Читать книгу Da ist mehr, noch so viel mehr ... - Andrea Volkelt - Страница 7

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Die schrecklichste Nachricht

Irgendwie parke ich das Auto. Im selben Moment stürmt Sigi von der Haustür zur Straße. In meinem Magen krampft sich alles zusammen. Ich starre auf Sigi. Unfähig zu denken, steige ich aus. Sofort schließt er seine Arme um mich, legt seinen Kopf an meinen. Unterdrücktes Schluchzen. Ich spüre seine Tränen an meiner Wange. Dann flüstert er: »Maxi ist gestorben.«

»Neeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiinnnnnnnnnnnnnnnnnn! Bitte, bitte nicht! Lass das nicht wahr sein! Bitte, bitte nicht!«, höre ich mich schreien.

Sigi hält mich. Trotzdem sacke ich in mir zusammen wie ein nasser Sack. Mein Mann geht mit mir in die Knie. Er lässt mich nicht los.

Aus meinem Schrei wird ein Wimmern: »Bitte, bitte nicht!« Ich schließe meine Augen, zittere am ganzen Körper.

Jemand fragt: »Wollen Sie ihre Frau nicht in die Wohnung bringen? Wir begleiten Sie.«

Kraftlos hänge ich in Sigis Armen und lasse mich hochheben und die Stufen hinauf in die Wohnung tragen.

Ich sitze im Wohnzimmer auf dem Boden. Jetzt sehe ich, dass viele fremde Menschen bei uns sind.

Ein Sanitäter fragt mich: »Wollen Sie etwas zur Beruhigung? Ich kann Ihnen aber sagen, dass das die Wirklichkeit nicht ändert. Sie werden es akzeptieren müssen. Die Tablette macht Ihnen nur vorübergehend einen Nebel, aber in die Realität müssen Sie trotzdem zurück.«

Ich schüttle den Kopf, mehr ungläubig, als dass ich »nein« sagen wollte. Der Sanitäter erkennt dies als eine Ablehnung und verabschiedet sich mit seinem Team. Keine Ahnung, was hier läuft. Ein fremder Mann gibt sich als Seelsorger aus und erklärt mir, dass Maxi aufgrund eines Verkehrsunfalls verstorben sei, gar nicht weit von hier. Hinter Sachrang, schon auf der österreichischen Seite des Berges. Er redet weiter und ich kann nur spärlich folgen. Wortfetzen bekomme ich mit. »Konnte leider nicht eher kommen, das ist jetzt vier Stunden her.« Es ist halb sieben.

»Kann ich Sie alleine lassen?«, fragt er und ich nicke schwach. Es sind noch zwei Polizisten da. Ein Mann und eine Frau.

»Können wir eine Kerze anzünden?«, frage ich leise.

Die Polizistin findet eine Kerze bei uns im Flur, holt sie ins Wohnzimmer und zündet sie an. Sie fragt: »Soll ich jemanden für Sie anrufen?«

Ich habe keine Ahnung. Sigi erklärt, er hätte gerade meinen Bruder angerufen. Die Schwägerin war am Apparat. Sie kommt. Jetzt steht die Hausärztin da. Sie setzt sich neben mich und sieht mich an. »Ich gebe Ihnen jetzt eine Tablette. Die sollte Sie erst mal etwas beruhigen. Machen Sie bitte den Mund auf.« Ich öffne mechanisch den Mund und schlucke die Tablette. Langsam fühle ich den Nebel um mich herum und gelange in einen seltsamen Zustand. Als würde ich ein Stückchen vom Boden abheben. Jedenfalls fühlt es sich etwas besser an als das, was ich zuvor gefühlt habe.

Noch mehr Leute treffen ein. Meine Schwägerin ist da, meine Schwiegermutter. Dafür verlassen die Polizisten nach dreimaligem Nachfragen, ob wir sie wirklich nicht mehr bräuchten, die Wohnung. Jetzt lege ich mich auf die Couch.

Die Ärztin erklärt: »Es wird sich jetzt etwas leichter anfühlen, aber sobald Sie das Gefühl haben, es geht Ihnen nicht gut, oder das furchtbar schwere Gefühl übermannt Sie wieder, rufen Sie mich an. Hier ist meine Handynummer. Sie können mich anrufen, jederzeit, vierundzwanzig Stunden. Melden Sie sich. Ich gehe jetzt. Bis später.«

Ich weiß nicht, wie ich ins Bett gekommen bin und was genau alles passiert ist oder wer wann unsere Wohnung verlassen hat. Ich liege nur im Bett und weiß, dass der nächste Morgen angebrochen ist. Ich will nicht aufstehen. Ich will nicht. Sigi setzt sich auf meine Bettkante. Er sieht aus wie ein Häufchen Elend – fassungslos, wie gelähmt, unendlich traurig.

Seine Augen sind feucht. Er sagt: »Komm, steh auf.«

Da ist mehr, noch so viel mehr ...

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