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LIVRE DE PRUDENCE Gespräch in Padua

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Auf den friedliebenden Trojanerkönig Antenor, der etwa zwölfhundert Jahre vor der gemeinen Zeitrechnung lebte, führt die Stadt Padua ihren Ursprung zurück. Sie hat freilich wenig Trojanisches an sich. Doch einem Ursprung sollte man, wie das Wort selbst sagt, Sprunghaftigkeit nachsehen. Paduas Entspringen muß nicht logisch, stetig, folgerichtig gewesen sein wie das Denken in der großen Universitätsstadt. Unter ihren Denkern ragte einst Sperone Speroni hervor, geschätzt ob seiner Rede, die mit erstaunlicher Virtuosität durch alle Register lief. Die Accademia degli Infiammati zu Padua ehrte Speroni; die Sancta Inquisitio zu Rom übergab seine Dialoge den Flammen. Letzteres ehrte ihn erst recht. Seine eigene Leidenschaft war entflammbar durch Schwieriges. Sie galt, wie er in einem Brief sagte, dem, was zu verstehen ihn Mühe kostete, den gelehrten Büchern und den Frauen. Er war keiner jener Männer, denen man nachsagt, sie dächten nur an das eine; Speroni dachte auch an das andere, das Denken selbst. Da die Kurtisanen der Renaissance, sofern sie auf sich hielten, belesen waren, gelang es ihm zuweilen, seine beiden Leidenschaften zu verbinden. So geschah es auch eines schönen Frühsommertags – es war um das Fest des Sant’Antonio di Padova herum – bei Speronis Zusammentreffen mit Chiara da Camposampiero, Lucia degli Obizzi und Tullia da Peraga im Innenhof des Palazzo Bò. Von dessen oberer Loggia her war eines der neumodischen Gravicembali zu hören; jemand spielte darauf einen munteren Saltarello. Eine Saite des Instruments mußte gerissen sein, denn immer, wenn eine bestimmte Stelle kam, entstand ein Loch in der Melodie.

TULLIA: So steht es um die Lustigkeit der Scholaren. Lachen sie, dann starren einem ihre Zahnlücken entgegen. Sie starren aus ihren Mäulern und aus ihren Witzen. Selbst ihre Tanzweisen sind, wie ich eben vernehme, perforiert.

SPERONE: Und doch, die Universität! Republik der Gelehrten …

CHIARA: Wirklich, sie sind eines Geistes, die Universität und die Republik. Jene verbannt die Frauen aus ihren Hörsälen, diese aus ihren Ratsstuben.

SPERONE: Falls Ihr Euch nach der Monarchie sehnt, tut es flüsternd! Für die Serenissima lauern auch in Padua allerorten Spione.

CHIARA: Sperone, pardon, Messer Speroni, seid Ihr vielleicht auch einer von ihnen?

SPERONE: Agent der Republik bin ich keiner, wenngleich mir Eure weibliche Vorliebe für die Monarchie schlecht begründet vorkommt. Bedenkt, daß auch der Kaiser des heiligen römischen Reiches noch nie eine Frau war.

TULLIA : Weil man ihn wählt. Selbst das ist noch zu republikanisch. Oft regieren Frauen in der rechten Monarchie, der hereditären. Denkt an Eleonore von Aquitanien, Margarethe von Dänemark, Isabella von Kastilien. In wahrer Alleinherrschaft erbt das Blut sich fort, also die Natur, und nur diese, selbst ein Weib, meint es gut mit ihrem Geschlecht.

SPERONE: Sofern man gut nennen möchte, was einen vom Guten abbringt.

TULLIA : Was meint Ihr?

SPERONE: Ach, nichts. Ich gebe mich geschlagen, soweit es die Führung der Staaten betrifft. Doch daß Euch die Universität ihre Hörsäle versperrt, solltet Ihr leichter verschmerzen. Ich überließe Euch ungern dem betreuten Denken der sogenannten Hohen Schule. Sie ist in Wahrheit eine niedrige, kleine, enge Welt, unwürdig solch berühmter und berüchtigter Damen, wie Ihr es seid. Selbst Berüchtigtsein ist ja ein zu großes Ding, als daß Gelehrte es je erreichten. Allenfalls eine Accademia della Fama könnte Euch …

CHIARA (unterbrechend): Infamia! Kaum besitzt ein Mann ein Vorrecht, schon sucht er es als wenig wünschenswert hinzustellen, ja verlästert es. Vor einer Minute noch hattet Ihr wie verklärt von der Republik der Gelehrten gesäuselt.

SPERONE: Ihr wißt vielleicht, daß hier noch vor wenigen Jahren ein feister Wirt sein Gasthaus betrieb, welches das gußeiserne Schild eines Ochsen zierte. Ja, die mittlere Aula dieses finsteren Baus soll einst ein Ochsenstall gewesen sein. Bis heute nennen die Studenten den Palast der Universität ›Il Bò‹. Seit jeher schien es mir ein bedeutsames Zeichen, daß gerade denkfaules Vieh für die Hohe Schule dieser Stadt steht.

CHIARA: Ihr übertreibt es wahrlich nicht mit Eurem Lob der Gelehrtenrepublik.

SPERONE: Die Universität war und ist ein Instrument: erst das der Kirche, dann des Staates, künftig vielleicht einmal des Geschäfts. Nur ihre Platonische Idee vermag ich zu loben. Von der hier wirklichen Anstalt muß ich zugeben, daß in ihr, wie Tullia bereits zart andeutete, ab und an die vierbeinigen Ochsen lediglich durch zweibeinige von schnöder Lustigkeit ersetzt wurden. Ochsen sind dienstbar; Ihr versteht, was ich meine. Übrigens betreibt die Universität eine eigene Vieharzneischule.

LUCIA: Wenn schon Europa sich in einen Stier verliebte, würde ich indes ganz gerne einmal Paduas akademischen Ochsenstall inspizieren.

SPERONE: Sowohl lieben als denken – trügt uns das Wort Philosophie nicht, dann ist beides verwandt –, könnt Ihr, edle Lucia, auch außerhalb der Hörsäle, ja weit besser als drinnen. Wer vermag zu lieben, wenn einer Haare spaltet? Wer vermag zu denken, wenn einer paukt? Sogar schlafen ist unter solchen Umständen leichter, wie ich gerade in unserer Paduaner Universitas scholarium oft genug beobachtete.

CHIARA: Denken tut not. Doch jemand muß es uns lehren. Richtete man nicht eben dazu die Universitäten ein?

SPERONE: In den Universitäten habt Ihr die Lehrer einer Zeit und eines Ortes; doch in den Büchern findet Ihr Lehrer aller Zeiten und aller Orte.

TULLIA : Aldus’ Söhne in Venedig, hört man, bezahlen es Euch in Zechinen, daß Ihr so werbend umherzieht. Ihr Verzeichnis der neuesten Bücher lugt aus Eurer Tasche.

CHIARA: Gewiß vermögen wir uns einzufühlen in die Sorgen eines Denkers von Gewerbe. In seine Geldsorgen jedenfalls. Doch wir kaufen nichts, ehe Ihr uns nicht erklärt habt, wie ein Buch zum Gefäß unseres Denkens wird.

SPERONE: Das weiß ich nicht besser als Ihr Leserinnen. Die Stunde gehört der Dialektik, nicht der Rhetorik. Ich werde Euer Denken nicht betreuen. Aber vielleicht finden wir gemeinsam die rechten Worte für das, wonach Chiara fragt.

LUCIA: Soviel steht fest: Das Buch denkt nicht für die, welche es lesen. Wer es liest, muß mit dem Buch denken.

SPERONE: Als Muster vor Augen stehen sollte uns ein Buch, das einen Gegenstand durchdenkt, kein solches, das zwischen allerlei hin und her springt. Wer unterhalten will, wechselt oft das Thema; varietas delectat. Aber denken wird nur, wer, ausdauernd, geduldig, beharrlich an einer Sache bleibt.

TULLIA : Monarchie ist eben auch im Geist der natürliche Zustand: Eines waltet über dem Mannigfaltigen. Diese Einheit läßt bei Büchern manchmal schon der Titel erkennen, etwa der des Livre de Prudence.

SPERONE: Christine de Pizan? Gerade diese kluge Venezianerin soll ja dem Unterhaltsamen geneigt gewesen sein.

TULLIA : Am Denken hinderte sie das nicht, wie wir bezeugen können. Wir übersetzen gerade ihr Buch von der Klugheit, der fürstlichen Tugend, ins Florentinische.

SPERONE: Dann wißt Ihr in der Tat, wovon Ihr redet. Wie gelingt es, daß das Buch, als in Schrift verkörpertes Denken, einen Gegenstand festhält?

CHIARA: Das Buch und diejenigen, die es lesen.

SPERONE: Allerdings. Vermögen wir das zu erklären?

CHIARA: Wäre das Denken ein Geistesblitz, dann bestünde das Problem nicht. Ein Augenblick fällt nicht in vieles auseinander, sonst wäre er keiner. Das Problem rührt von der Zeit als Dauer her.

TULLIA : Und doch ist, wovon das Problem stammt, zugleich dessen Lösung: Indem die Zeit die Wahrheit streckt, verdünnt sie diese und macht sie so, in Phasen, dem Denken erst verdaulich.

CHIARA: Wie verschieden aber kann Zeit ablaufen: hier in Disparates zerstückelt, dort, in konzentriertem Denken, ins Stetige gebunden.

LUCIA: Sind Bücher nicht seltsame Dinge, weil sie eben dies, Stetigkeit als errungene, vergessen lassen? Alles an ihnen ist gleichzeitig da, jedes Kapitel, jeder Absatz, jedes Wort.

CHIARA: Daß ununterbrochener Zusammenhang der Anstrengung des Denkens bedarf, vermag ein Buch vergessen zu machen, weil in ihm, und nur weil in ihm Zeit zu Raum verwandelt ist. Die Sätze, in denen ein Gedanke artikuliert wird, stehen im Buch ja neben-, über- und untereinander wie irgendein geistfernes Material, wie Blöcke, die einer aufgestapelt hat.

TULLIA : Wir sagen, verräterisch genug: Im Buch ›steht‹ das und das, und wirklich ›steht‹ es da, bewegt sich nicht; doch Denken ist Bewegung.

SPERONE: Ihr habt recht ; die räumlichen Beziehungen, die das Buch zeigt – das Daneben, Darüber, Darunter –, symbolisieren bloß jenen zeitlichen Vorgang, den wir Denken nennen.

TULLIA : Leser müssen kommen: Leute, welche die Symbole entschlüsseln, damit Raum wieder Zeit werde, wie umgekehrt der Autor, der Monograph, Zeit zu Raum machte.

LUCIA: Stellen denkende Leser sich ein, beginnen Bücher zu leben; tot bleiben sie, falls sich keine finden. Die Leichen sind nicht zu zählen.

SPERONE: Wo aber Leben erwacht, machen die Leser die Schrift zur Rede, zur lautlosen Rede der Seele mit sich selbst, wie der göttliche Platon das Denken nannte. Ist nun das Denken ein Sprechen, dann ist es auch Satz. Jeder vollständige Satz aber besteht aus Subjekt und Prädikat. Und nun werdet Ihr verstehen, warum es mir darauf ankam, daß uns ein Buch, das einen einzigen Gegenstand durchdenkt, als Muster vor Augen stehe. Unser gemeinsamer Freund Lattanzio Benucci sagte einmal, ein solches Buch, obschon aus vielen Sätzen bestehend, sei wie ein einziger großer Satz. Sein Gegenstand, zum Beispiel die Klugheit im Fall des Livre der Christine de Pizan, ist das Subjekt dieses großen Satzes. Das ganze Buch aber entfaltet ein höchst verwickeltes, an Facetten und Nuancen reiches Prädikat dieses einen Subjekts. Je reicher das Prädikat, desto besser ist die Monographie, vorausgesetzt, die Unterscheidungen sind keine bloße Wortklauberei, sondern treffen etwas an der Sache.

TULLIA : Als Monarchistin …

SPERONE: Denkt an Venedigs Spitzel und dämpft Eure Stimme!

CHIARA: In unserer Stadt zu leben heißt ohnehin, jederzeit dem Verdacht ausgeliefert zu sein.

LUCIA: Dennoch sollte ein Diplomat wie Messer Speroni niemals von ›Spitzeln‹ reden. Das hören die Spitzel nicht gern. ›Kundschafter‹ zum Beispiel wäre doch ansprechender.

TULLIA (ebenso laut wie zuvor): Als Monarchistin erlaube ich mir darauf hinzuweisen, daß das eine ›Subjekt‹ hier ganz das Gegenteil dessen darstellt, was dieses Wort bedeutet: Untertan. Eher Superstrat als Subjekt, regiert es den Satz. Das Prädikat kommt ihm zu. Seinen Reichtum besitzt das sogenannte Subjekt.

SPERONE: Die wahre Leistung eines Autors, so glaube ich gezeigt zu haben, finden wir allein im Prädikat. Die Subjekte liegen auf der Straße, selbst die höchsten: ›Über die Wahrheit‹, ›Von der Ehre‹, ›De amore‹. Vulgäre Monarchen! Solche Titel braucht man nur aufzulesen. Doch sie zu erfüllen mit einem reichen Prädikat, gelingt nur wenigen, wie allerdings der mit ihrem Geist so generösen Christine. Wobei es, um der Gegenwart die Ehre zu geben, gerade im Verzeichnis von Aldus’ Söhnen …

CHIARA: Nichts mehr von diesen, nur zur Sache! Geht Euer Streit nicht ins Leere, da kein Subjekt ohne Prädikat und kein Prädikat ohne Subjekt etwas sagen würde, das wahr sein könnte?

SPERONE: Allerdings ist eins so nötig wie das andere. Das Subjekt gewährleistet die Einheit des Denkens, das Prädikat seine Fülle.

LUCIA: Doch die Einheit des Denkens des Autors, dann des Gedankens des Buches und endlich wieder des Denkens des Lesers: besteht sie nicht einfach aus vielen Gedanken?

SPERONE: Das wäre republikanisch: Die vielen Stimmen in der Ratsversammlung führen zu einem großen Entschluß.

TULLIA : Etwa zu dem, die Paduaner zu bespitzeln.

LUCIA: Ich denke es mir so: Daß sie alle dazu beitragen, den einen Gegenstand des Buches zu bestimmen, haben die vielen Gedanken allerdings gemeinsam. Und doch trägt jeder einzelne von ihnen Unterschiedliches bei. Bloß Wiederholtes und Überflüssiges lasse ich natürlich aus dem Spiel, wenn ich es so beschreibe. Und je besser ein Autor ist, desto weniger unterläuft ihm Wiederholtes und Überflüssiges. Sehen wir von solcher Spreu ab, dann ist jeder Gedanke ein Weizenkorn für sich, auch wenn man aus allen am Ende eine einzige Ciabatta bäckt.

SPERONE: Ich würde mich bedanken für eine Ciabatta, bei der man noch auf die einzelnen Körner bisse. Damit ein Brot aus ihnen werde, müssen sie beim Mahlen untergehen. Im Buch aber treffen Leser doch, gerade nach Eurer republikanischen Auffassung, Lucia, auf die einzelnen Gedanken.

LUCIA: Wie widrig mir Eure Anspielungen auf die Republik sein müssen, wißt Ihr wohl. Was bedeutet das Wort in unserer Stadt anderes, als daß die Venezianer Padua unterjochen – ›schützen‹ nennen sie es.

SPERONE: Politische Spitzen will ich Euch von nun an ersparen. Soweit ich sie mir verkneifen kann.

LUCIA: Der Diplomat Speroni ist Euer besseres Ich.

SPERONE: Mein angenehmeres jedenfalls.

LUCIA: Zuweilen ist das Angenehmere das Bessere, zuweilen nicht. Das Bild, das ich gebrauchte, gab mir mein Appetit ein, dieser Diversant des Denkens. Es war schief und ich wähle ein anderes, nicht vom niederen Appetit eingeflüstert, sondern vom hohen Geist des

LUKREZ: Die einzelnen Gedanken sind Atome der Wahrheit – einfach, in sich geschlossen, selbständig. Was immer das Buch zu sagen hat, etwas sehr Schwieriges vielleicht, wird aus diesen Bausteinen gebildet. Ein Haus ist es eher denn ein Brot.

SPERONE: Nun ist in sich folgerichtig, was Ihr sagt; aber es stimmt nicht, will mir scheinen. Denn jeder einzelne Gedanke wäre dann den anderen äußerlich. Sie hängen jedoch in ihrem Inneren zusammen. Wie sie zusammenhängen, darüber instruieren uns die Logiker, mit ihrer Lehre von der Implikation, Konsequenz, Kontradiktion, Kontrarietät und so weiter.

LUCIA: Wir müßten also doch in den Ochsenstall, in den man uns nicht läßt.

SPERONE: Es wäre schön, wenn Ihr für jetzt mit mir vorlieb nähmet. Zumal wir gerade dem Ochsenstall so nah sind.

TULLIA : In seinem Dunstkreis gewissermaßen. Ich rieche ihn förmlich.

SPERONE: So kommt die Sinnlichkeit der Logik zuhilfe. Dann bedarf es, scheint mir, gar nicht mehr der Logiker der Schule, und der gemeine Menschenverstand kann die Sache richten.

CHIARA: Wenn nur nicht der Männerverstand gemeint wäre …

SPERONE: Der Verstand ist kein Geschlechtsorgan.

CHIARA: Wie merkwürdig, daß dann Einrichtungen, die der Pflege des Verstandes gewidmet sind, wie Universitäten und Akademien, sich unserem Geschlecht verschließen.

LUCIA: Das läßt wohl den Schluß zu, sie seien noch ganz anderen Zwecken gewidmet als der Pflege des Verstandes. Daran ist indes nicht Messer Speroni schuld. Gönnen wir ihm und uns, daß er für eine kurze Weile den Universitätsdozenten für Damen spielt.

SPERONE: Wie kurz- oder langweilig mein Privatissimum wird, dafür verbürge ich mich nicht. Zuweilen greife ich mir an den Schädel, um zu erfühlen, ob mir Hörner gewachsen sind – so ochsenhaft komme ich selbst mir an manchen Tagen vor.

LUCIA: Das erhebt Euch über den Verdacht. Kein wirklicher Ochse greift sich an den Schädel.

SPERONE: Gesteht Ihr mir soviel zu, Lucia, dann halte ich meine Belehrung nicht länger zurück. Die Gedanken eines größeren Ganzen, etwa eines Buches, laßt Ihr nur vom Thema, das gleichsam über ihnen steht, verbinden. Sonst erklärt Ihr sie entweder als bloße Wiederholungen für überflüssig oder für in sich geschlossen und selbständig. Alles eigentlich Bemerkenswerte am Leben der Gedanken findet aber zwischen Wiederholung und Isolation statt, in den Momenten, in denen sie in einander verschlungen sind. Das Sujet ist bedeutsam; das einzige Band zwischen den Gedanken ist es nicht.

CHIARA: Auf ein Neues! Ich will versuchen, die Vorgänge anders zu erklären. Es wird nun allerdings verwickelter. Zunächst: Wer eine Sache durchdenkt, also durch bis zum Ende denkt, der arbeitet sich zu dem Ziel vor, sie vollständig zu bestimmen.

TULLIA : Was hieße hier ›vollständig‹? Als die kluge Christine den letzten Federstrich unter ihr Buch von der Klugheit setzte, vergaß sie gewiß keinen Augenblick, daß immer noch Weiteres über die Klugheit zu sagen wäre. Und man hat selbstverständlich immer noch Weiteres über die Klugheit gesagt in den hundert Jahren, seit Christine schrieb.

CHIARA: Das ist wahr. Ich meine indes nicht Vollständigkeit schlechthin. Sie kann kein Mensch erreichen. Verhältnismäßig meine ich das Komplette. Der bestimmten Argumentation, welche das Buch ausmacht – jenseits blumiger Vorreden und sonstigem schmückenden Beiwerk –, darf kein Glied fehlen. Eine Kette nämlich bilden die Gedanken einer wirklichen Abhandlung.

SPERONE: Und ich dachte: Die Gedanken sind frei.

CHIARA: Ihr selbst bemerktet eben, sie seien ineinander verschlungen; ich möchte sagen, daß sie ineinander greifen. Auf kein Glied kann eine Kette aus Eisen verzichten. Würde auch nur eines zerschlagen, wäre die ganze Kette gerissen. Den Zweck, das eine Ende an das andere zu binden, machte der Riß zunichte. Wer von einem Argument den ersten Gedanken in der Hand hat, der hat auch wirklich nur den ersten in der Hand; aber wer den siebzehnten in der Hand hat, der muß auch den ersten, den zweiten, den dritten und so fort tragen bis zum siebzehnten.

SPERONE: Euch, Tullia, in Eurer Abneigung gegen Zahnlücken, sollte das zusagen. Sind diese nicht wie fehlende Glieder einer Kette?

TULLIA : So leicht lasse ich mir die Freuden des Besserwissens nicht nehmen.

SPERONE: Meinem Einwand gegen Lucias Atome trug Chiara jedenfalls Rechnung.

CHIARA: So wärt Ihr zufrieden mit meiner Erklärung?

SPERONE: Das nicht; ich habe einen anderen Einwand.

TULLIA : Der Übereifer meiner beiden Freundinnen verhilft Euch zur bequemen Rolle des Schiedsrichters.

SPERONE: Ich werde mich redlich mühen, Euch, Tullia, Recht zu geben, sobald Ihr eine dritte Erklärung der Verhältnisse vorbringt. Und zwar dann, wenn Ihr Recht habt.

TULLIA : Bevor wir zu diesem krönenden Abschluß schreiten, erst Euer Einwand gegen Chiara.

SPERONE (zu Chiara gewandt): Wie Ihr, Chiara, es auffaßt, akkumulieren die Gedanken.

CHIARA: Falls das Wort dafür sich so gelehrt spreizen muß – meinethalben.

SPERONE: Wer, sagt Ihr, beim siebzehnten Gedanken einer Argumentation angekommen ist, dem müßten auch die sechzehn vorangehenden, von denen er abhängt, gegenwärtig sein.

CHIARA: Wem sie es nicht sind, den nennen wir zerstreut.

SPERONE: Aber schaut näher zu, was Euer Anspruch mit sich brächte. Die Last, die einer zu schleppen hat, würde mit jedem Absatz, den er liest, schwerer. Wer dem Gedankengang einer Schrift folgte, wühlte sich dann in einen Zustand der Erschöpfung hinein; am Ende des Buches wäre er total. Aber so erfahren wir die Lektüre ja nicht. Im Gegenteil benötigt man eher am meisten Energie, um in eine Argumentation hineinzukommen, also nah dem Anfang des Buches; ist man einmal hineingelangt, wird die Sache minder schwer.

TULLIA (in die Runde): Die Bürde, zu der Chiara die Gedanken macht, ist erratisch. Aus dem Blick geriet ihr, daß Denken Bewegung ist.

CHIARA (zu Tullia): Ich vermutete gleich, du würdest dir die Sache leicht machen.

TULLIA : Nicht mir, sondern uns. Und auch weniger leicht als lebendig. Wir sprechen doch von einem Gedankengang und von Schritten einer Argumentation.

LUCIA: Manche fahren lieber, als zu Fuß zu gehen.

TULLIA : So oder so: Ihre Bewegung folgt einer Richtung. Ohne Unterbrechung bewegt sie sich auf ein Ziel hin, den Schluß. Bei jeder Bewegung auf ein Ziel wird etwas vorangebracht, etwa die Passagiere und die Ladung eines Schiffes. Bewegung zu einem Ziel hin ist aber auch wirklicher Übergang, das heißt, ein Weg wird zurückgelegt. Man läßt etwas hinter sich. Weil letzteres der Fall ist, sind wir am Ende nicht erschlagen, wie es der Fall sein müßte, hätte Chiara recht. Zugleich ist die ununterbrochene Folge der Gedanken als solche geordnet, statt daß von allen Seiten die Gedankenatome herschössen, wie du, Lucia, meintest, geeint nur durch das übergeordnete Thema, zu dem sie etwas beisteuern.

LUCIA (spitz): Wie tief!

SPERONE: Und doch wie einfach!

TULLIA : Ja, tief und einfach wie alles Wahre.

CHIARA: An deinem Selbstlob fehlt allein der Hinweis, du habest die goldene Mitte zwischen Lucia und mir getroffen.

SPERONE: Ob sie so golden ist, möchte ich gern erwägen. Würde ich in einem Boot von der Gegend nördlich Vicenzas zur Adria fahren, dann bewegte ich mich auf ein Ziel hin. Der Brenta führte mich von Tezze über Valgadena, San Nazario, Campolongo sur Brenta, Bassano del Grappa und Bocchiero nach Rosara – in eben dieser Reihenfolge; ich kann sie nicht drehen und wenden. Doch solch eine Bewegung ist selbst das genaueste Durchdenken einer Sache nicht. Es ist stets freier. Daß es von vorne anfangen solle, sagt ihm nichts; es bestimmt selber erst, was vorne ist. Jede Sache hat unbestimmt viele Aspekte, und selbst wenn manche als Ausgangspunkt der Überlegung wenig taugten, blieben genügend viele andere, die geeignet wären. Und ist der Ausgangspunkt verschieden, wird es auch der Weg sein, den man dann nimmt.

TULLIA : Die bequeme Rolle des Schiedsrichters, sagte ich vorhin, habt Ihr Euch zugeschanzt. Ich hätte mir nicht träumen lassen, welche Beschönigung darin lag. Ihr tretet vielmehr als ein Grobian auf, der jedes zarte Pflänzchen einer Theorie des Denkens, das wir gesät haben, mit dem Stiefelabsatz zerstampft. Vermutlich sind wir nach Eurem Plan nur zusammengekommen, Euch diese rohe Freude zu bereiten.

SPERONE: Die Zerstörung Trojas, sagt Christine im Buch vom Wechsel des Glücks, war eine List der Götter ; nur weil die Trojaner gezwungen waren auszuwandern, kam es zur Gründung so herrlicher Städte wie Padua. Auch in unserem Fall liegt, wo Ihr nur Zerstörung seht, ein Fund.

TULLIA : Heil dem Finder.

SPERONE: Der Fund ist in Wahrheit eher der Eure als der meine. Entzieht sich das Denken einer einzigen, es gleichsam monarchisch regierenden Formel, dann ist es offenbar etwas Freieres, als wir bei unserer Suche nach einer solchen Formel unterstellten; und etwas kann durchaus in dem Maße besser sein, in dem es freier ist.

CHIARA: Es muß ja nicht die sogenannte republikanische Freiheit sein.

SPERONE: Frei jedenfalls beuge ich mich vor Euch, Ihr Seherinnen und Hetären, als vor einer dreifachen Diotima, wie Sokrates vor seiner einzigen im Gastmahl des ihn verklärenden Platon. Denn an jedem Eurer Bilder – Atome, Kette, Fahrt – ist, scheint mir, etwas Wahres. Manche Sätze, die ein Autor sagt, sind ja wirklich voneinander unabhängig. Man kann sie herausnehmen und möglicherweise in anderem Zusammenhang wieder verwenden. Die selbständigen Elemente trifft, Lucia, Euer Bild der Atome.

CHIARA: Habe ich recht gehört, dann winkt auch mir das Almosen von Kompliment, ein wenig Recht zu haben.

SPERONE: Von Almosen aus meiner Hand kann hier keine Rede sein, da ich nun nicht – nicht mehr – mit eigener Stimme rede. Die Wahrheit der Sache selbst spricht aus mir. Was ein Autor sagt, muß zusammenpassen – dies Wort liberaliter verstanden, da es auch manch andere Weise gibt, in der sich eins zum anderen fügt, als die eines Syllogismus. Doch aneinander schließen müssen sich die einzelnen Gedanken. Das Ergebnis einer Untersuchung resultiert nicht aus der vorletzten Behauptung, die der Autor aufstellte, sondern, in einer durchdachten Abhandlung ohne nutzlosen Aufputz, aus allem, was er sagte. Das ist, Chiara, deine Kette, die sich hindurchzieht. Wir dürfen sie nur dem Leser nicht mit ihrem ganzen Gewicht aufbürden; er würde erdrückt, ehe er das Ende erreicht. Kein Mensch vermag jegliches im Gedächtnis zu behalten, das in einem Buch steht; dessen Schluß kann man auch verstehen, ohne sich alles Vorhergehende gemerkt zu haben. Die Kette ist da – im Text –; im Bewußtsein vollzieht sich nur mit, wie jeweils ein Kettenglied ins andere greift. Bloß in diesem Mitvollziehen haben Leser genau zu sein. Der Überblick über das Ganze, der dabei nach und nach entsteht, ist befreit von der Zumutung an die Leser, sich der Einzelheiten zu entsinnen; denn es gibt keinen Überblick ohne ein Maß an Ungenauigkeit.

TULLIA : Ob es sich nun um eine milde Gabe aus Eurem Schatz handelt, Messer Speroni, oder um den Richtspruch der Wahrheit selbst: Bang erwarte auch ich ein paar gute Worte über das Scherflein, das ich zur Erkenntnis dessen, was das Denken eigentlich sei, beizutragen vermochte. Es wird wohl doch nur ein Atom sein.

SPERONE: Treibt Eure Sarkasmen mir gegenüber nicht zu weit, sonst werde ich wirklich noch zu jenem Grobian – und diesmal wäre es inniger am Herzen Liegendes als bloße Theorie-Pfiänzchen, das mir unter die Absätze geriete.

CHIARA: Es fällt mir schwer zu erraten, was das sein könnte. Nicht vergreifen solltet Ihr Euch an unserer Würde, als diplomatischer Autor des Buches Della dignità delle donne, übrigens bei Aldus’ Söhnen erschienen. Töchter hatte Aldus wohl keine.

LUCIA: Euch, padre severo, so weit zu enragieren, daß Tullia bei der Verteilung der Anteile an der Wahrheit leer ausgeht, wollen wir uns indes hüten.

CHIARA: Wir wollen, denn wir müssen. Uns Kurtisanen, die jeden Tag so viel Zeit in der Schönheitskonkurrenz verschwenden, bietet Wahrheitskonkurrenz eine willkommene Abwechslung. Ja, weit mehr als Abwechslung. Eine schöne Frau empfindet, sich im Spiegel betrachtend, zugleich die Schmach, ihr Selbst, dies unendliche Wesen, das alles bedenkt, sogar das Denken selbst, auf eine so enge Fläche beschränkt zu sehen. Über die Ränder des Spiegels, die Schranken der Schönheit, führt nur die Wahrheit hinaus. Sagt Diotima es nicht so ähnlich im Symposion?

SPERONE: Für Diotima stand dem Platon Aspasia Modell, die in Athen eine Rolle spielte wie Ihr in Padua.

TULLIA : Von Athen nach Padua ist ein weiter Weg.

SPERONE: Es ist doch auch wahr – ein Teil der Wahrheit –, daß wir denkend unterwegs sind. Reichen die Überlegungen weit, dann befinden wir uns auf Reisen; manchmal war das nicht geplant, sondern passierte uns. Dabei kommen wir in die Nähe mancher Dinge und entfernen uns von ihnen, wenn wir weiterfahren. Beim Entferntsein muß es nicht bleiben, wir können auf schon Berührtes zurückkommen, wie auf Reisen manchmal die schönste Route der Rundweg ist. Und wie auf Rundwegen der Reisenden sieht man auch denkend etwas zumeist in anderem Licht, erblickt man es zum zweiten Mal. Ich bleibe dabei, die Bewegung des Denkens sei freier, weniger an Vorgegebenes gebunden als eine Bootsfahrt; aber das ist lediglich ein Unterschied des Grades. Wer beliebig abspringt von einem zum nächsten, der denkt nicht, sondern spinnt ; nur wer bei der Sache bleibt, also auf der Route, vermag sie zu durchdenken.

CHIARA: Was es heißt, eine Sache zu durchdenken, rätselten wir. Wir drei, Amateurinnen der Philosophie, Liebhaberinnen dieser seltsamen Liebe, gerieten, indem wir des Rätsels Lösung suchten, auf drei Bilder: Atome, Kette, Reise.

TULLIA : Christine hätte ganze Allegorien aus ihnen gesponnen.

CHIARA: Von unseren Bildern hat sich herausgestellt, daß sie sowohl falsch als auch wahr sind; vielleicht sogar eher falsch als wahr. Ihr aber, Messer Speroni, geltet als Meister des Faches und könnt uns nun sicher jene Frage ohne Umschweife beantworten, indem Ihr statt halbwahrer Bilder den richtigen Begriff angebt: Was heißt es, eine Sache zu durchdenken?

SPERONE: Eure Frage ist obszön.

CHIARA: Erstaunlicher Vorwurf! Sucht Ihr am Ende unser so ungewohnt ernsthaftes Gespräch ins Lächerliche zu ziehen? Oder gar in den Schmutz?

SPERONE: ›Obszön‹ rührt, wie Varro erklärt, von ›scaena‹, der Bühne, her, nicht etwa von ›caenum‹, Kot, wie viele meinen. Ihr zerrt mich auf die Szene. Gerade hier, im Hof der Universität, sieht man mich nackt und bloß vor Eurer Frage. Über keinen Begriff, der das Denken erklärt, verfügt die Philosophie, obschon, oder vielleicht gerade weil Denken, als Nachdenken, ihr eigenes Tun ausmacht. Sie steht da, ohne irgend Besseres im Angebot zu haben als Eure Bilder. Diese kleiden zwar die Wahrheit nur ein, aber niemand gelangt unter die Kleider. Nicht Gefangene eines einzigen Bildes für das Denken zu sein, wie manche Metaphysiker früherer Zeiten, sondern mehrere zur Hand zu haben, wie wir, gewahr dessen, was sie jeweils treffen und wo sie jeweils versagen, ist nichts Geringes. Möglicherweise ergänzen diese Bilder einander sogar, indem jeweils das eine trifft, wo das andere versagt.

CHIARA: Die Cité des Dames genügt sich selbst. Daß uns die Artistenfakultät der Universität verschlossen bleibt, schadet uns offenbar wirklich nicht. Was sie dort zustande bringen, können wir schon lange.

LUCIA: In eine der höheren Fakultäten würde ich jedoch gerne schleichen.

TULLIA : In welche?

LUCIA: Die theologische sicherlich. Denn wissen die Menschen nicht, was Denken ist, so wird Gott es wohl wissen.

CHIARA: Alles zu wissen ist in der Tat sein Beruf. In der theologischen Fakultät lehrt allerdings nicht Gott, sondern Theologen.

LUCIA: Er sollte sie zum Teufel schicken und selbst die Lehrkanzel einnehmen. Und die Juristen sind erst recht keine Hilfe. Den süßen Geschmack der Wissenschaft – »le doulx goust de science«, wie Christine schreibt – verheißen uns wohl allein Paduas Mediziner. Sie finden gewiß einmal das Denken, wenn sie eines Menschen Schädel aufsägen und sein Hirn sezieren.

SPERONE: Schade, daß Ihr nicht das eigene anbieten könnt. Ich hätte den sägenden Kollegen gern bescheinigt, daß es vorzüglich denkt. Aber man kann eben nicht denken und das eigene Denken beobachten.

TULLIA : Auch daß ein totes Hirn nicht denkt, ist mißlich.

LUCIA: Wie man ein lebendiges Hirn beim Denken beobachtet, wird eines glorreichen Tages der beste Paduaner Physikus entdekken und uns vorführen. Sobald dies gelingt, haben wir das Denken unmittelbar zu fassen bekommen. All die Worte um es herum, deren wir heute so viele wechselten, werden dann von uns abfallen.

SPERONE: In einem Tempel, fern von hier, bewahrte man lange Zeit ein Gefäß mit einem wunderbaren Fluidum. Eines Tages trat ein schlauer Mann auf und wies die Verehrer des Grals zurecht: »Ihr Blinden! Götzendiener! Weshalb küßt ihr die Schale? Bloß ihr Inhalt, nicht das Gefäß, ist kostbar. Zerschlagt das Glas! Dann erst wird Euch das Fluidum unmittelbar Leben spenden.« Der Scharfsinn des Mannes war nicht zu bestreiten; man schritt zur Tat. Doch die Flüssigkeit rann zwischen den Scherben zu Boden und verdunstete auf der Stelle. Jenes Fluidum ist das Denken. Sein kostbares Gefäß aber ist die Sprache.

Eine Stadt, in der Sperone Speroni die Sprachen und, ein Jahrhundert später, Galileo Galilei die Bewegungen der Himmelskörper auf neue Art begreifen lehrten, sollte es entbehrlich finden, ihren Ruhm auf Uraltes zu stützen. Von Antenor ist ohnehin keine Spur auszumachen als die schiere Behauptung seiner Gründungstat. Denn daß im sogenannten Grabmal des Antenor bei San Lorenzo die sterblichen Überreste von Priamos’ Bruder und Aeneas’ Gefährten ruhen, glaubten bereits zu Speronis Zeiten nicht einmal mehr die treuherzigeren unter den damals zahlreichen Verehrern des Altertums. Etwas Trojanisches, freilich nur aufs schlimme Ende der Stadt hindeutend, findet sich indes ausgerechnet im Palazzo della Ragione – letztere bedeutet hier Recht (juris Basilica, meldet die Inschrift), darf aber auch den Philosophen als Grund, Verstand, Vernunft lieb und teuer sein. Auf das hölzerne Modell eines Pferdes, welches eine Nachbildung des trojanischen für einen Karnevalsscherz sein soll, trifft man im großen Saal des Palastes. Die Tollheit unter das Dach der Ragione geholt zu haben, wäre allerdings tiefsinnig. Doch neuerdings heißt es, die Sache verhalte sich ganz anders; in dem Holztier sei lediglich das Pferd der Reiterstatue Erasmo da Narnis auf der Piazza del Santo vergrößert nachgebildet, dieses Unheiligen – Gattamelata, gefleckte Katze, nannte man den venezianischen General und Diktator von Padua seiner Verschlagenheit halber. So oder so erinnert der Gaul daran, daß die Dinge nicht sind, was sie scheinen. Ob zu Padua oder anderswo, stets sind es solche gefleckten Verhältnisse, in denen Philosophen ihr Metier finden.

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