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Notruf 112

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Sigrid Weber wohnt seit Februar hier in der Straße. Ist ne Sackgasse. Und dann stehen die Autos immer so unmöglich, dass ich kaum wenden kann. Mit meinem Golf.

Sigrid und ich, wir waren uns gleich sympathisch. Und sie ist die Jüngste in der ganzen Straße. 39. Nesthäkchen. Glauben Sie’s oder nicht, sie kocht den besten Kaffee. Die Sigrid. Kaffee kochen kann sie, wirklich. Die Sigrid. So lecker.

Neulich war ich bei ihr eingeladen. Selbst gebackener Kuchen. Maracuja-Torte. Ganz was Feines. Die Sigrid hat so eine Art Wintergarten. Ist eher ein Balkon mit Glas und Dach drüber. Also der Balkon über ihr. Aber sitzt man wie in einem Wintergarten. Jedenfalls fast. Schaut hinaus auf die Bäume. Herrlich, kann ich Ihnen sagen. Ganz entspannt.

Und dann kam es zu dem Zwischenfall. Ich hatte die Situation gleich erkannt und sah nur eine Möglichkeit. Die Feuerwehr. Also greife ich zum Hörer und wähle die 112. Meldet sich da ein Mann ganz forsch und fragt

WIE kommen Sie zu dieser Nummer?????“

Spinnt der? Denke ich. Die Feuerwehr? 112. Kennt jeder!

Die kann ich auswendig“, sag ich so dahin.

Aber er schreit „Nein, das kann gar nicht sein. Diese Nummer ist geheim!“

Nun musste ich aber doch mal doof gucken. Die Nummer vom Feuerwehr-Notruf geheim??? Ich frag nochmal nach. Aber er wird immer ungemütlicher.

Ja, genau. Diese Nummer. Sie hätten die 112 anrufen müssen!“

Da habe ich ihn aber erst einmal aufgeklärt, dass ich genau das getan hatte. Aber er blieb dabei. Störrisch, wie Männer nun mal sind.

Nein, das haben Sie nicht. Sonst wär ich ja gar nicht dran. Ich bin nämlich heute gar nicht im Dienst“, schimpfte er.

Ich hab ja schon viel erlebt. Auch mit Männern. Aber so ein frecher Kerl. Bei der Feuerwehr. Oder hatte ich mich verwählt? Nein, ein Blick auf das Display sagte mir, ich hatte Recht. Klalltüte, der. Ich sagte ihm ganz klipp und klar und unmissverständlich „Aber wir haben einen NOTFALL!“

Fragt der mich doch glatt

Warum rufen Sie dann nicht die 112 an?

Da hab ich ihm aber das mit dem Display um die Ohren geknallt. Jawohl. Und dann hatte er doch noch ein Erbarmen mit mir. Er fragte, was ich denn nun für einen Notfall zu melden hätte.

Unser Kurti ist auf den Apfelbaum geklettert“, sagte ich, ganz dankbar, dass ich sein Herz erweichen konnte.

Ja und? Macht unser Sohn auch oft“, lachte er. „Ist nicht schlimm!“

Als ich ihm erzählte, dass der Kurti aber nicht mehr runter konnte und dass er neun war, da lachte er immer weiter.

Ja, aber... gute Frau, mit neun, da kommt man doch von jedem Baum runter. Soll er springen. Sagen Sie ihm das mal. In aller Deutlichkeit. Verzogenes Balg wahrscheinlich.“

Da hab ich ihn aber aufgeklärt. Kurti ist nämlich ein Kater. Ein alter Kater. Mit Rheuma in den Knochen. Und ziemlich fett.

Als er das hörte, fragte er sofort nach der Adresse und rief

Wir rücken sofort aus. Der arme Kater!!! “

Mannomann. Und tatsächlich, binnen kürzester Zeit kam die Wehr. Mit Blaulicht und tatütata. Zu zweit holten sie Kurti vom Baum.

Kind Kurti säße sicher immer noch oben. Der Knallkopp von der Feuerwehr. Ob der wohl die Rufumleitung vergessen hatte? 112 geheim? Son Quatschkopp.

Aber dann haben Sigrid und Kurti und ich doch etwas gefeiert. Seine Rettung. Mit Torte. Und Kaffee satt.

Ja, die Sigrid Weber, die ist in Ordnung. Auch wenn sie erst 39 ist.

Und ihr Kaffee? Ein Traum. Und Sigrid hat dann auch vermutet, dass der Feuerwehr-Mann einfach nur die Rufumleitung nicht wieder abgestellt hat. Nach Dienstende.

Die haben’s ja auch nicht leicht. Freiwillig, ohne Lohn. Immer da, wenn’s brennt. Oder ne Katze aufm Baum...

Wie das Leben so spielt...

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