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Untote mit Pferden – Der kopflose Reiter und die Wilde Jagd

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Kopflose Reiter spuken durch die Legenden ganz Europas. In Irland treiben die dullahan ihre Pferde mit einer Peitsche aus dem Rückgrat eines Menschen an. Aus Deutschland emigrierte die Gestalt des kopflosen Reiters gar im Gepäck der Auswanderer in die USA und lebt dort bis heute in der amerikanischen Folklore als Headless Horseman of Sleepy Hollow fort. „Einige sagen, es sei der Geist eines hessischen Cavalleristen, dem eine Kanonenkugel, in irgend einer namenlosen Schlacht während des Revolutionskrieges, den Kopf weggenommen habe“, schreibt Washington Irving in seiner 1820 erschienenen Kurzgeschichte, „und der von Zeit zu Zeit von den Landleuten, in der Dunkelheit, wie auf Windesflügeln dahin reitend, gesehen wird. […] Das Gespenst ist an allen Kaminen im Lande, unter dem Namen des kopflosen Reiters aus der schläfrigen Schlucht bekannt.“

Auch in Deutschland ist der kopflose Reiter eine häufig vorkommende Gestalt, überliefert unter anderem in einer Sage der Brüder Grimm. Die Erscheinung ist erstaunlich genau datiert: Der kopflose Reiter namens Hans Jagenteufel starb ihren Angaben zufolge im Jahr 1514. 130 Jahre später begegnet ihm ein Weib beim Eicheln sammeln, „nicht weit von dem Orte, das verlorene Wasser genannt“. Der Mann, der auf einem Grauschimmel reitet und einen langen grauen Rock trägt, jagt ihr zwar einen gehörigen Schrecken ein, fügt ihr aber kein Leid zu. Neun Tage später begegnet sie dem Reiter erneut, und nun erzählt er ihr seine Geschichte: „Sein Vater habe ihn oft ermahnt, den armen Leuten nicht zu scharf zu sein, er aber die Lehre in den Wind geschlagen und dem Saufen und Trinken obgelegen und Böses genug getan. Darum müsse er nun als ein verdammter Geist umwandern.“

Überhaupt kommen erstaunlich oft Untote auf Pferden daher. Wie der kopflose Reiter ist auch die Wilde Jagd ein Untoten-Motiv, das sich praktisch in ganz Europa finden lässt. In England galoppiert die Horde Untoter als wild hunt über den Nachthimmel, in Skandinavien kennt man sie als Odensjakt, Oskorei, Aaskereia oder Åsgårdsrei, in Frankreich ist es die mesnie hellequin, chasse fantastique, chasse aérienne oder chasse sauvage, in der Schweiz das Wüetisheer und in Italien das caccia selvaggia oder caccia morta. In den meisten Formen der Legende ist die Wilde Jagd in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag unterwegs. Ob die Wilde Jagd aber tatsächlich Schaden anrichtet, nur unangenehm ist oder eher eine Warnfunktion einnimmt, variiert von Region zu Region.

Die meisten Jagdteilnehmer starben vorzeitig eines gewaltsamen oder unglücklichen Todes und sind nun zur ewigen Jagd verdammt. In Norddeutschland wird die Sage vom Jäger Hackelberg oft mit der Wilden Jagd verknüpft. Hans von Hackelberg war, so erzählt es der Sagensammler Heinrich Pröhle in seinen Harzsagen, ein braunschweigischer Oberjägermeister. Einmal sollte er auf der Harzburg eine große Jagd veranstalten. In der Nacht vor der Jagd träumte er, ein gewaltiger Keiler würde ihn töten. Hackelberg nahm die Warnung ernst und blieb der Jagd fern. Tatsächlich kamen die Jagdgenossen am Abend mit einem riesigen Eber zurück. „Der Kopf des Ungeheuers allein soll 75 Pfund gewogen haben“, notiert Pröhle. Der Oberjägermeister, erleichtert, dass das Biest nun tot war, hob den Kopf in die Höhe und rief: „Du bist ja wohl das Untier, das mir das Leben nehmen sollte? Doch damit ist’s jetzt zu Ende, du sollst mir nicht mehr schaden.“ Da glitt ihm der Kopf aus der Hand und einer der spitzen Hauer ritzte ihm ein wenig die Wade auf. Was an sich keine schlimme Verletzung war, entzündete sich jedoch rasch. Hackelberg wollte nach Braunschweig, in der Hoffnung, die dortigen Ärzte könnten ihm helfen. Doch er kam nur bis Wülperode, bevor sein Zustand keine Weiterreise mehr zuließ. Der „kalte Brand“ trat in die Wunde und beendete das Leben des Oberjägermeisters. „Vor dem Tode wünschte er sich noch, daß er bis zum jüngsten Tage jagen müßte“, berichtet Pröhle. „Sein Wunsch ist ihm erfüllt und auf dem Fallstein sowie in der ganzen Gegend hört man oft ein Hundebellen und ein Rufen: Hi! Hau!“ An der Oker, einem linken Nebenfluss der Aller, heißt es, würde Hackelberg als Anführer die Wilde Jagd den Fluss hinauf- und hinuntertreiben.

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