Читать книгу Das verschenkte Kind - Andreas Mohr - Страница 6
ОглавлениеDem Drängen des Pastors nachgegeben
Am 13. September 1943 wurde ich drei Jahre alt, und es geschah etwas ganz Gravierendes, was das Leben meiner Mutter, meiner Geschwister und von mir ganz nachhaltig und schmerzlich verändern würde. Mein Bruder Aloys, welcher von der sechsten Woche an bei Cousinen und Vettern meiner Mutter im Nachbarort lebte, starb ganz plötzlich an Wundstarrkrampf. Die einzige Erinnerung, die ich noch daran habe, ist die Beerdigung meines Bruders; ich habe eine Blume in sein Grab geworfen. Meine Tanten und Onkel im Nachbarort haben mir später sehr oft von dem schrecklichen Sterbefall meines Bruders erzählt. Die Trauer und der Schmerz wegen des Verlustes des fünfjährigen Aloys war bei den Tanten und Onkel unermesslich. Einige Tage nach diesen Ereignissen kamen zwei meiner Tanten zu meiner Mutter und hatten folgende Bitte: »Gib uns den dreijährigen Jungen (also mich), mit zu uns nach Hause, als Ersatz für den verstorbenen Bruder Aloys. Wenn auch nur für eine kurze Zeit, damit wir die Trauer um den verstorbenen Jungen besser verwinden können.« Mit dem Zusatz, es geht dem Kleinen bei uns sehr gut und es wird ihm an nichts fehlen.
Pastor Meiser aus Strohn
Onkel Josef aus Berlin (2. von links)
Meine Mutter kam dem Wunsch nicht nach: »Nein, der Kleine bleibt bei mir, bei uns.« Mein Vater war zu dem Zeitpunkt in Russland vermisst und konnte nicht entscheiden.
Kurze Zeit später kam der Bruder meiner Mutter (Josef Zillgen) aus Berlin zu Besuch und er unterstützte seine Cousinen aus dem Nachbarort, bei ihrem Wunsch mich als Nachfolger von Aloys zu bekommen. Auch hier gab meine Mutter nicht nach. Aber es ging jetzt in eine andere Richtung. Tante Anna war als Caritas-Landkrankenpflegerin auch für meinen Heimatort zuständig. Sie hatte zwangsläufig auch eine gute Verbindung zu dem katholischen Pastor meines Heimatdorfes. Sie berichtete dem Pastor von dem Wunsch, mich in ihrer Familie nach Gillenfeld aufzunehmen und dass meine Mutter sich weigerte, mich herzugeben.
Ich als Säugling auf dem Arm meiner Schwester Gerta und Gerhard mit Cousin und Cousinen
Der Pastor hatte Verständnis für ihr Anliegen und versprach, zu vermitteln. Aus diesem Anlass kam er dann zu meiner Mutter und machte ihr klar, dass sie mich doch hergeben sollte. Sie wäre ihren Cousinen gegenüber aus Dankbarkeit verpflichtet und es wäre dann auch möglich, dass ihre Cousinen durch meine Anwesenheit in ihrer Familie die Trauer um den verstorbenen Aloys besser verkraften können. Zu damaliger Zeit war das Wort eines Pastors schon fast ein Gesetz und meine Mutter gab dem Wunsch des Pastors nach und war schweren Herzens bereit mich herzugeben.
Ich, im Alter von 5 Jahren in Gillenfeld
Gerta und Gerhard in Strohn
Meine Mutter Margareta vor der Heirat
Meine Eltern bei ihrer Hochzeit in Strohn, Mai 1931
Links die Schwester meines Vaters mit ihren drei Kindern, mitte und rechts: meine Eltern, ich, Gerhard und Gerta