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WARUM ES DIESES BUCH GIBT Eine Einstimmung von Rudi Dolezal und Hannes Rossacher (DoRo)
ОглавлениеWir haben lange überlegt, ob wir dieses Buch schreiben sollen. Ist der Tod eines Freundes überhaupt eine Geschichte? Ist Schweigen angesagt? Kommt die Emotion der Profession in die Quere? Sind wir zu betroffen, um über unseren Freund Hans Hoelzel schreiben zu können, oder aber hat man eigentlich nur dann wirklich etwas zu schreiben, wenn man betroffen ist?
Wir haben uns für dieses Buch entschieden. Es ist unsere Art, mit dem Tod unseres Freundes fertig zu werden.
Immer wieder mußten wir in diesem Jahr Abschied nehmen von Hans Hoelzel alias Falco. Zuerst öffentlich. Der Tod des James Dean von Wien war natürlich eine Geschichte für die Medien. Und damit ein öffentlicher, ein lauter Abschied.
Noch schwerer aber war der persönliche Abschied von Hans. Der fand ganz allein, nur zwischen uns statt. Ohne Kameras, ohne Mikros, ohne Journalisten und ohne Publikum. Da ging es nicht um gut formulierte Grabreden und letzte Worte, da ging es nicht darum, wer er war in dieser Welt. Da ging es um uns. Um Hans und uns. Dieser Abschied war leise. Und umso schwerer.
In unserem Alter nimmt man doch noch nicht oft Abschied. Für uns war es das erste Mal, daß wir einem Freund adieu sagen mußten, mit dem uns so viel verbunden hatte und der uns so nah und so ähnlich war, mit seinen Stärken und noch mehr mit seinen Schwächen. Vieles wird einem in diesem Moment bewußt. Auch die eigene Endlichkeit. Doch wir hatten noch eine andere Art von Trauerarbeit zu leisten: Hans, unserem Freund, unserem Blutsbruder und Partner ein filmisches Denkmal zu setzen. Auch das war nicht leicht. Denn mit den Bildern, denen wir selbst das Laufen beigebracht hatten, wurde Hans wieder lebendig.
Hans oder Falco?
Jeden Tag schaute er uns an im Schneideraum. Zwinkerte uns zu, erinnerte uns, drängte: „Jetzt seid’s ihr dran, Burschen!“ Wir konnten und wollten uns nicht drücken.
So entstand „HOCH WIE NIE“, der filmische Tribut, den wir ihm schuldig waren. Der Dokumentarfilm über sein Leben, nicht nur über die Karriere des Stars Falco. Aber: Was war das für ein Leben? Hauptsächlich eins, das er nie hatte: Familie, Geborgenheit, Erselbst-Sein. Und im Zuge der Arbeit wurde immer deutlicher, daß die Trennung, die wir seit Jahren unbewußt vollzogen hatten, um mit ihm zurechtzukommen, immer stärker zutage trat: die Trennung in zwei „Personen“ – in Hans, den Menschen, und in Falco, die Kunstfigur. Und in vielen Gesprächen mit anderen Freunden wurde klar, daß viele sich mit Hans alias Falco leichter taten, wenn auch sie diese Trennung vollzogen.
Ein persönliches Abschiednehmen war leichter mit den Menschen, die Hans wirklich nahe gewesen waren: mit seiner Mutter, Maria Hölzel, mit Hans Mahr, Markus Spiegel, Thomas Stein, Horst Bork, den Brüdern Bolland, George Glueck, Thomas Rabitsch, seiner Band … Wir erinnerten uns auch gemeinsam mit anderen immer öfter an ihn, an Hans lieber als an Falco, obwohl er als Falco so vielen Menschen so viel gegeben hat. Über all diese Gespräche mit seinen und unseren Freunden wurden wir auch besser mit seinem Tod fertig.
Und wir begannen, gemeinsam mit Andrea Fehringer, diese Erinnerungen aufzuschreiben, festzuhalten. Aus diesen Erinnerungen wurden Szenen, aus den Szenen wurde ein Buch, dieses Buch.
Obwohl alle Menschen glauben, sich an Ereignisse so zu erinnern, wie sie tatsächlich stattgefunden haben, mag hier vieles anders dargestellt sein, als es wirklich war. Aber es hätte so sein können.
Niemand von uns konnte die Gedanken von Hans lesen, niemand wußte, wer wirklich hinter Falco steckte.
Auch mit dem Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod ist das so eine Sache:
Wenn die Seele ewig lebt, ist dann Hans unsterblich? Oder Falco?
Dieses Buch ist Fiktion. Also erfunden.
Erfunden?
Nicht ganz. Vieles ist wahr. Sehr wahr sogar.
Und einiges ist erfunden.
Damit Sie sich leichter beim Lesen und beim Aufregen über dieses Buch tun, ein Vorschlag: Alles, was Sie nicht glauben wollen, ist erfunden. Okay?
Glauben Sie uns.
Hans und uns.
Rudi Dolezal und Hannes Rossacher