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4 Neue Wege

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ZOEY

Nur langsam erwachte sie aus einem sehr tiefen Schlaf. Ihre Lider öffneten sich flatternd und ihr Blick fiel sofort auf Mat, der mit verschränkten Armen auf dem Stuhl neben ihrem Bett schlief.

Das Kinn war ihm auf die Brust gefallen, die Beine waren ausgestreckt und an den Knöcheln überkreuzt. Er war geblieben und hatte sich um sie gekümmert.

Ihr Magen kribbelte bei dem Gedanken, dass jemand sich um sie sorgte. Jemand wie Mat, groß und stark, bewiesenermaßen dazu in der Lage, sie zu beschützen.

Sie zog ihre Beine ein wenig an und spürte sofort den Schmerz in ihrem Knöchel. Das schwere Ausatmen konnte sie nicht unterdrücken.

Augenblicklich fuhr sein Kopf nach oben und sein Blick fand ihren. Einen Moment lang war er noch trüb, klärte sich aber beinahe sofort.

"Hey", sagte er rau.

Unwillkürlich musste sie lächeln. Auch Mat lächelte sofort.

"Guten Morgen."

Ehe er etwas erwidern konnte, klopfte es an der Tür. Mats Blick verfinsterte sich, dann stand er auf.

Er ging durchs Zimmer und öffnete mit angespannten Schultern.

Dave stand in der Tür. "Guten Morgen. Ich habe einen Stützverband mitgebracht, damit Zoey sicher zur MRT kommt."

"Danke, Mann. Komm rein."

Er wandte sich von der Tür ab und stoppte dann mitten in der Bewegung, als wäre ihm erst jetzt wieder eingefallen, dass Zoey noch in seinem Bett lag und nicht sonderlich viel anhatte.

Dave wiederum schien es nicht zu stören. Das Kleid und ihren BH, die vor dem Bett am Boden lagen, quittierte er lediglich mit einer hochgezogenen Augenbraue.

Zoey richtete sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Sie musste grauenhaft aussehen.

"Guten Morgen. Vielen Dank, Dave. Auch für gestern", sagte sie ruhig.

Er lächelte und setzte sich neben ihre Beine auf die Bettkante. "Dr. Dave, stets zu Diensten", gab er zwinkernd zurück.

Sie zog die Decke beiseite und Daves Blick wurde finster.

"Das sieht nicht so gut aus. Habt ihr es nicht gekühlt?", fragte er.

Das hatte sie tatsächlich nicht getan. Es war einfach irgendwo in ihrem Gedankenstrudel untergegangen.

Mat fluchte leise, dann kam auch er näher und warf einen Blick auf das mittlerweile blaue Sprunggelenk.

Dave trug eine Salbe auf und wickelte dann eine feste Elastikbandage darum. "Das sollte gehen, bis du eine richtige Schiene hast."

In diesem Moment klopfte es erneut an der Tür.

"Zimmerservice", drang die Stimme eines Mannes zu ihnen und Mat ging hinüber, um sie stirnrunzelnd zu öffnen.

"Eine Lieferung für Miss Zoey von Richthofen."

Mat trat beiseite und ließ den Mann den kleinen Kleiderwagen einfahren.

Ohne eine Miene zu verziehen, wandte sich der Mann zu ihr.

"Mr. de Witt erwartet sie um neun zum Frühstück." Dann verließ er den Raum, ohne ein weiteres Wort an einen von ihnen.

Zoey dachte sich nichts dabei. Das war eben Johns Art. Er machte einen Termin mit ihr, um ihre Differenzen zu klären, und dachte dabei daran, dass sie etwas zum Anziehen und ihre Kosmetikartikel brauchte.

"Das ist verdammt nochmal nicht sein Ernst!", fluchte Mat. Wäre Zoey nicht so gut darin gewesen, ihre Emotionen zu verbergen, wäre sie unter seinem wütenden Ton zusammengezuckt.

Zoey schwang die Beine aus dem Bett und wollte aufstehen. Dave kam ihr sofort zur Hilfe.

Sie fühlte sich absolut unzulänglich gekleidet, auch ihr Gesicht und ihre Haare mussten furchtbar aussehen.

"Er möchte sich eben mit mir aussprechen und das ist seine Art, es zu zeigen …"

Mat, der gerade über den Wagen gebeugt dastand, tauchte mit einem ihrer Valentino Schuhe wieder auf.

Außer sich vor Wut fuchtelte er mit dem kostbaren Schuh vor ihrer Nase herum. "Mit acht Zentimeter Highheels für eine Frau, die sich das Außenband angerissen hat?", schrie er.

"Jetzt beruhige dich erstmal, Mat. Sie wird doch sowieso nicht hingehen können", kam Dave ihr zur Hilfe.

Er entspannte sich ein klein wenig. "Du hast recht. Wir haben um neun einen Termin beim MRT."

"Oh … dann sollte ich mich beeilen und John eine Nachricht zukommen lassen."

Zoey machte sich von Dave los, angelte sich den Kleidersack und ihren Kosmetikkoffer und humpelte Richtung Bad. Sie war noch nicht weit gekommen, da hatte Mat sie bereits eingeholt und um die Taille gepackt, um sie zu stützen.

Stumm begleitete er sie ins Bad.

"Danke."

Aber er ließ sie nicht los. "Ich bräuchte einen Moment für mich, Mat."

Als er sie forschend ansah, lächelte sie, um ihn zu beruhigen.

Sofort griff er nach ihrem Kinn. "Lass das!"

"Was?"

"Dieses Fakelächeln. Lass es!"

Sie nickte unsicher. Der Gedanke, dass er so leicht in ihr lesen konnte, behagte ihr nicht.

Sein Daumen streichelte über ihr Kinn, dann ließ er sie vorsichtig los und verließ das Badezimmer.

MATTHEW

Dave war bereits gegangen, als er zurück ins Schlafzimmer kam.

Er rieb sich über das Gesicht. Diese ganze Geschichte ging ihm viel zu nahe. Zoey ging ihm viel zu nahe.

Natürlich tat sie genau das schon immer, aber nach dem gestrigen Abend war es noch viel schlimmer geworden.

Und wie zum Teufel konnte eine Frau direkt nach dem Aufwachen so hinreißend aussehen? Ihr Blick war so offen gewesen, dass es ihm vorgekommen war, als könnte er bis auf den Grund ihrer Seele blicken.

Diese wunderschönen, blauen Augen hatten eine Tiefe, die er niemals erwartet hätte.

Er durfte das nicht zulassen. Er hatte sowieso schon keine Zeit für eine Frau in seinem Leben. Erst recht keine wie sie, die endlos viel Zeit in Anspruch nehmen würde, damit sie nicht zum nächsten Mann weiterzog.

Ganz davon abgesehen, dass sie auf einem anderen Kontinent wohnte und ihr Beruf darin bestand, von Land zu Land zu reisen und sich auf den Laufstegen dieser Welt zu präsentieren.

Zoey war nichts für ihn.

Das hatte er gewusst, seit er sie zusammen mit Shane gesehen hatte. Er musste sich nur daran erinnern.

Er holte sich einen neuen Anzug aus dem Schrank und alles, was er für den Krankenhausbesuch sonst noch brauchte, dann klopfte er an die Badezimmertür.

"Bist du fertig?", fragte er. Natürlich waren es erst zwanzig Minuten, aber sie sollte sich schließlich nicht für ein Dinner schick machen.

"Komm rein", rief sie zurück.

Er drückte die Tür auf und erstarrte.

"Ich brauche noch zwei Minuten, aber du kannst ruhig schon anfangen."

Sie hatte zwei Haarklammern im Mund und steckte gerade die letzten Strähnen einer ziemlich aufwendig wirkenden Hochsteckfrisur zurecht.

Ihr Makeup war dezent, dennoch wirkte ihr Gesicht makellos, als wäre es von einem Profivisagisten bearbeitet worden.

Wie zum Teufel hatte sie das in dieser kurzen Zeit hinbekommen?

Und der Rest von ihr … nun ja, war ziemlich spärlich bekleidet.

Sie trug lediglich rote Spitzenunterwäsche. Der Tanga hatte einen breiten Bund, war aber tief geschnitten und lag deutlich unter ihren Hüftknochen.

Sie war zu dünn. Ganz eindeutig. Er würde ihr auf dem Weg etwas zu essen besorgen.

Als sie sich ihm zuwandte, zuckten ihre Augenbrauen für einen Moment besorgt zusammen, dann folgte das Fakelächeln.

Über was zum Teufel machte sie sich Sorgen?

"Ich bin fertig. Sorry. Ich vergesse immer, dass es nicht für jeden normal ist, sich mit dreißig oder mehr Leuten gleichzeitig anzuziehen. Modellbusiness eben!"

Er sah ihr wortlos dabei zu, wie sie einen schwarzen Bleistiftrock aus dem weißen Kleidersack nahm und ihn sich anzog.

"Warum ist ein Datum auf dem Kleidersack?"

Zoey lächelte ihn über die Schulter hinweg an, während sie sich eine schlichte schwarze Bluse überzog. Ihr Outfit stand im krassen Gegensatz zu der Unterwäsche, die sie darunter trug.

Oberflächlich formell und schick. Darunter höllisch sexy.

"Damit ich nur genau das einpacke, was ich wirklich brauchen werde. Fertige Outfits für jeden Tag. John hasst es, wenn ich mit zu viel Gepäck reise."

Gab es eigentlich irgendwas, das dieser Mann nicht hasste oder kontrollierte?

"Aha."

Mit zwei halterlosen Strümpfen in der Hand, humpelte sie an ihm vorbei.

Er sah ihr noch einen Moment nach, ehe er den Kopf schüttelte und ins Badezimmer schlüpfte.

Er wurde aus dieser Frau nicht schlau. Absolut nicht. Und dass sie ihn so vor ein Rätsel stellte, machte sie nur noch faszinierender.

Er hatte sich immer leicht getan, jeden zu durchschauen, aber bei ihr lief er regelmäßig gegen eine Wand. Es war, als könnte sie ihren Körper und ihre Seele komplett voneinander abspalten.

Sie hatte ihre Mimik und Gestik so perfekt unter Kontrolle, dass quasi nichts davon, was sich in ihr abspielte, nach außen drang.

Zoey lächelte ihm entgegen, als er zehn Minuten später aus dem Bad trat.

Er kämpfte noch mit seinen Manschettenknöpfen und seine Haare waren noch nass, aber sie waren bereits spät dran.

"Komm, ich mach sie dir zu."

Er ging zu ihr und hielt ihr den Arm entgegen. Als er den Blick senkte, um ihren zierlichen Fingern dabei zuzusehen, wie sie den Knopf schlossen, fiel sein Blick auf die Schuhe, die sie trug.

Er schloss die Augen und versuchte, die Fassung zu waren. "Das ist nicht dein Ernst, oder?", fragte er so ruhig wie möglich.

"Hm?"

"Du kannst nicht in Highheels gehen!", verdeutlichte er.

"Oh, ja, ich habe leider keine anderen Schuhe dabei."

Stimmt ja, Johns Packplan. "Dann besorgen wir dir welche von Cat."

"Das geht schon. Dave hat das wirklich klasse gemacht. Mit dem Verband könnte ich fast eine Modenschau laufen."

Das dunkle Grollen, das in ihm aufstieg, konnte er nur teilweise unterdrücken, während sie die zweite Manschette schloss.

"Du wirst keinen Schritt so gehen!" Ehe sie protestieren konnte, hob er sie auf seine Arme und ging, ihr überraschtes Keuchen ignorierend, zur Tür.

"Mat?"

"Keine Widerrede!", brummte er nur.

"Ich brauche meine Handtasche." Das Lächeln, das diesmal auf ihren Zügen lag, war echt. Ein Zoey-Lächeln, das ihn schon bei ihrer ersten Begegnung in Talin verzaubert hatte.

Automatisch erwiderte er es. "Klar." Er steuerte zu der roten Tasche vom Vorabend, aber Zoey deutete in die andere Richtung.

"Die schwarze für heute."

Natürlich. Als wäre irgendetwas an ihrem Outfit nicht komplett durchdacht.

"Die rote würde zur Unterwäsche passen", sprach er seinen Gedanken aus, ehe er seine Zunge unter Kontrolle bringen konnte.

Noch ein Zoey-Lächeln. Er wünschte sich, er würde nur noch diesen Gesichtsausdruck bei ihr sehen.

"Stimmt, aber das weiß ja keiner."

Nur sie und er. Diese Tatsache plus ihr verführerischer Körper in seinen Armen sorgten dafür, dass sein Schwanz sich zu regen begann.

"Okay … dann mal los", sagte er und trug sie aus dem Zimmer.

Er musste schleunigst auf andere Gedanken kommen, ehe er mit einer Beule in der Hose durch die Lobby gehen musste!

ZOEY

Vier Stunden später waren sie zurück im Hotel. Mat hatte darauf bestanden, ihr unterwegs noch Turnschuhe zu besorgen.

In ihren acht Zentimeter Highheels war sie fast genauso groß wie Mat, in den Turnschuhen kam sie sich neben ihm beinahe klein vor, was bei einer Frau ihrer Größe wirklich selten vorkam.

Er hielt ihr die Tür zum Hotel auf, damit sie auf Krücken und einem Bein hineinhumpeln konnte.

Er war zu nett zu ihr. Seine Hilfe, seine freundliche Art und vor allem seine ständigen Berührungen waren nicht gut für sie.

Sie hatte das Gefühl, sehenden Auges in eine Katastrophe epischen Ausmaßes zu laufen. Sie wusste, dass dieser Mann ihr viel zu nahe ging. Dass er ihr das Herz brechen könnte, wenn sie es zuließ.

In diesem Moment entdeckte sie John. Er stand von einem der Sofas in der Lobby auf und klemmte sich die gefaltete Zeitschrift unter den Oberarm.

Er kam zu ihr. Der braune, maßgeschneiderte Anzug saß perfekt wie immer.

Nur die leichte Schwellung an seiner Augenbraue passte nicht ins Bild.

"Mat." John nickte ihm zu, dann wandte er seinen Blick auf sie. "Zoey. Ich habe deine Absage erhalten und habe mich schon gewundert, wo du steckst."

Der Muskel an seinem Kiefer zuckte, als sein Blick auf ihre Füße fiel.

Früher hätte sie gedacht, dass er besorgt wäre oder etwas in der Art.

Heute wusste sie, dass er überlegte, wie er sie so mit auf eine dieser Dinnerpartys schleppen konnte.

"Ich habe uns einen Tisch reserviert. Wir müssen uns unterhalten."

Zoey nickte. Da war sie ganz seiner Meinung. Sie lächelte erst John, dann Mat an. "Danke für alles, Mat."

Sie bemerkte sofort, wie sich sein ganzer Körper anspannte.

"Geht nur vor. Ich muss auch etwas essen, werde aber erst nach Cat suchen. Vielleicht leistet sie mir Gesellschaft." Die Drohung in seinem Blick würde John nicht wahrnehmen. Dafür war er viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Wie sich herausstellte, hatte John bereits für sie bestellt. Wasser, für ihn ein Steak mit Gemüse und für sie Salat ohne Dressing.

Innerlich lächelte Zoey bei dem Gedanken an die Donuts, die Mat ihnen unterwegs besorgt hatte.

Sie waren köstlich. Es war Jahre her, dass sie sich so eine süße Leckerei genehmigt hatte.

"Du warst also beim Arzt?", begann John das Gespräch, als wäre der gestrige Abend gar nicht vorgefallen.

Sie war wütend. Stinksauer, wenn man es genau nahm. Zumindest eine Entschuldigung hätte sie von John schon erwartet.

In diesem Moment setzten sich Cat und Mat an den Tisch hinter John. Nahe genug, um ihrer Unterhaltung folgen zu können.

Es störte und freute sie zugleich. Sie wollte nicht, dass jemand mitbekam, wie John sein konnte. Andererseits fühlte sie sich besser … selbstsicherer, wenn Mat in der Nähe war.

Das war absurd, weil er von ihr eine noch schlechtere Meinung hatte als John, aber dennoch empfand sie so.

"Ja. Ich musste, weil ich mir wegen dir das Außenband angerissen habe."

Die spitze Bemerkung brachte ihr nur eine erhobene Augenbraue ein.

"Ein unglücklicher Unfall infolge meines Ausrutschers. Es tut mir leid, Zoey. Es versteht sich von selbst, dass das nicht mehr vorkommen wird."

Sie glaubte ihm seine Entschuldigung nicht und leider war sie sich ganz und gar nicht sicher, dass das nicht mehr vorkommen würde.

"Unser Flieger geht in knapp drei Stunden. Möchtest du dich noch ein wenig hinlegen?"

So schnell war das Thema für ihn vom Tisch. Zoey war froh, eine Ausrede zu haben, warum sie nicht mit ihm reisen konnte.

"Ich kann dich nicht begleiten, John."

Er starrte sie grimmig an. "Ich habe mich entschuldigt. Was denn noch, Zoey?"

"Ich darf die nächsten sechs Wochen wegen der erhöhten Thrombosegefahr keine Flüge nehmen, die weiter als 5000 Flugkilometer sind." Sie war froh darüber, das eigentliche Thema so noch eine Weile umgehen zu können.

"Wie soll das gehen? Du musst in drei Wochen zur Mailänder Fashion Week!"

Zoey verzog das Gesicht. "John, ich habe mir das Außenband angerissen. Ich werde unter keinen Umständen in drei Wochen eine Modenschau laufen können."

"Hast du deinen Agenten schon angerufen?"

Sie war froh, dass in diesem Moment ihr Essen kam, sonst hätte sie ihm an die Gurgel springen müssen.

Die Unterbrechung gab ihr die Zeit, noch einmal tief durchzuatmen.

"Ich komme gerade erst aus dem Krankenhaus. Es wird das nächste sein, sobald wir hier fertig sind."

Sie aß ihren Salat ohne Dressing und hörte sich dabei Johns Ausführungen an, was ihm ihr Missgeschick jetzt alles für Probleme einbrachte.

Von Wort zu Wort wurde sie wütender. Mat ebenfalls, wenn sie seine zusammengebissenen Zähne über Johns Schulter hinweg richtig deutete.

"Bis zu dem Investorentreffen in Dubai bist du aber wieder fit, oder? Da kann ich nun wirklich nicht ohne dich hinfahren."

Sie legte ihre Gabel beiseite und richtete sich auf. "Nein, John. Ich werde dich nicht nach Dubai begleiten."

"So lange kann das doch nicht dauern und …"

"Genau genommen werde ich dich überhaupt nirgendwohin mehr begleiten", unterbrach sie ihn.

"Zoey!", mahnte er mit dieser leisen, unterdrückten Wut in der Stimme.

"Ich kann und will nicht mehr. Es funktioniert einfach nicht, John."

"Na gut." Er faltete seine Serviette zusammen und legte sie neben seinen Teller. "Du bist verwirrt, ich verstehe das. Die Schmerzen setzen dir bestimmt zu. Wir werden einfach in zwei oder drei Wochen nochmal in Ruhe darüber sprechen."

Sie spürte, wie ihre Schultern sich ganz automatisch verkrampften. "Es gibt nichts weiter zu besprechen, John."

Er nickte, als würde er ihr zustimmen, aber sie sah die Ignoranz in seinem Blick.

"Bis dahin hattest du Gelegenheit zur Ruhe zu kommen. Vielleicht rufst du deine Mutter an, sie wird dir helfen, deine Gedanken zu sortieren."

Zoey biss bei dieser unterschwelligen Drohung die Zähne zusammen.

John stand auf, kam zu ihr herüber und küsste sie auf die Wange, als hätte sie sich nicht eben von ihm getrennt. Ihr war übel. Dieses Gespräch hatte ihr alles abverlangt.

Als sie aufsah, begegnete sie Mats Blick und lächelte ihn so gut es ging an.

"Lass das!", rief er ihr über Cats Schulter hinweg zu.

Sie verdrehte die Augen.

Wie konnte sich ein Mensch nur so sehr über ein gut gemeintes Lächeln ärgern?

Mat lachte, stand auf und kam zu ihr. Cat folgte ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter, als er sich auf Johns Platz setzte.

"Ich hoffe, du magst Kalb in Weißweinsoße", sagte Cat und zwinkerte ihr zu.

Dann kam ein Kellner, räumte den Salat und Johns Teller ab und brachte ihr und Mat neue Gerichte.

"Viel Spaß ihr zwei", dann verschwand Cat auch schon.

"Ich wollte euch nicht unterbrechen", sagte Zoey und sah Cat hinterher.

Mat zuckte mit den Schultern. "Sie war sauer, weil ich sie hierher geschleppt habe, obwohl sie keine Zeit und keinen Hunger hat."

Zoey hatte auch keinen Hunger. Hatte sie eigentlich nie. Aber dieses Gericht duftete himmlisch. Es passte absolut nicht in ihren Ernährungsplan, genauso wie die Donuts heute früh … aber es duftete himmlisch …

"Jetzt iss schon. Du siehst aus, als hättest du seit Monaten nichts mehr gegessen."

Der Schlag saß, aber sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, und lächelte.

Mat seufzte. "Was?"

"Was was?", fragte sie verwirrt zurück.

"Was ich falsches gesagt habe."

Sie verzog das Gesicht. Etwas, das sie in Johns Gegenwart niemals gemacht hätte. "Kannst du bitte damit aufhören, das ist gruselig." Sie nahm ihr Wasserglas, um einen Schluck zu trinken.

"Was?"

Jetzt musste sie wirklich lächeln. "Dieses Gedankenleser-Ding." Sie deutete mit dem Glas auf ihn. "Man fühlt sich, als hätte man keine Privatsphäre mehr", sagte sie und nahm noch einen Schluck.

"Würdest du nicht immer diese Maske aufsetzen, müsste ich das nicht machen."

"Falsch. Dann würde es mir vielleicht nicht so sehr auffallen, weil du nicht verbal nachfragen müsstest, was nicht stimmt."

Mat kniff die Augen zusammen. "Kannst du nicht einfach meine Frage beantworten, anstatt zu versuchen, mich abzulenken?"

"Du tust es schon wieder."

Um ihn nicht weiter ansehen zu müssen, nahm sie das Besteck und aß einen Bissen von dem Kalb. Es roch nicht nur himmlisch, es schmeckte auch so.

Sie konnte sich ein genießerisches Aufstöhnen gerade noch verkneifen.

Er griff über den Tisch hinweg und nahm ihre Hand in seine. "Ich wollte dich nicht kränken oder kritisieren. Ich wollte nur, dass du etwas isst. Das Leben soll schön sein, Zoey. Mach es dir nicht kaputt, indem du dir selbst alles verbietest."

Sie nickte, ohne ihn anzusehen. Sie war sich sicher, dass ihre Maske in diesem Moment absolut nicht saß.

Dann aßen sie beide eine Weile stumm.

"Was willst du tun, solange du hier bist?", fragte er dann.

"Ich weiß nicht. Die Füße hochlegen wahrscheinlich", sagte sie leichthin.

"Sechs Wochen lang? Dir wird langweilig werden." Er verzog zweifelnd das Gesicht.

"Fast alle meine Freunde sind hier, Mat. Wie sollte mir da langweilig werden?"

Langsam nickte er. "Ja, du hast recht. Wo willst du in der Zeit wohnen?"

"Ich rede mal mit Cat. Vielleicht kann ich hier im Hotel bleiben." Es wäre die einfachste Lösung und sie würde niemandem zur Last fallen.

MATTHEW

"Nächste Woche ist die GIAN-Messe. Da werden alle Zimmer ausgebucht sein."

Zoey sah einen Augenblick lang wirklich überrumpelt aus, und aus irgendeinem Grund verließen die nächsten Worte seinen Mund, ohne dass er sie aufhalten konnte. "Ich habe noch ein Zimmer frei. Es steht leer, seit Julien ausgezogen ist."

Er hatte absolut keine Ahnung, woher diese Worte kamen oder warum sich der Gedanke, sie in seinem Haus zu haben, so verdammt gut anfühlte, aber es war so.

"Ich … ähm … danke?"

Zoey schien nicht weniger überrascht über diese Einladung zu sein wie er. Doch bevor er in ihren Augen lesen konnte, was wirklich vor sich ging, verschlossen sie sich vor ihm.

"Klar. Ich bin untertags wenig zuhause, lange Arbeitstage. Aber von mir aus ist es nicht weit zu Taylor und Luces Werkstatt, falls es dir langweilig werden sollte."

Ihr Lächeln war zaghaft und vorsichtig, aber echt. Er liebte es.

"Ich weiß es wirklich zu schätzen, was du für mich tust, Mat", sagte sie und er fühlte sich verdammt gut.

"Gut, lass uns noch ein wenig Zeit schinden, bis John abgereist ist, dann können wir packen."

Sie nickte und sie wandten sich wieder dem Essen zu, während sie sich angeregt unterhielten.

Es war leicht, mit ihr die Zeit zu vergessen. Es entstand nie dieses unangenehme Schweigen. Sobald eine Unterhaltung ins Stocken geriet, stellte sie geschickt eine neue Frage, die ein anderes Thema anschlug.

Sie wäre die perfekte Politikerin oder die perfekte Frau an der Seite eines sehr einflussreichen Mannes. Auch wenn ihm diese Vorstellung nicht gefiel.

Sie könnte es definitiv. Sie hatte perfekte Manieren, konnte in jeder Situation lächeln und konnte eine Unterhaltung perfekt lenken.

Er hasste es. Er wusste, dass das nicht sie war. So war die echte Zoey nicht. In anderen Situationen hatte er einen Blick auf die echte Zoey erhaschen können.

Sie hatte Biss, Stil, Sexappeal, Humor und Schlagfertigkeit. Was sie ihm jetzt zeigte, war die glattgebügelte Version ihrer selbst.

Eine Version, die John aus ihr gemacht hatte. Er verstand nicht, warum sie das zuließ, und er verstand nicht, warum sonst niemand etwas dagegen unternahm.

Aber so lange sie bei ihm war, würde er das nicht tolerieren. Er würde alles daran setzen, die echte Zoey hervorzulocken.

Fire&Ice 11 - Matthew Fox

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