Читать книгу Troll und Kopfgeldjäger - Anja Kuemski - Страница 6
Kapitel 4
ОглавлениеDie Ruhe war himmlisch. Niemand, der geschäftig um ihn herum wuselte. Alois hatte die Nase von Krankenhäusern gestrichen voll. Nun würde er sich in seiner Wohnung um so schneller erholen. Die neuen Augen und Ohren waren noch sehr gewöhnungsbedürftig, seine natürliche Infrarotsicht hatte er wie zu erwarten durch das Cyberware-Implantat leider komplett eingebüßt. Aber man konnte eben nicht alles haben. Wie die modifizierte Version sich in der Dunkelheit bewähren würde, musste man eben abwarten. Dafür war sein Gehör nun umso zuverlässiger. Bisher hatte der Hersteller Wort gehalten und sich nur dann in sein System eingeloggt, wenn er dem zugestimmt hatte. Sie waren freundlich und zuvorkommend, beantworteten Fragen und ließen ihn ansonsten in Ruhe. Zumindest war ihm weiter nichts aufgefallen, dass sie ihn heimlich ausspionierten. Er ging nach wie vor davon aus, dass die Sache irgendwo einen Haken haben musste, aber zunächst einmal war alles Bestens und er hoffte, dass das noch eine Weile so blieb.
Er wollte die nächste Zeit nutzen, um einen Plan zu fassen, wie er den Macker von Selma Mommsen ausfindig machen konnte, nicht nur um seine Rache an dem Dreckskerl zu bekommen, sondern vor allem auch, um den Job zu erledigen. Er konnte es nicht leiden, wenn ein Auftrag nicht abgeschlossen war. Andererseits war es vielleicht nicht so klug, sich mit der Müllmafia anzulegen. Aber das konnte er sich immer noch überlegen, wenn er von dem Arsch eine neue Spur gefunden hatte.
Es klopfte an der Tür. Das konnte doch nicht wahr sein. Er war gerade erst heimgekommen, niemand wusste, dass er wieder da war.
Es klopfte erneut, etwas energischer.
„Jetzt mach schon auf, Alois, ich weiß, dass du zu Hause bist.“
Die Stimme kam ihm nicht nur bekannt vor, sie ging ihm inzwischen auch tierisch auf den Geist. Dieser verdammte Cop und seine vielen Fragen. Wieso hatte der Concierge ihn nicht angekündigt?
„Verpiss dich, Linus!“, rief er durch die geschlossene Tür.
„Aber ich habe gute Neuigkeiten. Es geht um Geld.“
Alois öffnete die Tür. Da stand der verdammte Freizeitschreiber und grinste gut gelaunt.
„Schrei nicht so. Was sollen denn die Nachbarn denken? Geld hast du gesagt? Wie viel? Wofür? Komm rein, und grins nicht so saublöd.“
„Danke, sehr freundlich. Wie wäre es mit einem Drink?“
Alois sah nicht ein, warum er jemanden, der sich aufgedrängt hatte, auch noch bewirten sollte.
„Nein, für mich nicht. Wenn du was trinken willst, musst du es dir schon selber holen.” Er wedelte grob in Richtung seiner Küchenzeile.
„Ach ist auch egal. Also, hör zu. Ich habe bei meinen Followern eine Webumfrage gemacht und ich glaube, es könnte funktionieren.“
„Was für eine Umfrage? Wovon redest du denn?“
„Ach, Alois, stell dich doch nicht absichtlich dumm. Ich habe dir doch gesagt, dass man aus deinen Erlebnissen tolle Geschichten machen kann. Ich habe ein Konzept entworfen und es meinen Followern präsentiert. Und siehe da, sie wären interessiert. Also schreibe ich eine Pilotgeschichte. Wenn die oft heruntergeladen wird, dann gibt es regelmäßig eine Folge. Vielleicht begleitend mit einem Blog, mal sehen. Da wäre es super, wenn wir von dir ein paar live Statements haben könnten, einen Vidlog, oder so.“
„Ich finde den Gedanken grundsätzlich nach wie vor gewöhnungsbedürftig, aber na gut. Aber ich halte meine Fresse nicht vor eine Kamera, dann kann ich meinen Job auch gleich sein lassen. Wann kommt der Teil mit dem Geld?“
„Na, wenn es oft geklickt wird, dann verdienen wir dran. Du bekommst was vom Gewinn, immerhin sind es deine Erlebnisse.“
„Wir machen einen Vertrag.“
„Kein Problem. Aber erst mal warten wir ab, wie sich der Pilot entwickelt.“
„Also noch kein Geld? Was willst du dann noch hier?“
“Ich dachte, ich schaue mal, wie du so wohnst. Das Privatleben des einsamen Jägers ist ja auch für die Leser interessant.“
„Das geht keinen was an! Verschwinde, du Idiot!“
Linus grinste und zuckte mit den Schultern. „Vollhorn“, antwortete er und freute sich. Alois war nicht in Stimmung für so irrationales menschliches Verhalten.
„Jetzt reicht es. Pass mal gut auf. Ich kann deine Fragerei nur mit Mühe ertragen, und ich hätte dich besser gleich am Unfallort noch verdreschen sollen. Aber wenn du jetzt nicht sofort verschwindest, dann kriegst du dermaßen eins verplättet, dass dir die Ohren dröhnen, verstanden?“
„Der Doc hätte dir mal bei der OP auch dein Gemüt richten sollen. Wie jemand ständig so unleidlich sein kann, ist mir ein Rätsel. Aber ich nehme es dir nicht übel. Als Partner kann ich so was natürlich aushalten.“
„Partner? Grundgütiger!“