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Kapitel 2

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Ich rannte die Treppe hinauf zum Theater, und wie so oft war ich zu spät. Beinahe hatte ich die Tür erreicht, als ich einen stechenden Schmerz an meinem Kopf fühlte. Etwas hatte mich jäh gebremst. Ich taumelte zu Boden. Zwei starke Hände packten mich an den Armen und fingen mich auf.

»Langsam! Hast du dir etwas getan?« Die warme Stimme durchfuhr mich wie die ersten Sonnenstrahlen im Frühling.

Dank seiner Hilfe kam ich wieder auf die Beine. Ich schaute ihn an. Grüne Augen musterten mich neugierig. Auf seinen vollen Lippen zeigte sich ein freundliches Lächeln. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich gegen die Drehtür gelaufen war. Hitze stieg mir ins Gesicht. Ich besann mich.

»Ich muss schnell da hinein. Danke«, murmelte ich, wie gefangen von seiner Ausstrahlung.

»Bryan.« Er streckte mir die Hand entgegen. Ich schüttelte sie und genoss den festen Griff. Mein Herz schlug noch schneller als zuvor, doch ich musste zum Training. Ich wollte mich nicht aufhalten lassen. Mit pochendem Schädel eilte ich zur Tür hinein und ließ ihn stehen.

Während des Unterrichts wollte der Kopfschmerz einfach nicht weichen, und das Bild des Mannes verfolgte mich die ganze Zeit. Warum war ich nicht stehen geblieben und hatte ihm meinen Namen gesagt? Zu gerne hätte ich ihn wiedergesehen.

Die Lehrerin bot uns an, nach dem Training den Profis bei der Probe zuzuschauen. Erhitzt und noch in Tanzkleidung saß ich in der ersten Reihe vor der Bühne.

Der Song The time of my life wurde eingespielt. Mit offenem Mund starrte ich hinauf, als ich im Scheinwerferlicht Bryan wiedererkannte. Sein muskulöser Körper bewegte sich elegant zur Musik, sein aschblondes Haar umspielte sein Gesicht. Im Hintergrund tauchte seine Partnerin in einem weißen Kleid auf.

Es war wie in einem Traum, die beiden miteinander tanzen zu sehen. Unwillkürlich wippte ich mit den Füßen. Ich kannte jeden Schritt, der zu diesem Tanz gehörte, denn ich liebte dieses Stück.

Jäh wurde ich aus meinen Fantasien gerissen, als Bryan seine Vorstellung unterbrach. Er brüllte quer über die Bühne. Trotz der lauten Musik konnte ich jedes seiner Worte verstehen.

»Mit dieser Frau tanze ich nicht. Die ist eine Zumutung!«

Die Musik verstummte. Seine Partnerin sah ihn erbost an.

»Wo hast du tanzen gelernt? In der Disco?«

Tränen flossen über das Gesicht seiner Partnerin, bevor sie von der Bühne rannte. Grelles Licht erhellte den gesamten Raum.

Bryan deutete wütend in Richtung eines Sitzes irgendwo in den hinteren Reihen, dort saß der Choreograf.

»Was soll der Scheiß? Ich bin extra angereist, und ihr gebt mir eine Anfängerin! Wie soll das funktionieren? Habt ihr Ersatz?«

»Nein. Woher?«, dröhnte es von hinten.

Ich sah meine Lehrerin Mrs Pearl aufspringen und auf den Choreografen zulaufen. Gerade als ich nach meiner Tasche griff, um zu verschwinden, hörte ich ihre Stimme hinter mir.

»Elly?«

Sie wusste, dass ich dieses Stück liebte und schon getanzt hatte. Für eine Schulaufführung, ohne die schweren Figuren. Aber ich hatte natürlich genau beobachtet, wie all die Hebungen und Drehungen funktionierten.

»Ja?«, fragte ich zaghaft.

Mrs Pearl eilte auf mich zu. »Bitte, Elly. Versuche es. Bryan ist den weiten Weg von Los Angeles angereist. Er ist wichtig für dieses Theater. Wenn er sauer ist und abreist … Ich weiß, dass du das kannst.«

Bevor ich etwas erwidern konnte, fühlte ich Bryans grüne Augen auf mir ruhen. Er streckte mir die Hand von der Bühne entgegen. Ich ergriff sie; er zog mich hinauf.

»Bist du aufgewärmt?«, flüsterte er nah an meinem Ohr.

Aufgeregt nickte ich.

»Worauf wartest du dann?« Er schubste mich in Richtung meiner Ausgangsposition und ich war erschrocken über seine energische Art.

Das Licht erlosch, der Scheinwerfer richtete sich auf ihn, die Musik ertönte.

Bryan begann zu tanzen. Bei den Zeilen Time of my life hatte ich mich zu ihm hinbewegt und bog meinen Körper zurück. Er war jetzt dicht bei mir. Sein unglaublich guter Duft nach Seife und frischem Schweiß stieg mir in die Nase. Mit meinen Händen glitt ich andeutungsweise an seiner Brust hinab, wie es die Choreografie an dieser Stelle verlangte, und drehte mich von ihm weg, als zierte ich mich vor seiner Berührung.

Wie ein Stromschlag durchfuhr es mich, als er meine Hand packte und wir nebeneinander tanzten. Ich wusste, wie nah ich ihm im Laufe des Tanzes noch kommen würde.

Mein Herz drohte zu zerspringen. Nun war es so weit: Ich musste meine Arme um seinen Hals schlingen, und er presste seinen Körper gegen meinen.

Bei der ersten Hebefigur fühlte ich seine Hände an meiner Hüfte. Ich war wie berauscht. Bryan hielt mich in seinen Armen.

Der Blick seiner grünen Augen streifte mich. Ich ließ mich nach hinten fallen, spürte seinen heißen Atem an meiner bebenden Brust, als sein Gesicht mich dort streifte.

Es gehörte zum Stück. Aber ich hatte das Gefühl, er meinte es ernst, und so tanzte ich jede Bewegung, die mir Gelegenheit gab, ihn spielerisch zu berühren, aufreizender als notwendig.

Ich schlang meine Arme um seinen Hals und schmiegte mein Gesicht an seine Wange. Seine Hände strichen zärtlich über meine nackten Oberarme.

Der Song näherte sich dem Ende. Ich legte ihm erneut die Arme um den Hals, und sein Gesicht drückte sich an meines. Er bewegte seinen Kopf zur Musik zurück, sah in meine Augen und streifte mit seinen Lippen wie beiläufig meinen Mund. Währenddessen tastete er meinen Körper ab. Ich wusste, es gehörte zur Show. Er war ein Profi, doch ich gab mich der Illusion hin, es gelte tatsächlich mir.

Der Song wurde ruhiger. Bryan drehte mich mit dem Rücken zu sich, schmiegte sich an mich und führte meinen Arm um seinen Hals.

Quälend langsam glitten seine Finger über meine nackte Haut am Arm hinunter zu meinen Brüsten. In einer Pirouette wirbelte ich davon.

Nun kam die berühmte Hebefigur aus dem Musical. Bei Bryans Anblick hatte ich keine Bedenken, dass es nicht klappen würde. Ich nahm Anlauf. Er hob mich in die Höhe, und ich hörte den Applaus meiner Kameradinnen. Das Licht des Scheinwerfers erlosch, als Bryan mich absetzte. Dunkelheit umgab uns. »Das war der Hammer«, flüsterte er in mein Ohr.

Er legte die Hände auf meinen Po und drückte sich an mich. Durch den dünnen Stoff seiner Hose spürte ich sein pochendes Glied. Zaghaft und gleichzeitig neugierig ließ ich es zu, dass er seine Lippen auf meine legte und seine Zunge in meinen Mund tauchte.

Als das Licht den Saal erhellte, hatte er bereits von mir abgelassen. Meine Tanzlehrerin klatschte begeistert in die Hände. Der Choreograf sprang auf und winkte Bryan zu sich. Dieser hielt fest meine Hand.

»Gönnt uns eine Verschnaufpause. Wir verschwinden kurz.«

Ich folgte ihm willig hinter die Bühne. In der Maske schloss er die Tür hinter uns. Er atmete stoßweise, als er mich an sich zog. Der Song hallte noch in meinen Ohren und vermischte sich mit dem Rauschen des Blutes. Fordernd drang seine Zunge in meinen Mund. Dieses Mal erwiderte ich sein Verlangen. Ein Schauder durchfuhr mich. Seine Hände packten meine Brüste. Er war der erste fremde Mann, der sich mir so näherte. Hitze stieg in meiner Körpermitte auf. Ich wollte ihn fühlen. In diesem Augenblick war ich mir sicher, dass ich ihn liebte.

Elly - Unschuldig

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