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EINE FREUNDSCHAFT BEGANN

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Obwohl es erst zehn Uhr morgens war, brannte die Sonne bereits am Himmel. Es war Anfang Oktober und vom Herbst noch nichts zu spüren. Ein salzig, würziger Wind kam vom Bosphoros gezogen und gab der kleinen Parkanlage vom deutschen Konsulat eine angenehme Atmosphäre. Der Konsul eröffnete das Sommerfest. Dabei hielt er eine kurze Rede.

»Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Familienangehörige. Heute ist für mich ein besonderer Tag. Seit ca. 4 Wochen sind unsere neuen Entsandten und deren Familien in Istanbul. Es ist schön, sie gesund und munter begrüßen zu dürfen. Unser jährliches Sommerfest dient besonders dem Zweck, sich untereinander kennenzulernen. Wir leben hier in einem fremden Land und unsere Zeit hier sollten wir uns so schön wie möglich gestalten. Es wäre vor allem für unsere Kinder schön, wenn wir uns außerhalb der Dienstzeit Treffen. Heute können sie im Pool schwimmen und an unserer Grillparty teilnehmen. Ich wünsche ihnen einen schönen Tag«.

»Der Pool ist nicht besonders groß, aber einige Runden Wettschwimmen können wir trotzdem, was meinst du Jessy?«, fragte ihr Vater, bevor er ins Wasser sprang.

»Papa, Wettschwimmen mag ich nicht, du bist immer so lahm wie eine Schnecke, willst du dich denn vor Deinen Kollegen blamieren?«, erwiderte Jessy mit gelangweiltem Blick.

Plumps!

»Ah, Hilfe, so eine Gemeinheit«, prustete Jessy und schaute dem Übeltäter direkt in die Augen.

»Na warte, dir werde ich es zeigen«, nahm Jessy die Verfolgung von dem Jungen auf. Obwohl Jessy schnell schwamm, hatte sie anfangs Probleme die Verfolgungsjagd aufzunehmen. Der Junge schwamm von einer Ecke in

die Nächste und machte es Jessy nicht leicht.

»Fabian! Hör sofort auf damit!«, rief Frau Schuhmann empört.

Fabian hatte bereits die Ohren voll mit Wasser und konnte seine

Mutter nicht hören. Ein Moment der Unachtsamkeit verschaffte der Verfolgerin einen großen Vorsprung. Nur wenige Sekunden später krallte sie ihre Hände in den Rücken von Fabi. Fabi wusste, dass er verloren hatte, und gab sich nach einer kleinen Auseinandersetzung geschlagen. Freundlich aber noch etwas aus der Puste fragte Fabi:

»Wie heißt du eigentlich?«

Jessy war immer noch, stinke sauer fand Fabi aber eigentlich ganz nett und antwortete:

»Ich bin Jessy Kessler und wie heißt du?«

»Ich heiße Fabian Schuhmann, du kannst Fabi zu mir sagen.«

»Deine grobe Art war nicht nett, darum fordere ich dich zum

Wettschwimmen heraus.«

»Ehrlich gestanden bin ich ein guter Schwimmer, ich gebe dir einen Vorsprung«, bluffte Fabi.

»Deine Arroganz kannst du dir sparen, wir kämpfen ehrenhaft und gleichberechtigt«, gab Jessy zurück.

Inzwischen verteilten sich viele Personen, um den Pool und hörten nun aufmerksam den Streithähnen zu. Ein Mädchen im gleichen Alter stand ganz vorne und rief den beiden unmissverständlich zu:

»Macht das Wettrennen, ich bin Schiedsrichterin.«

Dieser Aufforderung kamen die beiden Schwimmer nach und begaben sich auf die Startposition. Nachdem die Länge der Kampfstrecke festgelegt wurde, gab die Schiedsrichterin das Startzeichen:

»Auf die Plätze, fertig, los!«

Jessy hatte durch die vielen Jahre Schwimmunterricht genau gelernt, wie sie am günstigsten Starten muss. Fabian sein Auftritt war weniger professionell, bereits nach kurzer Zeit war abzusehen, dass Jessy gewinnen würde. Während sie ins Ziel schwamm und Fabi noch soweit zurücklag, tat er ihr fast schon Leid. Fabi gab dennoch nicht auf, bis auch er die Ziellinie erreichte. Große Erleichterung machte sich auf den Gesichtern der Zuschauer breit. Sie verließen das Pool-Gelände und setzten sich auf die umliegenden Sonnenstühle. Jessy und Fabian kamen aus dem Wasser und bedankten sich bei der Schiedsrichterin.

»Wie heißt du?«, fragte Jessy ohne Umschweife.

»Ich bin Conny, heiße eigentlich Cornelia.«

Sie schüttelten die Hände und sprangen danach zusammen, fröhlich ins Wasser. Der Plansch-Spaß war so schön, dass die Jugendlichen völlig die Zeit vergaßen. Irgendwann kam der Geruch von gegrillten Würstchen verführerisch in ihre Nähe. Erst jetzt wurde ihnen ihr großer Hunger bewusst. Sie liefen zu den Umkleidekabinen und machten sich für die Grillparty fertig. Die Erwachsenen unterhielten sich angeregt versammelt an den großen Biertischen. Kleiner Kinder wurden von Betreuern mit Spielen, Essen und Tanz beschäftigt. Die Jugendlichen setzten sich zum Essen an den Tisch der Eltern dazu. Es standen üppig gefüllte Behälter mit verschiedenen Salaten verteilt auf den Tischen. Bier und Würstchen waren in großen Mengen vorhanden. Alkoholfreie Getränke wurden ebenfalls reichlich ausgeschenkt. Übermäßig satt und müde kehrten die Familien, am Abend nach Hause. Jessy, Conny und Fabi lernten sich während des Festes näher kennen, sie tauschten Adressen und Telefonnummern aus. Außerdem stellten sie fest, dass sie dieselbe Schule besuchten. Das war nicht unbedingt verwunderlich, weil diese Schule unter den Diplomaten beliebt war. Montag früh, als eine neue Schulwoche begann, brach bei Conny fast wie jeden Morgen die Panik aus. Sie schaffte es einfach nicht, pünktlich aufzustehen. Verspätung wäre für sie äußerst ungünstig, weil sie sonst ihren Schulbus verpassen würde. Die Fahrt mit dem Schulbus dauerte ungefähr eine Stunde. Sollte sie den Bus jedoch verpassen, müsste sie die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Dann wäre sie vermutlich, dass doppelte an Zeit unterwegs.

Da Conny es nicht schaffte rechtzeitig aufzustehen, ging sie meistens, ohne vorher zu frühstücken, aus dem Haus. Heute früh stieg sie so früh aus den Federn, dass sogar dem Wecker langweilig wurde. Familie Bug, fand es besonders angenehm, ausnahmsweise mit der Tochter zu frühstücken.

»Was hat dich denn aus dem Bett geholt?«, fragte der Vater erstaunt.

»Heute bin ich richtig glücklich, ich habe mich für die große Pause mit Jessy und Fabi verabredet.«, während sie das sagte, lief aus ihrem rechten Mundwinkel die Marmelade und tropfte langsam über ihre Bluse. Die Mutter schüttelte nur den Kopf und sagte:

»Kind so kannst du nicht zum Unterricht gehen. In Deinem Schrank hängt noch ein sauberes Schulhemd.«

In Windeseile begab sich Conny in ihr Zimmer und zog sich gerade das neue Hemd an, als es draußen: Tüt, tüt, tüt, machte.

»Oje, das ist der Schulbus«, dachte sie.

Das Hemd noch nicht ganz im Rock gesteckt, den Mund noch voller Marmelade verschmiert, in einer Hand die Schultasche, stürmte Conny gerade noch rechtzeitig aus dem Haus und stolperte direkt in den Bus. Hechelnd außer Atem, band sie die Schnürsenkel ihrer Schuhe zu. Sie nahm die Serviette, die sie sich in der Eile noch vom Frühstückstisch mitgenommen hatte, putzte sich den Rest von dem klebrigen Zeug aus dem Gesicht und ordnete ihr Schulhemd. Obwohl sie so früh aufgestanden war, kam sie trotzdem mal wieder zu spät. Bisher war sie nicht einen Tag zur verabredeten Zeit am Bus.

Der Busfahrer war zum Glück die Ruhe in Person. Er hieß Denim und hatte immer die neueste Popmusik auf Lager. Mit guter Laune verging die Fahrt ziemlich schnell. Bei Fabian und Jessy sah es morgens fast ähnlich aus. Fabi war ein absolutes Murmeltier. Seine

Mama musste ihn morgens mindestens viermal rufen, um ihn beim fünften Mal aus dem Bett zu ziehen. Er schaute sie dann immer mit schläfrigen Augen an. Fabi merkte nicht, dass er seine Mutter damit bis zur Weißglut wütend machte. Den Wecker fand Fabi nicht sonderlich toll. Das schrille Läuten weckte sogar die Nachbarn auf. Da Fabi also nicht rechtzeitig aufstand, weckte ihn seine Mutter neuerdings eine Stunde früher als gewohnt. Anfangs bekam das Fabi nicht so richtig mit. Mit der Zeit wunderte er sich allerdings, dass er nach dem Frühstück noch massig Zeit hatte, um sein Bett zu machen. Jessy hingegen liebte es, früh aufzustehen. Bevor jeder aus dem Bett war, hatte sie schon das Frühstück zubereitet und ihr Zimmer aufgeräumt. Danach machte sie sich "schön", das jedenfalls, behauptete sie. Gesicht waschen und Zähne putzen reichte nicht aus. Jeden Morgen nachdem duschen frisierte sie sich ordentlich die Haare, dann hockte sie mindestens eine gute Stunde vor dem Spiegel, um irgendwelche Schönheitsprodukte auf ihre zarte Haut zu schmieren. Das allmorgendliche Eincremen der Füße sowie das Auftragen von durchsichtigem Nagellack gab ihrer Schönheitspflege, nach dem Feilen, der Finger und Fußnägel, den perfekten Abschluss. Da Jessys Eltern den Stau morgens im Badezimmer, nicht länger ertragen konnten, bekam sie in Istanbul ihr eigenes Bad. Die Schüler der deutschen Schule stürmten zur großen Pause aus allen Türen hinaus auf den Hof. Obwohl es draußen heiß war, wehte doch ein kühler Wind. Der Schulhof war sehr groß und in mehrere Plätze unterteilt.

Vor dem Haupteingang stand in der Mitte eine große Palme, ringsherum waren Holzbänke in der Erde verankert. Ein Großteil der Fläche wurde von den Schülern für sportliche Aktivitäten genutzt. Fußball, Basketball und Tischtennis spielten die Schüler während der Pausen. Direkt vor dem Hintereingang befand sich ein großer Kiosk, an dem es vom Butterbrot, über Cola, bis hin zur Seife alles gab. Vor dem Kiosk versammelten sich immer viele Schüler. Im Hauptgebäude gab es auch eine Kantine. Die Schüler konnten aus verschiedenen Gerichten,

wie beispielsweise Hamburger, Spaghetti und Würstchen wählen. Fabi traf bereits, als Erstes in der Kantine ein. Sein Klassenzimmer befand sich schräg gegenüber. Anfangs fand Fabi das total gut, inzwischen hätte er lieber einen weiteren Weg. Die Nähe der Kantine hat ihn innerhalb eines Monats mehr als 3 Kilo zulegen lassen. In den kleinen Pausen holte er sich dort entweder Süßigkeiten oder leckeres Eis, von den kalorienreichen Hauptmahlzeiten mal ganz abgesehen. Mutter Schuhmann kochte neuerdings Diätkost für ihren Sohn. Fabis geliebte Limo wurde vom Essplan gestrichen, der hohe Zuckergehalt würde laut Mama Schuhmann, schon alle Grenzen sprengen. Fabi fand das nicht witzig und kaufte sich trotzdem heimlich immer mal wieder eine Limonade, obwohl es ihm seine Mama ausdrücklich verboten hatte. Nachdem sich Fabian sein Essen geholt hatte, setzte er sich an einen Tisch in der Mitte der Kantine. Auf seinem persönlichen Speiseplan standen Salat, Köfte (kleine Hackfleisch Frikadellen) mit Gemüse, Weißbrot und einen Apfel. Von seinem Platz hatte er einen guten Überblick und konnte genau sehen, wer die Kantine betrat. Kurze Zeit später betraten Conny und Jessy die Kantine.

Fabian stand schnell auf und rief:

»Jessy, Conny hier bin ich!«

Die beiden Mädchen erblickten ihn und kamen an seinen Tisch. Nach einer kurzen Begrüßung holten sich Jessy und Conny ebenfalls etwas zum Essen. Jessy nahm sich das gleiche Essen wie Fabi. Conny hingegen nahm sich einen großen Salat und Hamburger. Nachdem sich die Jugendlichen wieder am Tisch versammelten, begann Fabi zu erzählen:

»Wir wohnen in einem Haus mit einem schönen Garten, mein Kaninchen, Rambo läuft überall herum. Seinen Käfig benutzt er widerwillig und nur wenn wir mit ihm zum Doktor müssen. Immer wenn ich aus der Schule komme, erwartet mich Rambo bereits am Eingang. Tagsüber scheint er sich ohne mich zu langweilen. Er lässt mich nicht eher in mein Zimmer, bevor ich mit ihm gespielt habe. Ich lasse ihn ungern in meinem Zimmer,

weil da immer Unordnung herrscht und er dann immer alles anknabbert, was ihm in die Schnute kommt.«

»Das ist ja niedlich, können wir dich mal besuchen kommen?«,

fragte Conny interessiert.

»Ja sehr gerne sogar«, antwortete Fabi.

»Das würde mir, auch Spaß machen«, betonte Jessy,

»Als ich noch klein war, besaßen wir einen Hamster, er sah so

süß aus, und obwohl ich nicht viel Ahnung von Tierpflege hatte, wurden wir die besten Freunde. Vor einem Jahr starb mein Süßer und wir beerdigten ihn. Er bekam ein schönes Grab. Danach wollte ich kein neues Haustier haben. Meinen Hamster könnte kein anderes Tier ersetzen.«

Fabi und Conny blickten zu Jenny und ihre Augen drückten Mitgefühl aus.

Dong-Dong! Die Schulglocken läuteten zum Unterricht. Sie verabredeten sich für den nächsten Nachmittag bei Fabi.

Der Magische Chip

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