Читать книгу Der Himmel über Kopenhagen - Andreas Schütte - Страница 4

1

Оглавление

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Geht es Ihnen gut? Soll ich vielleicht ein Taxi rufen?“

Sie redet laut, schreit fast, beugt sich zu mir hinunter, auf ihrer Zunge glänzt etwas Metallisches.

„Herr Plonker?“

Ich hasse es, wenn die Leute mich wie einen Beschränkten behandeln. Ich bin weder schwerhörig noch begriffsstutzig, nur müde. Wie alt mag sie sein? Wahrscheinlich irgendwo zwischen zwanzig und vierzig. Je älter man wird, umso schwerer ist das Alter anderer zu schätzen. Das muss an der Entfernung liegen.

„Ich will mich nur ein wenig ausruhen“, sage ich betont leise.

„Tun Sie das, Herr Plonker“, schreit sie. „Möchten Sie ein Glas Wasser?“

Eher einen Kognak, denke ich und schüttele den Kopf. Die Metallzunge entfernt sich und geleitet den nächsten Patienten zu K., dem alten Quacksalber. Der hatte mir vor einer Viertelstunde eröffnet (na Plonker, wie geht es uns denn?), dass ich das Herz eines jungen Stieres hätte, meine Blutwerte die eines sechzigjährigen wären und alles Übrige eben natürlicher Verschleiß sei. Mein Gott, Plonker, Sie sind dreiundachtzig, was erwarten Sie denn? Das ist eine gute Frage, dachte ich, und nahm mir vor, sie in der Abgeschiedenheit meiner Dreizimmerwohnung zu beantworten. K. drückte mir sieben Rezeptzettel in die Hand und wünschte mir einen schönen Tag. Nicht das erste Mal hatte ich mich gefragt, wie die Apothekerin es fertigbrachte, die schlampige, völlig unleserliche Handschrift von K. zu entziffern, oder ob sie einfach nur raten würde.

„Geht es Ihnen wieder gut?“ Die Metallzunge.

Ich stütze mich auf den Krückstock und hieve mich langsam in die Höhe. „Mir ging es niemals besser“, antworte ich und zottle zum Ausgang.

„Auf Wiedersehen, Herr Plonker!“ Hoffentlich nicht, denke ich, und um einen Gruß anzudeuten, hebe ich leicht den Stock. Mit trippelnden Schritten erreiche ich den Fahrstuhl. Ein junger Stier, ha!

Die Apotheke ist im selben Gebäude. Mit lauter Stimme erklärt mir die Angestellte, wie ich die Medikamente anzuwenden habe. Ich stelle mich taub, gebe vor mein Hörgerät zu Hause vergessen zu haben, und es macht mir Freude zu sehen, wie diese Pillenhändlerin die Beherrschung verliert, ihre Halsschlagadern anschwellen, sie wild mit den Händen gestikuliert und schließlich kapituliert, indem sie alle Schachteln in eine kleine Tüte stopft und mich zur Tür hinauskomplimentiert.

Das sind die Momente, in denen ich fühle noch zu leben.

Der Himmel über Kopenhagen

Подняться наверх