Читать книгу Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus - Andreas Suchanek - Страница 51
NOVA-Station, Alzir-System, kurz zuvor
ОглавлениеTess massierte sich die Schläfen, während sie ein letztes Mal ihre Eingaben überprüfte. Wenn dieser dämliche Harris sie auf die Kommandobrücke gelassen hätte, wäre alles viel einfacher gewesen.
»Na, kommen Sie weiter?« Commander Jeff Prikster – der L.I. von NOVA-Station – klopfte ihr ermunternd auf die Schulter.
»Nicht wirklich«, gab Tess zu. »Ich verstehe das nicht. Diese beiden Logs passen nicht zusammen.« Wütend schlug sie mit der flachen Hand auf die Konsole.
»Na, na, na.« Prikster zog den ViKo-Becher weg, den er ihr gerade hingehalten hatte. Ein dichter Vollbart verbarg sein Gesicht, doch um seine Augen bildeten sich Lachfalten. »Vielleicht nehmen Sie sich lieber einige Stunden frei und entspannen. Waren Sie schon auf Pearl?«
»Noch nicht«, sagte Tess müde.
»Na, dann wird es Zeit.« Er lächelte ihr kurz zu und wandte sich ab.
Tess gab es auf. Vielleicht hatte Prikster recht. Ihr Handkommunikator gab ein leises Summen von sich. Wie jeder Offizier trug sie auf ihrem linken Handrücken eine viereckige Display-Folie. In ihr waren hauchdünne Mikro-Schaltkreise integriert – ein persönlicher Hand-Computer.
Sie berührte das Signal-Icon, worauf die Stimme von Commander Ishida erklang. »Lieutenant Kensington, bitte begeben Sie sich auf dem schnellsten Weg zurück zur HYPERION.«
»Natürlich, Ma’am«, erwiderte Tess. »Ich gebe dem L.I. nur noch meinen Bericht zu den neuen Kom …«
»Negativ«, unterbrach die I.O. »Begeben Sie sich direkt zum Shuttle. Alpha 365 wird sich Ihnen anschließen. Sobald Sie beide an Bord sind, fliegen Sie ab. Ishida, Ende.«
Tess wunderte sich über die forsche Art der I.O., was so gar nicht zu ihr passen wollte. Andererseits war es durchaus möglich, dass McCall die Daten mittlerweile weitergeleitet hatte und Cross ihren weiteren Einsatz auf NOVA nur ungern sah.
Sie wandte sich gerade dem L.I. zu, als der Boden unter ihr zu zittern begann. Die Leuchtflächen an der Wand pulsierten blutrot – der Gefechtsalarm war aktiviert worden – und die Hölle brach los. Eine Druckwelle erfasste Tess und schleuderte sie quer durch den Raum. Konsolen explodierten, Schreie erklangen, Warnsirenen heulten. Noch benommen von dem harten Aufprall registrierte sie das Geräusch berstenden Metalls. Die Luft entwich explosionsartig und riss Männer und Frauen mit sich in die Leere des Alls.
*
Alpha 365 schritt gedankenverloren um die Gangbiegung. Die Textnachricht des Sicherheitschefs der Station, der ihn darin in sein Büro bat, hatte ihn aus einem Gespräch mit Lieutenant Bruce Walker gerissen. Das war ärgerlich, hatte er doch zunehmend das Gefühl, dass sich der Offizier ihm öffnete. Irgendetwas Wichtiges wollte Walker ihm mitteilen, das sagten ihm seine Instinkte – und die waren immerhin auf äußerste Perfektion designt worden, speisten sich aus den Wahrnehmungen seines Unterbewusstseins. Doch noch schien den Lieutenant etwas zurückzuhalten.
Das Schott zum Sicherheitsbüro öffnete sich.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte der Alpha Sicherheitschef Paolino.
»Wie bitte?«
»Sie wollten mich sprechen.«
Paolino schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Wie kommen Sie darauf?«
Alpha 365 begriff, und handelte im nahezu gleichen Augenblick mit der typischen Präzision eines genetisch designten Sicherheitschefs. Er warf sich herum und rannte den Weg zurück, den er gekommen war. Im Laufen zog er seinen Pulser, den er dank eines genehmigten Sonderantrags auch als externer Sicherheitsoffizier auf der Station tragen durfte.
Als er den Trakt mit den Arrestzellen erreichte, lag der Lieutenant, der die Monitore im Auge behalten sollte, tot über seiner Konsole. Alpha 365 hastete in den Gang zu Walkers Korridor, und während er rannte, kamen ihm all die versteckten Andeutungen in den Sinn, die dieser gemacht hatte. Er hatte gewusst, dass jemand versuchen würde, ihn umzubringen, da war sich Alpha 365 sicher.
Endlich erreichte er den Vorraum zur Arrestzelle. Die beiden Wachen lagen tot am Boden, das Schott stand offen. Mit einem Sprung hechtete er in den Raum, rollte sich ab und kam auf die Beine. Zwei energetisch geladene Partikelschüsse trafen auf jene Stelle, an der er in den Raum gesprungen war. Alpha 365 erfasste die Situation, noch während er zielte. Walker kniete in seiner Zelle, die Arme erhoben. Vor ihm stand eine hochgewachsene Frau mit schwarzem Haar, die eine Uniform der Space Navy trug. Zielsicher jagte er ihr zwei Betäubungsschüsse in die Brust, worauf sie die Augen verdrehte und zu Boden sank.
»Ich habe Ihre Feinde wohl unterschätzt«, sagte Alpha 365 an Walker gewandt, während er sich aufrichtete und den Pulser wegsteckte.
»Das haben Sie.«
»Dieser Fehler wird sich nicht wiederholen.«
»Wir werden sehen.« Walker starrte auf die Frau. »Ich denke, ich sollte Ihnen etwas sagen.« Er lächelte bitter. »Vermutlich macht es keinen Unterschied mehr.«
Alpha 365 schwieg und wartete.
»Sie müssen wissen, dass ich bei meiner Aussage bleibe: Ich habe den Torpedo nicht manipuliert! Aber darum geht es auch nicht. Dieser Kleinkrieg zwischen Ishida und Michalew …« Erneut schüttelte er den Kopf. »Sie haben einen Denkfehler gemacht, genau wie die I.O.« Walker schwieg und sammelte sich.
Alpha 365 legte seinen Kopf schief. »Sprechen Sie«, forderte er sein Gegenüber auf.
Plötzlich bebte der Boden, das Licht fiel aus und eine Hand schloss sich um seinen Fußknöchel.
*
Endlich sonderten die Bruchstellen ausreichend Siegelschaum ab, der die Risse verschloss. Tess hatte sich an einer der Wissenschaftsstationen festgekrallt, was sie vor einem eisigen Tod im Weltraum gerettet hatte. Anderen war nicht so viel Glück vergönnt gewesen. Commander Prikster schwebte nun irgendwo in der Dunkelheit des Alls, zusammen mit der Mehrheit seiner Techniker. Eine junge Frau mit braunem Haar kauerte wimmernd unter einem umgestürzten Maschinenblock; ein Ingenieur hielt sich die Seite, in der ein gezacktes Schrapnell steckte; ein Antriebstechniker saß am Boden und kicherte.
Während das Lebenserhaltungssystem seine Arbeit fortsetzte und Sauerstoff in den Maschinenraum pumpte, hastete Tess zu einem der Schränke und zog einen Skinsuit hervor, in den sie hastig schlüpfte.
Mit einem unnatürlichen Quietschen fuhr das Schott in die Wand und eine Gruppe Paramedics stürmte herein. Sie trugen ebenfalls allesamt Raumanzüge und kümmerten sich um die Verletzten. Erneut kam es zu einem Beben, doch die Stationsstruktur blieb intakt – einstweilen.
Sie ergriff einen vorbeieilenden Paramedic am Arm. »Was ist passiert? Wer hat uns angegriffen?«
»Keine Ahnung.« Mit fliegenden Fingern zog der Schwarzhaarige einen Injektor hervor, dessen Inhalt er dem kichernden Mann am Boden verabreichte, der daraufhin erschlaffte. »Die Kommunikation zur Kommandobrücke ist unterbrochen, wir haben alle Landepods verloren, und das Verteidigungsnetz scheint nicht zu funktionieren.«
Tess hatte genug gehört. Sie ließ die Paramedics ihre Arbeit machen und hastete zur Kommandobrücke. Auf dem Weg begegnete sie geschockten wie verwundeten Offizieren und stieß auf drei Tote, die von umherfliegenden Schrapnells durchsiebt worden waren. An einigen Wänden klebte Siegelschaum.
Am Schott zur Kommandobrücke war bereits ein Techniker am Werk. »Es hat sich verkeilt«, erklärte er auf ihren fragenden Blick. »Ich versuche, es zu öffnen.«
Das ständige Aufleuchten der Wandpanels machte Tess wahnsinnig, während sie auf das geschlossene Schott starrte. Zev war dort drinnen und womöglich schon nicht mehr am Leben.
Ein weiblicher Paramedic kam keuchend angelaufen. »Wie sieht es aus?«
»Wir verschaffen uns gerade Zugang«, sagte Tess leise.
»Die Zweitbrücke gibt es nicht mehr«, bemerkte die Frau mit kreidebleichem Gesicht. »Wir wurden mit Torpedos und Lasern beschossen. Das Ziel waren beide Kommandobrücken, die primären Verteidigungssysteme und die Landepods mit den angedockten Schiffen.
Einer der Laser hat sich wohl zielsicher durch jede Sektion gebrannt und die Zweitbrücke ausradiert. Die wussten ganz genau, was sie taten.«
»Was ist mit der HYPERION?«, fragte Tess.
»Keine Ahnung.« Die Frau schüttelte den Kopf und fuhr sich fahrig durch die blonden Locken. »Ich glaube, niemand überblickt wirklich, was da draußen vor sich geht. Ein Großteil der Sensoren ist Schrott und das Phasenfunk-Modul sowie das Backup-System sind zerstört.«
»Okay, jetzt müsste es gehen«, sagte der Techniker, während er sich das rußverschmierte Gesicht mit seinem Uniformärmel abwischte. »Laut dem Log gab es einen abrupten Druckabfall, der jedoch gestoppt werden konnte.«
Sie hatten längst alle ihre Raumanzüge geschlossen, daher spielte das keine Rolle, doch Tess war für die Information dankbar.
Mit einem Rumpeln öffnete sich das Schott und Tess betrat den Vorhof zur Hölle. Von Commodore Harris war nicht mehr viel übrig. Sein Körper glich einem matschigen Etwas. Tess wandte entsetzt den Blick ab. Unter zwei zerstörten Konsolen drang ein Stöhnen hervor, worauf die Paramedic sich sofort an die Arbeit machte.
Tess hatte nur Augen für Zev, der es geschafft hatte, in einen Skinsuit zu schlüpfen.
Er lag unter einer umgestürzten Konsole, deren Ränder sich in den Boden gebohrt hatten. Er atmete noch und sein Raumanzug war unbeschädigt. Erleichtert beugte sich Tess zu ihm hinab.
»Wir müssen hier raus«, sagte der Techniker gehetzt. »Ein Torpedo mit radioaktivem Sprengkopf muss in direkter Umgebung explodiert sein. Die Strahlung hat ein kritisches Maß überschritten.«
»Ich krieg ihn hier nicht raus.«
Der Techniker wandte sich bereits ab und rannte davon. Tess überprüfte die Sensoren ihres Anzugs, ein eisiger Schreck fuhr ihr in die Eingeweide. Die radioaktiven Strahlenwerte waren so hoch, dass schon wenige Minuten in diesem Raum den Tod bedeuteten.
Die Paramedic trug gerade den einzigen überlebenden Brückenoffizier hinaus. Sie warf Tess einen Injektor mit einem Strahlenschutzmittel zu. »Mehr kann ich nicht für ihn tun.«
»Nein, das können Sie nicht machen! Wir müssen ihm helfen!« Tess injizierte zuerst Zev, dann sich selbst das Medikament.
»Sie kennen das Protokoll, Lieutenant«, sagte die Paramedic, was sie sichtlich Überwindung kostete. »Wir befinden uns in einer Schlacht. Ich muss mich um jene kümmern, die noch eine Chance haben, denen ich helfen kann.«
Damit wandte sie sich ab und ging.
Zitternd strich Tess über Zevs Brust.
»Geh«, sagte er leise.
»Niemals«, erwiderte sie. »Ich halte mich an den Schwur. Gemeinsam bis zum Ende. Aber dieses Ende ist noch lange nicht gekommen.«
»Einer von uns muss überleben, sonst war alles sinnlos!«, sagte Zev.
»Hören Sie auf, derartige Reden zu schwingen, Commander! Wir sind noch nicht tot!«
Wütend zerrte sie an der Konsole, während die Anzeige der Strahlenwerte kontinuierlich stieg.
*
»Wie ist der Status der Station?«, fragte das Abbild Captain Ivo Coens, Kommandant des Dreadnoughts TÈQUÁN, aus dem Holotank. Der schwarzhaarige Lockenkopf aus dem israelischen Sektor der Erde war mit seinen neunundvierzig Jahren der Leiter des ersten Kampfverbands vom Alzir-System.
»Der erste Raumer hat das Feuer auf die neuralgischen Bereiche von NOVA eröffnet«, sagte Jayden. »Nach der Zerstörung des Maschinenraums, der beiden Kommandobrücken und der Landepods hat er aus dem Stand eine Transition ausgeführt.«
»Sein Ziel war also nicht die vollständige Vernichtung der Station?«
»Zum jetzigen Zeitpunkt scheint das unwahrscheinlich. Vermutlich wollen die Angreifer NOVA in Besitz nehmen.«
»Was wir auf keinen Fall zulassen können, Captain.« Coen überprüfte einige Daten auf seiner Konsole. »Es ist höchst bedauerlich, dass wir beim Eintreffen des Feindes aufgesplittet waren, um Systemmanöver durchzuführen. Ich fürchte, wir haben uns zu sehr auf die Raketenforts verlassen.
Captain Fengs Verband ist den feindlichen Schiffen, die Kurs auf NOVA halten, am nächsten. Er wird sie bereits vorher erreichen und hoffentlich aufhalten können. Sein Verband ist den Feinden an Tonnage 2:1 überlegen. Leider können wir bisher noch zu wenig über deren Waffen sagen, um daraus eine gewisse Sicherheit abzuleiten. Ich selbst kümmere mich um die Schiffe, die direkten Kurs auf meinen Verband gesetzt haben. Da wir den größten Verband im System darstellen, haben die uns wohl als Hauptziel ausgemacht. Das Tonnage-Verhältnis liegt in unserem Fall relativ gleich.
Leider wird Captain Fitzgerald nicht rechtzeitig eintreffen, um Pearl zu verteidigen. Er und seine drei Begleitschiffe waren unterwegs, um die ÜL-Plattformen zu warten. Glücklicherweise halten nur fünf feindliche Raumer auf den Planeten zu. Da es aber keine Abwehrforts mehr gibt, sind die Bewohner auf Ihren Schutz angewiesen, Captain. Verteidigen Sie die Kolonie, so gut Sie können. Halten Sie die Raumer auf, bis Fitzgerald eintrifft.«
»Das werden wir, Captain. Weiß die Admiralität Bescheid?«
Coen verneinte. »Die Phasenfunk-Relaiskette wurde unterbrochen. Vermutlich haben die Feinde eine der Relais-Stationen vernichtet. Wir sind auf uns gestellt.«
»Ich verstehe.«
»Viel Glück, Captain.«
»Ihnen auch«, sagte Jayden.
Die Verbindung wurde unterbrochen, die Taktikanzeige erschien wieder im Holotank.
»Sir, laut Anzeige befinden sich fünf Raumschiffe auf dem Weg in Richtung Pearl«, sagte Ishida leise. »Wir haben nicht den Hauch einer Chance, sie aufzuhalten.«
»Ich weiß.« Jayden fuhr sich über den kribbelnden rechten Handrücken. Die Brandnarben, die er sich bei der Schlacht von Tikara II zugezogen hatte, waren noch immer nicht verheilt. Er hatte es versäumt, Doktor Petrova diesbezüglich anzusprechen – hatte einfach nicht mehr daran gedacht. »Aber wir werden unser Bestes geben. Lieutenant Task, bringen Sie uns zwischen die Angreifer und Pearl.«
»Wir sind schon auf dem Weg, Sir«, meldete der Navigator gelassen.
»Lieutenant Nurakow«, wandte er sich an den Ortungsoffizier, »wie lange noch bis zum Eintreffen des feindlichen Verbandes?«
»Bei gleichbleibendem Vektor und konstanter Geschwindigkeit erreichen uns die Schiffe in einer Stunde und vierzig Minuten.«
»Bedenken Sie dabei bitte, dass wir nicht wissen, welche Reichweite die feindlichen Torpedos und Strahlenwaffen besitzen, Sir«, warf Lieutenant Commander Akoskin ein. »Unter Umständen können die schon lange vor uns das Feuer eröffnen.«
»Haben wir noch Kontakt zu den ÜL-Plattformen?«, fragte Jaydens I.O.
»Achtzig Prozent der Plattformen sind ausgefallen«, sagte McCall anstelle von Nurakow, der gerade eifrig Daten in seine Konsole eingab. Die beiden Offiziere erwiesen sich als dynamisches Team, das sich die Arbeit flexibel und schnell, auf die Situation eingestellt, aufteilte. »Einige sind aber noch aktiviert. Ich habe die, die uns am nächsten ist, mit den gültigen Codes angesprochen und um 24 Grad gedreht. Die feindliche Flotte befindet sich dadurch im 'Blickfeld' der Plattform und wir erhalten die Daten durch ein gebündeltes Phasenfunk-Signal in Echtzeit.«
»Gute Arbeit«, sagte Jayden beeindruckt. Er vergaß über die Schüchternheit der Ortungsoffizierin viel zu oft deren Kompetenz. »Wie sieht es mit dem Rest der Flotte aus? Gab es bereits Feindkontakte?«
»Captain Coen hat den Aufbau eines Schiffssensornetzes veranlasst«, sagte McCall. »Ein Schiff jeden Pulks übermittelt die Sensorauswertung über Phasenfunk an ein Empfängerschiff der anderen Verbände. Dieses gibt die Daten daraufhin an die eigenen Raumschiffe weiter. Somit sind wir nicht auf die Übertragung der Plattformen angewiesen, wenn sich die feindlichen Raumer in direkter Umgebung der Schiffsverbände aufhalten.
Captain Fitzgerald ist auf dem Weg zu uns. Seine E.T.A. ist zwei Stunden und dreiundvierzig Minuten nach dem Eintreffen des feindlichen Verbandes. Captain Feng und sein Verband treten soeben in die Schlacht ein und Captain Coen trifft in geschätzten zwanzig Minuten auf seine Feindflotte.«
»Also gut.« Jayden atmete zitternd ein und wieder aus, straffte die Schultern und setzte sich kerzengerade auf. »Commander Akoskin, wie steht es um unsere Spezial-Shuttles.«
Commander Ishida runzelte die Stirn, dann erhellte ein Lächeln ihre Miene. »Sie wollen einen Kensington abziehen.«
»Nennt man das jetzt so?« Jayden schmunzelte.
In der ersten Schlacht der HYPERION gegen die Parliden hatte Lieutenant Kensington Shuttles, die mit Torpedos gefüllt waren, gegen den herannahenden Feind eingesetzt. Als die HYPERION ein rentalianisches Schiff, das das zweite Artefakt geladen hatte, in den Parlidenraum gefolgt war, hatte Commander Ishida einige Shuttles ebenso präpariert. Bisher war dies nicht rückgängig gemacht worden.
»Damit liegen Sie goldrichtig. Ich habe zwar keine Ahnung, ob es uns etwas nutzt, aber verzweifelte Situationen …«
»… erfordern verzweifelte Maßnahmen. Da haben Sie recht, Sir. Ich würde zudem vorschlagen, dass wir die Kiesel einsetzen.«
Jayden überdachte die Idee. Normalerweise wurden die kleinen Aufklärer-Drohnen direkt nach dem Eintritt in ein System ausgeschleust. Unter Ausnutzung der Restgeschwindigkeit beschleunigten sie kurz, wechselten in den Phasenraum und verteilten sich über das gesamte Sonnensystem. Die Aufklärungsdaten wurden per gerichtetem Phasenfunk an das Schiff gesendet. Im Gegensatz zu den stationären ÜL-Plattformen lieferten die Sonden eine einmalige Aufklärung für die Stellarkartographie, brannten dann aus und zerstörten sich selbst.
Sie hier einzusetzen war eine gute Idee. Zwar würden die Sonden nicht in den Phasenraum eintreten, doch sie lieferten im Vorbeiflug Aufklärungsdaten in Quasi-Echtzeit, selbst wenn die feindlichen Raumer die verbliebenen Sensorplattformen ausschalteten. »Tun Sie es.«
Seine I.O. gab Nurakow den entsprechenden Befehl, worauf dessen Finger flink über die Konsole glitten. »Kiesel sind abgesetzt«, meldete sie kurz darauf.
»Die Shuttles sind soweit«, sagte Akoskin. »Sie werden soeben in unserem Ortungsschatten ausgeschleust. Wir richten sie per Fernsteuerung auf den Anflugvektor der feindlichen Schiffe aus und deaktivieren dann all ihre Systeme. Mit etwas Glück werden die unbekannten Raumer sie nicht orten können. Die Torpedos sind an einen Annäherungsalarm gekoppelt.«
»Sir, wenn ich ebenfalls etwas vorschlagen dürfte«, sagte Lieutenant Nurakow. Auf ein Nicken von Jayden fuhr er fort: »Es gibt noch zwei Shuttles, die am Orbitaldock I von Pearl angedockt sind. Wenn wir diese mit einem unserer Täuschkörper bestücken, die wir andernfalls als Teil der Raketenabwehr einsetzen, können wir einen Kurs in die Shuttles programmieren und dadurch …«
»… zwei weitere HYPERIONS auf deren Sensoren erschaffen«, vollendete Jayden den Satz.
Ishida zog eine Braue in die Höhe. »Ob das so einfach funktioniert, ist fraglich, aber darauf kommt es wohl auch nicht mehr an. Die feindlichen Offiziere hinter den Konsolen werden sofort erkennen, dass da zwei Schiffe aus dem Nichts auftauchen, aber mit etwas Glück täuscht es die Suchköpfe der Torpedos.«
»Veranlassen Sie das, Lieutenant«, sagte er. »Commander Akoskin, ich will Ihre taktische Einschätzung und das geplante Vorgehen auf meiner Konsole.«
Mit grimmiger Miene blickte er den fünf Schiffen entgegen, die als winzige Icons im Holotank auf die Position der HYPERION zuflogen.
*