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Kapitel Zwei
ОглавлениеWenn irgendjemand Dell vor einer Woche gesagt hätte, dass er an einem Freitagnachmittag im Galaxy Diner sitzen und darauf warten würde, mit Rick Fowler zu Mittag zu essen, hätte er denjenigen ausgelacht. Aber im Verlauf der Woche, in der er sich mit Taro geschrieben hatte, hatte Dell viel nachgedacht.
Wirklich viel.
Er hatte gegrübelt, Recherche betrieben und seine Vergangenheit im Licht dessen, was er allmählich für die Wahrheit über sich hielt, neu bewertet. Und wenn er je eine Chance haben wollte, damit zurechtzukommen, musste er bei Rick Wiedergutmachung leisten.
Dell spielte an dem Glas Eistee herum, das er bereits bestellt und beinahe bis aufs Eis leer getrunken hatte. Seine Kellnerin brachte ihm ein zweites Glas und nahm das alte mit. Er sah auf dem Handy nach, wie spät es war. Rick war zehn Minuten zu spät dran. Dells Bauch verkrampfte sich vor Sorge, versetzt worden zu sein. Nicht, dass er es nicht verdiente nach allem, was zwischen ihnen vorgefallen war.
Ein Schatten fiel auf den Tisch. Dell sah auf. Seine Augen weiteten sich beim Anblick von Rick, der neben ihm stand, die Hände locker an den Seiten und so gut aussehend wie immer. Er wirkte ernster, seitdem er angeschossen worden war, auch wenn er diesen Ausdruck für den Dreh als Adam Swift leicht abstreifen konnte. Nur im Privatleben machte er sich nicht die Mühe, ihn zu verbergen.
Dell stand lächelnd auf; nicht sicher, ob er Rick umarmen sollte. Rick fällte die Entscheidung, indem er ihm linkisch die Hand schüttelte.
»Tut mir leid, dass ich zu spät bin«, sagte Rick, als er sich setzte. »Ich bin in einer Baustelle hängen geblieben. Ich schwöre, an irgendeiner Abfahrt der Route 15 ist immer eine.«
»Stimmt. Danke, dass du gekommen bist.«
»Du hast mich zum Mittagessen eingeladen. Ich schlage nie Essen aus, wenn es umsonst ist.« Rick sprach wie so oft leichthin und versteckte damit seine wahren Gefühle zu diesem Treffen. Aber er war erschienen und das war ein erster, erfreulicher Schritt.
Die Kellnerin nahm die Bestellung für Ricks Getränk auf und ging.
»Und ich bin neugierig«, fuhr Rick fort. »Du hättest heute Abend mit mir sprechen können, wenn ich mit Avery seine zweite Duo-Szene drehe.«
»Ich wollte unseren Privatkram nicht mit dem Geschäftlichen vermischen«, sagte Dell. »Es leben inzwischen zu viele Leute in meinem Haus und ich konnte mir nicht vorstellen, dass du dich bei dir mit mir treffen wolltest.«
Rick nippte an seiner Sprite. »Noch mehr missratene Verwandte, die dem religiösen Kult entkommen sind, den du Familie schimpfst?«
Dell schnaubte. »Ich wünschte, es wäre so. Nein, Jake und Cris sind für eine Weile eingezogen.«
»Warum?«
Er erzählte von den Ereignissen der vergangenen Tage, soweit sie ihm bekannt waren. Es war alles Wissen aus zweiter Hand durch Onkel Charles, doch Rick schien zu begreifen.
»Das hatte es also damit auf sich, als alle auf einmal die ganze Woche in Jakes und Bennys Wohnung herumhingen?«
»Ja, Chet scheint eine Vermutung zu haben, was mit Jake los ist, aber er hat bisher nichts gesagt. Was immer es ist, ich bin froh, dass Jake Unterstützung hat.«
Emotionaler Support während einer Krise bedeutete alles.
Der seltsame Dreieckstanz zwischen Jake, Cris und Onkel Charles hatte sich gestern etwas zugespitzt. Dell war überrascht gewesen, als Onkel Charles ihm gesagt hatte, dass Cris und Jake in die Gästezimmer im ersten Stock ziehen würden, bis es Jake wieder besser ging, aber er hatte sich rasch daran gewöhnt. Onkel Charles sorgte sich um Cris, der sich wiederum um Jake sorgte. Daher würde Onkel Charles alles tun, um Jake zu helfen.
»Wie hält sich Jake?«, fragte Rick.
»Es scheint ihm ganz gut zu gehen, auch wenn er ein bisschen müde und kaputt ist. Was immer mit ihm los ist: Hoffentlich bekommt Jake bald die Kurve.«
»Freut mich zu hören.« Ricks ruhige Fassade bekam Risse. »Ich hatte einen Cousin, der mit üblen Depressionen zu kämpfen hatte und sich keine Hilfe gesucht hat. Das ist nicht gut ausgegangen.«
»Das tut mir leid.«
Ihre Kellnerin kehrte zurück, um sich zu erkundigen, ob sie bestellen wollten.
»Was ist das teuerste Gericht auf der Speisekarte?«, fragte Rick.
Sie zögerte. »Äh, ich glaube, unsere gemischte Meeresfrüchteplatte.«
»Das nehme ich.«
Dell verdrehte die Augen und verbarg ein Grinsen. Rick benahm sich nicht grundlos wie ein Arsch. Dell hatte angeboten, ihn einzuladen. Daher war es die kleine Rache, die Dell verdiente, sich das teuerste Gericht auszusuchen. »Ich nehme einen Bacon-Cheeseburger und Pommes, keine Zwiebeln.«
»Verstanden«, sagte sie, ohne etwas aufzuschreiben.
Mein Burger kommt besser ohne Zwiebeln.
»Nun, da du mich zu einem Festmahl aus Meeresfrüchten einlädst«, sagte Rick mit leichtherzigem Grinsen. »Über was wolltest du reden?«
Dell räusperte sich kräftig. »Ich möchte mich entschuldigen. Für letzten Herbst.«
Ricks dunkler Blick hielt seinen fest. »Was genau letzten Herbst?«
Nun, da es so weit war, hingen die Worte fest. Wollten nicht rauskommen. Aber genau deshalb hatte Dell Rick eingeladen. Er schuldete Rick etwas. »Es tut mir leid, dass ich mit dir geschlafen habe, obwohl ich es nicht wollte, und es tut mir leid, dass ich dich als Reaktion darauf ausgeschlossen habe, statt mit dir zu reden.«
Rick legte den Kopf schief. »Und?«
Verdammt, das tut weh.
»Es tut mir leid, dass ich unser Versprechen gebrochen habe, uns von Drogen fernzuhalten, und Special K genommen habe.«
»Warum hast du das getan?«
Dell schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid. Ich bin noch nicht bereit, darüber zu reden.«
»Du bist nicht bereit?« Rick neigte sich nach vorn. In seinen Augen blitzte Ärger. »Du hast dir zwei Tage nachdem wir miteinander geschlafen haben, eine Überdosis reingepfiffen. Hast du irgendeine Ahnung, wie schuldig ich mich gefühlt habe? Es war, als ob die Tatsache, dass wir Sex gehabt hatten, dich dazu gebracht hätte, wieder was zu nehmen.«
»Es lag nicht an dir, ich schwöre es.« Zunehmende Schuldgefühle drohten, den mageren Inhalt von Dells Magen wieder hochzuschicken.
In den zwei Tagen, bevor es dazu gekommen war, und in all den Monaten danach war Dell nie aufgegangen, dass Rick sich für seine Überdosis verantwortlich fühlen könnte. Dell war zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen. Erst als Rick sich von der Schusswunde erholt hatte und wieder zur Arbeit erschienen war, hatte Dell richtig über seinen früheren Freund nachgedacht.
Und er hasste sich für die Schuld, mit der Rick vielleicht gelebt hatte.
Oder sogar ganz bestimmt, wenn der unverhohlene Schmerz in Ricks Gesicht ein Hinweis war. »Du sagst, es lag nicht an uns«, sagte Rick. »Aber ich habe in den letzten acht Monaten geglaubt, dass es daran lag. Nur ein paar Tage nach deiner Überdosis hat mich Jons verrückter Stalker zusammengeschlagen und wieder drei Wochen später hat derselbe Irre mich angeschossen. Schon nach der Prügel dachte ich, dass ich nie wieder meine Wohnung verlassen würde, und nachdem ich angeschossen wurde? Verdammt, ich wundere mich immer noch, dass ich je zum Telefon gegriffen und Chet gefragt habe, ob wir wieder filmen können.
Und zwar nicht, weil ich zu nervös war, nach draußen zu gehen und wieder gesehen zu werden, sondern weil ich davon ausgegangen bin, dass Chet mir sagt, dass ich mich verpissen soll. Dass ich nicht länger willkommen wäre wegen dem, was auch immer du ihm über die Überdosis oder uns erzählt hast.«
»Ich habe ihm gar nichts gesagt«, sagte Dell. Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern im lauten Diner. »Er respektiert meine Privatsphäre und aus irgendeinem Grund vertraut er mir, ohne dass ich mich über die schlimmste Entscheidung meines Lebens auskotze. Es tut mir furchtbar leid, wie sehr dich das alles getroffen hat, und ich schwöre dir, dass ich nie vorhatte, dir wehzutun.«
»Ich war nur der Kollateralschaden.«
Dell fuhr zusammen. »Es tut mir leid.«
»Ja, das sagtest du bereits. Und ich glaube dir. Ich bin kein Heiliger. Du weißt von all dem üblen Scheiß, den ich gebaut habe, und auch, was ich durchgemacht habe, und du warst trotzdem mein Freund. Du hast mir geholfen, daran zu glauben, dass ich das vielleicht hinter mir lassen und wieder eine Beziehung führen kann. Und dann hast du mich weggestoßen und bist beinahe gestorben. Und dann ist Jon – der eine Mann, dessen Vergebung ich verzweifelter brauche als alles andere auf der Welt – auch fast gestorben. Hast du irgendeine Vorstellung, wie dringend ich mir was besorgen wollte und es nicht getan habe? Was für Schmerzen es waren, sich von einer Schusswunde zu erholen, ohne etwas Stärkeres als verdammtes Aspirin?«
Der dumpfe Schmerz in Dells Brust stieg ihm in die Kehle und Tränen brannten in seinen Augen. »Ich war zu sehr mit meinen Nierenproblemen beschäftigt, um über deine Lage oder Gefühle nachzudenken, und das werde ich immer bereuen. Ich weiß nicht, wie ich das wiedergutmachen soll, Rick.«
»Es geht nicht darum, dass du irgendetwas wiedergutmachst«, sagte Rick mit Schmerz in der Stimme. »Ich glaube, wir haben beide gesagt, was wir zu sagen hatten. Wir haben beide Fehler gemacht und waren beide verletzt. Ich denke, wir können nur versuchen, nach vorn zu sehen.«
»Können wir wieder Freunde sein?«
Rick antwortete nicht sofort. »Ich weiß es nicht. Vielleicht.«
Ich nehme lieber ein Vielleicht als ein Verdammt, nein.
»Okay«, sagte Dell. »Das ist nur fair.«
Die Kellnerin erschien mit ihrem Essen. Sie setzte Dells Cheeseburger und Pommes zuerst ab, dann platzierte sie einen großen Teller mit gedämpften und gegrillten Meeresfrüchten vor Rick.
»Es tut mir leid, aber ich habe keinen Hunger«, sagte Rick zu ihr. »Können Sie es mir einpacken?«
»Natürlich«, sagte sie, dann warf sie Dell einen Blick zu.
»Ich bleibe«, sagte er. Es tat weh, dass Rick davonlief, aber er verstand ihn. Er hatte sich etwas vorgemacht, als er davon ausgegangen war, dass etwas zu vergeben ebenso leicht war, wie sich zu entschuldigen. Als Süchtiger sollte er es besser wissen.
Die Kellnerin ging mit Ricks Essen. Dell nahm eine Pommes und klopfte damit an den Rand seines Tellers. Er hatte auch keinen Hunger mehr.
»Dell?«, sagte Rick leise.
»Ja.« Er hob nicht den Kopf, bis Rick eine Hand über den Tisch schob und die Finger um Dells Handgelenk schloss.
Rick lächelte nicht, aber seine Miene war freundlich. »Ich meine nach wie vor alles, was ich letztes Jahr gesagt habe. Dass du stark und fähig bist und Liebe verdienst. Du verdienst ein sicheres und trockenes Leben. Es ist nicht wichtig, was du in der Vergangenheit getan hast. Nicht mehr.«
»Danke. Das bedeutet mir viel, nach allem, was passiert ist.«
»Gern geschehen. Ich bin nicht in der Position, dir etwas nachzutragen oder dich zu verurteilen. Es tut mir leid, wie es gelaufen ist. Vielleicht können wir eines Tages wieder wie früher Freunde sein.«
»Ich hoffe es. Du warst der erste gute Freund, den ich gefunden habe, als ich hergezogen bin, und ich habe es verdorben. Ich werde das immer bedauern. Vielleicht werde ich eines Tages in der Lage sein, mit jemandem über die Überdosis zu reden, aber ich bin einfach noch nicht so weit.«
Rick nickte. »Ich verstehe. Wenn du je das Gefühl hast, dass du es mir sagen möchtest, ruf an. Ich verspreche, dass ich dir zuhören werde.«
»Danke. Ehrlich, das ist mehr, als ich verdiene.«
»Nein, ist es nicht. Du verdienst viel mehr. Ich war derjenige, der zu selbstsüchtig war, um über seinen Schatten zu springen.«
»Junge.« Dell drehte seine Hand, sodass ihre Handflächen ineinander lagen, und drückte zu. »Du bist letztes Jahr auch durch die Hölle gegangen. Du musst gerade ein bisschen selbstsüchtig sein.«
Der Kellnerin kam mit Ricks Essen zurück, das inzwischen in einer Take-away-Schachtel und einer Plastiktüte verstaut war. Sie lösten langsam ihre Hände, aber sie schien es gar nicht zu bemerken. Sie lächelte nur und ging.
»Danke fürs Zuhören«, sagte Dell.
»Gern.« Rick stand mit dem Essen in der Hand auf. »Ich sehe dich heute Abend beim Dreh, okay?«
»Ja, natürlich.«
Dell sah zu, wie Rick den Diner verließ, und ein kleiner Teil seiner Ängste ging mit ihm. Er hatte endlich versucht, die Angelegenheit mit Rick geradezurücken. Etwas, das er schon vor Monaten hätte tun sollen, direkt nachdem er sich von der Transplantation erholt hatte. Seine Angst hatte ihn so oft davon abgehalten Rick anzurufen, aber er hatte es geschafft. Und das Ergebnis war viel besser, als er erwartet hatte.
Vielleicht würde er eines Tages in der Lage sein, über die Überdosis zu reden, aber noch war es nicht so weit. Und wenn doch, war sein Onkel der Erste, der es verdiente, die Wahrheit zu erfahren. Onkel Charles hatte ihn gefunden, als er bewusstlos im Schlafzimmer gelegen hatte. Er hatte ihn ins Krankenhaus gebracht und drei Tage lang an seinem Bett gesessen, während Dell im Koma gelegen hatte. Hatte ihn monatelang zur Dialyse gefahren. Hatte bei ihm gesessen, als er sich auf die Nierentransplantation vorbereitet hatte, die sein Leben retten sollte, und auch hinterher, während der Rekonvaleszenz, als Dell versucht hatte zu begreifen, dass ein lebenswichtiges Organ eines anderen Menschen in seinem Körper arbeitete.
Onkel Charles verdiente es, zuerst Bescheid zu wissen.
Dell schielte unter das Brötchen des Burgers und stieß ein Seufzen aus. Dann pickte er die Zwiebeln herunter.
***
Darsteller, die länger als ein paar Monate für das Studio arbeiteten, kannten sich gut genug im Haus aus, um ohne Klingeln hereinzukommen. Rick/Adam Swift tat genau das gegen sechs am Abend, pünktlich für die angesetzte Szene. Dell war bereits unten und passte das Set an, das sie verwenden wollten, als Adam und Onkel Charles zusammen hereinkamen.
Während Averys ersten Drehs war dieser merkwürdig nervös und zögerlich gewesen, auch wenn er mit Benny zusammengearbeitet hatte, der ein Switch war und kein Problem damit hatte, Avery toppen zu lassen. Dell hatte das Bildmaterial aus jedem Winkel gemustert und schließlich die wohlbegründete Vermutung geäußert, dass es nicht an seinem Partner, sondern am Set gelegen hatte. Nicht jeder – insbesondere Leute, die neu im Pornogeschäft waren – fühlte sich wohl dabei, auf oder um ein Sofa herum zu ficken.
Heute verwendeten sie das Set mit dem Kingsize-Bett in Schlafzimmerumgebung, komplett mit Nachttischen, Kunstwerken und einer falschen Topfpflanze. Dell hatte bereits das Licht angepasst und eine feste Kamera auf einem Dreibein aufgestellt, um lange Passagen des Paars drehen zu können. Seine bevorzugte Handkamera wartete in der Nähe auf ihn.
Onkel Charles und Adam unterhielten sich leise, während sie die Stufen zum Studio hinabstiegen. Dell nickte Adam freundlich zu und Adam erwiderte die Geste – ziemlich genauso wie bei jeder anderen Gelegenheit, wenn sie in den letzten Monaten miteinander gearbeitet hatten. Das war gut. Wenigstens stand kein Unbehagen zwischen ihnen, wie es der Fall hätte sein können. Besonders, wenn ihr Gespräch beim Mittagessen Dell um die Ohren geflogen wäre.
Es klingelte. Onkel Charles lachte.
»Ich gehe«, sagte Dell.
Er nahm zwei der mit Teppich bedeckten Stufen auf einmal, um in den Hauptflur zu gelangen. Das restliche Haus lag zu seiner Rechten, die Eingangstür links. Er zog sie auf, um ihr neuestes Model, Avery Dameron, zu begrüßen.
Avery war laut seinem Lebenslauf dreiundzwanzig, hatte stechend braune Augen, makellose dunkle Haut und sorgsam gepflegte Dreadlocks, die er mit einem blauen Stoffband zurückband. Er war kleiner als die meisten Darsteller, aber auch ein wenig muskulöser. Er erinnerte Dell an einen viel jüngeren Tyrese Gibson, auch wenn Tyrese ein kleiner, bisexueller Mann mit Dreads gewesen wäre. Und wie üblich konnte Dell die Ästhetik eines gut aussehenden Mannes bewundern, aber… Ja, kein Bedürfnis, mit ihm zu schlafen.
»Hallo Mann«, sagte Avery. Ein leichter Akzent schwang in seiner Stimme mit, als ob er in New York oder New Jersey aufgewachsen wäre.
»Hey, komm mit nach unten«, sagte Dell freundlich lächelnd. »Ich bin mir sicher, dass Chet dir gesagt hat, dass du heute mit Adam Swift arbeitest.«
»Oh ja!« Averys Augen leuchteten auf. »Ich kann es nicht erwarten. Er ist der heißeste Typ in eurem Pool.«
Dell war sich nicht sicher, ob er dem zustimmte, aber Avery freute sich offenbar auf den heutigen Dreh. Er folgte Dell nach unten, sodass Onkel Charles alle miteinander bekannt machen konnte.
»Adam, das neueste Mitglied in unserer Runde, Avery Dameron«, sagte Onkel Charles. »Avery, einer unserer größten Stars, Adam Swift.«
Avery schüttelte Adam mit glattem, aber festem Griff die Hand. Erregung zeigte sich in seinen Augen und breitem Lächeln. Adams Lächeln war nicht weniger eifrig und ihr Griff hielt ein bisschen länger als nötig. Dell verdrängte die plötzliche Eifersucht über die sofortige und unübersehbare Anziehung zwischen den beiden.
Ich möchte das auch, aber was, wenn ich das nie erleben kann, weil ich einfach anders verdrahtet bin?
»Wir drehen eine schlichte Zweier-Szene«, erklärte Onkel Charles. »Adam freut sich darauf, für dich passiv zu sein, Avery, aber falls ihr zwischendurch das Gefühl habt, dass ihr lieber tauschen wollt, gebt dem nach. Ich sehe lieber dabei zu, wie sich die Chemie ihren Weg bahnt, als zu viel vorzugeben.«
Einige ihrer erfolgreichsten Videos waren entstanden, weil Onkel Charles diese Worte ausgesprochen hatte, und Dell hatte das Gefühl, dass der heutige Dreh die Laptops im ganzen Land zum Glühen bringen würde.
Beide Darsteller zogen T-Shirts und Schuhe aus, dann stiegen sie aufs Bett. Adam zerrte bereits am Saum von Averys engen Jeans, die seine Erektion kaum verbarg. Dass es bereits zwischen ihnen knisterte, obwohl das helle Licht und die Kameras auf sie gerichtet waren, war ein großartiges Zeichen. Es war wichtig, an die richtigen Winkel zu denken und nicht gewisse Handlungen für die Kamera zu blockieren, aber es kam nur selten vor, dass die Darsteller so aufeinander standen, dass sie schlicht vergaßen, dass sie gefilmt wurden, und einfach loslegten.
Dell nahm seine Kamera auf, dann schaltete er die stationäre ein. Prüfte den Fokus. Hob den Daumen in Onkel Charles' Richtung. Dann drehte er am Griff.
»Und Action«, sagte Onkel Charles.
Adam verschwendete keine Zeit, sondern fiel über Avery her und küsste ihn leidenschaftlich. Das Fehlen eines einleitenden Dialogs bedeutete, dass sie später Voice-Overs aufnehmen mussten, um die Darsteller und die Szene vorzustellen. Dell zog diese Art der Eröffnung jener vor, bei der die Darsteller gemeinsam und am Set in die Kamera sprachen. Es fühlte sich so mehr nach Film an.
Dell rückte näher ans Bett und zoomte mit der Kamera dichter heran, um die Küsse zu zeigen. Arbeitende Kiefer, leckende Zungen, beißende Zähne. Adam ging selten so aggressiv vor, schon gar nicht so früh. Dell versuchte, Abstand zur Szene zu halten und professionelle Distanz zu wahren, aber er konnte nicht anders, als die beiden zu studieren. Sicher, er hatte seit seinem Gespräch mit Taro auf der Geburtstagsparty bereits zwei Szenen gedreht, aber heute war es anders.
Heute wurde er Zeuge ernsthafter sexueller Anziehung und Chemie. Er konnte nicht anders, als die Darsteller ein bisschen dafür zu hassen, dass sie freimütig etwas miteinander teilten, das Dell nie erlebt hatte und vermutlich auch nie würde.
Konzentrier dich, Idiot. Versau Onkel Charles' Dreh nicht.
Er konzentrierte sich wieder. Der Dreh dauerte länger als sonst. Sobald die Darsteller nackt waren, schienen sie zu vergessen, dass sie einen Porno drehten und besorgten es sich gegenseitig, bevor sie zum Vögeln kamen. Beide wirkten hinterher verlegen, aber Onkel Charles lachte nur und ließ sie eine Pause einlegen, damit sie wieder hart werden konnten. Dieses Video würde dank all der Moneyshots zu einem brandheißen Doppelangebot werden.
Dell setzte die Kamera ab und rollte die Schultern. Er ignorierte die beiden nackten Männer, die auf dem Bett herumalberten. Sie neckten, küssten und streichelten sich zu neuem Leben. Onkel Charles hatte für solche Fälle Viagra vorrätig, aber weder Adam noch Avery schienen Schwierigkeiten zu haben, wieder einen Ständer zu bekommen.
Wie fühlt es sich an, so sehr auf jemanden zu stehen, dass man innerhalb weniger Stunden zweimal kommen kann?
Er ertappte sich dabei, dass er ein wenig zu sehr auf Adam/Ricks wachsende Erektion starrte, und erinnerte sich daran, wie es sich angefühlt hatte, sie zu streicheln. In den Mund zu nehmen. Sich Mühe zu geben, damit sein Sexpartner sich gut fühlte, denn darum ging es doch, oder? Rick und er waren anfangs befreundet gewesen und auch wenn Dell sie nicht geteilt hatte, hatte er Ricks Zuneigung zu ihm durch viele Kleinigkeiten bemerkt – die langen Berührungen, das geheimnisvolle Lächeln, wie nah er ihm kam.
Und Dell war so geschmeichelt gewesen, besonders, nachdem er Rick manches aus seiner Vergangenheit erzählt hatte. Rick hatte ihm ebenfalls einiges anvertraut und ihre Abstinenz hatte sie einander nähergebracht. Dell war überrascht gewesen, dass jemand, der so gut aussah wie Rick, bereit war, sich mit einem ehemaligen Stricher und Drogensüchtigen zusammenzutun. Er wollte alles tun, um ihm zu gefallen.
Eine Weile waren sie im Geheimen zusammen gewesen, damit es auf der Arbeit nicht peinlich zwischen Dell und dem inzwischen ehemaligen Darsteller Jon wurde, den eine komplizierte Vergangenheit mit Rick verband. Dell hatte alles getan, von dem er ausging, dass ein guter Freund es für seinen Mann tun würde – auch Sex haben, als er nicht bereit war. Und dann, zwei Tage später, war er ausgegangen und hatte das Special K gekauft.
Vielleicht ist das Problem gar nicht das, wovon Taro mir erzählt hat. Vielleicht bin ich wirklich nur kaputt vom jahrelangen Drogenmissbrauch und davon, Fremden einen zu blasen, damit ich meine Sucht finanzieren kann. Irgendetwas in mir ist zerstört und das ist allein meine Schuld.
»Dell?«
Er wirbelte herum und keuchte angesichts von Onkel Charles' unerwarteter Gegenwart hinter ihm. »Was?«
»Ich habe gefragt, ob wir weitermachen können«, sagte Onkel Charles. »Geht es dir gut?«
»Ja, ich war mit den Gedanken woanders. Ich bin bereit.«
Onkel Charles musterte ihn einen Moment. Vermutlich glaubte er ihm nicht ganz, aber die Uhr tickte sozusagen. Und Dell würde seine vorherigen Gedankengänge ganz sicher nicht mit seinem Onkel teilen. Besser, er schob sie beiseite und wandte sich wieder der Arbeit zu.
Dell lächelte – wie er hoffte – aufmunternd, dann holte er seine Kamera.
Jetzt erst mal die Arbeit. Hinterher habe ich immer noch Zeit, kaputt zu sein.