber irgendwie. Zumindest will er DAS nicht. Oder der Art Director und der Fotograf sind sich nicht einig. Das kann zuweilen nervenaufreibend sein. Vor allem, wenn man im Ausland ist und kein Wort der Diskussion versteht. Und Achtung, manchmal muss dann auch ein Schuldiger für den mangelnden kreativen Output gefunden werden, und ratet, wer das sein könnte.... Richtig! Du! Aber Kopf hoch, ungerechtfertigte Schuldzuweisungen erlebt fast jedes Model einmal. Biete dem Kunden beziehungsweise dem Fotografen so viel Variation in deiner Arbeit an wie möglich. Manchmal wissen Menschen nicht was sie wollen, bis sie es sehen. Sei professionell, ruhig und höflich. Wenn das alles nichts hilft, dann mach es wie Naomi Campbell und bewirf jemanden mit deinem Handy.

Das zweite Szenario. Es steht kein Job an. Das kann verschiedene Dinge bedeuten. Ist ein Model in einem Non-Direct-Booking-Markt wie Mailand, Kapstadt oder Paris, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass sie zu zwei, drei oder manchmal auch sechs oder sieben Castings gehen muss. In Deutschland oder London, wo Direct Bookings verbreitet sind, bedeuten diese Tage dann oft auch wirklich Freizeit. Außer man wird in die Agentur beordert, um Polaroids zu schießen oder Casting- Videos zu drehen. Clevere Models nutzen diese Freizeit aber auch, um mit Fotografen an ihrem Portfolio zu arbeiten. Diese Tage kommen auch gelegen, um die Buchhaltung auf dem aktuellen Stand zu halten und vielleicht mal zu prüfen, ob abgelaufene Buyouts noch genutzt werden. Das kann man relativ leicht über YouTube oder die Social Media-Seiten der Hersteller oder Designer. Oder schreibe deinen Bookern im Ausland eine Mail und beglücke sie mit aktuellen Polas oder Bildmaterial. Die Branche ist schnelllebig und hat ein schlimmes Kurzzeitgedächtnis. Es ist wichtig, sich das immer wieder ins Bewusstsein zu rufen. Wenn es bei dir gut läuft und du viele Bookings hast, musst du dir darüber keine Gedanken machen. Sobald diese Kurve etwas abflacht, ist es an dir, aktiv zu werden. Die Agenturen haben kein Interesse und oft auch nicht die Kapazität, jedes Mädchen zu pushen. Life Hack: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft; immer, wenn ich für große Jobs gebucht wurde, habe ich dem jeweiligen Booker Blumen, Seidentücher von Givenchy oder Dolce & Gabbana-Sonnenbrillen ins Office geschickt. Jeder Booker sieht jeden Tag hunderte Mädchen, es ist wichtig, eine emotionale Verbindung herzustellen, damit ihr immer ganz oben auf der geistigen Liste seid. Wenn ein Kunde für einen Job anfragt, lässt er sich vom Booker ein sogenanntes „Package“ zuschicken. In den allerseltensten Fällen schaut ein Kunde überhaupt auf die Agenturwebseite. Der Booker sucht dann jene Models aus, die seiner Meinung nach zum dem Job passen könnten. Deswegen müsst ihr immer präsent sein, kommt ihr nicht in dieses Package rein, habt ihr auch keine Chance auf den Job. Hast du das Gefühl, dass ein Markt gut zu dir passen würde, dann bitte deine Agentur Termine bei den Agenturen vor Ort zu machen, um dich vorzustellen. Dann musst du zwar erstmal etwas Geld in die Hand nehmen und deine Anreise selbst bezahlen und auch eventuelle Kosten für Arbeitsvisa tragen, eröffnest dir aber einen neuen Markt. Zeigt sich deine Agentur wenig handlungsfreudig, dann mache es selbst. Und überlege dir, ob du bei der richtigen Agentur bist. Stellst du fest, dass ein Booker engagiert ist und sich für dich einsetzt, dich vielleicht mal in ein Casting schiebt, das eigentlich nicht zu dir passt, oder sich wirklich Gedanken um deine Karriereplanung macht, dann honoriere das wo du nur kannst. In einer Branche ohne Regeln ist ein Hauch manipulatives Geschick und soziale Intelligenz deine Eintrittskarte zu vielem.

Eine sehr lohnenswerte Investition ist die Teilnahme an einem Schauspielkurs. Gerade für kommerzielle Mädchen, die auch im TVC -Bereich Fuß fassen wollen - und ja, das wollt ihr unbedingt, weil diese Jobs finanziell sehr attraktiv sind - ist ein gewisses schauspielerisches Geschick sehr hilfreich oder wird sogar von den Kunden zur Bedingung gemacht. Es gibt viele Schauspiellehrer, die speziellen Unterricht für Models geben. Begeistert Joghurt essen oder wütend staubsaugen, ganz wichtige Skills die euch immer zu Gute kommen werden.

Ich habe ja schon erwähnt, ihr braucht einen Plan B. Schauen wir der Realität mal ins Auge. Eure Modelkarriere wird im besten Fall, und wenn ihr wirklich gut auf euren Körper achtgebt bis Mitte dreißig gehen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ihr bis dahin genug erwirtschaftet haben werdet, als dass ihr euch nach Bora Bora absetzen könntet um Miniatur-Ponys zu züchten. Also bleibt noch reich heiraten. Wer dafür zu renitent ist, greife zu Plan B. In Form eines Fern- oder Part-Time-Studiums. Oder ihr baut nebenbei ein Online Business auf, macht Forex Trading oder was euch sonst einfällt. Fakt ist, dass ihr in der Zeit als Model keine für die freie Wirtschaft relevante Berufserfahrung sammeln werdet und viele zukünftige Arbeitgeber eure Zeit als Model als eine Lücke im Lebenslauf wahrnehmen werden. Beugt dem vor und bildet euch auf eine sinnvolle Weise fort. Und ich weiß, das fällt schwer, meine erste Zeit in Mailand und Paris war eine einzige große Party und ich war wie berauscht von den zahllosen Türen, die sich mir plötzlich öffneten. Aber die meisten dieser Türen führen nur in die VIP-Bereiche angesagter Clubs. Und das trägt nicht zu eurer Altersvorsorge bei.

Makellos

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