Читать книгу Lachende Clowns morden nicht - Anika Sawatzki - Страница 5
Kapitel 2
Оглавление»Hey, dein Typ ist verlangt!«
Marcel blickte von seinem Schreibtisch auf. Sein Kollege machte eine auffordernde Kopfbewegung und verschwand wieder. Die Bürotür ließ er offen stehen, in der Erwartung, dass er ihm folgte.
Widerwillig erhob er sich von seinem Platz. Sein Chef hatte gesagt, er solle den Zeitungsartikel beenden, bevor er nach Hause fuhr und jetzt störte ihn ausgerechnet sein nerviger Kollege Kalle.
Als er aber hinaus auf den Flur trat, schickte ihn die Sekretärin direkt weiter in Richtung des Chefbüros. Was konnte so wichtig sein, dass er umgehend zum Boss musste? Die Redaktionssitzung hatte doch bereits stattgefunden.
»Komm rein!«, forderte ihn sein Chef auf, nachdem er einmal geklopft hatte.
Ohne Umschweife kam er zur Sache.
»In deinem Heimatort kehrt auch nie Ruhe ein.« Norbert schüttelte belustigt den Kopf. »Polizeieinsatz am Kirchweg. Find raus, was da vorgefallen ist!«
»Wir haben keinen Anruf von der Polizei erhalten?«
»Nein. Aber ich habe anderweitige Informationen. Die entscheidenden findest du jetzt heraus.«
»Warum ich?«
Norbert runzelte die Stirn.
»Weil du den Kommissar bereits kennst. Hook, wenn ich mich nicht irre. Und immerhin ist der Einsatz offenbar direkt am Pfarrhaus. Sieht schwer danach aus, dass es was mit dem toten Pfarrersjungen zu tun hat.«
»Wilhelm«, sagte Marcel kleinlaut.
»Richtig. Find heraus, ob bei der Familie irgendwas abgeht. Oder was wir sonst daraus machen können!«
Marcel sah seinen Chef ausdruckslos an.
»Alles klar.«
»Guter Junge.«
Er verließ das Büro und schüttelte den Kopf. Die Sekretärin lächelte ihn aufmunternd an, dann tippte sie weiter auf ihrer Tastatur herum. Marcel lief zu seinem Privatwagen und machte sich auf den Weg zum Pfarrhaus seines Wohnortes.
Seine Gedanken kreisten um den Pfarrer Uwe Meichsner. Vor ziemlich genau einer Woche hatte er seinen Sohn verloren. Er selbst hatte den Leichnam des Jungen gesehen, als er den Kommissar interviewt hatte. Es war schrecklich gewesen.
Wilhelm war mit seinem Sohn Robert gemeinsam ans Gymnasium gegangen. Sie kannten sich von diversen Freizeiten. Marcel hoffte inständig, dass der Pfarrersfamilie nichts passiert war.
Schon von weitem konnte man die Polizeikolonne sehen. Marcel parkte seinen Wagen zwei Straßen entfernt. Die Kirche stand mitten im Dorfzentrum. Wenn man das so nennen konnte. Er verstaute Kamera, Notizblock und Stift und lief mit seiner Umhängetasche bewaffnet am Friseur, Bäcker und Discounter vorbei.
Als er bei den beiden Polizeibeamten angelangt war, die hinter einem Absperrband standen, öffnete er den Mund, um die Männer zu begrüßen. Prompt trat einer der Männer mit erhobener Hand auf ihn zu und kam ihm zuvor.
»Kein Zutritt «
»Ich muss aber zur Kirche«, sagte Marcel unschuldig.
»Hier ist im Moment kein Durchkommen.«
»Warum?«
»Das können wir Ihnen leider nicht sagen«, antwortete der andere Polizist.
»Aha, gut. Dann möchte ich gern direkt mit Kommissar Hook sprechen.«
Die Männer warfen sich vielsagende Blicke zu und schauten Marcel dann argwöhnisch an.
»Kann ich Kommissar Hook sprechen?«, wiederholte Marcel sein Anliegen. »Geht es um den Mord von vor einer Woche?«
»Darüber können wir Ihnen nichts sagen.«
»Gut. Dann …«, Marcel überwand den letzten Meter zum Absperrband und flüsterte weiter: »… lassen Sie mich entweder durch und Herr Hook gibt mir ein aussagekräftiges Interview. Oder ich denke mir eine Story aus und in der wird der Pfarrer mit Sicherheit schlecht wegkommen. Wer weiß, vielleicht ist er bereits tot?«
»Das ist er nicht«, sagte der zweite Polizist entrüstet und erntete einen tadelnden Blick seines Kollegen.
Marcel stand mit hochgezogenen Augenbrauen vor den Beamten und wartete auf eine Reaktion. Ihm selbst war die Situation ebenso unangenehm. Natürlich würde er sich keine abstruse Geschichte über den Dorfpfarrer zusammenreimen.
Immerhin war sein Sohn gestorben und seine eigene Frau war mit der Familie befreundet. Um Gottes Willen: Sie würden ihm mitunter am Sonntag im Gottesdienst begegnen. Keine Vorstellung, was geschehen würde, wenn er einen solchen Artikel veröffentlichen würde. Außer natürlich es entsprach der Wahrheit.
»Holen Sie schon den Inspektor!«, ordnete der eine Polizist an.
»Jawohl!«
Der zweite Polizist verschwand, während der andere Marcel griesgrämig anstarrte. Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Er musste Norbert etwas bieten, sonst würde sein Chef ihm den Hals umdrehen. Immerhin wurden immer mehr Stellen gestrichen. Marcel musste sich mit ihm gut Freund stellen.
Nach endlosen Minuten kam der Polizist mit einem rothaarigen Mann im Schlepptau zurück. Die Augen rollend trat er an das Absperrband.
»Sie schon wieder. Wer hätte das gedacht?«
»Die Stellen in unserer Redaktion sind rar besetzt. Da muss ich öfters herhalten. Was gibt es denn wieder Schönes?«
»Schönes, he?« Der Kriminalbeamte lachte bitter auf. »Eine Leiche.«
Obwohl Marcel bereits mit dem Schlimmsten gerechnet hatte, konnte er seinen Schock nicht verhehlen.
»Kenne ich den Toten?«
»Woher soll ich das wissen? Hier auf dem Dorf kennt sich doch jeder.«
»Nicht der Pfarrer.« Marcel linste zu dem Polizisten hinter Herrn Hook hinüber.
»Nein. Laut mitgeführter Personalien handelt es sich um einen Mann, wohnhaft in Neustadt. Der Mörder hat sich keine Mühe gegeben, die Identität des Opfers zu verschleiern.«
»Mörder?«
Herr Hook hielt in seinen Ausführungen inne, seine Augen verengten sich.
»Sie haben über den Mord an dem Jungen berichtet.«
»Wilhelm.«
»Sie schienen ihn persönlich zu kennen.«
»War das so offensichtlich?«
»Kann auch sein, dass Sie nur in den Busch gekotzt haben, weil Sie zum ersten Mal eine Leiche gesehen haben.«
Marcel erinnerte sich zurück. Norbert hatte ihm nicht gesagt, worum es ging. Nur dass ein Fußgänger eine interessante Entdeckung gemacht hatte. Er hatte an einen entflogenen Wellensittich gedacht, oder an ein Baumhaus aus zehn Billy Regalen gezimmert.
Dass drei Polizeiwagen auf ihn warten würden, und man ihm kurze Zeit später den Freund seines Sohns tot hinter einer Tanne zeigen würde, damit hätte er im Leben nicht gerechnet.
Er hatte ihn erst am Sonntag noch im Gottesdienst gesehen. Als er seiner Frau davon erzählt hatte, war sie in Tränen ausgebrochen.
»Sie hätten meinem Kollegen fast auf die Schuhe gekotzt.«
»Er hat wirklich eine ausgezeichnete Reaktionsfähigkeit.«
Über Kommissar Hooks Gesicht huschte der Anschein eines Lächelns. Doch so schnell es gekommen war, verschwand es auch wieder. Marcel wartete auf eine Erwiderung.
»Okay. Vielleicht können Sie mir helfen.«
»Wobei?«
»Kommen Sie mit!«
Herr Hook lüftete das Absperrband und Marcel lief darunter durch.
»Die Kamera bleibt aus!«
»Klar.«
Marcel zog seine Hand aus der Tasche und griff stattdessen nach Block und Stift in der Seitentasche. Er folgte dem Kommissar den Weg hinauf bis zur Kirche und dem gegenübergelegenen Pfarrhaus.
»Der Pfarrer öffnet nicht die Tür.«
»Vielleicht ist er nicht Zuhause?«
»Doch. Es ist eher so, dass er sich weigert, die Tür zu öffnen.«
»Ist es ihm zu verübeln? Was wollen Sie von ihm?«
»Wir müssen ihn befragen. Außerdem müssen wir die Überwachungskamera konfiszieren. Eventuell hat sie den Mörder aufgenommen.«
Herr Hook deutete mit dem Zeigefinger auf die entsprechende Kamera direkt an der Kirchenwand. Marcel nickte verständig, wunderte sich aber eher darüber, dass die Gemeinde an dieses denkmalgeschützte Gebäude irgendetwas anbauen durfte.
Der Blick durch den Holzzaun brachte ihm ein Déjà-vu-Erlebnis ein. Zwei Polizisten standen neben einer Bahre, über die ein weißes Tuch lag. Er war insgeheim dankbar, dass er nicht noch einmal in den scheußlichen Genuss kam, eine Leiche sehen zu müssen.
Die beiden Beamten hoben die Bahre an und trugen sie zum bereitgestellten Leichenwagen. Neben diesem stand eine Frau mit langen blonden Haaren. Sie war Verkäuferin im hiesigen Discounter. Wahrscheinlich war sie auf ihrem Arbeitsweg hier vorbeigekommen und hatte die Leiche gefunden. Der Beamte neben ihr notierte fleißig, was sie sagte.
»Wer ist der Tote?«
Kommissar Hook folgte Marcels Blick.
»Heinrich Steinert. 34 Jahre alt. Die Personalien werden gerade überprüft. Mehr kann ich noch nicht sagen, außer seinem Wohnort. Neustadt, wie gesagt. Falls Sie noch seine Körpergröße wissen wollen?«
Marcel notierte eifrig alle Informationen. Als Journalist hatte er sich angewöhnt, auch im Gehen mehr oder weniger leserlich zu schreiben. Erst als er den Ort notiert hatte, bemerkte er die letzte Frage. Irritiert sah er auf und sah in Hooks erwartungsvolle Miene.
»Nur ein Witz.«
Marcel grinste überschwänglich.
»Ist die Todesursache schon bekannt?«
»Er wurde augenscheinlich erwürgt. Aber bevor die Autopsie nicht durch ist, würde ich diese Information ungern herausgeben.«
Sie waren am Pfarrhaus angelangt und blieben stehen.
»Einverstanden.«
»Die Todesursache bleibt unter uns! Verstanden?«, wiederholte Kommissar Hook.
»Ja.«
»Nicht dass es läuft, wie bei dem Leichenfund.«
»Was meinen Sie?«
»Sie haben den Namen des Finders genannt.«
»Den Nachnamen haben wir nicht genannt. Da bin ich mir sicher.«
»Und dennoch haben die Eltern des Jungen mich ganz aufgeregt angerufen und sich beschwert. Es gibt offenbar nicht viele Jugendliche mit dem Namen Benjamin in diesem Ort.«
»Das konnte ich nicht wissen«, wehrte sich Marcel gegen diese unverfrorene Anschuldigung.
»Mir ist das egal. Aber ihr Image könnte es schädigen.«
Herr Hook zuckte mit den Achseln und drückte die Hausklingel. Ohne eine Reaktion abzuwarten, begann er an die Tür zu hämmern.
»Polizei. Machen Sie auf!«
Marcel beobachtete das Schauspiel eine Weile lang. Sein Blick ging von einem Fenster zum anderen. Keine Reaktion zu sehen. Dann zückte er sein Smartphone. Innerhalb von wenigen Sekunden hatte er die private Nummer des Pfarrers gewählt. Es klingelte ungewöhnlich lang, dann nahm Pfarrer Meichsner ab.
»Ja? Hallo?«
»Hallo, Uwe. Sag mal: Bist du Zuhause?« Keine Antwort. »Ich steh vor deiner Tür. Kannst du mich reinlassen?«
Eine lange Pause entstand. Marcel sah in die erwartungsvollen Augen des Kommissars. Gerade als er dachte, der Pfarrer würde auflegen, vernahm er eine gebrochene Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Ich will keine Polizei mehr in meinem Haus.«
»Alles klar«, reagierte Marcel prompt, »Die Polizei bleibt draußen. Ich komm allein rein.«
Herr Hook schüttelte vehement mit dem Kopf und machte Anstalten ihm das Telefon wegzunehmen. Ein Klicken bedeutete ihm, dass der Pfarrer aufgelegt hatte. Wenige Augenblicke später wurde der Schlüssel im Schloss herumgedreht und die massive Holztür aus dem 18. Jahrhundert öffnete sich einen Spalt.
»Bin gleich zurück«, sagte Marcel und stieg behutsam die Stufen hinauf. Langsam öffnete er die Tür und stand vor seinem Pfarrer.
Seine Familie hatte dem Pfarrerspaar, genauso wie andere Haushalte des Ortes, ihre Anteilnahme in Form einer Karte ausgedrückt. Persönlich waren sie noch nicht hier gewesen. Sein Sohn redete seit Wilhelms Tod überhaupt nicht über den Pfarrer und war auch nicht zum Gottesdienst gekommen.
Und auf einen Besuch hatten sie verzichtet. »Er weiß, wie schrecklich der Tod seines Sohns ist. Das brauchen wir ihm nicht auch noch sagen«, hatte seine Frau argumentiert. Und er vertraute seiner Frau in solchen Belangen. Immerhin war sie diejenige von ihnen mit der sozialen Ader.
Der Anblick, der sich ihm nun bot, zeigte ihm, dass es gut so gewesen war. Uwe war ein Wrack. Ein Autowrack, das seit Jahren auf dem Schrottplatz verrostet, vergessen von Besitzer und Entsorger.
Seine Tränensäcke lagen wie Schluchten unter seinen Augen, die Ränder waren gerötet. Eingesackt stand er vor ihm, schniefte kurz und ging dann zur Seite. Die letzte Höflichkeit zeigte sich in einer angedeuteten einladenden Geste mit der Hand.
Marcel betrat den Flur des Pfarrhauses. Die Tür schloss sich und Herr Hook blieb verdattert draußen stehen. Der Journalist versuchte sich an einem Lächeln, das vom Pfarrer nicht erwidert wurde. Ihm lag ein Spruch nach dem Motto »Wie geht es dir?« auf den Lippen, doch er erinnerte sich an die Worte seiner Frau.
Jeder weiß, wie es ihm geht. Er hat seinen Sohn verloren.
Schweigend ging der Pfarrer in die angrenzende Küche und setzte sich an den Tisch. Marcel folgte ihm unaufgefordert. Als sie wortlos gegenüber saßen, wagte er es nicht, dem Pfarrer weiter in die Augen zu sehen. Zu unangenehm war ihm die Situation.
»Wie geht es deinem Sohn?«, krächzte der alte Mann.
»Gut. Er ist gerade in der Schule.«
Der Pfarrer nickte nur. Eine lange Pause entstand. Marcel konnte seinen eigenen Herzschlag wahrnehmen und dachte unweigerlich, sein Gegenüber könne es genauso hören. Er wagte einen scheuen Blick, doch Uwe blickte an ihm vorbei ins Nichts.
Plötzlich verzogen sich seine Mundwinkel und ein Schluchzen entwand sich seiner Kehle.
»Ich halt es nicht mehr aus«, brach es aus ihm heraus.
Marcel schwieg.
»Immer wieder kommen Leute. Sie meinen es gut, aber … es ist so schrecklich.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, meinen Sohn zu verlieren«, sagte Marcel vorsichtig.
Ein trauriges Lächeln huschte über Uwes Gesicht.
»Meine Frau ist zu ihren Eltern gefahren. Sie brauchte Abstand.« Der Pfarrer kratzte gedankenverloren mit dem Daumen über den Holztisch.
Marcel würde seiner Frau später danken, dass sie ihn davor abgehalten hatte, persönlich zum Pfarrhaus zu gehen und die Karte abzugeben. Dieses Gespräch fiel ihm jetzt schon unsagbar schwer. Doch er musste es durchhalten. Allein für die Information für Herrn Hook.
»Was wollen diese Männer?«
»Die Polizisten?«
Der Blick des Pfarrers hob sich wieder. Müde blickte er Marcel direkt in die Augen. Er nahm allen Mut zusammen, um ihm die Wahrheit zu sagen.
»Auf dem Kirchplatz wurde jemand ermordet. Ein Mann Mitte 30.« Er blickte auf seinen Notizzettel. »Herr Heinrich Steinert. Kennst du den Mann?«
Ausdruckslos schüttelte Uwe den Kopf.
»Er wurde erwürgt.« Ihm fiel auf, dass er diese Information noch nicht veröffentlichen sollte, doch Herr Hook hatte nur von der Zeitung geredet, so war er sich sicher. »Genau gegenüber der Überwachungskamera. Die Polizisten wollen die Aufnahmen haben, als Beweismittel.«
Uwe nickte geistesabwesend. Marcel wartete auf eine Reaktion, doch hatte das Gefühl, dass der Pfarrer in Gedanken weit weg war. Die Sekunden verstrichen.
Er hörte die Wanduhr über der Tür ticken, den Wind am Fenster zerren und die Vögel vor der Tür zwitschern.
Als der Pfarrer wieder das Wort ergriff, erschrak er sich geradezu.
»Warum passiert unserer Gemeinde das alles?«
Vollkommen überrumpelt durch diese Frage, wusste Marcel keine Antwort. War es etwa eine rhetorische Frage? Automatisch wiederholte er die Frage bloß.
»Warum uns das passiert?«
»Ja. Warum lässt Gott das zu? Ich meine … warum ermordet jemand meinen Sohn? Und dann, dann ermordet er noch jemanden, direkt neben unserem Haus?«
»Du gehst davon aus, dass es derselbe war?«
»Etwa nicht?«
Marcel hob abwehrend beide Hände. »Keine Ahnung. Ich dachte nur. Es muss nicht derselbe sein.«
Noch während er sprach, wurde ihm bewusst, dass sie in einem kleinen verschlafenen Örtchen lebten. Wer hier wohnte oder sich hier aufhielt, hatte einen Grund. Dieser Mann, Herr Steinert, war kilometerweit hierher gefahren, um ermordet zu werden. Niemand kannte ihn. Wer war dieser Mann? Und konnte es wirklich ein Zufall sein, dass sich ein zweiter Mord im Umfeld des Pfarrers ereignete? Marcels Familie war christlich geprägt und er hatte nie an Schicksal geglaubt. Also handelte es sich hierbei entweder um göttliche Fügung oder da draußen lief ein vollkommen kranker Bastard herum, der dieser Familie schaden wollte.
Plötzlich erhob sich der Pfarrer von seinem Platz. Marcel erschrak sich und sprang ebenso auf. Beide Männer sahen sich mit geweiteten Augen an.
»Ich rufe die Sekretärin an. Sie soll der Polizei die Videoaufnahmen zukommen lassen.« Marcel nickte lediglich. »Und du solltest zurück zu deiner Familie gehen. Sag deiner Frau: Danke für die nette Beileidskarte!«
Beim letzten Wort brach Uwes Stimme erneut. Ein Schluchzen überkam ihn. Mehrmals wischte er sich mit einem Taschentuch über die Nase und schnaubte schließlich. Zögerlich legte Marcel dem Pfarrer eine Hand auf die Schulter.
»Wir sind für euch da.«
»Das bedeutet mir viel. Danke.«
Marcel verabschiedete sich und verließ die Küche. Als er die Haustür verließ, stand der Kommissar unerwartet immer noch vor dem Pfarramt.
»Was sagt er?«, fragte er aufgeregt.
»Er lässt das Überwachungsband zur Polizeistation schicken.«
Herr Hook zückte eine Visitenkarte und steckte sie unvermittelt in den grauen Briefkasten neben sich. Mit einem Lächeln sah er den Journalisten an.
»Sie haben einen gut bei mir.«
»Ich komm darauf zurück«, antwortete Marcel verschwörerisch.