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5. Interdisziplinäre Neuinterpretationen der Gegenwart

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Neue Gesamtdarstellungen

Auffällig ist, dass sich nach einer gewissen Zeit der Abstinenz wieder der Mut verstärkte, größere, oft an der Biografie orientierte Gesamtdarstellungen zu Schiller zu schreiben. Die Fähigkeit oder die Entschlossenheit zur Zusammenschau schienen wiederzukehren, etwa in Guthkes Schillers Dramen. Idealismus und Skepsis, bei Oellers, Safranski und vor allem bei Alt. Borchmeyer schrieb sogar über die Weimarer Klassik. Porträt einer Epoche (1994). Die Arbeiten von Schings, Segebrecht, Scherpe, Hinderer, Mattenklott und Turk setzten Maßstäbe.

Diskursanalyse und Performativität

Mit dem Paradigma der Kulturwissenschaften, der Diskursanalyse und der Performativität ging es vermehrt um den Körper und die Physiognomie (Koopmann 1998, 896), vor allem unter der Neuperspektivierung der Gender Studies.

Anthropologie und Dekonstruktion

Insbesondere die Anthropologie wurde als innovativer Interpretationskontext wichtig, motiviert vom Aufstieg der historischen Anthropologie, die mit der Verbreitung von Michel Foucaults Diskursanalyse zur Leitphilosophie wurde. Zudem kam Schiller in den Blick der Dekonstruktion, etwa in Paul de Mans Kant and Schiller (1993). Bestimmend wurden in diesem Kontext u. a. Wolfgang Riedels ,Der Spaziergang‘. Ästhetik der Landschaft und Geschichtsphilosophie der Natur bei Schiller (1989) und Ulrich Tschierskes Vernunftkritik und ästhetische Subjektivität. Studien zur Anthropologie Friedrich Schillers (1988). Im Mittelpunkt dieser neuen Perspektive stand Riedels Anthropologie des jungen Schiller. Zur Ideengeschichte der medizinischen Schriften und der Philosophischen Briefe (1985) und Peter Utz’ Auge, Ohr und Herz. Schillers Dramaturgie der Sinne.

New Historicism und Gender Studies

Der New Historicism löste unter der Führung Steven Greenblatts den New Criticism ab. Die Gender-Frage wurde immer wichtiger, vor allem die Geschlechterverhältnisse traten in den Vordergrund, etwa bei Karen Beyer: Schön wie ein Gott und männlich wie ein Held. Zur Rolle des weiblichen Geschlechtscharakters für die Konstituierung des männlichen Aufklärungshelden in den frühen Dramen Schillers (Stuttgart 1993). Riedel stellte die zeitgenössische Psychologie in den Mittelpunkt und Schings deckte den Einfluss der Illuminaten auf in Die Brüder des Marquis Posa. Schiller und der Geheimbund der Illuminaten (1996), letzteres im Kontext einer Entdeckung der dunklen, unwissenschaftlichen, wenn man so will esoterischen Seite der Aufklärung, etwa der Theosophie, des Aberglaubens und des Mesmerismus.

Postdramatik und Mediengeschichte

Auch die Theaterwissenschaft entdeckte Schiller, besonders unter dem neuen Paradigma der Performativität und Postdramatik, so in Hans-Thies Lehmanns Die Räuberbrüder, die Meute, das Subjekt Schiller postdramatisch besehen (Lehmann, 79f.). Mit dem Übergang von der Kultur- zur Mediengeschichte geht es im Moment zunehmend um die Medien Schillers, so schrieben etwa Friedrich A. Kittler Dichter – Mutter – Kind (1991) und Niels Werber Technologien der Macht. System- und medientheoretische Überlegungen zu Schillers Dramatik.

Schiller als Wegbereiter der Moderne

In der Schiller-Forschung der letzten Zeit wird der Klassiker immer öfter nicht nur als Zeitgenosse des Beginns der Moderne, sondern als deren Wegbereiter verstanden, vornehmlich was sein Geschichtsverständnis, seine Psychologie, seine Ästhetik und seine Theorie des Spiels betrifft. Momentan scheint Schiller auch in der neuen Wertedebatte eine immer größere Rolle zu spielen.

Einführung in das Werk Friedrich Schillers

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