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Kapitel 1

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Einige Tage später - Deutschland

Es war früher Mittag und eine wunderbare, grüne Landschaft und ein strahlender Sonnenschein bewegten sich in Windeseile an dem Fenster eines Hochgeschwindigkeitszug vorbei.

Ein junger, gutaussehender Mann mit kurzen, schwarzen Haaren saß am Fenster, auf einer blau bezogenen Sitzbank, welche eigentlich für zwei Personen ausgelegt war. Er hatte seinen Rucksack neben sich gestellt und die Beine auf seinem Sitz angewinkelt. Angel hatte seinen farblosen tragbaren PC, welchen er wie eine Ziehharmonika ausziehen konnte, auf dem Schoss liegen und sah gedankenverloren aus der von der Innentemperatur etwas beschlagenen Scheibe.

Der Knabe war fasziniert von dem was er sah und versuchte immer wieder einen Blick weiter hinaus in die unendlich schöne Landschaft zu erhaschen, aber der ICE ließ ihm dieses Vergnügen nicht umsetzen.

Der Fahrgast war vom fernen Japan in das Herz von Deutschland gekommen um erneut seiner altbekannten Arbeit nachzugehen. Während er die verfallenen Bahnhöfe, die gerade an ihm vorüber zogen, betrachtete und noch bei sich dachte, dass er schon wieder in Deutschland gelandet war, wurde er von einem Mann Ende fünfzig in einer blauen Uniform angesprochen. „Ihre Fahrkarte bitte.“

Der Angesprochene wühlte hektisch in seinem Rucksack nach seinem Portemonnaie und nach wenigen Sekunden hatte er es auch schon gefunden. Er zog die Karte aus der Börse und überreichte das Stück Papier mit einem kurzen Lächeln an den Schaffner.

„Bitte sehr.“ Dieser besah es sich skeptisch, fand aber keine Unregelmäßigkeiten und stempelte sie ab. Er übergab sie wieder an dem Besitzer und wollte schon seiner Wege gehen, aber der Junge hielt ihn noch kurz zurück.

„Könnten Sie mir bitte sagen, wann die Haltestelle Gera kommt? Ich bin noch nie hier gewesen und möchte es nicht verpassen.“

Der hilfsbereite Mann mit dem grauen Schnurrbart, der seinen Entwerter wegpackte, sagte: „Sie müssen noch zwei Haltestellen fahren und dann auf die Ansagen hören. Es sind vielleicht noch 10 Minuten.“

Der Kontrolleur schmunzelte. „Von wo kommen Sie eigentlich her? Sie haben einen eigenartigen Akzent.“

Der Junge überlegte nicht lange und antwortete: „Ich bin aus dem fernen Tokio hierher gekommen.“

Der Ältere sah ihn aus großen Augen an. „Da haben Sie einen weiten Weg hinter sich. Ich möchte Ihnen natürlich nicht zu nahe treten, aber wieso wollen sie nach dieser langen Reise ausgerechnet nach Gera? Diese Stadt ist schon nicht so schlecht, ich habe schon schlimmeres gesehen. Schön an ihr ist, dass sie im waldreichen Bundesland Thüringen liegt, aber dort gibt es nichts Besonderes. Oder besuchen sie vielleicht nur Verwandte?“

Der Reisende, der um die siebzehn Jahre alt sein musste, lächelte süffisant. „Nein. Ich kenne dort niemanden. Ich habe aber gehört, dass Schloss Osterstein ganz schön sein soll.“

Der Mann, der schon graue Haare aufwies, zog eine Augenbraue hoch. „Mein Junge, ich rate Ihnen ab, dort hinzugeben. Irgendjemand oder irgendetwas treibt dort sein Unwesen und tötet langsam aber sicher die ganze Bevölkerung. Von allen Seiten hat man versucht, diesen Ort wieder in das zu verwandeln, was er einmal war, aber vergeblich. Niemand geht mehr dorthin. Einerseits aus Angst und andererseits, weil das Gebiet gesperrt wurde. Ab der Wolfsbrücke ist es zu gefährlich und nur auf eigene Gefahr betretbar, wenn man sich an den Sperren vorbeischleicht. Der Einzige, der dort noch ausharrt, ist der Besitzer der Burg. Wenn Sie mich fragen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis man auch von seinem Tod hört. Er scheint auch nach dem Fortgehen seiner Frau, die dort ein Café geleitet hatte, nicht mehr ganz richtig im Kopf zu sein.“

Der Junge war erstaunt und fragte weiter: „Sie kennen sich aber gut aus. Wie kommt das denn?“

Der Mann machte sich bereit, wieder an seine Arbeit zu gehen. „Kein Wunder, ich habe dort einmal gewohnt. Natürlich war das vor dem Vorfall. Ich bin praktisch eine Gersche Fettgusche (=Geras Ureinwohner). Gute Fahrt noch.“

Der Junge konnte mit den letzten Worten nicht wirklich etwas anfangen und sah wieder aus dem Fenster. Es ist jetzt schon fast ein Jahr her, dass meine Kameraden und ich den Vatikan verlassen haben.

Angel resignierte und lächelte kurz, als er an das letzte Kommentar des stolzen und auch mittlerweile toten Papstes dachte.

Er sagte, dass wir allein nicht mehr überleben könnten und jetzt ist es so, dass wir nach nur einem Jahr einen derart ungeahnten Erfolg haben, von dem wir nie zu träumen wagten. Unser Broken Bones ist auf der ganzen Welt dafür bekannt, alles zur Stecke zu bringen, was es gibt. Anfangs war es schon schwer für uns. Keiner kannte uns. Wir wussten auch nicht, wie wir uns ins Gespräch bringen sollen. Wir konnten schließlich nicht in den Medien für uns werben. Erst nachdem unsere Freundin Malefica uns mit ihren Kontakten geholfen hat, ist uns dann doch noch der Durchbruch gelungen.

Allerdings bei all dem neu gewonnenen Erfolg passt es mir gar nicht, dieser Frau noch mehr schuldig zu sein als vorher. Auch wenn wir uns mittlerweile etwas angefreundet haben, kann ich ihr nicht verzeihen, dass wir anfangs doch nur ihre eigene Leibgarde waren. Wir mussten uns erst beweisen, bevor Sie es für nötig hielt uns zu helfen.

Angel kicherte leise vor sich hin, während er an einer Ortschaft namens Lederhose vorbei fuhr.

Ein bisschen komisch ist auch, dass wir versuchen müssen, den Schein zu wahren. Unsere Auftraggeber haben größtenteils keine Ahnung von dem, was wir sind. Ich zum Beispiel habe Stunden bis hierher gebraucht. Wenn ich mit Hilfe meiner Vampirkraft gereist wäre, hätte ich nur Minuten gebraucht.

Angel schüttelte nur noch mit dem Kopf und packte langsam seine Sachen zusammen. Er war fast schon am Ziel seiner Reise.

Irgendwie verschlägt es mich schon wieder nach Deutschland. Natürlich bin ich froh, auch mal in dieses schöne Bundesland zu kommen, aber um die friedlichen und unschuldigen Menschen tut es mir immer sehr leid.

Der Vampir wurde aus seinen Gedanken gerissen als eine Durchsage erklang: „Der nächste Halt Gera Hauptbahnhof von dort haben sie Anschluss an ....“

Mehr vernahm Angel nicht mehr, da er sich schon Gedanken über seine weitere Vorgehensweise machte.

Ich werde mir wohl ein Taxi nehmen müssen. Ich habe mich natürlich etwas schlau gemacht. Wenn ich nicht mit dem Taxi fahre, müsste ich mit der Straßenbahn Linie eins fahren und danach noch etwas laufen, aber dazu habe ich keine Lust.

Zum Glück bezahlt mein Auftraggeber meine Spesen, also brauche ich mich darum nicht zu kümmern.

Ich frage mich, wie diese Stadt wohl aussehen mag? In so einer kleinen Stadt, in diesem Land, war ich bis jetzt noch nie. Ich habe etwas über diese Stadt recherchiert. Sie hat eine einzigartige Architektur. Das Rathaus und die Orangerie sprechen davon. Bedauerlicherweise werde ich aber keine Zeit haben sie zu bestaunen. Ich habe schließlich einen engen Terminplan.

Angel begab sich zu den Ausgangstüren, um aus dem Zug zu steigen, sobald er gehalten hatte. Der Junge verließ erst den Zug und dann den Bahnhof, aber zuvor sah er sich noch etwas um.

Er fühlte sich nun doch etwas betrogen von der Website, die er besucht hatte. Dieser Bahnhof hatte nichts Besonderes an sich. Er sah zwar besser aus als die, die er auf dem Weg hierher durch das Fenster des Zuges gesehen hatte, aber er hatte sich einfach etwas Anderes vorgestellt.

Angel blickte sich noch einmal um. Er sah einen Bäcker und einen kleinen Buchladen, dieser Anblick, war nicht zu vergleichen mit den Bahnhöfen die er aus seiner Heimat kannte. Er ging weiter Richtung Hauptausgang und sah auch einen kleinen Kiosk, der Lebensmittel führte und eine Rezeption der Deutschen Bahn.

An dieser stellte er sich hinter den Wartenden an und erkundigte sich, als er an der Reihe war, nach dem nächsten Taxistand. Die etwas dickliche und unfreundliche Frau schickte ihn durch den Ausgang und dann gleich nach links. Dort, so sagte sie, würden immer einige Taxen stehen, die ihn mitnehmen würden. Angel hob wegen der Unhöflichkeit der Frau nur kurz eine Augenbraue und ging den Weg, dem man ihm geheißen hatte.

Während er auf sein Ziel zusteuerte, grübelte er weiter. Wie konnte ich mich nur wieder darauf einlassen, eine unbekannte Kreatur zu jagen. Mit so etwas hatte ich noch nie guten Erfahrungen gemacht, ich wusste meistens ohnehin immer ungefähr was mich erwartet. Allerdings hüllt sich mein Auftraggeber auch in Schweigen. Aber es hilft nichts. Ich bin nun mal der Einzige von uns, der perfekt deutsch spricht.

Angel ging nun zum ersten Fahrer, wurde aber für verrückt erklärt, als er das Reiseziel preisgab. Erst bei dem dritten Mann, der ihm aber nur versprach, ihn in der Nähe abzusetzen, hatte er Glück. Von diesem erfuhr er auch, dass sie auf ihrem Weg an der Orangerie und am Theater vorbeifahren würden.

Angel freute dieser Gedanke und setzte sich in das gelbe Fahrzeug hinein. Er erkannte nach einigen Minuten des Fahrens schon das goldene Theater. Es war wirklich einzigartig und hatte auf seinem Dach eine Figur, die der Junge als Genius („Göttin der Wahrheit“) identifizierte.

Er bat den Fahrer kurz zu halten. Dieser wies darauf hin, dass er das gerne tat, dass das Taxameter aber trotzdem weiterlaufen würde. Angel war sich der Tatsache bewusst, aber es war ihm egal. Dieses architektonische Meisterwerk wollte er sich einmal genau aus der Nähe ansehen.

Der Fahrer, der den Namen Viktor trug, stieg auch aus seinem Gefährt aus und bestätigte seine Vermutung um die Göttin. Diese goldene, wunderhübsche Göttin war aber nicht die einzige Büste, die er sehen konnte. Angel entdeckte noch zwei weitere Büsten von Friedrich Schillers und Johann Wolfgang von Goethe, sowie den lateinischen Schriftzug Musis Sacrum (dt. den Musen geweiht). Viktor, der schon so um die fünfunddreißig Jahre alt war und eine blaue Jeans mit einem schwarzen verwaschenen Shirt trug, erzählte ihm etwas über die Entstehung des Gebäudes, aber er hörte nicht zu, denn die Geschichte war ihm egal. Diese Aspekte konnte er auch im Internet nachlesen, aber es mit eigenen Augen sehen, konnte er nur jetzt.

Nachdem er sich das Gebäude von allen Seiten angesehen hatte, stieg er zusammen mit dem großen brünetten Viktor mit dem ebenmäßigen Gesicht ins Auto zurück.

Angel äußerte nun auch den Wunsch, an der Orangerie vorbeifahren zu wollen. Aus diesem Grund machten sie nun einen kleinen Umweg, er parkte dort auch einige Sekunden. Allerdings stiegen die Beiden diesmal nicht aus, sondern der Fahrer erklärte es kurz: „Die Orangerie ist ein altes Barockbauwerk. Sie bildet den westlichen Abschluss des Küchengartens, deswegen die vielen Blumen, im Stadtteil Untermhaus. Seit 1972 beherbergt sie die schönsten Kunstsammlungen von Gera. Dieser Halbkreis wird unter uns Gerschen auch die Geraer Bratwurst genannt.“

Angel lächelte nur kurz. Er konnte mit dem letzten Aspekt nicht wirklich etwas anfangen, er wollte aber auch nicht nachfragen.

Die Fahrt ging weiter, aber diesmal gab es keine Umwege mehr, schließlich war er nicht zum Vergnügen hier. Der Vampir sah sich in der Gegend um und erblicke eine sehr alte, schöne, aber etwas verfallene Villa. Von seinem Fahrer erfuhr er, dass dieses Gebäude früher einmal ein Kindergarten gewesen war. Angel malte sich schon in Gedanken aus, wie er dieses Gebäude zu einer Zweigstelle ihres Gewerbes ausbauen konnte, während Viktor, der schon fast wie ein Fremdenführer wirkte, ihm noch allerhand mehr erzählte. Er berichtete über das Rathaus, den Marktplatz mit dem Simsonbrunnen, über das Museum, das von einem stählernen Löwen bewacht wurde und von dem verheerenden Stadtbrand und die interessante Legende über das Schreibersche Haus.

Da Angel immer an alten Sagen und Legende interessiert war, hinterfragte er das Gehörte. Viktor erzählte daraufhin ausführlich: „Das Schreibersche Haus war das einzige Gebäude in der Geraer Altstadt, das den vernichtenden Flammen des 18. September 1780 nicht zum Opfer gefallen war. Die Feuersbrunst soll das Haus nach der Legende nur überstanden haben, weil ein mysteriöses Päckchen einer Zigeunerfamilie es schützte. Diese gaben es dem Hausherren Herrn Schreiber aus Dankbarkeit für seine Gutmütigkeit, wo die anderen Bewohner herzlos gewesen waren. Sie sagten ihm im Vorfeld ein schweres Unglück voraus und wenn Herr Schreiber dem entgehen wollten, sollte er den Gegenstand auf die Dachbalken seines Hauses legen. Da Dieser ihnen glaubte und kein Risiko eingehen wollte, tat er wie ihm geheißen und so wurde sein Haus vom Feuer verschont.“

Angel hatte zwar Details gewollt, hatte aber nicht nach dieser Erzählung gefragt, jedoch er fand sie gar nicht so schlecht und machte sich darüber Gedanken. Er überlegte, ob diese Zigeuner nicht vielleicht Hexen oder Seher gewesen sein konnten, wurde dann aber aus seinen Gedanken gerissen als Viktor ihm mitteilte, dass er ab diesem Punkt nicht weiterfahren würde.

Angel bezahlte den Mann noch schnell und bedankte sich für die zusätzliche Einführung in der Stadtgeschichte von Gera. Viktor wiederum war es ein Vergnügen. Er gab dem Jungen nur noch eine Wegbeschreibung mit und mahnte zur Vorsicht vor der Polizei, welche ihn nicht durchlassen würde, wenn sie ihn bemerken würden. Nach wenigen Momenten war das Auto auch schon wieder verschwunden.

Angel, der sich noch einmal an seinen langen Weg besann, entschied sich den Rückweg nicht wieder auf Menschenart zurückzulegen, sondern stilvoll wie ein Vampir zu reisen.

Aber nun versuchte er erst einmal seinen Pfad nach der Beschreibung von Viktor zu finden. Er schreitete voran und nachdem er die Wolfsbrücke erreicht hatte, wusste er, dass er richtig war, hatte er sich doch auch schon im Vorfeld informiert. Der Vampir war also fast da, nur noch einige Schritte und ihm würde sich das schöne Schloss Osterstein offenbaren.

Angel musste nun an diese Brücke denken und wusste nicht, wieso diese diesen Namen trug. Er bereute, seinen Fahrer nicht einmal gefragt zu haben. Ihn faszinierte der Gedanke, dass vielleicht ein Werwolf beim Bau der Brücke geholfen hatte oder hier viele Wölfe ihr Unwesen trieben. Aber wahrscheinlich hieß der Erbauer nur Wolf mit Nachnamen.

Der Vampire betrachtete den steinigen Übergang und lächelte. Ja, so wird es sein, aber man wird ja wohl noch träumen dürfen. Seit den Tagen mit Arvato und diesem Werwolf, der vom Vatikan aus mit ihm ging, hasse ich die Werwölfe nicht mehr. Ich hatte damals großes Mitleid mit diesem Werwolf und habe auch danach noch inständig gebetet, dass er es geschafft hat.

Natürlich habe ich jetzt auch keine unmäßigen Gefühle für sie entwickelt, aber der Hass ist verschwunden. Seit dem Tod meiner Familie hatte ich nur dieses Gefühl für sie übrig. Aber irgendwann wird man immer eines Besseren gelehrt. Ich habe jetzt auch beschlossen, nicht mehr alle Werwölfe zu töten, sondern bei ihnen die gleiche Auslese wie bei den Vampiren durchzuführen.

Nachdem er die Brücke überquert hatte, musste er nur noch einige Schritte gehen bis er den Turm, der zu Schloss Osterstein gehörte, erreicht hatte.

Er ging kurz um den Turm herum um sich diesen genau anzusehen. Er konnte einen atemberaubenden, gelblich-grauen Bergfried mit einem grauen Dach und der Statue der beiden tanzenden Kinder davor sehen. Während er sich die Verzierung am obersten Teil ansah, näherte sich plötzlich, aber von ihm sofort bemerkt, ein Mensch.

Dieser herrschte ihn an, was er hier machte. Der Junge antwortete nur kurz, während er sich zu seinem Gesprächspartner umdrehte. „Der Eigentümer hat mich eingeladen. Ich soll...“

Zu mehr kam er allerdings nicht, weil ihm sein Gegenüber unterbrach. „Der Herr Monsterjäger vom Broken Bones aus Tokio. Mein Name ist Herr Paulus Franke. Ich bin froh, dass Sie da sind. Endlich wird der Spuk ein Ende haben. Ich habe schon alles versucht und mich an jede Institution gewendet, die mir möglich war, aber Niemanden ist es gelungen, dieses Wesen auszuschalten. Sie alle sind gestorben oder haben sich feige davon gemacht.“

Angel war ratlos als er diesen Mann betrachtete. Er hat mich gleich erkannt, wie kann er wissen wer ich bin? Er hatte sich schon überall hingewendet, etwa auch an den Vatikan? Ein weiterer Gedanke erfasste ihn. Ich kenne diesen Mann, aber woher nur?

Der Junge versuchte sich zu erinnern, wollte aber auch gleichzeitig ein Gespräch beginnen. „Interessent. Sie haben sich wirklich an jede Institution gewandt? Achso mein Name ist übrigens...“ Noch bevor Angel seinen alten menschlichen Namen nennen konnte, welchen er für diese Arbeit wieder angenommen hatte, wurde er erneut durch den Mann, der einen schicken Anzug trug, unterbrochen.

Er sah den engelsgleichen Vampir aus seinen holzbrauen Augen an. „Ich weiß, wer Ihr seit. Ihr seid Lord Angel. Wir sind uns vor einigen Jahren im Vatikan schon einmal begegnet. Ich war Mitglied der Schwarzen Garde und Ihr habt mir bei einem unserer gefährlichen Aufträge mein Leben gerettet. Ich habe Sie gesehen und sofort wiedererkannt. Ihr seit immer noch der hübsche, jugendliche Vampir von damals. Aber Ihr müsst euch nicht fürchten. Ich habe dem Vatikan kurz nach euch den Rücken gekehrt.“

Angel war verblüfft und sah den braunhaarigen Mann, der schon Ende dreißig sein musste, an. Er hatte recht. Ihm kam dieser Mensch wirklich irgendwie bekannt vor. Aber war er wirklich vom Vatikan? Die Soldaten des Vatikan waren schneller gekommen und gegangen als er hatte zählen können. Aber etwas musste er hinterfragen. „Du hast dem Vatikan den Rücken gekehrt, wie hast du das geschafft?“

Paulus antwortete etwas betrübt, während er in den Himmel starrte: „Ich konnte damals einfach nicht mehr. Die Monster und das Alleinsein haben mir Angst gemacht. Ich bin von heute auf morgen einfach desertiert. Daraufhin bin ich weggelaufen immer weiter, bis man mich schließlich fand. Der Vatikan hatte mich damals in Polen aufgespürt und versucht, mich zu töten. Ich habe es nur knapp überlebt und bin hierher geflohen. Erst dachte ich, ich würde in diesem Kaff sterben, doch dann kam diese Frau. Sie hat mich gerettet. Ich habe nie eine schönere und klügere gesehen. Sie lebte hier und leitete das damals sehr belebte Café. Sie hatte Mitleid und pflegte mich gesund. Nach meiner Genesung wollte ich eigentlich verschwinden und irgendwo abtauchen, aber wir fanden immer mehr Interesse aneinander und schließlich verliebten wir uns. Wir haben dann auch schnell geheiratet als sie von meiner Geschichte erfuhr und ich nahm schließlich auch ihren Namen an. Oh Gott, ich liebe sie so sehr, mehr als mein eigenes Leben. Derzeit ist sie aber zum Glück nicht hier. Sie hat Angst und ist erst einmal zu ihren Eltern nach Jena gezogen.“

Angel hörte still zu und strich sich den langen Pony aus dem Gesicht nach hinten. „Ich habe noch nie Jemanden getroffen, der dem Vatikan entkommen ist und es auch noch überlebt hat. Du hast also versucht, die Bestie zu töten? Mit was für einer Kreatur muss ich rechnen? Du warst recht sparsam mit deinen Infos. Meine letzte Frage wäre dann noch, wie du auf uns gekommen bist?“

Der braunhaarige Mann mit der perfekten Nase und den getrübten Augen, besah sich nun auch den Jungen. Er trug nicht mehr so markante Lederkleidung wie früher und war mit einer schwarzen Jeans, einem schwarzem Hemd und einer schwarzen Weste recht schlicht gekleidet. Seine geliebte schwarze Lederjacke, die er auch schon damals trug, hatte er auf dem Arm bei sich. Er hatte sich wirklich nicht verändert. Er war immer noch dieser makellose, junge Mann, der ihm damals vor diesem Teufel von Jersey gerettet hatte. Der Teufel war im Begriff gewesen, ihn mit einem seiner riesigen Hufe zu zertreten. Er sah schon den nahen Tod vor Augen und plötzlich war er da und ging mit seinem Schwert auf das Wesen los.

„Ich kann nicht genau sagen, was es ist. Ich habe dieses Wesen noch nie gesehen. Ansehen konnte ich mir nur, was es hinterlassen hat. Ich werde nachher bei einem Tee versuchen, euch das was ich weiß näher zu bringen, vielleicht wisst Ihr was es ist. Wir haben noch massig Zeit. Das Wesen greift nie vor Mitternacht an und in der letzten Zeit streift es nur durch den Wald und hat niemanden mehr getötet. Einerseits liegt es an den Sperren der Polizei, andererseits an der Angst der Menschen, die nicht mehr in seine Nähe kommen.

Angel mischte sich kurz ein. „Die Polizeisperren sind doch ein Witz. Mein Fahrer hat diese geschickt umfahren, weil er nicht in eine Kontrolle kommen wollte.“

Paulus lachte betrübt. „Da habt ihr recht, aber die Menschen sind hier anders. Sie hören auf die Polizei wenn sie sagt, dass es dort zu gefährlich ist. Achso, wie ich auf euch gekommen bin. Ihr macht Werbung in gewissen Kreisen für euren Laden, kurz nach eurem Verschwinden und dem Auftauchen einer Organisation, die Monster jagt. Da musste man nur eins und eins zusammenzählen.“

Der Vampir war beeindruckt und lächelte. „Das ergibt irgendwie Sinn und du hast Kontakt zu diesen Kreisen?“

Der Mensch machte eine folgende Bewegung. „Ich bin sehr vielseitig. Bitte kommen Sie ins Haus, damit ich Ihnen von dem Wesen berichten kann. Oh bevor ich es vergesse, sollte die Polizei vorbeischauen, werde ich euch als meinen Neffen aus meiner Heimat, der Schweiz, verkaufen.“

Angel folgte ihm. „Ich stimme aber nur zu, wenn ich Nicolas heißen darf. Dieser Name ist voll cool!“

Die Blutgarde

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