Читать книгу Da ist mehr, noch so viel mehr ... - Andrea Volkelt - Страница 11

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Neuer Arbeitsplatz

Das neue Team machte mir den Start leicht. Renate teilte sich mit mir ein Büro. Wir verstanden uns von der ersten Sekunde an. Schnell war ich eingearbeitet und bald schon gehörte ich zu den Spieletestern. Wir probierten mit den Entwicklern neue Ideen der Spieleautoren aus.

Besonders spannend fand ich die Wahrsage- und Tarot-Karten in unserem Sortiment. Sie erinnerten mich an einen Urlaub mit meinen Eltern in Kroatien. Damals war ich dreizehn gewesen und eine alte Frau hatte mir das Kartenlegen anhand von Rommeekarten erklärt. Ich war Feuer und Flamme. Damals. Wir übten und übten. Außerdem brachte sie mich dazu, sämtlichen Erwachsenen die Karten zu deuten. »Es geht um das Gefühl, das du bekommst und anschließend um die Umschreibung, also die richtigen Worte zu finden.« Bei unserer Abreise hatte mir die alte Dame wissend zugenickt, erinnerte ich mich wieder. Meine Neugierde war geweckt und ich erzählte Renate von meinem Interesse an diesen Karten.

»Lass dir ein Set kommen. Da ist doch nichts verloren. Du kannst es zur Auswahl bestellen und falls es dir nicht gefällt, gibst du es wieder zurück.«

Am nächsten Tag lag meine Lieferung im Büro. Es waren sechsunddreißig Karten mit verschiedenen Symbolen. Ein Anleitungsbuch lag bei, das die Zeichen erklärte und einige Legearten beschrieb. Das war ganz anders als damals mit den Rommeekarten. Ich klappte das Buch zu und sagte: »Na gut, da reicht die Mittagspause nicht, das alles zu begreifen. Ich nehme es mit nach Hause.«

»Jep!« Renate hielt den Daumen hoch. Ein paar Tage später fragte sie nach, wie weit ich mit den Karten sei.

»Ich übe schon an fiktiven Personen, die von mir Antworten erwarten«, erklärte ich kichernd.

»Dann bring die Karten doch mal mit und ich stelle mich als Testperson zur Verfügung. Das macht doch nur Sinn, wenn du Rückmeldungen bekommst«, sagte sie. Damit war unsere Beschäftigung während der Mittagspause am nächsten Tag schon gesichert.

»Zuerst mischst du die Karten und denkst entweder an dich und die Frage, die du gerne beantwortet haben möchtest, oder du versuchst an nichts zu denken, dann kommen Antworten auf ganz allgemeine Themen«, erklärte ich Renate.

Ich gab ihr die Karten und sie mischte mit ernster Miene.

»Wenn du soweit bist, legst du sie auf den Tisch und hebst den Stapel einmal ab. Anschließend übernehme ich.«

Sie folgte meinen Vorgaben. Es sah aus, als zitterten ihre Hände beim Mischen. Aber ich war selbst aufgeregt.

Endlich war sie soweit. Sie hob einen Stapel ab. Ich nahm die Karten auf und legte nach einer von mir ausgewählten Legetechnik alle aus. In vier Reihen war das Deck dann vor uns ausgebreitet. Ich suchte die Personenkarte. Für eine Frau ist es die Pik-Dame. Von ihr wird gedanklich ein Kreuz gezogen. Die Karten links, über, unter und rechts davon beschreiben die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

Ein paar Minuten brauchte ich zur Orientierung. Wichtig ist, eigene Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen, sagte ich mir innerlich vor, damit die »Sprache der Karten« durchkommt. Alle Symbole und ihre Bedeutung hatte ich im Grunde zu Hause auswendig gelernt. Das fiel mir überhaupt nicht schwer. Schließlich denke ich oft in Bildern und diese Symbole bestanden ja im Wesentlichen aus Zeichnungen. Die aneinander gereihten Abbildungen erzeugten nun eine Kette von Erläuterungen, die ich mir augenblicklich in meinem Geist aufsagte. Einzelne Wörter ergaben keinen Sinn für die Situation, in der sich mein Gegenüber offenbar befand und was aus den Karten zu deuten war. Deshalb stellte ich mir Fragen, angefangen mit: Was soll das Haus für meine Fragestellerin bedeuten? Geht es um ihr privates Umfeld oder um das Gebäude selber? Dabei sah ich mir die umliegenden Karten genauer an. Und plötzlich begann mein Kopfkino. Wie ein kleiner Film, den ich vor meinem inneren Auge ablaufen sah. Die Story wurde sehr lebendig. Ich konnte meine Aufregung nicht mehr verbergen. Die Hitze stieg mir in den Kopf und ich spürte eine innere Euphorie. Dann legte ich los. Schließlich bestand die Herausforderung nun darin, die richtigen Worte für die Bilder und Gefühle zu finden. Alles zu beschreiben, damit Renate etwas damit anfangen konnte. Erst sprudelte es aus mir heraus. Dann bremste ich mich wieder und hielt mich an, sensibel die richtigen Worte zu finden, Hinweise zu geben, mit denen sie etwas anfangen konnte. Immer wieder hörte ich in mich hinein und fragte, in welcher Lebensphase diese Frau steckte. Ich fokussierte mich auf die Frage: Was ist wichtig für den momentanen Lebensweg? Was soll sie wissen? Unmittelbar folgten weitere Geistesblitze, die aus mir herausschossen und nachvollziehbare Zusammenhänge ergaben. Ich zügelte jedoch meinen Redefluss und beschrieb die weitere Deutung ruhiger.

Ich sprach gerade über das Leben eines Menschen und plötzlich schaltete sich mein Verstand ein und tadelte mich. Das ist doch nicht Renate, von der du sprichst. Stimmt, so kannte ich meine Kollegin nicht. Mein Eindruck war jetzt, die Karten sprächen von einer mir völlig fremden Person. Ich sah von dem Kartendeck auf, schaute ihr in die Augen: »Keine Ahnung was das zu bedeuten hat, aber das bist ganz eindeutig nicht du.«

Das funktioniert so nicht, grübelte ich und fuhr fort: »Soll ich weitermachen? Es ist, weil es so aus mir heraussprudelt und ich noch so viel dazu zu sagen hätte. Vielleicht tun wir einfach so, als wärst du eine fremde Frau, deren Situation ich gerade vor mir habe. Bist du damit einverstanden?«

Mit einem Nicken gab sie mir die Erlaubnis und ich fuhr fort. Nach ungünstigen Vorkommnissen schloss ich ab: »Auch wenn das jetzt unlogisch klingt, aber eine Veränderung wird dafür sorgen, dass sich das Leben wieder leichter anfühlt und mit neuen Begegnungen ergeben sich neue Möglichkeiten. Sie werden besser, als du sie dir heute vorstellen kannst.« Ich lächelte erleichtert.

Geduldig hörte Renate zu. Ich sah sie an, sie erwiderte mein Lächeln etwas gequält, oder bildete ich mir das ein? Die Mittagspause war ohnehin zu Ende, keine Zeit für mehr. Wir öffneten kurz die Fenster. Schnell und konzentriert erledigten wir die anstehenden Aufgaben und am Abend verabschiedete ich mich in den Urlaub.

Drei Wochen später traf ich wieder im Büro ein. Renate wirkte verändert. Sie strahlte und erschien mir gelöster als zuvor. »Was ist denn mit dir los? Gibt es was Neues?«

»Ja.« Die Lachfältchen um ihre Mundwinkel vertieften sich. »Das muss ich dir in der Pause erzählen. Ist ne längere Geschichte.«

Was war nur während meines Urlaubs passiert? Hatte sie womöglich einen Heiratsantrag bekommen?

»Los, wir gehen in den Park, damit wir ungestört reden können, ich bin so neugierig.«

Der ganze Park war voll alter Eichen. Wir setzten uns auf eine Bank unter einer der größten. Was die Bäume alles erzählen könnten, dachte ich noch. Da fing Renate schon an: »Ich habe mein Leben grundlegend verändert, unmittelbar nachdem du die Karten gedeutet hast.«

Entsetzt riss ich die Augen auf, sog die Luft tief ein und hielt den Atem an. Dann blies ich langsam den Atem durch die Lippen und wartete ab.

»Es war lange schon fällig, ich konnte niemandem davon erzählen, weil ich mich geschämt habe. Was du mir gesagt hast, hat genau gestimmt, das war ich. Du hast meine Situation haargenau geschildert.«

Ich glaube, mir wird schlecht, dachte ich, wollte etwas sagen und öffnete meinen Mund.

Doch sie hob abwehrend die Hand. »Du hast von den Möglichkeiten gesprochen, die ich hätte, mein Leben wieder lebenswerter zu gestalten. Das hat mir dermaßen viel Kraft und Mut gegeben, dass ich diesen Schritt endlich gegangen bin. Jetzt ist alles gut.«

Langsam löste ich den Blick von ihr. Ich senkte den Kopf, meine Schultern hingen runter. Ein ungutes Gefühl umgab mich. Darf ich durch meine Quasselei Leben verändern?, fragte ich mich und mir wurde richtig mulmig.

»Warum sagst du denn nichts?« Renate beugte sich vor, um in mein Blickfeld zu gelangen. Sie sah mich fragend an und wartete auf eine Antwort.

Langsam fand ich meine Stimme wieder. »Ich bin total verwirrt, muss ich gestehen. Nie hätte ich auch nur ansatzweise gedacht, dass es dich tatsächlich betrifft, und jetzt fühle ich mich gar nicht gut.«

»Was hast du?«

»Mir ist übel.«

»Aber warum denn?«

»Was habe ich mir nur dabei gedacht?« Tränen stiegen mir in die Augen. Das hatte ich nicht gewollt. »Jetzt bin ich verantwortlich. Ich habe Lebenswege verändert. Nie wieder lege ich jemandem die Karten!«

Sie winkte ab. »Das siehst du völlig falsch. Du hast mich befreit. Ohne dich hätte ich den Mut und die Kraft nicht aufgebracht. Letztendlich habe ich doch die Entscheidung selber getroffen. Ich habe immer selbst die Wahl.« Aufmunternd nickte sie mir zu. »Du hast nicht gesagt, ich müsste das tun.« Sie schwieg einen Moment. »Zuerst war ich erschrocken, was du alles wusstest, obwohl ich nie darüber gesprochen habe. Ich musste ein Pokerface auflegen, damit du frei heraus weiterredest. Was wäre gewesen, hättest du gewusst, dass es meine Geschichte ist? Hättest du alles so ehrlich gesagt?«

Wieder eine kleine Pause, in der keiner von uns beiden etwas sagte. Irgendwie musste das erst einmal verdaut werden. Mich fröstelte.

»Kannst du dir denken, woher so ein Talent kommt?«

Gedanken jagten durch meinen Kopf. Mein Magen rebellierte. Wieder schwiegen wir ein paar Minuten. Alles um mich schien sich zu drehen. Dann erzählte ich Renate von dem Urlaub in meiner Kindheit und der Faszination, die die alte Frau und ihre Karten auf mich ausgeübt hatten. Es war ein Spiel für mich gewesen, aber jetzt fragte ich mich, ob das alles schon damals eine Bedeutung gehabt haben könnte. »Dass meine Eltern das damals erlaubt haben.« Und warum eigentlich hatte diese Frau ausgerechnet mich ausgewählt?

Am darauffolgenden Wochenende fuhr ich nach Rosenheim, um in einer Buchhandlung nach Büchern zu diesem Thema zu suchen.

Die Verkäuferin kam auf mich zu.

»Wie kann ich Ihnen helfen?«

»Ich suche Bücher über das Kartenlegen.«

»Dann kommen Sie mal mit.«

Ich folgte ihr in die Abteilung mit Büchern der Spiritualität und Esoterik. Scheinbar gefiel ihr mein Interesse. Sie zog verschiedene Bücher heraus und legte mir fünf in die Arme.

»Die kann ich alle wärmstens empfehlen für den Anfang.«

Mit dieser Auswahl zog ich mich in eine Sitzecke zurück. Am Ende entschied ich mich für zwei Bücher.

»Gute Wahl, liebes Fräulein«, sagte sie, »sei dir sicher, wir sehen uns nicht zum letzten Mal!«

Diese Aussage verunsicherte mich. Kann sie etwas sehen, was ich noch nicht weiß?, dachte ich. Jung und neu auf dem Gebiet, wollte ich nicht mein Inneres zu erkennen geben. Ich bedankte mich und ging.

Unweit der Buchhandlung war ein kleiner Stadtpark, hierhin zog ich mich zurück und blätterte durch die Seiten des ersten Buches. Da wusste ich, es würde nicht lange dauern und ich hätte die Bücher verschlungen.

Das gute Zureden von Renate sorgte dafür, dass ich weiter übte. Ich weiß heute nicht mehr genau, wie es kam, aber in meiner Clique blieb meine »Arbeit« mit den Karten nicht unbemerkt. Gut, es waren zwei Personen, die es mitbekamen und zu denen ich ohnehin ein besonderes Vertrauensverhältnis genoss. Diese beiden, Tanja und Peter, waren ein Paar, sind heute verheiratet und gehören zu unseren besten Freunden. Es dauerte nicht lange, da gaben sie mir zu verstehen, sie wüssten, dass diese Dinge funktionierten. Wie genau, das war uns allen nicht bewusst. Tanja erklärte: »Mein Schwiegervater holt sich öfter Rat bei jemandem, der aus dem Kaffeesatz lesen kann.«

Sie fragte, ob ich bereit wäre, ihm die Karten zu legen.

Gesagt getan. Ich sprach alles frei heraus. Teilweise etwas vorsichtiger, aber mit dem Zusatz: »Kannst du damit etwas anfangen oder soll ich es mir nochmal ansehen?«

Meine Überraschung war riesig, als ich zu hören bekam: »Nein, das ist alles klar für mich und genau das hat die Dame mit dem Kaffeesatz auch gesagt!«

Ich war stolz und ziemlich erleichtert, mit meinen Aussagen nicht gänzlich daneben zu liegen. So wurde ich mutiger. Zugleich war das der Beginn für regelmäßige Treffen mit Peters Vater. Für ein paar enge Freunde praktizierte ich die Art von Beratung ebenfalls. Immer öfter sagten sie mir, ich hätte sie bei Herausforderungen unterstützt. Genau dann aber, wenn mir die Freunde ans Herz gewachsen waren, fiel es mir schwerer, denn ich fühlte stark mit. Das belastete mich und es missfiel Sigi, weil er sich Sorgen um mich machte. Ich sah mich allerdings schon ein wenig verpflichtet, wenn ich um Hilfe gebeten wurde, und so führte ich das Kartenlegen ab und an weiter. Je nach Bedarf. Dabei übte ich, stabiler zu bleiben und mir weniger Sorgen zu machen. Es gelang immer besser. Sigi half mir dabei, mich abzulenken. Über die Kartendeutung sprachen wir nie, das blieb immer zwischen meinem Fragesteller und mir. Das wusste Sigi. Aber er fand immer eine Gelegenheit, mich zum Lachen zu bringen, damit ich von meinem Grübeln absah.

Obwohl Sigi kaum Camping-Erfahrung hatte, schlug er vor, den Campingbus meines Bruders auszuleihen und damit auf Elba zu fahren. Immer wieder hatte ich ihm von der Insel vorgeschwärmt.

Ich war hellauf begeistert. Natürlich war alles etwas stressig, ich musste planen, einkaufen, organisieren, die Fähre buchen und damals auch noch Deutsche Mark in Lire tauschen. Umso schöner war es, endlich zu starten. Wir fuhren kurz nach Mitternacht los, damit wir in aller Früh am Hafen in Piombino sein konnten. Von dort schifften wir zur Insel rüber. An Deck genossen wir es, einfach nur dazustehen und uns den Wind um die Nase wehen zu lassen. Auf der Insel fanden wir schnell einen Campingplatz, auf dem wir unser kleines Lager errichteten. An einem Abend steuerten wir zu Fuß auf eine Bucht zu, bepackt mit einem typisch italienischen Picknick: Tomaten, kalte Vorspeise, Brötchen und Rotwein. Wir fanden ein schönes, gemütliches Plätzchen oberhalb der Bucht, auf einem Felsen, der sich mit seiner breiten und flachen Oberfläche hervorragend eignete. Von dort aus hatten wir einen wunderbaren Blick auf das Meer und gleichzeitig auf die unter uns liegende Bucht. Also breiteten wir unsere Decke aus und bestückten diese mit den mitgebrachten Sachen für unser Picknick. Das Meer unter uns leuchtete noch azurblau, die Sonne stand schon tief und wollte langsam im Wasser versinken. Nach ein paar Bissen und einem guten Glas Rotwein wurde Sigi mit einem Mal ernst und ich bemerkte, dass er etwas auf dem Herzen hatte.

Sofort spannten sich meine Muskeln an. »Was ist denn?«, fragte ich besorgt.

Er räusperte sich und meinte: »Warte kurz, ich muss nachdenken, wie ich anfange.«

Oh mein Gott, war das der richtige Zeitpunkt für schlechte Nachrichten? Ich hatte keine Ahnung und konnte mir keinen Reim darauf machen. Er fasste in seine Hosentasche, nahm etwas heraus, was sofort in seiner Hand verschwand.

»Komm, trinken wir noch einen Schluck.«

Ich nahm einen großen Schluck und sah ihm fortwährend in die Augen. Da war ein besonderer Glanz.

»Nachdem wir nun doch schon eine gewisse Zeit lang miteinander wohnen und uns lieben, würde ich dich gerne heiraten. Möchtest du meine Frau werden, liebe Andrea?«

Mein Herz hüpfte, ich schluckte, sprang auf, umarmte ihn und fing an zu weinen. Ich brachte gerade noch ein leises »Ja, sehr gerne« heraus.

Nach ein paar Minuten in seinen Armen drückte er mich sanft weg und hielt mir seine Faust entgegen, die er langsam öffnete. Eine kleine Schatulle. Ich öffnete sie und darin lagen zwei Ringe. Er steckte mir den Kleineren an den Finger. Er passte!

In diesem Moment jubelte es um uns herum. Über die ganze Bucht hinaus erklangen Freudenschreie. Das war fast ein bisschen unheimlich. Für uns klang es, als wäre es unser Applaus. Wir freuten uns darüber. Aber was parallel geschah: Es war Fußballweltmeisterschaft und just in diesem Moment war ein Tor für Italien gefallen. Die überaus fußballbegeisterten Italiener jubelten nicht schlecht. Wir saßen auf dem Felsen und lauschten, sahen hinunter zu den Strandbars. Aus sämtlichen Kneipen schallte es und die lauten Klänge rollten das Felsgestein herauf wie in einem Stadion. Sensationell. Die Freude der Italiener traf sich mit unserem Glück. Dieser Moment war für die Ewigkeit.

Schließlich fragte ich Sigi: »Wie hast du das geschafft? Die Ringe passen, der Zeitpunkt ist perfekt und dann noch diese Aussicht?«

Sigi verriet mir, dass er es lange geplant hatte, mich in diesem Urlaub zu fragen. Deshalb auch die Insel Elba, weil ich die so gerne mochte. Zu Hause noch hatte er beobachtet, welche Ringe ich an welchem Finger trug, stibitzte sich eines Tages einen und fuhr in die Stadt, um Verlobungsringe zu kaufen. Rechtzeitig vor unserem Urlaub waren sie fertig. Sigi holte sie ab und verstaute sie heimlich in seinem Gepäck. Ich hatte absolut nichts gemerkt und keine Ahnung von seinem Vorhaben gehabt. Es war so rührend, ich zerschmolz richtig in dieser liebevollen Geste. Ich lehnte an seiner rechten Schulter und zusammen genossen wir den Ausblick, wie sich gerade die Sonne verabschiedete, die letzten Sonnenstrahlen über die Oberfläche des Meeres streiften und den Himmel rot leuchten ließen. Ohne weitere Worte saßen wir eng aneinander, bis uns die Dunkelheit umhüllte. Langsam packten wir zusammen und machten uns auf den Weg zu unserem Campingbus. Die restliche Zeit unseres Urlaubs war ich nur noch auf Wolke sieben. Mit dem Ring am Finger und einem wunderbaren Mann an meiner Seite.

Wieder zu Hause angekommen, überraschten uns zwei Freundinnen mit einer Flasche Sekt. »Wie war der Urlaub? Gibt es vielleicht etwas Neues?«

Tanja beichtete, sie habe Sigi zugesprochen, als er ihr verunsichert seine Idee mit dem Kauf der Ringe mitgeteilt hatte.

»Das war definitiv eine sehr gute Idee«, bestätigte ich.

Die Hochzeit rückte näher. Am Vorabend übernachtete ich bei meinen Eltern. Ich wollte Sigi mit meinem weißen Kleid überraschen. Pünktlich holte er mich am nächsten Tag in Begleitung unseres Chauffeurs, meinem Bruder, ab. Er läutete und meine Mutter öffnete ihm die Tür. Vorher musste sie noch die Play-Taste meines CD-Players drücken, aus dem nun ein besonderes Lied über das Glück und die Liebe erklang. Langsam und sehr bedacht schritt ich die Treppe vom ersten Stock herunter, Sigi strahlte mich glücklich an und breitete die Arme aus, um mich in Empfang zu nehmen.

Ich blinzelte meine Tränen weg. »So, nun lass uns das Fest beginnen«, sagte ich und wir fuhren los.

Da ist mehr, noch so viel mehr ...

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