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Nachträgliche Einleitung
ОглавлениеWarum soll(te) sich der Christ – gerade heute - mit dem Chassidismus beschäftigen?
Durch die Öko- und Bio-Bewegung sowie den Umweltschutz-Gedanken ist der Blick auf die Schöpfung (unabhängig davon, ob man nun religiös ist oder nicht) wieder interessant geworden. – Ich sage hier absichtlich: wieder, denn das ganzheitliche, schöpfungsbejahende Denken ist bereits Bestandteil des jüdischen Vätererbes, also nicht wirklich „neu“, aber angesichts der gegenwärtigen Probleme der Menschheit aktueller (und auch nötiger) denn je.
Auch der Hl. Franziskus - der sich seit der Wahl seines Namensvetters, Jorge Mario Bergoglio, zum Papst – neuer Beliebtheit erfreut, und dessen Spiritualität in der Person des Hl. Vaters gewissermaßen eine „Wiederbelebung“ erfährt, hat dieses Denken aufgegriffen („Bruder Sonne, Schwester Mond“) und fühlte sich der Natur und den Tieren nahe (weshalb der Baal Schem manchmal mit ihm verglichen wird).
Hierzu schreibt Gerhard Wehr treffend (G.W., S. 9): „Die weltarme Gott-und-die-Seele-Frömmigkeit überließ einer quantitativ-materialistischen Naturwissenschaft und Technik diese Erde.“ Die Trennung zwischen Spiritualität und Welt hat zu einer schmerzlich fühlbaren Kluft geführt. Viele fragen sich heute: „Wo ist Gott?“ und nehmen Seine Schechina (hebr. für Einwohnung, Wohnstatt, Gegenwart Gottes) in ihrem Umfeld – und auch in sich selbst – nicht (mehr) wahr.
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Ein Aspekt dieser Fehlentwicklung ist die weit verbreitete Irrmeinung, der in einem säkularen Umfeld lebende Mensch sei nicht ebenso zur Heiligkeit berufen wie jener, der eine monastische Lebensweise gewählt hat. Daraus leiten sich Aussagen ab wie: „Beten ist nur etwas für Klosterschwestern.“ und: „Der Herrgott soll uns bitteschön in Ruhe lassen, solange wir Ihn nicht brauchen. (Bei Bedarf holen wir Ihn dann aus Seinem Schrank hervor.)“
„Die Heiligkeit liegt nicht in dieser oder jener Übung, sondern sie ist eine Gesinnung des Herzens, die uns demütig macht und klein in den Armen Gottes, unserer Schwachheit bewusst und bis zur Verwegenheit vertrauend auf seine Vatergüte. ...
Mein Weg ist ganz Vertrauen und Liebe, ich verstehe die Seelen nicht, die vor einem so liebevollen Freund Angst haben. ... Ich sehe, dass es genügt, sein Nichts zu erkennen und sich wie ein Kind Gott in die Arme zu werfen.“
Thérèse von Lisieux