Читать книгу Ich muss tun, was mir befohlen wird - Amelie Wild - Страница 3
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ОглавлениеEs war ein heller, sonniger Frühlingstag.
Der Winter war von einem Tag auf den anderen Tag verschwunden. Noch letzte Woche waren es Minusgrade in München und heute bereits fast zwanzig Grad im Plusbereich. Die Menschen zog es magisch in die Natur. Der lange Corona Lockdown zerrte mittlerweile an den Nerven.
Die schlanke, blonde Frau wählte den schmalen Pfad, der sie direkt durch den Wald zu einem kleinen Badesee führte. Sie dachte an die kommenden Tage, wenn die Schulen wieder zu einem Normalbetrieb übergingen.
Amelie Wildschütz war Lehrerin an einem Gymnasium.
Sie unterrichtete Deutsch und Latein, auch wenn man sie aufgrund ihrer außerordentlichen Schönheit und ihrer erotischen Ausstrahlung eher für ein Fotomodel oder Fernsehstar gehalten hätte. Sie war langbeinig, schlank und mit Rundungen an den Stellen ausgestattet, wo Männer sie zu fühlen wünschten. Der Busen war üppig und straff und betonte ihre perfekte Figur.
Ihr Wesen war ruhig und gutmütig, beinahe ein wenig naiv, ohne besondere Ansprüche. Geld interessierte sie nicht, da sie das einzige Kind wohlhabender Eltern war. Sie kannte nicht einmal die Höhe ihrer monatlicher Gehaltsabrechnung. Sie brauchte keine Miete zu bezahlen, da die Wohnung ihren Eltern gehörte. Sie besaß die schwarze Centurion Kreditkarte von American Express, mit der sich alle Einkäufe tätigen ließen. Warum sich also mit Kontoständen herumschlagen? Die Tätigkeit als Lehrerin war für Amelie eine Berufung, keine Arbeit um sich damit das tägliche Leben zu finanzieren.
Der kleine, abgelegene See brachte ihr Erinnerungen an eine sehr schöne Zeit in ihrem Leben. Erinnerungen an ihre Kindheit und ihre Mutter, als diese noch wusste, dass sie eine Tochter hatte. An diesem See war sie regelmäßig mit der Mutter zum Schwimmen gewesen. Sie kannte sogar noch die genaue Stelle, an der sie immer die Handtücher ausgebreitet hatten.
Hier, in der Stille dieses Badesees, träumte sie von einer Zukunft, die sich für sie wohl nie erfüllen würde; Ehemann, Kinder, Haus und Garten. Es sollte wohl nicht sein. Vielleicht war sie nicht dafür geschaffen, eine eigene Familie zu haben. Daher träumte sie lieber von der wenigen Zeit, die sie mit ihrer Mutter verbringen durfte. Von der Zeit, als sie noch bedingungslose Liebe empfangen hatte.
Amelie blickte still über den See und dachte zurück.
Wie immer, wenn sie sich nach Liebe und Geborgenheit sehnte, kamen die Bilder der Zeit in Österreich aus ihrem Unterbewusstsein empor. Wie immer, wurde eine Schublade aus Erinnerungen geöffnet, die verschlossen bleiben sollte.
Es begann, als sie noch jung, unerfahren, naiv und unberührt war. Die Großeltern besaßen in Österreich einen Bauernhof mit Pferden, Hunden und vielen Katzen. Schon als kleines Kind war sie ständig dort, liebte die Tiere und die Großeltern.
Natürlich kamen auch ihre Cousins und Cousinen regelmäßig zu Besuch, meistens in den Schulferien. Sie spielten viel und kümmerten sich um die Tiere. So vergingen die Jahre. Aber ihre Cousins waren älter und bereits an den Körpern von Mädchen interessiert.
Es begann alles am Tag nach dem runden Geburtstag der Großmutter. Es hatte ein großes Fest stattgefunden. Max, der älteste der Cousins, gehörte zum Team, das fürs Aufräumen zuständig war. Er versteckte einige Flaschen Schnaps. Außerdem entdeckte er eine Schachtel mit Joints, die er ebenfalls einsteckte.
Am Abend trafen sich die Teenager in einem verborgenen Teil der Scheune, den sie als heimlichen Treffpunkt ausgebaut hatten. Hier standen ausrangierte Tische, Stühle, ein Sofa, Matratzen, Kissen, Decken und eine Stereoanlage. Max präsentierte stolz das gefundene Beutegut, die Flaschen Schnaps und die Joints.
Und dann begann das Würfelspiel, zuerst als Trinkspiel getarnt. Dann wurden Joints geraucht und es entwickelte sich zu einem Ausziehspiel. Und in das Leben der jungen, unerfahrenen, naiven und unberührten Mädchen trat mit plötzlicher Brutalität die Welt der Sexualität.
Schnell schüttelte Amelie den Kopf, als könnte sie auf diese Weise die Erinnerungen vertreiben, als würde sie auf diese Weise die geöffnete Schublade wieder schließen können.
Das laute Schlagen der Turmuhr weckte sie aus ihren Gedanken. Vier Uhr!
Erschrocken drehte sie sich um die eigene Achse und lief los. Die tiefstehende Sonne blendete sie für einige Sekunden. Sie spürte, wie sie mit jemandem zusammenstieß und murmelte eine Entschuldigung. Ein Paar ernste Männeraugen, grau und dunkel, sahen sie abwesend an, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Der hochgewachsene Fremde ging achtlos an Amelie vorbei, direkt zum Ufer des kleinen Sees.
„Seltsame, traurige Augen“, meinte Amelie im Selbstgespräch.
Dann schüttelte sie den Kopf. Was interessierten sie die Augen eines fremden Mannes?
Sie musste sich beeilen. Heute Abend wurde das hundertjährige Firmenjubiläum der SL Bank AG gefeiert. Amelie musste ihre Eltern vertreten, die als Hauptaktionäre eine Einladung erhalten hatten.
Viel Lust verspürte sie nicht. Fade Banker, die langweilige Reden schwangen. Sie beschloss, der Feier einen kurzen Besuch abzustatten und dann schnell wieder zu verschwinden.