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Erdoğans langer Schatten

Allahu Akbar statt Grüß Gott in Wien-Favoriten.

Erdoğans langer Schatten reicht bis nach Favoriten, seine Propaganda mobilisiert junge türkische Nationalisten und verwandelt den Wiener Bezirk tagelang in ein Schlachtfeld der Grauen Wölfe. Erdoğan-treu, radikal islamisch, nationalistisch.

Eine Demonstration von kurdischen Frauenvereinen und ihren Unterstützerinnen gegen den Mord an der Aktivistin Zehra Berkel durch Drohnen der türkischen Luftwaffe ist der Auslöser der Zusammenstöße. Jeder Grund ist den Grauen Wölfen willkommen, um gegen Kurden gewaltsam vorzugehen. Ein gemeinsamer Feind vereint bekanntlich. Die Liste der Feinde der Grauen Wölfe ist lang. Neben Kurden sind es Juden, Kommunisten, Armenier, Griechen, Kommunisten, Freimaurer, Israel und die »Zionisten«, die EU, der Vatikan und nicht zuletzt die Vereinigten Staaten. Kurz, all jene, die nicht Erdoğans Meinung unterstützen oder schlicht nicht in sein starres Weltbild passen.

Doch wer sind die Grauen Wölfe? Die vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestuften Grauen Wölfe, bezeichnen sich selbst als »Idealisten« (»Ülkücüler«) und haben ihren Ursprung im türkischen Nationalismus des 19. Jahrhunderts, der sich nach dem Zerfall des Omanischen Reiches entwickelte.

Der Wolfsgruß, das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe, wird gerne auch von Anhängern Erdoğans verwendet, so geschehen bei seinem Deutschlandbesuch 2018. Auffällig war hier, dass Erdoğan zuerst das Rabiazeichen, das Symbol der islamistischen Muslimbrüder, verwendete und seine Anhänger mit dem Wolfsgruß antworteten. Eine Momentaufnahme der unheilvollen Allianz zwischen den von Katar unterstützten Muslimbrüdern und Anhängern Erdoğans.

Eine Allianz, die sich langsam, aber stetig festigte. Nach dem gescheiterten Staatsstreich gegen Erdoğan im Sommer 2016 kam Katar, das wohlhabende Emirat und Schutzbefohlener der Muslimbruderschaft, der türkischen Lira zu Hilfe, indem es der türkischen Zentralbank vorerst 3 Milliarden Dollar überwies.

Als Saudi-Arabien, unterstützt von den Vereinten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain sowie Ägypten im Juni 2017 Katar mit einem beispiellosen Boykott belegte, deren Handelsbeziehungen beendete und diplomatische Beziehungen auf ein Minimum reduzierte, war Erdoğan sofort zur Stelle und forderte die sofortige Beendigung des Boykotts, vertiefte die Handelsbeziehungen mit Katar und wurde so zum loyalsten Partner.

Katar und Erdoğan fördern aufgrund der gemeinsamen ideologischen Basis den politischen Islam in Europa und werden beschuldigt, dieselben extremistischen Netzwerke zu unterstützen, um ihre regionale Agenda voranzutreiben.

Die türkisch-katarische Achse dreht sich um die Verteidigung des politischen Islam, nicht zuletzt in Europa, und hat eine Kluft in der arabisch-muslimischen Welt geschaffen. Der Boykott, den Saudi-Arabien und seine Koalitionspartner Katar wegen seiner Unterstützung von Islamisten und Terrorismus auferlegt haben, hat das Bündnis zwischen Katar und Erdoğan gefestigt und die türkische Position am Golf gestärkt.

Und Erdoğan wähnt sich der Wiederauferstehung des Osmanischen Reichs einen Schritt nähergekommen.

Aktuelle Herausforderungen für die Zukunft Europas

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