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LEIDER NEIN

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Dass jeden Tag etwas Spannendes und Lustiges passieren sollte, zumindest aber etwas überdurchschnittlich Angenehmes oder gänzlich Unverhofftes, ließ Sandra nervös werden. Bevor sie abends ins Bett ging, schaltete sie den Anrufbeantworter ein, falls sie im Schlaf das Telefonklingeln überhören sollte. Dieser Fall war noch nie eingetreten, Sandra war viel zu nervös, um nicht beim ersten Klingeln hellwach zu sein, trotzdem sah sie morgens als erstes nach, ob nicht die rote Lampe blinkte. Leider nein, aber es war auch noch früh. Ob der Hörer richtig aufgelegen hatte?

Sie zog sich an, was eine Weile dauerte, weil sie nicht wusste, ob sie sich hübsch machen sollte für das Unerwartete, oder ob sie die schönen Kleider lieber schonen sollte für den Tag, an dem es mit größerer Wahrscheinlichkeit geschah. Noch war es früh, noch scheute sich die Welt, bei Sandra anzurufen. Noch war die Post nicht gekommen. Noch war nicht klar, ob das Wetter sich halten würde.

Gegen Mittag ließ die Nervosität etwas nach. Claudia hatte angerufen, um Sandra zum Abendessen einzuladen. Das war nicht wirklich spannend, aber zumindest war das Telefon nicht kaputt. Die Post war gekommen, eine Urlaubskarte von Sven, was bedeutete, dass er sie noch nicht aus seinem Adressbüchlein gestrichen hatte. Der Himmel hatte sich bewölkt, sodass Baden nicht mehr infrage kam. Sandra ging zurück ins Bett und zog sich die Decke über den Kopf.

Alles in allem war der Sommer doch die übelste Jahreszeit. Warm zwar, bunt und duftend, aber deshalb auch drängelnd und in ständiger Erwartung begriffen.

»Na, was machst du draus?«, fragt die Sonne alle fünf Minuten, während sie scheint.

November war besser. Im November war das, was man tat, ein tapferes Trotzdem: trotz des Regens, trotz der Kälte, trotzdem es nicht richtig hell wurde im Zimmer. Leider war aber nicht November, sondern August, und im August musste nochmal doppelt so viel Schönes passieren. Wozu sonst war die Nacht so lau, der Teer so weich, das Wasser glitzrig und das Gras frisch gemäht?

Sandra war eine von denen, die nicht gelernt hatten, das Leben gelassen zu nehmen: Beruf, Liebe, Familie, Altwerden. Für Sandra schienen diese Dinge mit großen, eigenmächtigen Entscheidungen zusammenzuhängen.

»Willst du alt werden?«, fragt das Schicksal, und Sandra überlegt.

»Ich glaube, lieber nicht«, antwortet sie. »Alles wird anstrengend, weil der Körper kaputt geht und die Erinnerungen immer schöner werden. Alles wird dringend, weil das Leben bald vorbei ist, lässt sich aber nicht mehr verwirklichen, weil man dann früher eine andere Richtung hätte einschlagen müssen. Nein, ich denke, lieber nicht.«

Claudia war genauso. Bei jedem Abendessen bestätigten sich die beiden, wie sie die Kinder, die sie nicht hatten, auf keinen Fall nennen würden. Sven hatte schon mehrmals dabeigesessen und glasige Augen bekommen.

»Hanna, Laura, Sophia? Nein: Sophia-Charlotte. Und das zweite Charlotte-Sophie.«

Zum Glück war Sven im Urlaub.

Sven war ein bisschen anders. Er bastelte gern, und zwei Frauen hatten bereits Kinder von ihm abgetrieben. Sven ging mehr drauflos, aber vielleicht kam das Sandra auch nur so vor, weil er ohne Weiteres in Urlaub fuhr. Sandra wollte mit dem Urlaub noch warten, bis sie ihr Leben richtig auf der Reihe hatte.

Das Spannende und Lustige, auf das Sandra wartete, war in Wahrheit das Romantische. Wenn sie allein im Bett lag, so wie jetzt, dachte sie daran, dass sie eine Frau war. Mit allen Begehrlichkeiten und gewiss auch allem Begehrenswerten. Das kam ihr absurd und anstrengend vor, ließ sich aber nicht wegüberlegen. Geschichten von vertrockneten Zimmerpflanzen, Osteoporose und Gebärmuttersenkung fielen ihr ein. Die Zimmerpflanze hatte sie von ihrem letzten Freund zur Trennung geschenkt bekommen, zum Üben, wie er meinte, üben, wie man sich Lebewesen gegenüber verhält. An Osteoporose waren hormonelle Umstellungen schuld, vollkommen natürlich, aber wieso denn jetzt schon? Und die Gebärmuttersenkung war unvermeidlich, wenn man keinen Mann hatte, der einem die Getränkekisten in den vierten Stock trug, beziehungsweise wenn man Jahre damit zugebracht hatte, den Richtigen zu überzeugen, indem man die Kisten selber trug. Alles hatte sich geändert. Alles war ein Irrtum gewesen. Neues schlich sich von hinten an.

Sandra lag und dachte und spürte die Begehrlichkeit.

Irgendwo hatte sie gelesen, dass Frauen ihre Sexualität erst ab dreißig richtig entdecken würden. Diese These traf auf Sandra absolut zu.

»Da bist du ja, Sexualität«, murmelte sie ins Kissen.

Was sollte sie nur mit ihr anfangen? Die Geschichte von Caroline Ingalls fiel ihr ein, die tüchtig und glücklich auf »Unserer Kleinen Farm« lebt, zusammen mit Charles und den Kindern, dem Apfelkuchen und den Gebeten, und die in einer Folge plötzlich das Haar offen trägt und sich wünscht, dass Charles es bemerkt. Und dann bemerkt Charles es und sagt ihr, wie schön sie ist, und sie muss doch nicht mit dem Tagelöhner aus North Dakota vögeln, dessen Anwesenheit sie überhaupt erst auf die Idee gebracht hat, sondern bekommt herrliche nächtliche Stunden mit Charles geschenkt, Gottes Segen und noch mehr Kinder. Derartige Rahmenbedingungen standen Sandra leider nicht zur Verfügung.

»Du musst geschmeidiger sein«, war ein Rat, den sie ernstnahm. Rumgezicke ging ihr bei Freundinnen auch auf die Nerven. Aber wie sollte sie es abstellen, wo sie doch ständig im Recht war?

»Die Frau ist dem Manne untertan«, sagte der Mann, den Sandra unter allen Umständen lieben wollte.

»Zu deinen Diensten«, antwortete sie und wusste dann nicht weiter. Er auch nicht. Also blieb sie allein.

Am Abend auf dem Weg zu Claudia bemühte sich Sandra, die Vorzüge zu genießen, die die mittelgroße Stadt gegenüber der Großstadt bereithielt: die Grünphasen der Ampeln waren länger, die Radfahrer fuhren langsamer, das Rot vom Grundschulneubau passte zum Stoppschild. Und vor Claudias Haustür war ein Parkplatz frei.

Sie blieb noch ein Weilchen sitzen, nachdem sie den Motor abgeschaltet hatte. Im Autoradio log Whitney Houston; »I will always love you!«, schrie sie, ein Versprechen, das sie niemals würde einhalten können, weshalb schon in der zweiten Strophe Trompeten zum Gesang hinzukamen. »I will always love you!«, immer verzweifelter. Sandra kannte diesen Willen nur zu gut.

»Der Willi isch heut net daheim«, sagte sie und stellte das Radio ab.

Oben in der Küche überfiel sie Rührung. Es gab Geschnetzeltes in Sherrysoße, Endiviensalat und Ananasquark. Niemand wusste besser, was Sandra schmeckte, als Claudia. Niemand konnte es mütterlicher und gleichzeitig sorgloser zubereiten. Niemand sonst war so gut zu ihr.

»Warum reicht mir das nicht?«, fragte Sandra Claudia, während sie die Quarkschüssel auskratzte.

Claudia schnaubte. Weil es Sandra nicht reichte, konnte Claudia behaupten, dass es ihr durchaus reichen würde. »Du bist ein Vaterkind. Du brauchst einen Mann, vor dem du schöntun kannst.«

Seit neuestem betrachtete Claudia die Dinge systemisch. Deshalb war sie nie mehr um eine Antwort verlegen, und es machte Spaß, sich mit ihr zu unterhalten. Erst hinterher, auf dem Nachhauseweg, fühlte Sandra sich manchmal ein bisschen manipuliert.

»Aber wenn das so ist«, sagte sie jetzt, »warum nehme ich mir dann nicht einen, der mir zuschaut und applaudiert? Warum liebe ich dann am liebsten die, die mich praktisch nicht beachten?«

Claudia guckte ernst und mitleidig. »Was ist die hervorstechendste Eigenschaft von Vätern? Richtig. Wahrscheinlich hat dein Vater anderes im Kopf gehabt, als zu Kleinmädchenkram zu applaudieren.«

Sandra versuchte sich zu erinnern. Hatte ihr Vater sie nicht genügend wahrgenommen? Still war er gewesen und unwillig, wenn es um Elternversammlungen ging, aber er hatte durchaus ihre Zeugnisse bewundert und ihre Schulfreunde und Kindergärtnerinnen mit Namen anreden können.

»Als zweite Tochter hättest du sowieso ein Junge werden sollen«, sagte Claudia und zuckte mit den Schultern. »Deshalb lebst du jetzt allein und machst Karriere.«

»Ich dachte, ich will einen Mann.«

»Na klar. Aber du findest keinen, wenn du deine Mutter nicht ehrst.«

Es war nicht leicht, sich so gut auszukennen. Klug waren sie, Sandra und Claudia, aber außerordentlich verzagt. Sie beschrieben sich gegenseitig den Weg, wollten ihn dann aber nicht beschreiten. Sahen sich Kylie Minogue im Musikkanal an, die tanzte dort durchsichtig frontal. »Das könnten wir auch«, kamen sie überein, aber wozu? Es gab keine Schallplatten, die sie verkaufen mussten, und niemand interessierte sich speziell für ihre Brüste.

»Wenn Kylie Minogue nackt tanzen darf, mach ich das auch«, sagt Sandra und springt auf.

»Du hast eine Ecke im Hüftschwung«, sagt Claudia, »das sieht ungelenk aus.«

»Dafür kann ich andere Sachen.«

»Ganz bestimmt.«

Sinnkrisen und Lebensfragen. Und eine lange Reihe schillernder Ideen, die unaufhaltsam einstaubten. Sie gingen sich damit gegenseitig auf die Nerven.

»Dann tu’s doch!«

»Tu ich auch.«

»Na los, bitteschön.«

»Ich trau mich nicht.«

Vielleicht war es Sandra deshalb so dringend mit dem Mann, den sie liebte. Weil er sich von vornherein weigerte.

Nachhause fuhr Sandra einen Umweg, um nachzusehen, ob er die Nacht in seiner Wohnung verbrachte. Drei Fenster zur Straße hatte er, hinter dem rechten stand das Bett, aber das mittlere war gekippt. Kein klares Zeichen. Sandra war zu verwirrt, um sich zu erinnern, ob er mit offenem Fenster schlief. Und selbst wenn. Was würde Claudia sagen?

»Wenn es eine Verbindung zwischen uns gäbe, könntest du spüren, wo ich bin«, sagt der Mann.

Claudia schnaubt nur. »Vatertöchter und Muttersöhne können kein erfülltes Sexleben miteinander haben.«

Leider nein. Ob er bei einer Muttertochter untergekommen war?

Zum Glück kam Sven aus dem Urlaub zurück.

Er rief Sandra an und verabredete sich mit ihr in einer unterirdischen Cocktailbar.

»Die hättest du ohne mich nie gefunden«, triumphierte er. Sein Gesicht war hübsch gebräunt, aber trotzdem war er Sven und nicht der Mann, den Sandra unbedingt lieben wollte.

»Warum nicht?«, fragte Sandra, aber es bedurfte keiner Antwort. Vernünftig war sie, auch nach dem zweiten Shut Down, zumal die Cocktailbar hergerichtet war wie der Dienstagstreff der Jungen Gemeinde. Trockenblumensträuße und Unterwasser-Poster. So etwas ließ sich nur mit Sven ertragen, das durfte sie auf keinen Fall gefährden.

Sven war ein bisschen anders. Bei Sven war denkbar, dass ihm in erster Linie die Cocktails schmeckten.

»Schön ist es hier«, sagte er und raufte die Ähren des Erntedankkranzes, der neben ihm auf der Bar lag, »schön, dich zu sehen. Und im Urlaub war es auch schön.«

Sandra überlegte, warum es ihr nicht vergönnt war, sich ein bisschen zu entspannen. Was musste denn schon Großartiges passieren? Es war doch gut, wenn nichts passierte, dann passierte auch nichts Schlimmes. Sie hatte genug zu essen, von Claudia zum Beispiel, sie hatte genug zu trinken, lecker Cocktails mit Sven, sie war von Krieg und Krankheit bislang verschont geblieben, nicht mal einen fremden Toten hatte sie gesehen, geschweige denn, einen bekannten betrauern müssen. Und das Fernsehprogramm war auch in Ordnung.

»Was willst du eigentlich?«, fragt das Schicksal.

Sandra kaut an den Nägeln.

»Ich will«, nuschelt sie, »dass sich alles von selbst ergibt. Und zwar so, wie es meinem Unterbewusstsein richtig erscheint. Ich merke nichts von dieser Fügung, weil mir nicht bewusst ist, dass ich wollte, was ich bekomme. Also muss ich meine Wünsche auch nicht rechtfertigen, vor allem nicht vor mir selbst. Wofür ich dann überhaupt noch denken muss, weiß ich nicht. Für verzauberte orientalische Rätselspiele vielleicht.«

Der Einzige, der diese Gedankengänge wirklich verstand, war der Mann, den sie liebte. Nur liebte der sie genau deshalb nicht zurück.

»Die doofen Gedanken hab ich selber. Ich will eine Frau, die solche Gedanken verschwinden lässt. Und wenn ich sie treffe, werde ich das daran merken, dass sich die Frage nach Wollen oder Nichtwollen überhaupt nicht mehr stellt. Zack, und richtig ist es. Das kann man bei uns beiden nun wirklich nicht behaupten.«

»Willst du noch einen Shut Down?«, fragte Sven und warf sich eine Handvoll Körner in den Mund.

Sandra schüttelte den Kopf. »Ich will eine Frau sein.«

Sven nickte. »Das wäre toll. Dann könnten wir mehr machen, als uns hier sinnlos zu betrinken.«

Sven war kein Muttersohn. Sven würde alles Mögliche möglich machen, wenn sie ihn ließe.

Sie wechselten von der Cocktail-in die Karaokebar, trauten sich dann aber nicht, einen Song anzumelden.

»Schreib D14«, rief Sandra und trippelte ungeduldig mit den Füßen in einer Bierpfütze.

»Unmöglich, viel zu tief«, sagte Sven. »Wir singen ›When You Believe‹. Ich bin Mariah Carey, du machst Whitney Houston.«

»Niemals.« Sandra wurde blass. »Niemals.«

Sie blätterten ziellos im Liederordner. Die Kellnerin verteilte Apfelkorn zum Warmwerden.

»Wenn doch nur –«, sagte Sandra und sah sehnsüchtig auf das kleine Podest neben dem DJ-Pult.

»Genau«, sagte Sven, »aber was soll man tun.«

Claudia war überzeugt, dass man Frieden schließen musste mit den Vorfahren.

»Nur wenn du ihnen verzeihst, kannst du dich von ihrem Diktat befreien.«

»Kann ich dann auch Muttertochter werden und endlich wieder Sex haben?«

»Nein. Aber du kannst dann zur Abwechslung mal an was anderes denken.«

Beim Duschen überlegte Sandra, dass sie aufhören sollte zu duschen. Die ewige Körperpflege trug entscheidend dazu bei, dass sie sich ungeliebt und unbeachtet vorkam. Jeden Morgen richtete sie etwas her, das den Tag über keinen Abnehmer fand und abends unbenutzt ins Bett zurückgelegt werden musste. Sie sollte vielleicht lieber aufhören, sich hinterrücks bereitzuhalten und damit ständig selbst zu demütigen. Wenn sie ungewaschen, ungezupft, klebrig und stinkend umherging, könnte sie im Gegenteil froh sein, dass ihr niemand zu nahe kam.

»Wer weiß«, flüstert das Schicksal. »Wenn ich mich nicht täusche, ist er auf dem besten Weg, ein bisschen abzuweichen von seinen Grundsätzen. Ich glaube, er kommt heute mal vorbei.«

Und schon steht Sandra wieder unter der Dusche.

Vier Wochen lang war sie jede Nacht bei ihm gewesen. Durchaus mit Einladung und bestimmt nicht aus Versehen. Dann hatte sie gesagt, dass sie ihn liebte.

»Das willst du wohl«, hatte er geantwortet.

Er hatte nicht gewollt.

»Tut mir leid«, hatte er gesagt. Mehrmals. Dann war er wütend geworden: »Ich will nicht, verstehst du? Nein, nein, nein. Einfach: Nein.«

»Aber wenn das so ist«, hatte Sandra gefragt, »warum dann die vier Wochen?«

Er hatte die Schultern gezuckt. Und vorgeschlagen, im Jetzt zu leben.

»Muttersohn«, meinte Claudia, als Sandra ihr davon erzählte. »Ist es gewohnt, Frauen glücklich zu machen. Wahrscheinlich war’s wirklich unfreiwillig.«

»Lass ab«, sagte Sven und zählte Sandra all die schönen Dinge auf, die sie bisher erreicht und erlebt hatte. Ohne Frage eine ganze Menge.

»Greif zu«, sagte Claudia und erinnerte Sandra an all die Menschen, die unterwegs waren und darauf warteten, dass andere den ersten Schritt taten.

Der Mann, den Sandra lieben wollte, war allerdings nicht dabei.

»Verdammt nochmal«, schimpfte Sven. »Wie kann man nur so verstockt sein.«

Claudia schnaubte.

Sie fuhren zu dritt zum Baden.

»Zwei schöne Frauen«, sagte Sven, als sie zum Trocknen auf der Decke lagen. »Ich begreif das einfach nicht.«

Sandra und Claudia begriffen es auch nicht. Sie aßen Kekse, deren Schokoladenseite in der Schachtel kleben blieb, und sahen fremden Kleinkindern beim Matschbuddeln zu.

»Würdest du dir zum Stillen die Brustimplantate entfernen lassen, wenn du welche hättest?«, fragte Sandra, und Claudia überlegte. Sven sah mit glasigen Augen über die Kinder hinweg auf den See.

»Ich denke nein«, sagte Claudia. »Wenn ich Brustimplantate hätte, würde ich das Kind per Kaiserschnitt holen lassen und mit Sojamilch aufziehen.«

»Reiswaffeln«, sagte Sandra. »In Sojamilch aufgelöste Reiswaffeln.«

Sie schwammen hin und her. Es war ein herrlicher Nachmittag.

Als Sandra nach Hause kam, blinkte die rote Lampe vom Anrufbeantworter. Sven oder Claudia konnten es nicht sein, mit denen war sie eben noch am See gewesen.

Die Nacht war lau, der Teer weich, das Wasser glitzrig und das Gras frisch gemäht. Der Mann, den Sandra aus unbestimmtem Grund sehr, sehr liebte, war ein bisschen von seinen Grundsätzen abgewichen, hatte die Hände unter ihrer Bluse und die Augen geschlossen. »Mein Sommermädchen«, flüsterte er.

In Situationen großer Bedrängnis sagte Sandra sich Sprichwörter ihrer schwäbischen Großmutter vor. »Am Schluss wird zsammazählt«, kam ihr in den Sinn, und das hier war nicht der Schluss. Sie versuchte den Mann zu küssen, aber er wich geschickt aus. Ob diese Nacht einen Pluspunkt oder einen Punktabzug bedeutete in der endgültigen Rechnung, ließ sich so auch nicht herausfinden.

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