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Kapitel 8
ОглавлениеDr. Reisinger erhob sich vom OP Sessel. Die örtliche Betäubung würde bald vorüber sein. Dr. Müller, der die kleine Operation durchgeführt hatte, sah ihn lächelnd an und meinte: „Das war ja nur Routine. Jetzt haben sie einen komplett neuen Chip, der ist wieder mit den Nervenenden fix verbunden und sie sind eindeutig identifizierbar.“
„Gott sei Dank, denn ohne Chip kommt man ja heut zu Tage nicht sehr weit, nur bis zur nächsten Kontrolle“, entgegnete Dr. Reisinger.
„Die Chips versagen aber sehr selten“, wandte der Arzt ein. Dabei warf er einen Blick auf seinen Bildschirm, wo das Lesegerät die normale Funktion von Dr. Reisinger anzeigte.
Dr. Reisinger sah ihm dabei über die Schulter. „Was sind das für Kurven, die sie da am Schirm haben?“, wollte er wissen.
„Was, das kennen Sie gar nicht?“, meine der Mediziner amüsiert, „das sind die normalen Gehirnfunktionen und das Emotionsmuster, das über den Chip ausgelesen wird, eine einfache Art der Gedankenkontrolle auf jedem Checkpoint. Da filtern sie die Muster heraus, wenn jemand nervös ist, oder Angst hat. So filtern Sie die Terroristen und Verbrecher aus jeder Menschenmenge recht rasch heraus. Trefferquote 98,5%. Aber anscheinend ist das immer noch nicht so recht bekannt.“
Franz Huber, der die ganze Zeit daneben gesessen hatte, erklärte, „Das ist auch besser so, denn sonst fürchten sich bei den Kontrollen auch die unschuldigen Bürger und die Fehlerrate steigt an. Und mancher Kontrollor ist oft ein wenig übereifrig und dann heißt es wieder, Unschuldige seien bei den Kontrollpunkten ums Leben gekommen. Das muss ja nicht sein.“
Reisinger wollte über die restlichen 1,5% jetzt nicht nachfragen, es schien ihm irgendwie unpassend, wo die beiden seine Gehirnwellen am Bildschirm hatten. Er bemühte sich, möglichst an nichts Emotionales zu denken und meinte möglichst sachlich: „Das ist eine sehr vernünftige Einrichtung, denn nur so können wir uns wirklich sicher fühlen.“
„Leider haben die Lesegeräte im besten Fall nur eine Reichweite von maximal zweihundert Metern. In der Regel ist schon nach hundert Metern nichts mehr zu erkennen“, erklärte Franz Huber freundlich und sachlich.
„Jetzt kann ich Ihnen auch sagen, warum Ihr Chip ausgefallen ist. Wir hatten eine Alarmmeldung über eine verbotene Datenbankabfrage am Uni Gelände rein bekommen und wollten den Täter sozusagen in Flagranti erwischen, denn dann spart man sich eine umfangreiche Beweisaufnahme. Und dabei war einer unserer Messtechniker übereifrig und hat die Leistungsstärke der Lesegeräte in den roten Bereich gedreht. Das hat dann die Überspannung bei Ihnen verursacht. Jetzt wissen wir, dass wir nicht mit zuviel Energie fahren dürfen.“
Während der ganzen Erklärung hatte Franz Huber den Bildschirm keine Sekunde aus den Augen gelassen, doch auch bei der Erwähnung der verbotenen Abfrage waren die Kurven nicht eine Spur ausgezuckt, wie es der Fall gewesen wäre, wenn der Patient plötzlich erschrocken wäre.
„OK, dann ist die Sache also erledigt?“, fragte Reisinger.
„Ja, wenn Sie wollen, bringe ich Sie auch zurück in die Uni, aber ich will Sie zu nichts überreden.“
„Vielen Dank, das ist nicht nötig, wenn ich schon einmal in diesem Viertel bin, kann ich gleich ein paar Besorgungen machen, denn es ist schon fast Mittag und der Vormittag ist ohnehin schon vorbei.“
So verabschiedeten sie sich und erst nach zwanzig Minuten, als er längst in der Fußgängerzone der Kölner Innenstadt vor einer Kaufhauspassage stand, glitt ein Lächeln über das Gesicht von Dr. Reisinger und er dachte bei sich, dass die geheimen tibetanischen Entspannungsübungen und Mantrastudien, die er seit Jahren machte, doch ihre Vorteile hätten. Als ihn der Geheimdienstmann unvermittelt angesprochen hatte, hatte er sich sofort voll unter Kontrolle gehabt und seine Gehirnfrequenzen hatten keine verdächtigen Veränderungen angezeigt. Ihn freute, dass sie ihm sogar geglaubt haben dürften, dass er die Überwachung der Gehirnwellenmuster nicht kannte. Hoffentlich hatte er nicht zu dick aufgetragen, aber vermutlich hielten sie ihn für einen harmlosen Uni Spinner, der von der realen Welt keine Ahnung hatte.
Viel mehr beschäftigte ihn jetzt die Frage, wie er mehr über diesen Professor Fowey erfahren konnte. Dass mit der verbotenen Abfrage seine Suche nach Fowey gemeint war, war ihm sofort klar gewesen, als dieser Franz Huber zu sprechen begonnen hatte. Wenn er aber vorher gewusst hätte, dass der Name Professor Fowey auf der verbotenen Liste stand, dann hätte er sich die Abfrage sparen können und nichts wäre passiert. Aber gemeinerweise wurde nie angezeigt, wenn man eine verbotene Abfrage machte, es erschien nur nie ein Ergebnis am Schirm. „Keine Treffer“ war dann die lapidare Anzeige am Bildschirm. Und in der Regel ließ es die EIO Sicherheitstruppe damit bewenden. Es gab keine Konsequenzen. Dass dies bei seiner Abfrage anders war, zeigte ihm, dass er diesmal wirklich auf einer heißen Spur war, Etwas aufzudecken, von dem gewisse Leute nicht wollten, dass es je aufgedeckt würde.
Das alte Antiquariat in der Goethe Straße fiel ihm ein. Doch jetzt sollte er besser nicht dorthin gehen, falls die vom EIO noch immer auf seiner Spur waren. Man konnte nie vorsichtig genug sein, in einer Welt, wie dieser.
So ging er in das Kaufhaus und suchte unter den Einrichtungsartikeln nach einer kleinen Vase für sein Appartement. Die Vase könne man auch als Geschenk verwenden, dachte er, als er eine gefunden hatte. Es war eine kleine niedliche Imitation einer Vase aus der späten Ming Dynastie und sie sah beinahe echt aus.