Читать книгу Renn zu mir - Andreas Frin - Страница 4
Finsternis
ОглавлениеEr würde sie verstehen. Er besaß die Fähigkeit, sie von allen Ängsten zu befreien. Sie rannte. Ihre Lunge brannte. Es schmerzte. Sie hoffte, es sei der Schmerz, der sie nun endlich forttragen würde von ihren Peinigern. Wieder blieb sie stehen. Legte die Hände auf die Knie und hörte ihrem Körper beim Atmen zu. Sie fühlte das Blut in ihren Kopf schießen. Spürte die Adern pulsieren. Ihre Füße schmerzten. Die Turnschuhe waren viel zu eng geworden. Sie ignorierte das Stechen. Ihre Beine trugen sie weiter und ihr Körper folgte ihnen schwerfällig. Das Licht am anderen Ende hatte sie aus den Augen verloren. Vorher hatte sie es noch ausmachen können und war blind darauf zu gerannt. Jetzt tappte sie ziellos im Dunkel und ihr Geist redete ihr Angst ein. Die Furcht, nicht dorthin zu kommen, wo sie sich mit ihrem Leben verbünden konnte. Die Furcht davor, es könne ihr jemand gefolgt sein und die Dunkelheit ausnützen, um sie....
Sie fuhr herum. Das Herz drückte ihr pulsierend die Kehle zu. Ihr Mund stieß würgende, kehlige Laute aus. Das Dunkel, aus dem sie gekommen war, lag unberührt und still da. Nur ihr rasender Atem hallte von den Wänden wider. Sie fuhr sich durch das Haar. Merkte, dass es verklebt und strähnig geworden war und ließ die Hand wieder sinken. Jetzt, da die erste Euphorie langsam nachließ, sank ihr der Mut und sie fand es zunehmend lächerlich und beschämend, davon zu laufen.
Sie wusste nicht mehr, vor was sie fortgelaufen war. Sie konnte sich nicht erinnern, wer ihre Gefühle dermaßen missbraucht hatte, dass sie sich dazu entschieden hatte, jenen Weg zu gehen. Doch umkehren war unmöglich.
Weder fand sie den Mut, noch gab ihr der verbliebene, geschändete Stolz das Recht dazu. Sie konnte spüren, wie er sich infolge ihrer Umkehr über ihr Herz übergeben hätte. Louisa stampfte mit den Füßen auf. Sie schrie die Dunkelheit an. Und erschrak über das Echo, das ihre eigene Stimme mit all ihrer Überzeugung und ihrer Endgültigkeit, das Leid zu bekämpfen, an ihr Ohr trug. Neuen Elan geschöpft, rannte sie weiter. Nicht mehr so gejagt wie zuvor. Die Augen starr geradeaus. Die Muskeln in ihren Beinen fühlend. Sie warf sich in die Brust und hörte sich sagen, jedes Wort mit dem Aufschlag ihrer Schuhe auf dem Steinboden unterstreichend: „ihr könnt mir mein Leben nicht nehmen“. Wie um die Worte in der Ewigkeit fest zu mauern, lächelte sie. Ihr Grinsen wurde breiter und schien in ihrem Gesicht fest zu kleben.