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Kapitel 2
ОглавлениеMajor Adam Swietowsky lehnt sich in seinem Stuhl zurück und betrachtet unzufrieden die Bildschirme, die in seinem Schreibtisch eingebaut sind, und mit denen er das gesamte Gelände, alle Gebäude und das umliegende Land überblicken konnte. Es ist absolut nichts los. Sonntagmittags war hier noch niemals etwas los. Sein muskulöser und stämmiger Körper war hier nicht gefordert. Das Spezialkonditionstraining, welches er noch immer viermal die Woche absolvierte, war überflüssig. Er hätte sich auch einen Bierbauch antrainieren können. Aber das wiederstrebte ihm, seine Kondition und seine Fitness waren sein ganzer Stolz. Obwohl auch seine Intelligenz für diese Art von Job viel zu hoch war. Aber was sollte er machen, das Leben hatte ihn hierhergesetzt und hier sitzt er nun und langweilt sich.
Major Swietowsky hat diesen Überwachungsjob seit drei Jahren inne und er hasst ihn. Es gab hier nichts zu tun für jemandem, der das Handeln gewohnt war, aber er wurde wenigstens gut bezahlt. Seine Brigade bei der Armee war aufgelöst worden und sie hatten keine Verwendung mehr für ihn gehabt. So war er nach zwanzig Dienstjahren bei der Army abgerüstet worden und hatte als Mitvierziger diesen öden Überwachungsjob annehmen müssen. Für einen Major war das eine Degradierung gewesen. Geheiratet hatte Swietovsky nie, für die Gründung einer Familie hatte er die Zeit nicht gefunden, da er immer in irgendeinem Kampfeinsatz gewesen war. Seine Meinung war, dass sich dann zu Hause keine Frau um sein Überleben Sorgen machen müsse, und es ihm egal sein konnte, an welchem Winkel des Planeten er seinen Dienst versah. Und hier, fernab der großen Städte, in der Provinz von Amerika, interessierte sich niemand mehr für den muskulösen ehemaligen Major.
Die einzige Genugtuung, die er hatte, bestand in der Wichtigkeit seines Dienstgebers. Er bewachte schließlich als Kommandant der Wache den Hauptlandsitz von Mister Tom Swallows, den Präsidenten von Union Arms. Union Arms ist der größte Konzern für Sicherheitsausrüstungen und Verteidigungssysteme, wie das so schön hieß, dessen Aktien im Augenblick an der Börse am Begehrtesten waren. Das war der einzige Lichtblick im Leben Adam Swietowskys, denn einige Kilometer vom Haupthaus war ein Testgelände für diverse Ausrüstungen. Diese Tests waren immer der Höhepunkt seines eintönigen Lebens als Chef der Wache, denn da konnte er immer dabei sein.
Das gesamte Grundstück umfasste neben einigen Quadratkilometern Wald und Wiesenflächen etliche Gebäudekomplexe und lag im amerikanischen Bundesstaat New Hampshire. An das im Neuenglandstil des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts errichtetet Haupthaus in der Größe eines englischen Herrschaftssitzes waren etliche Nebentrakte angebaut worden. In einem davon hatte Adam Swietowskys seinen Arbeitsplatz. Er war Chef über die vierzig Mann der Sicherheitswache des Grundstückes und Herr über Leben und Tod, wenn es einmal ernst werden sollte. Immerhin gab es über 800 Bedienstete und Angestellte auf diesem Landsitz, der in Wirklichkeit ein Teil der Konzernzentrale von Union Arms, dem größten weltweit noch existierenden Rüstungskonzern, war. Seit Swietowsky hier seinen Dienst versah, hatte es noch keinen ernsten Zwischenfall gegeben.
Die Uhr auf seinem Schreibtisch zeigt Sonntag, den 5. Juni 2117. Die Bildschirme auf seinem Schreibtisch geben nur friedliche Wiesen und Waldgebiete wieder. Die Hauptumzäunung läuft kilometerweit durch Wälder und Wiesen. Die Kameras zeigen kein menschliches Wesen und auch keine verdächtigen Fahrzeuge, die sich dem Landsitz nähern. Die Bewegungsmelder geben nur die Bewegungen von Rehen und Hasen wieder. Adam sieht sich vor Langeweile die Logfiles seiner Patrouillentrupps der letzten drei Tage durch. Nichts war vorgefallen. Er verflucht seinen Job, der ihn in die sicherste Gegend der Erde und in die größte Langeweile seines Lebens geführt hatte. Er war schließlich Soldat und gewohnt, in Krisengebieten aktiv zu sein. Da konnte das hier schon lähmend werden. Er fühlte sich langsam alt werden und das war umso bitterer, weil er hier nicht seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt war und sich daran auch nichts mehr ändern würde, wie er fälschlich dachte. Wenn er sich an seine Einsätze in Nordafrika währende des dritten Ölkrieges erinnerte, da wurde ihm immer richtig warm ums Herz. Seine Einheit hatte Tobruk bis zum Schluss gehalten und alle Angriffe der Rebellen abgewehrt. Das war einer seiner schönsten militärischen Erfolge gewesen, aber leider völlig umsonst. Er hatte als Kommandant eines Außenpostens fast täglich Feindkontakt und sie hätten die Stadt bis zum Friedensschluss verteidigt, doch dann kam der Befehl zum sofortigen Rückzug. Er wollte den Befehl schon verweigern und seine schöne Stellung nicht aufgeben, als ihm einer seiner arabischen Informanten den wahren Grund für den Rückzug nannte, den ihm seine Vorgesetzten verschwiegen hatten. Mit fünfundzwanzig seiner Leute schaffte er es dann, die letzte Hercules zu erreichen, die je von Tobruk aus starten sollte, denn fünfzehn Minuten später detonierte die Atombombe, die die Rebellen im Stadtzentrum versteckt hatten und löschte seine Einheit und alle verbliebenen Bewohner von Tobruk samt ihrer Stadt so gründlich aus, das heute nicht mehr erkennbar ist, dass dort je eine Stadt gestanden hat.
Aber das war jetzt mehr als zehn Jahre her und der Krieg war zu Ende. Seufzend greift er in seinen Kühlschank unter dem Schreibtisch, nimmt sich trotz Alkoholverbots im Dienst ein Bier und lässt die Dose zischend aufspritzen.