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4. London calling

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Seine Hände prickelten, der Geruch von Deo und Parfüm lag in der Luft. Verschwitzte Körper bewegten sich im Rhythmus der Musik auf der Tanzfläche. Es wurde geknutscht, Hände wanderten in tiefer gelegene Körperregionen. Lächelnd griff er nach dem Wodka Red Bull.

»Alexander Kent«, sagte Zac. »Wenn deine Mutter das dreckige Grinsen auf diesem hübschen Gesicht sehen könnte, würde sie dich von oben bis unten mit Seife abschrubben.«

Er lachte. »Wie gut, dass sie nicht hier ist.«

Sie stießen an.

Alex hatte mittlerweile realisiert, dass er sich die grüne Erscheinung nur eingebildet hatte. Nach seinem Erwachen war ihm plötzlich heiß geworden, dann eiskalt. Er hätte schwören können, dass seine Hand brannte, in echtem Feuer. Doch es gab keinen Schmerz. Er schleppte sich zurück nach Hause, müde und ausgepowert. Seine Mum stellte keine Fragen, warum auch? Sie kannte derartige Momente zu gut, sowohl von ihm als auch von Alfie. Sein sechzehnjähriger Bruder war dabei, in dem Sumpf zu versacken, der sich Angell Town nannte. Bei dem Gedanken wurde ihm übel. Er vertrieb ihn mit einem Kopfschütteln.

Heute Abend wollte er alles vergessen. Tanzen, knutschen, wilden Sex bis zum Morgen haben. Die Welt außerhalb der Disco existierte nicht.

»Und, schon jemand entdeckt?«, fragte Zac. Der Freund hatte ihn eingeladen. Er war einer der wenigen, die den Absprung aus Brixton geschafft hatten. Eigentlich hatte es eine Feier zu Ehren von Alex' neuem Job werden sollen. Stattdessen sollte es ihn nun trösten.

Alex nickte zur schmalen Theke, die seitlich der Tanzfläche an der Wand entlanglief. »Die Blonde da drüben. Ihre Freundinnen haben bereits einen Typen abgekriegt, aber sie steht noch ganz alleine da.«

»Viel Glück, Alter. Ich kümmere mich jetzt um die Zwillinge dort.« Schon war Zac verschwunden, trug zwei Drinks zu den Geschwistern.

Alex fluchte innerlich. Er hatte sie gar nicht bemerkt. Andererseits war ihm eine heute genug. Er bestellte einen Cocktail, von dem er glaubte, dass er zu der Blonden passte und buchte ihn auf Zacs Karte. Heute ging das in Ordnung. Vorsichtig balancierte er das bauchige Glas, an dessen Rand eine Erdbeere steckte, zum Ziel.

Er hatte die Blonde fast erreicht, als ein anderer Typ neben sie trat. Beide stießen an.

Na, super.

Er versuchte es weiter, doch die kommende Stunde wurde zu einem Debakel. Schließlich gab er auf. Ein Blick zu Zac ließ Neid hochkochen. Der Freund verließ soeben die Disco, eine der Zwillinge an jedem Arm. Das durfte Alex sich dann morgen in allen Details anhören. Er verschwand zur Toilette und betrachtete sich im Spiegel.

Das Hemd saß, ließ aber einen kleinen Ausschnitt der muskulösen Brust frei. Der Dreitagebart wirkte maskulin, die Haare waren sauber gestylt. Die Jeans symbolisierten ein halbes Monatsgehalt, waren durchsetzt mit künstlichen Rissen; natürlich waren es Markenfälschungen. Andernfalls hätte er sich so etwas nicht leisten können. Trotzdem sahen sie echt aus. Himmel, er hätte sich am liebsten selbst abgeschleppt.

Was ist heute nur los?

Normalerweise benötigte er keine zwanzig Minuten, um ein Girl aufzureißen. Wenigstens diese eine Sache in seinem Leben klappte immer. Er hatte schon früh festgestellt, dass Sex von allen Arten an Problemen ausgezeichnet ablenkte.

Er wandte sich ab.

Dann eben heute mal nicht. Bei seinem Glück, riss das Gummi oder das Bett krachte zusammen.

Er schob sich zum Ausgang, knallte die Tür hinter sich zu und verließ die Disco. Vor dem Gebäude stand ein Taxi. Er ignorierte es. Stattdessen sog er tief die kühle Luft ein, kickte einen herumliegenden Stein davon – der mit einem Ping gegen einen frisch lackierten Mercedes SLK prallte – und schlenderte durch das nächtliche London in Richtung Brixton. Der Herbst neigte sich dem Ende zu, der Winter stand bevor.

Er kam an einem baufälligen Haus vorbei. Die unverglasten Fenster wirkten wie leere Augenhöhlen, die ihn mit ihrem Blick verfolgten. Vermutlich hatte wieder ein Investor die bisherigen Mieter vertrieben, um das Gebäude komplett zu sarnieren und den Mietpreis mal eben zu verfünffachen. Das Geäst der Bäume raschelte im Wind. Blätter wirbelten davon. Leichter Nieselregen setzte ein.

Natürlich. Vermutlich wird es gleich wieder schütten.

Tatsächlich prasselte ein Gedanke später eiskalte Nässe herab. Innerhalb von Augenblicken waren seine Jeans, sein Hemd, seine Haare klitschnass. Bis nach Hause musste er gute neunzig Minuten laufen. Unmöglich bei diesem Wetter. Alex verfluchte sich dafür, nicht in das Taxi gestiegen zu sein.

»Das ist sowas von nicht mein Tag«, fluchte er.

»Wie recht du doch hast«, erklang eine weibliche Stimme an seinem Ohr.

Ein Schlag traf Alex zwischen die Schulterblätter, fegte ihn von den Beinen und ließ ihn benommen auf den Gehsteig krachen. Als er den Kopf hob, trat sie gegen sein Kinn. Der plötzliche Schmerz löschte ihm die Sinne aus. Wie durch Nebel sah er sie, schwankend zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit.

Aber wie war das möglich?

Die Frau trug einen langen Mantel, hatte einen Schal um den Hals geschlungen. Ihr Gesicht war von Altersfalten bedeckt, das graue Haar zu einem Dutt aufgesteckt. Schwerfällig trippelte sie nun zu ihrer Handtasche, nahm sie auf. Kurz schaute sie hinab auf Alex, bevor sie nach ihm griff. Sie warf ihn sich einfach über ihre Schulter.

Er wollte sich wehren, was ihm jedoch nur einen weiteren Faustschlag einbrockte.

»Keine Angst, mein Junge, ich tue dir einen Gefallen«, sagte sie. »Du willst nicht in all das hineingezogen werden.«

Alex erkannte das baufällige Haus, das auf ihn zukam. Er wurde die Treppe hinaufgetragen, durch die geöffnete Tür, einen Gang entlang. Raue, unverputzte Wände schälten sich aus dem Dunkel, als, wie auf ein geheimes Kommando, Hunderte von Kerzen entflammten. In ihrem düsteren Licht sah er Wasserlachen, Schimmelflecken, aus dem Zement herausragende Eisenstäbe und brüchige Dielenbretter.

Sie warf ihn zu Boden, als sei er nicht mehr als ein Sack Kartoffeln.

Plötzlich war er wieder hellwach, die Benommenheit fiel von einer auf die andere Sekunde vollständig von ihm ab. Er sprang auf, wollte sich auf die Alte stürzen, doch eine unsichtbare Barriere hielt ihn zurück.

Er blickte zu Boden.

Mit roter Farbe war ein Hexagramm auf die Dielenbretter gemalt worden. Ringsum verliefen winzige Symbole, deren Sprachzugehörigkeit er nicht ansatzweise deuten konnte. Sie glommen in einem düsteren, fast dunklen Licht auf und erloschen wieder.

Im Takt meines Herzschlags.

Das Wissen war einfach da. Diese Zeichen hielten ihn – und nur ihn – im Inneren des Hexagramms gefangen.

»Ah«, kam es von der Alten. »Die geerbte Erinnerung erwacht. Da habe ich dich ja gerade noch rechtzeitig gefunden.« Sie kicherte.

»Was soll das alles?«, rief er und verlieh seiner Stimme einen schneidenden Ton, über den Freunde immer sagten, dass er Eisen zerteilen könnte. »Lassen sie mich hier sofort raus! Andernfalls rufe ich die Cops.« Er zog das Smartphone hervor.

Die Alte wirkte völlig unbeeindruckt. Höhnisch lächelnd zeichnete sie ein Symbol. Alex riss die Augen auf. Ihre Finger hinterließen eine schlammgrün leuchtende Spur in der Luft. Im nächsten Augenblick entstand ein einzelnes großes Machtsymbol.

Das Erbe der Macht - Band 1: Aurafeuer (Urban Fantasy)

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