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Vorwort

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Drei Jahre sind seit der letzten Auflage dieses Lehrbuchs vergangen. Drei ereignisreiche Jahre. Die neue US-Regierung unter Donald Trump hat das Pariser Klimaabkommen und den INF-Vertrag gekündigt, Annexionen völkerrechtswidrig anerkannt. Sie bedroht das Leitungspersonal des Internationalen Strafgerichtshofs mit Sanktionen und treibt die WTO-Streitbeilegung durch Blockade von Nachbesetzungen in die Funktionsunfähigkeit. Sie hat den mühsam verhandelten Joint Comprehensive Plan of Action (im Trump-Jargon: den „Iran-Deal“) einseitig rechtswidrig aufgekündigt und nutzt die Quasi-Monopolstellung der US-Finanzmärkte dazu, Unternehmen davon abzubringen, auch nur indirekt mit dem Iran Handel zu treiben. Und während Trump einen Staat, der noch keine Atomwaffen besitzt, förmlich dahin zu treiben scheint, sich diese zuzulegen, schließt er Männerfreundschaft mit einem Diktator, der sie schon besitzt und mit ihrem Einsatz droht.

Es sind natürlich nicht bloß die USA. Ein anderes ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates setzt darauf, Nachbarstaaten systematisch zu destabilisieren und mit gezielten Interventionen demokratische Strukturen in anderen Ländern ins Wanken zu bringen. Es war dann aber natürlich nie der Kreml, der solcherlei in Auftrag gegeben hat, sondern es waren „grüne Männer“, Soldaten im Urlaub oder freischaffende „Künstler“, die gehandelt haben. Schauen wir uns weiter in der Welt um, sind die grausamen Bürgerkriege in Syrien und im Jemen schon längst zum internationalen Schlachtfeld geworden und haben Millionen Menschen auf die Flucht geschickt; der Kronprinz von und Hoffnungsträger in Saudi-Arabien soll hinter der bestialischen Ermordung eines kritischen Journalisten stecken. Doch auch mitten in der Europäischen Union werden heute Journalisten ermordet, während demokratisch gewählte autoritäre Regierungen am Umbau von Demokratien in illiberale Autokratien arbeiten.

Wer bis hierhin gelesen hat, mag sich fragen, ob dies wirklich das Vorwort zu einem Völkerrechtslehrbuch ist. Wenn gravierende Rechtsverstöße so offen und gezielt begangen werden, was ist dann der Wert des Völkerrechts? Und in der Tat, auch als völkerrechtlicher aficionado muss man sich bisweilen am Riemen reißen, um nicht in den Chor jener einzustimmen, die die „Krise des Völkerrechts“ beschwören. Aber was heißt eigentlich „Krise“? Dem griechischen Ursprung des Wortes nach geht es um entscheidende Wendungen. Und solche hat das Völkerrecht in seiner Geschichte vielfach erfahren: durch die Glaubenskonflikte der europäischen Nachreformationszeit (als Voraussetzung für den Westfälischen Frieden), die Massenkriege des 19. Jahrhunderts (die uns über zivilgesellschaftliches Engagement die erste Genfer Rotkreuz-Konvention und die Haager Abkommen beschert haben), die Schrecken der beiden Weltkriege und des organisierten Massenmordes an den europäischen Juden (als Geburtsstunde des internationalen Menschenrechtsschutzes). Dazu tritt das koloniale Unrecht, das bis heute nur unvollkommen überwunden wurde. Doch immerhin: die Dekolonisierung hat den ehemaligen Kolonien eine strukturelle Mehrheit in der UN-Generalversammlung gesichert, Standards wie die „gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung“ sind inzwischen feste Module völkerrechtlicher Abkommen z. B. im Umweltrecht. Vielfach geht das Völkerrecht aus Krisen also gestärkt hervor. Das sollte bei allen Frustrationen des Nachrichtenalltags Hoffnung geben. Nicht zuletzt ist es auch ein Zeichen der Widerstandsfähigkeit des Völkerrechts, wenn Internationale Organisationen, zivilgesellschaftliche Akteure und Medien weltweit Verstöße gegen Menschenrechte anprangern oder die Einhaltung von Standards des Umwelt- oder Klimaschutzes einfordern: Das Völkerrecht ist nämlich auch überall dort lebendig, wo es als Maßstab der Kritik an staatlichem und zwischenstaatlichem Handeln dient.

Es gibt also exzellente Gründe, sich auch in diesen Tagen mit dem Völkerrecht zu beschäftigen. Und es gab gute Gründe, dieses Lehrbuch zu aktualisieren. Schließlich war das Bestreben, nicht nur einen vertieften und zu weiterer Vertiefung anregenden Einblick in das Völkerrecht zu vermitteln, sondern zugleich aktuelle Entwicklungen einzufangen, seit der ersten Auflage ein Markenkern dieses Buches. Um trotz der zahlreichen Hinweise auf aktuelle und aktuellste Ereignisse dessen Umfang nicht unangemessen zu steigern, habe ich Literaturfundstellen aus den Fußnoten in die allgemeinen Literaturnachweise ausgelagert. Das in früheren Auflagen verfolgte Prinzip „spezielle Themen in den Fußnoten, allgemeine im Literaturverzeichnis“ gilt also nicht länger. Wer an Vertiefung interessiert ist, sei nachdrücklich aufgefordert, einen Blick in die weiterführenden Literaturhinweise zu werfen. Sie finden sich am Ende jedes größeren Abschnitts in der E-Book-Ausgabe oder (nach Kapiteln und Abschnitten geordnet) im Internet (auf der Website des Verlags C.F. Müller www.cfmueller.de/voelkerrecht oder unter www.wsi.uni-kiel.de).

Für den Autor gilt ohnehin, dass die jeweils neueste Auflage die jeweils beste ist. Aber natürlich ist zu hoffen, dass auch jene diese Einschätzung teilen, für die dieses Buch gedacht ist. Bei früheren Leserinnen und Lesern darf ich mich an dieser Stelle für E-Mails bedanken, in denen ich auf Fehler oder Unklarheiten in den vorigen Auflagen aufmerksam gemacht wurde. Sie alle haben mir dabei geholfen, das Buch besser zu machen. Das gilt auch (und in besonderem Maße) für Henning Büttner, Sonja Dietz, Arne Reißmann und Philipp Stöckle. Ohne ihre Unterstützung wäre es mir kaum möglich gewesen, mit den Entwicklungen in den verschiedensten Bereichen des Völkerrechts Schritt zu halten. Ob mir dies tatsächlich gelungen ist, steht auf einem anderen Blatt. Insofern bin ich wie immer dankbar für E-Mails mit Hinweisen auf Fehler oder mit Anregungen an die folgende Adresse: lehrbuch.voelkerrecht@wsi.uni-kiel.de).

In diesem Sinne – make international law great again!

Kiel, im August 2019 Andreas von Arnauld

Völkerrecht

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