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Tiere, Tiere und was nun?

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Es kam, wie es kommen musste. Noch ehe ich mich versah, stand ich mit Gummistiefeln und Wasserschlauch in den Hundezwingern und hatte ein neues „Hobby“. Als gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau war das alles erst einmal ziemlich gewöhnungsbedürftig. Die Geruchsbelästigung, der Lärm, die Arbeit an sich, womit hatte ich das verdient? Kleine Kätzchen bürsten oder mal etwas schmusen vielleicht, ja, das konnte ich mir noch vorstellen. Aber was da auf einmal von mir verlangt wurde, das war schon heftig. Aber man gewöhnt sich an alles. Es musste ja schließlich schön sauber sein. Also ran an den Dreck. Irgendwann war es was völlig Normales, erst mal mit dem Schaufelchen durch die Zwinger zu marschieren und dann mit Wasser und Neutralseife für einen besseren Duft zu sorgen.

Mein Mann kam am späteren Nachmittag von der Arbeit nach Hause, Anzug und Schlips flogen in die Ecke und freudestrahlend machte er sich an die Arbeit. Diesmal zwischen Hundegebell und Katzenklo. Er war glücklich.

Schon als kleiner Bub war er eng mit den Tieren verbunden. Er hielt Kaninchen und züchtete später erfolgreich in einer großen Voliere Kanarienvögel und Zwergwachteln. Als er dann im Alter von 21 Jahren zur Bundeswehr musste, löste er schweren Herzens seine geliebte Voliere auf. Als einziges Tier behielt er damals seinen handaufgezogenen Kanarienvogel. Ihn brachte er Jahre später mit in unsere Ehe. Es war überhaupt ein Wunder, dass er eine Voliere an das Elternhaus anbauen durfte, denn er hatte einen strengen Vater. Sein geliebtes Kaninchen musste er als kleiner Junge selbst zum Nachbarn tragen und dabei zuschauen, wie es getötet wurde. Er hatte diese unmenschliche Aktion seinem Vater ein Leben lang nie verzeihen können.

Jetzt konnte er Tiere versorgen und pflegen so viel er wollte. Er blühte richtig auf. Verwaltungsarbeit, Gartengestaltung, Verschönerungsarbeiten an den Gehegen und Tierchen, Tierchen und nochmals Tierchen.

Für mich waren die ersten Wochen ziemlich anstrengend. Es gab keinerlei Einarbeitung und ich wurde sozusagen ins kalte Wasser geworfen. Ich fragte mich schon recht bald, nachdem ich merkte, auf was ich mich da eingelassen hatte: „Warum habe ich mir das nur angetan?“ Die Antwort lautete: aus Liebe zu meinem Mann.

Natürlich war auch ich ein sehr tierliebender Mensch, mochte Katzen schon immer und fand Hunde ganz toll. Schließlich hatten wir ja auch selbst zwei Katzen und drei Hunde in der Familie. Woher aber sollte ich z. B. wissen, wie man eine gerade eingelieferte verwilderte Katze, die fauchend und schon mit blutiger Nase in einer Katzenfalle sitzt, heil und unbeschadet in eine Box in die Aufnahmestation bekommt. Sie sollte natürlich nicht bei dieser Aktion das Weite suchen oder sich in meinen Lederhandschuhen vor lauter Angst einen Zahn ausbeißen.

Oder wie bringt man einen des Nachts an den Zaun angebundenen, sichtbar verstörten und deutlich hörbar knurrenden Doggenmischling in das Hundehaus, ohne gebissen zu werden? All das war Neuland für mich. Da war es im Büro schon etwas entspannter. Die unterschiedlichen Verträge, die man mit den Tierbesitzern abzuschließen hatte, waren die ersten Tage zwar etwas verwirrend, aber das war alles nichts gegenüber dem, was mich hier an der Front erwartete.

Eines war mir schnell klar: Ich brauchte Hilfe, und zwar bald. Aus diesem Grunde suchten und fanden wir eine gelernte Kraft. Es war eine Tierpflegerin, die schon viel Erfahrung im Umgang mit Tieren mitbrachte. Sie wusste auch, welche große Rolle die Hygiene in einem solchen Tierasyl spielte und deshalb machte sie erst mal Ordnung. Alle Teppiche, die noch aus früheren Zeiten des Tierheimes stammten, flogen als erstes vor die Tür. Wir wollten ja keinen Flohzirkus eröffnen. Alles was nicht in der Maschine gewaschen werden konnte, hatte bei ihr keine Überlebenschance. Desinfektionsmittel, Desinfektionswannen, Antiflohpuder und Antiflohspray, Milbenmittel usw. mussten nun her. In jedes Katzenzimmer kamen Besen, Schaufeln und Wannen in den gleichen Farben. Es sah nicht nur nett aus, es hatte einen tieferen Sinn. Alles blieb dort, wo es hingehörte, und als eventuelle Krankheitsüberträger schieden diese Teile somit aus. Es wurde geschrubbt, gewischt, geräumt und verändert. Am Ende des Einsatzes waren wir zufrieden und erschöpft, aber der Grundstein für ein sauberes und gepflegtes Tierheim war gelegt.

Nun waren wir also zu zweit und hatten ca. 60 – 80 Katzen und je nachdem zwischen 20 und 30 Hunde zu betreuen. Dazu kamen noch diverse Kleintiere wie Kaninchen, Meerschweinchen, Farbratten oder Igel im Winter. Im Frühjahr waren es statt der Igel dann eher die aus den Nestern gefallenen Jungvögel wie Amseln, Grünfinken, Rabenvögel und Co.

Anfangs wechselten wir noch wöchentlich die Bereiche Hunde und Katzen, was sich aber als nicht so sinnvoll erwies. Es war einfach besser, wenn jeder für seinen Bereich die Verantwortung übernahm, man kannte seine Tiere und wusste, was getan werde musste. Ab sofort war ich also Hundepflegerin und hatte täglich viele bellende Mäuler zu stopfen und ein Hundehaus mit zwölf Innen- und Außenzwinger auf Hochglanz zu bringen.

In den Sommermonaten war recht gut schaffen. Mit Wasserschlauch, Schrubber und Neutralseife ging es dem täglichen Schmutz an den Kragen. Im Winter allerdings, wenn alles zu Eis gefroren war, ging das natürlich in den Außenzwingern nicht. An den frostfreien Tagen musste man dann alles nachholen, was vorher liegengeblieben war. Aber auch diese Zeit ging wieder vorbei.

Es war Anfang Juni, als meine ersten Welpen eintrafen. Es erreichte uns ein Hilferuf aus der 20 km entfernten Kleinstadt Markdorf. Ich kannte mich schon recht gut dort aus, weil wir ja die ersten 3 Jahre dort gewohnt hatten. Also wurde das Tierheim-Auto für den Transport der Hunde hergerichtet und los ging es. Zu zweit machten wir uns auf den Weg und die Vorfreude auf die ersten Hundekinder war groß. Lange suchten wir nach der uns genannten Adresse und fanden erst nach fast 20 Minuten das einsam gelegene kleine Holzhaus in der Nähe eines Wasserschutzgebietes. Idyllisch gelegen, ein kleines Paradies für Natur- und Tierfreunde.

Es empfingen uns freundlich eine stark übergewichtige Frau und die Mutterhündin, sichtlich von der Aufzucht ihrer Jungen gezeichnet. Ihr Gesäuge war durch das lange Säugen der Kleinen stark angeschwollen und hing tief herunter. Sie hatte zehn süße Welpen geworfen und alle hatten es überlebt. Die Besitzerin hatte die Junghunde, die nun seit einigen Wochen entwöhnt waren, recht gut ernährt und alle kamen sie optisch zu 100 % auf ihre Mutter.

Vermutlich war es nicht nur eine finanzielle Überlegung, die Hunde ins Tierheim zu geben, sondern es war ihr auch sichtlich zu viel geworden. Das ständige sich bücken müssen, um die Hinterlassenschaften der Kleinen aufzuwischen, war ihr zu beschwerlich geworden. Ihre etwa zehnjährige Tochter stand weinend daneben, denn ihre ganze Zuneigung galt der Hündin und ihren Jungen. Sie sollten alle nur an gute Plätze vermittelt werden versprach ich ihr, beinahe auch den Tränen nah. Dieses Versprechen konnte ich auch in den darauffolgenden Jahren jedem Tierbesitzer, der sich von seinem Liebling aus welchen Gründen auch immer trennen musste, gerne geben. Es wurde zu meinem festen Vorsatz, jedes auch noch so kleine, alte oder auch mal nicht ganz so hübsche Tierchen nur an gute Plätze zu vermitteln.

Unter einem guten Platz versteht man Menschen, die sich ihrer großen Verantwortung bewusst sind, wenn sie sich für ein Tier entscheiden. Menschen, die sich gut auf das neue Familienmitglied vorbereiten, sei es durch einschlägige Literatur, durch die Schaffung gewisser Bedingungen oder räumlicher Voraussetzungen. Es sind Menschen, die sich Zeit nehmen für das erworbene Tier und auch noch zu ihm stehen, wenn es krank oder alt ist.

Fast immer konnte ich das Versprechen einhalten. Aber auch bei noch so viel gutem Willen und nach gewisser Zeit auch einigem Fingerspitzengefühl kam es vor, dass ich gelegentlich mit meiner Einstellung daneben lag. Zum Glück gab es da ja noch die Verträge, mit denen man das Tier im Zweifelsfalle wieder zurücknehmen konnte. Dies aber durfte immer nur die Ausnahme bleiben.

Man musste bedenken, dass viele der eingelieferten Tiere schon eine Vorgeschichte hatten. Manche waren bereits durch mehrere Hände gegangen, andere wiederum hatten es vielleicht gut bei ihren Besitzern getroffen, mussten aber womöglich aus gesundheitlichen Gründen ihres Frauchens oder Herrchens schweren Herzens abgegeben werden. Das Ziel musste deshalb sein, einen neuen Platz fürs Leben zu finden. Das erforderte nicht nur etwas Menschenkenntnis, sondern manchmal auch viel Geduld, bis die passenden Interessenten gefunden waren. Auch das war für mich wieder Neuland. Es dauerte eine Weile, aber bald war klar, auf was ich zu achten hatte. In den manchmal langen Gesprächen erfuhr ich viel über die Lebensweise und Umstände der potenziellen Kunden. Nicht immer war die Sache eindeutig und ich musste nachhaken, hörte manchmal Dinge, die mich nicht immer erfreuten. Auf die Frage zum Beispiel, ob denn schon einmal ein Tier im Haus gehalten wurde, kam oft eine ellenlange Aufzählung und schon wurde man stutzig. Wie konnte es sein, dass ein Bewerber mit vielleicht gerade mal 30 Jahren schon an die 4 Hunde hatte? Schon möglich, aber was war aus ihnen geworden?

Auf vorsichtiges Nachfragen erfuhr man dann, das man den ersten durch einen tragischen Verkehrsunfall verloren hatte, der zweite eingeschläfert worden war, weil er so aggressiv wurde und die zwei letzten Hunde im Urlaub in Südfrankreich entlaufen waren. Sollte das nun ein guter Platz für einen meiner Schützlinge sein?

In der meisten Zeit hatte ich aber mit sehr verantwortungsbewussten Menschen zu tun, die mit viel Herz und Verstand ein neues Tier ins Haus holen wollten. Nicht selten kam der Anstoß zur Anschaffung eines Hundes von dem Kind der Familie. Aus Sicht der Kinder gehört ein Hund einfach zu einer heilen Familie dazu. Lässt man ein kleines Kind ein Bild von einer Familie malen, so besteht es fast immer aus einem Vater, einer Mutter, einem oder mehreren Kindern und einem Hund. Unverkennbar findet man in der Mitte des Bildes den kleinen oder manchmal auch großen Familienhund, den alle lieb haben. Durch einen Hund ist in den Augen der Kinder die Familie erst komplett.

Auch wenn es nach der Anschaffung des langersehnten Hundes nach einigen Wochen darauf hinausläuft, dass die Versorgung und Betreuung des neuen Familienmitgliedes nicht von dem Kind übernommen wird, sondern in der Regel an der Mutter hängen bleibt, so sind doch Kind und Hund schnell ein eingespieltes Team. Die beiden haben vieles gemeinsam und das Kind fühlt sich mit seinen kleinen und großen Kindersorgen stets von dem Hund verstanden und bedingungslos geliebt. Seine Liebe zu ihm ist ohne Vorbehalte.

Kinder, deren Wunsch nach einem Hund oder einer Katze erhört wird, können sich glücklich schätzen. Sie dürfen ein Leben lang davon profitieren, mit ihnen gemeinsam aufgewachsen zu sein. Schon früh können sie lernen, wie wichtig es ist, Verantwortung zu übernehmen. Sie können erkennen, dass das Haustier auf die Hilfe der Familie angewiesen ist. Das Tier muss regelmäßig gefüttert werden, der Hund mehrmals am Tag ausgeführt oder zum Tierarzt gebracht werden, wenn er sich eine Verletzung zugezogen hat. Ohne die Fürsorge der Familie wäre das Haustier hilflos und verloren.

Selbst kleinste Aufgaben, die das Kind zum Beispiel bei der Betreuung des Hundes übernehmen kann, wie füttern, ausführen oder bürsten, fördern sein Einfühlungsvermögen, bringen es dazu, für Pünktlichkeit und Ordnung zu sorgen. Wissenschaftler, Ärzte oder auch Lehrer bestätigen immer wieder, dass Kinder, die einen Hund in der Familie haben, weniger problematisch sind. Sie sollen selbstbewusster, mutiger und durchweg gesunde, fröhliche Kinder sein.

Zahlreiche Briefe von glücklichen Hundebesitzern mit beigelegten Fotos von Hund und Kind haben es immer wieder gezeigt. Die Familien hatten es nur in den seltensten Fällen jemals bereut, einen Hund ins Haus geholt zu haben. In der Regel war er stets ein geduldiger Spielgefährte für das Kind.

Schon das Baby fühlte sich hingezogen zu dem warmen, wuscheligen Lebewesen, das seinerseits gerne die Nähe des Säuglings suchte. Der Vierbeiner sah in dem kleinen Menschenkind das Jungtier seiner Familie, also seines Rudels, und seine Liebe und seine Treue waren ihm sicher.

Menschen, welche als Kinder mit einem Hund aufgewachsen waren, hatten oft auch im Laufe ihres Erwachsenenlebens Hunde. Davon abgesehen, dass ein Hund seinen Besitzer zu mehr Bewegung ermuntert, ihn fit hält und zu vermehrten Sozialkontakten führt, bringt er alleine durch seine Anwesenheit viel Wärme und Liebe in das Haus. Man könnte sagen: „einmal Hund, immer Hund“, auch das bewiesen die zahlreichen „Stammkunden“, die über Jahrzehnte hinaus sich immer wieder einen neuen Vierbeiner heimholten.

Die erwachsenen Kinder endlich aus dem Haus, die Ehefrau vielleicht schon nicht mehr berufstätig, spätestens jetzt wagte sich auch die zögerlichste Familie an das Abenteuer Hund. Nun musste nur noch das passende Tier für die Interessenten gefunden werden.

Sportliche, lauffreudige Hundefreunde fanden schnell den einen oder anderen lebhaften Gesellen, mit dem sie sich athletisch betätigen konnten. Eher ruhigen Zeitgenossen empfahl ich dann natürlich den gemütlichen, entspannten Sofahund aus unserer Kuschelecke in der Futterküche. Waren beide Parteien erst einmal zusammengeführt und der Funke war übergesprungen, konnten es die neuen Besitzer kaum erwarten, den neuerworbenen Familienhund endlich mit nach Hause nehmen zu können.

Auch begeisterte junge Paare standen gelegentlich vor den Hundezwingern und wollten sich einen Vierbeiner zulegen. Leider waren in diesem Falle die Prognosen selten günstig. Selbst mit den allerbesten Absichten wurden gelegentlich die Hunde bereits innerhalb der ersten 12 Monate wieder weitergereicht. Entweder hatte sich beruflich etwas geändert, ein Umzug in eine neue Mietwohnung mit einem anderen Vermieter veränderte die Situation oder das gerade noch frisch verliebte Paar trennte sich wieder. Keiner konnte das Tier alleine betreuen und versorgen, und so blieb der Hund oft auf der Strecke.

Mich brachten die gemachten Erfahrungen der ersten Zeit schnell dazu, besonders kritisch bei der Tiervermittlung zu sein. Manche hatten Verständnis für meine Bedenken oder konnten mich vielleicht umstimmen, andere wollten meine Überlegungen nicht akzeptieren, dann gab es nur eins: Ehrlich und konsequent die Lage ansprechen und nein sagen. Natürlich hielt dieses ausgesprochene „Nein“ niemand davon ab, sein Glück woanders zu versuchen. Man bekam überall ein Tier, wenn man nur lange genug suchte. Es gab noch andere Tierheime, Privatleute, die ihr Tier in der örtlichen Tageszeitung anboten, und es gab sogar Tiermärkte, auf denen junge Hunde jeden Samstag aus den Kofferräumen der Händler heraus verkauft wurden. Trotzdem sollte mich dies nicht dazu bringen, meine Entscheidung zu ändern. Ich wollte auch in Zukunft noch ruhig schlafen können.

Allmählich wurde jeder Handgriff in meinem Hundebereich zur Routine. Es hatte sich alles eingespielt, meine Kollegin werkelte stattdessen in den Katzenzimmern, fütterte, putzte und betreute die schnurrenden Vierbeiner. Ich hatte es in den Sommermonaten richtig schön, war viel an der frischen Luft, packte regelmäßig kleine Hunderudel auf die Spielwiese und fand immer mehr Gefallen an meiner Arbeit. Unsere zwei Söhne waren in einer Tagesschule untergebracht. Nur an einem Tag in der Woche waren sie schon zur Mittagszeit zu Hause. Das war der offizielle Ruhetag unseres Tierheimes. So konnte ich mich also ganz intensiv meiner neuen Aufgabe widmen und ging voll darin auf. Unsere zwei Jungs fanden es natürlich auch spannend, mit so vielen Tieren unter einem Dach zu leben. Fast täglich kamen neue Findlinge dazu. Es hatte sich doch schnell herumgesprochen, dass man in diesem Tierheim getrost alles abladen konnte, was einem lästig geworden war. Aber natürlich nicht nur diese Problemfälle, sondern auch die ganz normalen Findelkinder. Von der kleinsten Zwergfledermaus angefangen, über einen bei uns selten gehaltenen Fennek, einen Wüstenfuchs, bis hin zum Affen kam so ziemlich alles im Laufe der Jahre zu uns.

Die Anzahl der Fundtiere stieg von Jahr zu Jahr immer mehr an. Es war nicht nur ein finanzielles Problem, immer mehr Tiere versorgen zu müssen, sondern es wurde auch immer mehr zu einem großen Platzproblem. Es war abzusehen, dass wir um bauliche Veränderungen auf Dauer nicht herumkommen würden. Da war natürlich mein Mann als Vereinsvorsitzender gefragt.

Die ersten Planungen für den Anbau eines weiteren Katzenzimmers und eines Kleintierhausanbaues begannen. Die Finanzierung musste gesichert werden. An erster Stelle stand nun wieder die Mitgliederwerbung. Der Verein zählte bei der Übernahme des Vorsitzes durch meinen Mann 670 zahlende Mitglieder. Ein starker Mitgliederzuwachs innerhalb der kommenden zwei Jahre verdeutlichte das neue Vertrauen in den Verein. Mittlerweile hatten wir fast 1000 Mitglieder! Diese Mitglieder stellten mit ihren Jahresbeiträgen eine erste Grundlage für die Finanzierung der geplanten Baumaßnahmen. Mein Mann führte zusätzlich Verhandlungen mit Stadt und Kreis, um Zuschüsse zu erhalten. Es war nicht einfach, aber irgendwann war die Planung abgeschlossen und es konnte mit dem Bau begonnen werden. Es wurde allerhöchste Zeit, denn die Katzenzimmer platzten bereits aus allen Nähten. Ganz besonders problematisch war es in der Auffangstation, in die erst einmal jede neuangekommene Katze aufgenommen werden musste. Die Stubentiger wurden dort zuerst einzeln in Boxen untergebracht, entwurmt, von Ektoparasiten befreit und geimpft. Erst wenn der Impfschutz aufgebaut war, durften sie im Zimmer mit ihren Artgenossen herumtoben und spielen. Da erwachsene Tiere auch noch kastriert werden mussten, konnte eine Box auch schon mal über vierzehn Tage belegt sein. Da die Tierzahlen auch bei den Katzen immer mehr anstiegen, wurde es mehr als eng. Überall standen Boxen mit jungen Katzenbabys, selbst in der Futterküche und im Heizungskeller musste man sie einquartieren.

Von meiner Kollegin im Katzenbereich musste ich erst mal wieder über das Wesentliche bei der Jungkatzenaufzucht informiert werden. Die vielen Katzenkinder, die mutterlos hier abgegeben wurden, durften nämlich auf keinen Fall mit herkömmlicher Milch gefüttert werden. Immer wieder wurden welche eingeliefert, bei denen der Versuch, mit Kuhmilch die Kleinen großzuziehen, schon begonnen hatte. Stark abgemagerte Welpen mit fast nicht zu stillendem Durchfall waren die Folge. Es ist der Milchzucker, auf den die Katzen so gravierend reagieren. Da nützt es auch nichts, die angebotene Milch mit Wasser zu verdünnen. Schnell musste also eine spezielle Katzenaufzuchtsmilch besorgt werden. Es war ein Pulver, welches man im heißen Wasser auflöst. Die kleinste Dose kostete schon mehr als 12 Liter Vollmilch aus dem Supermarkt. Kein Wunder, dass jeder gut meinende Katzenfreund es erst einmal mit der herkömmlichen Milch versuchte. Aber die Folgen für die Katzenbabys waren fatal.

Die winzigen Katzen mussten fortan alle drei Stunden gefüttert werden. Dazu kam noch das Bäuchlein zu massieren und von Zeit zu Zeit noch zu baden und wieder trocken zu föhnen. Nach Feierabend meiner Kollegin war es also meine neue Aufgabe, die kleinen Wollknäule am Abend und über die Nacht satt zu bekommen. Gut, dass ich im gleichen Gebäude wohnte und in einer Minute bei meinen Katzenbabys sein konnte. Wärmflaschen wurden gefüllt, die Katzenboxen mit kuscheligen Decken ausgelegt, alles, damit sich die Kleinen auch wohl fühlten. Am besten war es natürlich für die Jungkätzchen, wenn sie mit ihren Geschwistern eingeliefert wurden. Sie konnten sich aneinander kuscheln und hatten den so wichtigen Hautkontakt.

Für uns Pfleger bedeutete es eine gewaltige zusätzliche Arbeit, denn es kostete enorm viel Zeit, die Babys mit der Flasche großzuziehen. Alles, was die nicht vorhandene Katzenmutter getan hätte, musste nun von uns übernommen werden. Bei einem mittelgroßen Wurf von vier bis sechs Kätzchen dauerte es mindestens 20 - 30 Minuten, bis alle satt waren und wieder entleert und gesäubert in ihren Quartieren lagen. Dann hatte man gute zwei Stunden „Luft“, bis die Ersten wieder unruhig wurden und nach ihrer Milch verlangten. Erst als sie anfingen, feste Nahrung zu sich zu nehmen, hatte sich dann die Lage wieder etwas entspannt. Das tägliche Baden war dann unumgänglich, weil die kleinen Wollknäule meistens mit zwei Pfoten im Futter standen und rein hauten wie kleine Löwen. Dementsprechend sahen sie danach auch aus.

Am Schönsten war es immer, wenn ein kleines Einzelkind eingeliefert wurde. Auch das kam von Zeit zu Zeit vor, aber eben nur selten. Das waren dann immer ganz besondere Erlebnisse.

Da wurde eines Abends ein Winzling, kaum größer als mein Daumen, in das Tierheim gebracht. Ich schätzte ihn auf vielleicht höchstens drei Tage. Sein Fell hatte eine graue Farbe und sofort kamen Muttergefühle auf. Für diese Fälle hatte ich immer meine bewährten Brusttäschchen zur Hand. Mit einem ausgedienten Waschhandschuh und einem Band, um ihn um den Hals zu binden, war ich bestens ausgestattet, so ein kleines mutter- und geschwisterloses Findelkind gut zu versorgen. Ich trug es immer unter meinem Shirt oder Pullover, konnte ständig Kontakt halten und nach dem Trinken und Säubern wanderte das kleine Wesen wieder in den Waschhandschuh. Wenn dann am zehnten Tag das winzige Kätzchen endlich die Augen öffnet, sieht es als erstes seine Ersatzmutter.

Es sind immer ganz besondere Beziehungen zu den Flaschenkindern gewesen, aber noch mehr natürlich zu den handaufgezogenen Einzelkindern. Kein Interessent war mir jemals gut genug für diese mir so lieb gewordenen Jungkatzen und es waren schon einige, die in unserem Haushalt hängen geblieben waren. Aber auch für viele habe ich Traumplätze gefunden, bei denen sie liebevoll aufgenommen wurden.

Hätte man mir damals gesagt, dass ich in den Jahren meiner Arbeit im Tierheim so an die 250 bis 300 mutterlose Katzen aufzuziehen hätte, wäre ich vermutlich davongelaufen. Es war ja schließlich nicht meine einzige Aufgabe in dieser Zeit. Bei nur drei bis vier eingelieferten Würfen im Jahr, die ohne Katzenmutter vorbeigebracht wurden, kommt schnell im Laufe der Jahre eine Menge zusammen. Manchmal waren es auch mutterlose Marder, kleine Füchse, junge Igel oder auch mal aus dem Nest gefallene Eichhörnchen, die mit Flasche oder, wie ich es ganz gerne machte, mit einer kleinen Spritze aufgezogen wurden. Meine Vorliebe hatte stets den Säugetieren gegolten.



Handaufzucht - eine von vielen


kleine Hexe


Jungfuchs


Zwei Füchse im Gehege – Tom mit kleinem Kameraden


verstoßenes Jungschaf Jonny


Jonny als stolzer Schafbock

Eine Folge der Handaufzucht ist die extreme Zutraulichkeit zu den Menschen. Das trifft auch gerne auf die Wildtiere zu. Egal ob Fuchs, Marder oder Rehkitz. Die Tiere wurden fast immer zahm, wenn man sich intensiv mit ihnen beschäftigte. Mit dem Fuchs konnte man an der Leine im Wald spazieren gehen, der Marder spielte mit den Katzen im Wohnzimmer und das ausgewachsene Reh kam noch nach Jahren fast täglich zu Besuch in den eigenen Garten und ließ sich bereitwillig streicheln.

Da war zum Beispiel der Fuchs „Tom“. Eine Familie aus dem etwas weiter entfernten Tuttlingen hatte ihn als kleinen Welpen nachts am Straßenrand entdeckt. Sie dachten, sie hätten einen kleinen Dackel gefunden, und nahmen ihn mit nach Hause. Dort wurde er die nächste Zeit gehalten wie ein junger Hund und liebevoll betreut. Eigentlich hätten die tierlieben Finder doch riechen müssen, was sie da vor sich hatten. Aber sie kannten wohl den typischen Wildgeruch eines Fuchses damals noch nicht. Noch heute nehme ich bei Spaziergängen im Wald immer wieder die Füchse wahr, die sich an den verschiedensten Stellen herumtreiben.

Nach einiger Zeit gingen sie mit dem vermeintlichen „Dackelwelpen“ dann doch endlich einmal zu einem Tierarzt. Dieser erkannte dann beim zweiten Besuch, dass es sich hier um einen kleinen Fuchs handeln musste. Einen Fuchs wollte man aber nicht im Haus haben und man machte sich sofort auf die Suche nach einer Unterbringungsmöglichkeit. In den Wald konnte man ihn nicht mehr entlassen, denn er war sehr auf die Menschen fixiert. Bei seiner Zutraulichkeit hätte ihn der erstbeste Jäger sofort wegen des Verdachts auf Tollwut erschossen.

Die Familie telefonierte überall herum auf der Suche nach einer Bleibe. Keiner wollte Tom wirklich haben. Als sie dann endlich bei uns vorstellig wurden und wir versprachen, den Fuchs aufzunehmen, waren sie sehr erleichtert. Tom lebte ein sehr langes Fuchsleben in einem Gehege in unserem Tierheim, hatte zeitweise einen Artgenossen zur Seite und auch gelegentlich einen Marder, der ihn lehrte, auf Bäume klettern zu müssen. Mir selbst kletterte er immer wieder mit allen vier Füßen auf den Kopf, sobald ich mich bückte. So sind ehemalige Flaschenkinder!

Während die Bauarbeiten an dem neu errichteten vierten Katzenzimmer abgeschlossen werden konnten, beunruhigten jetzt massive Bauschäden im Hundetrakt die Vereinsführung.

Nichtsdestotrotz stiegen die Tierzahlen auch im darauffolgenden Jahr ins Uferlose. Wir brauchten dringend mehr Gelände, um auch in Zukunft Erweiterungsmöglichkeiten ausschöpfen zu können. Aus diesem Grund stellte mein Mann schon mal vorsorglich einen Antrag auf Geländeerweiterung bei der Stadt. Es sollten noch fast zwei Jahre ins Land gehen, bis die Zusage für weiteres Pachtgelände von der Stadt gegeben wurde.

Schon im Laufe des Jahres konnte aber unabhängig davon wenigstens mit der notwendigen Sanierung des Hundehauses begonnen werden. Durch viele Verhandlungen konnte mein Mann erreichen, dass die Stadt sich mit einer angemessenen Geldsumme daran beteiligte. Vom Kreis konnten wir leider keinen Zuschuss erhalten.

Die gravierenden Bauschäden in der Hundezwingeranlage entstanden durch den ständigen Wassereinsatz an dem in Holzbauweise erbauten Fertigbau. Nun konnte alles saniert werden, die Wände wurden gefliest und der dunkle Boden durch eine helle Farbe mit einem speziellen wasserbeständigen Anstrich versehen. Erst kam der vordere Teil daran und alle Hunde mussten im hinteren Trakt untergebracht werden. Später wanderten dann alle mit ihren Artgenossen in den bereits sanierten vorderen Teil, bis auch der letzte Zwinger wieder bezugsfertig war. Nun sah alles gleich viel freundlicher und sauberer aus. Nur etwas Farbe fehlte noch. Mit meiner Kollegin machte ich mich, mit Pinsel und Farben ausgerüstet, an einem freien Nachmittag und an zwei Abenden an die Arbeit. Wir malten, so gut wir konnten, schöne, große, bunte Tierbilder und Landschaften an die tristen Wände des Hundebaus. Jetzt waren wir endlich zufrieden.

Lange dauerte es aber nicht mehr, bis wir uns eingestehen mussten, dass das Haus mit nur zwei Tierpflegerinnen nicht mehr auskommen konnte. Es war beim besten Willen nicht mehr zu schaffen, allen Tieren gerecht zu werden. Auch wenn ab und an ehrenamtliche Helfer vorbeischauten und mit anpackten, so gab es immer öfter Tage, an denen wir noch an den Nachmittagen mit den groben Arbeiten beschäftigt waren. Diese Nachmittagsstunden waren aber eigentlich für die genauso wichtigen Besucher bestimmt. Tierbesitzer kamen und brachten ihre Lieblinge in Pflege oder Interessenten wollten sich nach Hund, Katze oder einem Kleintier umschauen und brauchten Zeit für ein Beratungsgespräch. Unsere Tiere sollten ja nicht wie eine Ware über den Thekentisch wandern, sondern sie sollten eine Chance erhalten, jetzt an einen Platz fürs Leben vermittelt zu werden.

Die Tierbesitzer forderten zu Recht eine vernünftige Beratung und Hilfe bei der Bewältigung ihres Problems. Immer öfter kam es nun vor, dass wir am Vormittag, mittendrin bei der Versorgung unserer Tiere, zu einem Einsatz gerufen wurden. Manchmal waren es echte Notfälle und wir mussten alles stehen und liegen lassen, die wichtigsten Utensilien noch ins Auto werfen und los ging es. Es konnte um verletzte Schwäne gehen, einen herrenlos umherstreifenden Hund, der die Passanten belästigte oder um eine angefahrene Katze, die sich verletzt unter ein parkendes Auto verkrochen hatte. In so einem Falle fehlten schnell mal eine bis zwei Stunden der vorgegebenen Arbeitszeit, die dann nur sehr schwer wieder aufzuholen war.

So auch an dem Tag, als ich mich wegen einer kläglich miauenden Katze auf die Suche machen musste. Eine Spaziergängerin hatte hinter dichtem Brombeergestrüpp in Ufernähe des Bodensees, aber weit entfernt von einer befahrenen Straße, eine Katze anhaltend schreien gehört. Obwohl sie mir die Stelle sehr genau beschreiben konnte, war kein direkter Zugang zu dem Gelände zu finden. Es war alles total verwildert zugewachsen und ein alter Zaun sperrte zusätzlich noch das Grundstück ab. Irgendwie musste ich sehen, wie ich auf die andere Seite des Zaunes gelangen konnte. Dort grenzte ein bewirtschaftetes Feld direkt an das Naturschutzgebiet. Ausgestattet mit einer Katzentransportbox und mit dicken Lederhandschuhen – man musste davon ausgehen, dass eine wohl verletzte Katze um sich beißen würde –, suchte ich mit den Augen das unwegsame Gelände ab. Was ich dann zu sehen bekam, ließ mich den Atem stocken.

Dort lag nun das arme Wesen, welchem vermutlich durch einen Mähdrescher oder ein anderes landwirtschaftliches Gerät beide Beine der linken Seite abgetrennt wurden. Sicher lag die ausgewachsene Katze schon viele Stunden, wenn nicht sogar schon ein bis zwei Tage dort und hatte viel Blut verloren. Sie klagte inzwischen nur noch leise und ich musste sie vorsichtig mit einem Tuch in die Katzenbox legen und auf dem schnellstmöglichen Weg zu einem Tierarzt fahren, der ihr nur noch die erlösende Spritze geben konnte. Es war einer meiner ersten Einsätze dieser Art und ich werde ihn niemals vergessen können.

Ähnlich wie bei meinem Mann zog es auch mich schon als Kind immer zu den Tieren. Das einzige, was ich zu Hause halten durfte, war ein Kaninchen. Auch wenn uns von Zeit zu Zeit mal eine Katze zulief, so durfte ich sie leider nie behalten.

Meine Eltern waren nicht etwa grundsätzlich gegen Tiere, das glaube ich nicht einmal, aber Tiere machten nun mal Arbeit und, wie das so ist bei Kindern, die Arbeit bleibt immer an den Erwachsenen hängen. Vermutlich war das der Grund, warum ich niemals den Wunsch nach einer Katze oder einem Hund erfüllt bekam.

In der Nachbarschaft gab es eine Frau mit einem schwarzen Cockerspaniel, den ich gelegentlich ausführen durfte. Dort hielt ich mich natürlich bei jeder Gelegenheit auf und hatte viel Freude mit dem kleinen Kerl. Immer wenn ich mal wieder anfing zu jammern und nach Hund oder Katze verlangte, bekam ich zu hören: „Wenn du einmal eine eigene Familie hast, kannst du so viele Tiere halten wie du willst!“ Das muss ich mir wohl doch ziemlich gut gemerkt haben.

Im Laufe der Jahre wurden die Tiere in unserem Haushalt immer mehr. Oft blieben Katzenkinder bei mir hängen oder wir hatten uns einfach mal wieder in ein Tierheimtier verliebt. Waren die ersten Hunde, die wir uns anschafften, noch Hunde, die wir uns bei einem Züchter ausgesucht hatten, so waren es später immer Tierheimhunde unterschiedlichster Rassen. Natürlich hatten auch unsere beiden Söhne eine gewisse Mitschuld an dem drastischen Anstieg der Tierzahlen, aber ich wollte ihnen nicht auch sagen müssen: Wartet, bis ihr eine eigene Familie habt.

Nun hatte ich also wirklich genug Tiere um mich herum. Den ganzen lieben langen Tag und natürlich auch noch nach Feierabend. Es gab Tage, da fiel ich vor Erschöpfung in meiner kurzen Mittagspause auf die Knie und war fix und alle. So konnte es nicht weitergehen. Aber immer wenn du glaubst, es geht nicht mehr …

Eines Tages kam eine junge Frau mit ihrem kleinen Söhnchen und bot sich an, uns am Nachmittag bei der Versorgung der vielen Kleintiere zu helfen. Wir waren sehr erleichtert. Sie konnte anpacken und mochte die Tiere. Nach einiger Zeit stellten wir sie als Halbtagskraft ein und sie blieb uns sehr viele Jahre als treue Helferin erhalten. Nachdem wir auch im Katzen- und Hundebereich immer mal wieder auf Aushilfskräfte zurückgreifen konnten, entspannte sich die Lage etwas. Das Tieraufkommen stieg zwar unaufhörlich weiter an, aber wir hatten die Lage im Griff.

Nun konnte was anderes angegangen werden: Fortbildung im Sinne des Tierschutzes! Da wir als Verein an den Deutschen Tierschutzbund in Bonn angeschlossen waren, konnten wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Akademie für Tierschutz in Neubiberg bei München schulen lassen. Es bestand die Möglichkeit, an Wochenendseminaren teilzunehmen, um sich in Sachen Tierschutz fit zu machen. Hier wurden unter fachkundlicher Leitung Seminare angeboten, in denen wir viel erfahren konnten über den Umgang mit Problemhunden, Verhaltensproblemen von Katzen im Tierheim und ihre artgerechte Haltung dort. Ergänzend dazu ging es um Hygienemaßnahmen, Tierkrankheiten sowie um den Alltag in einem Tierheim mit all seinen Facetten.

Wir hörten uns Vorträge über Haustiere und auch über Wildtiere an, welche wir ebenso oft zu versorgen hatten. Auch über die Rechte rund um das Tier wurden wir ausführlich informiert und geschult, denn oft mussten wir uns auch rechtlich mit Tierbesitzern oder Behörden auseinandersetzen.

Das Wichtigste allerdings war für uns der Erwerb des Sachkundenachweises. Er war nach Ablauf eines Wochenseminares zu erwerben und endete mit einer Abschlussprüfung. Gelernte Tierpflegerinnen und Tierpfleger haben diesen Sachkundenachweis automatisch. Auch Tierärzte haben ihn durch ihr Studium erworben. Zur Führung eines Tierheimes war er unbedingt erforderlich. Aus diesem Grund meldeten mein Mann und ich uns baldmöglichst zu zwei getrennten Seminaren in Neubiberg an. Schließlich hatten wir ja auch noch zwei Kinder und diverse Tiere im eigenen Haushalt zu versorgen

Für mich war es total ungewohnt, nach so langer Zeit wieder eine ganze Woche lang die Schulbank drücken zu müssen. Am schwersten fiel es mir, mindestens acht Stunden am Tag ruhig sitzen zu müssen. Zu Hause bei der Arbeit immer auf den Beinen und in Bewegung, war es kaum auszuhalten, so lange tatenlos auszuharren. Ich weiß noch, dass ich in der Mittagspause durch ein nahe gelegenes Wäldchen joggte, um die überschüssige Energie loszuwerden. Ich sehnte mich geradezu nach meiner harten Arbeit und natürlich nach meinen vielen Tieren. Nach einer endlosen Woche hatte die Theorie endlich ein Ende und der Sachkundenachweis war geschafft.

PUSCHKINS GEHEIMNIS

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