Читать книгу Mord an Senatoren - Ann Bexhill - Страница 3

1 Kapitel

Оглавление

Ich bin Iulius Decimus aus plebejischer Familie und gekleidet in einer gelben Tunika und ich will eine cervesia, ist das so schwer zu verstehen? Ich lehne am Tresen einer Caupona mit dem treffenden Namen der zerbrochene Becher des Rufus. Und Rufus bildet mit der Hand einen Trichter um sein Ohr und schreit mich jetzt zum dritten Mal an, »Wie was willst du noch mal trinken?« Nachdem ich: Cervesia, Cervesia Cervesia du Mistkerl auf ein Wachstäfelchen geschrieben habe, kippt der Wirt mir das Bier in einen Becher, den er frisch aus dem Wasserbecken nimmt. Man kann nicht murren über die Taverne. Fließend Wasser und der Gastwirt ist reinlich, wenn auch schwerhörig. Zumindest wäscht er sich nach dem Latrinenbesuch seine Hände, was nicht überall alltäglich ist. Hinter dem Tresen geht eine schmale Treppe hoch in das obere Stockwerk, und von dort dringen Babywimmern und das beruhigend wirkende Geflüster der Mutter zu uns herunter. Die meisten Gäste reden dezent leise. Ich kann mir deshalb kaum vorstellen das es Einheimische sind. Ich trinke das bittere Gesöff der Sklaven, Germanen und Ägypter und muss sagen, wenn’s lauwarm ist, schmeckt es gar nicht verkehrt. Die Bierbrauer sollten es verfeinern und mit Minze und Liebstöckel abschmecken und etwas Pfeffer könnte dem Bier auch nicht schaden. Meine Laune ist unter null, denn ich bin in Caput Mundi, scheiße wieder in Rom! Es ist Caput Mundi die Hauptstadt der ganzen Welt. Es gibt nirgends, so viele Menschen auf einem Haufen. Und es stinkt und es ist laut. Es werden jetzt eine Million Bewohner sein, was aber nur die offiziellen Römer sind. Da befinden sich noch komplette Stadtviertel bestehend aus Bretterbuden, hinter dem verseuchten Fluss Tiberis, die einfach nicht zum römischen Stadtgebiet gerechnet werden. Obwohl die zahlreichen Transtiberimer genauso die Straßen und Gassen verstopfen und nach den Sesterzen jagen wie der Rest von uns allen. Die Armen nehmen ihr Trinkwasser aus dem Fluss der, in größter Gleichgültigkeit durch die Einführung von Abwässern und den Müllkippen an seinen Ufern vergiftet wurde. Der Tiberis ist toter, wie die Leiche vom Ramses dem Zweiten. Der Fluss ist eine einzige Latrine und im Sonnenlicht, was aus der Entfernung silbern wie ein Bergquell glitzert, ist keine Wasserreflexion, das sind unzählige krepierte Fische, die an der Oberfläche in Richtung Meer treiben. Überall sind Meilensteine am Ufer aufgestellt, die in Ägyptisch, Griechisch und Latein davor warnen, in Kontakt mit dem Wasser zu kommen und es niemals zu trinken. Würde Rom nicht in die Höhe bauen würd’s die Stadt übers gesamte italische breiten. Von Cisalpina bis Herculaneum. Rom ist eine ungeheure dunkelgraue und stinkende Ebene, soweit du siehst, mit Häusern bedeckt. Rom ist die allergrößte Stadt der Welt, etwas Größeres kann es wegen der Physik und der Statik nicht geben, weil es in sich zusammenfallen müsste, wie die traurigen Insulas. Die Wohnungen in den bis zu 14 Etagen hohen Mietskasernen sind instabile, beengte und dunkle Löcher. Noch viel schlechter belüftet, als eine versteckte, hermetisch verschlossene Grabkammer. Die billigen und in Wochen Arbeit, schnell hochgezogenen Insulae besitzen nur im ersten Stockwerk fließend Wasser oder Latrinen. Den Inhalt des Nachttopfs, sowie sonstigen Dreck entsorgt man mit größter Begeisterung durchs Fenster. Am liebsten, wenn unter dem Fenster einer steht. In Rom das sind auch keine Straßen, sondern Pfade durch Schluchten. 30 Meter und höher bauen die Wahnsinnigen bis zum Dach. Oben stellen die Holzschuppen und Bretterbuden drauf und vermieten die an Lebensmüde ohne Geld. Dass Rom noch größer als der Boden ist, auf dem es steht ist logisch. Ausdehnung multipliziert mit der Höhe. Das Rom zuerst schön aussieht, liegt an der optischen Täuschung. Es liegt daran, dass man der Via Appia folgt und die Königin der Straßen ist gesäumt von malerischen Ortschaften. Dann steht der Wanderer auf dem Hügel vor der Porta Flumentana, dem Stadttor und denkt sich – aber nein, dass Rom gleich solche Dimension hat? Man kann nicht begreifen, wo diese Stadt endet, wo beginnt. Und jetzt kommt auch noch die optische Illusion ins Spiel. Denn diese Marmorpaläste, Tempel, Foren und Denkmäler stehen auf den Hügeln. Was dazwischen ist, streift dein Auge am Rande. Weißer Marmor und Säulen blenden dich, da würde jeder Bildhauer mit der Zunge schnalzen. Hinzu kommt noch das über Rom eine graue Dunstwolke steht, die bei einem ganz bestimmten Winkel des Sonnenstandes in lichten Farben schimmert. Der hochgiftige Qualm der Garküchen, Bäckereien, Unternehmen und Schmieden liegt über den Hügeln, weil es windstill ist und der Qualm irgendwohin muss. Also deswegen: Scheiße, wieder in Rom!

Der Ausschank befindet sich in einer Seitengasse der Clivus Subura, gegenüber dem Circus maximus und dem kleineren Theater des Pompejus. Nicht sein gigantisches Bauwerk vom Marsfeld mit seinen 40000 Sitzen, wo alles hingebaut wird, das in der Stadt keinen Platz findet, sondern das direkt am zentralen Schweinemarkt. Da wo die aller verrufensten Lokale und Bordelle des Imperiums, Kunden verlocken, ihr Geld auszugeben. Senatorenlatrine wird die krumme Straße, mitten im Herzen des großen Amüsierviertels im Volksmund genannt. Der bekannte Circus maximus, der für seine Gladiatorenspiele und Tierhatzen berühmt ist, gehört den Unternehmern Lucius Lucullus und Scipio Crassus. Die die öffentlichen Latrinen vom Senat pachten und aus dem Urin Roms Gold machen. Die ganze Welt färbt mit römischem Harn ihre Stoffe und Tücher. Die Subura gehört in die IV. Region der Stadt. Sie liegt zwischen den Hügeln Quirinal, Cispius, Viminal und Esquilin. Durch das Viertel verläuft der Clivus Suburanus, eine bunte und übervölkerte Verbindung durch Argentum dem Buchhändlerviertel ins feine Esquilin. Subura ist die Wohngegend der Armen und unbedeutenden Plebejer und als ein einziges Rotlichtviertel berüchtigt. Der römische Normalbürger wohnt nicht in der Atriumsvilla mit Blick auf den blühenden Olivenhain. Nein wir leben in der Subura in einer dunklen und stinkenden 14-stöckigen Insulae, Hochhäusern mit dem Charme eines Kerkers die ihren Besitzern einen unglaublichen Profit einbringen. Mit Insulas genannten Ungeheuerlichkeiten, in, die man seinen schlimmsten Feind nicht einsperren täte, ist Rom übersät. 40000 Wohnblocks und in denen mehrere hunderttausend Menschen leben. Rom ist eine einzige von Platz zu Platz wandernde Baustelle, auf der rund um die Zeit gearbeitet wird.

Im Steinherzen, der Stadt befindet sich das Forum Romanum mit seinen Triumphbögen, Statuen und den Tempeln aus poliertem Marmor. Doch verbunden wird diese ganze Herrlichkeit durch verwinkelte und dreckige Gassen. Wohnviertel aus Bretterbuden und schimmligen Mietskasernen, mit Gerümpelbergen bedeckten Gassen bieten Gaunern ungezählte Verstecke. 1000 Legionäre nehmen einen absolut hoffnungslosen Kampf in der Millionenstadt gegen ein Herr von Kriminellen auf. Und das verarmte Volk strömt ohne unterlass vom Land in die Stadt. Während ich hier bei meinem Bier in Gedanken versunken sitze, hat Rom 500 neue Bewohner bekommen. Angelockt werden sie alle, von der Aussicht 5 Sesterzen am Tag auf dem Bau, als Tagelöhner zu verdienen. Rom ist eine Stadt, die keine von Menschen geschaffene Mauer zu begrenzen vermag. Alte Gebäude bricht man man ab, parzelliert das Land und baut Atriumshäusern auf den guten Hügeln und die elenden Mietskasernen für die Hoffnungslosen dazwischen.

Ich warte hier darauf, dass Iulia die Tochter Gaius Iulius Caesars und meine Besitzerin ihre Einkäufe in den Luxusgeschäften auf dem Forum Romanum beendet, und betrinke mich derweil. Die Spelunke, in der ich trinke, ist beliebt bei den Männern der Cohorten des praefectus vigilu, die in Rom Sicherheit verbreiten. Die Caupona wirkt, seit einem Besitzerwechsel moderner und schicker. Das ganze Blut auf dem Steinboden und an den Wänden, von Prügeleien und Messerstechereien ist geistreich, mit roter Farbe übertüncht.

Die Gesetzeshüter vom Schweinemarkt an der clivus Subura trinken am liebsten dort, wo sie nicht durch Hilfeschreie daran erinnert werden, dass sie im Dienst sind. Weshalb in den nach saurer Pisse stinkenden Säulengängen Schilder angebracht sind, die es nur römischen Bürgern gestatten nach Hilfe zu schreien. Woran sich kein Opfer hält und sauer reagiert, wenn man das offizielle Bußgeld verlangt. Einer der Vorteile sich im zerbrochenen Becher zu betrinken liegt darin, dass kaltblütige Verbrecher darauf verzichten, den Ort auszurauben. Weil Legionäre eben ihre Ruhe wollen, was die Menschen die den Versuch unternehmen schnell merken. Aller Spätestens, wenn ihm sämtliche Gäste, verärgert die schartigen Schwerter entgegenstrecken, sollte auch der größte Dummkopf mitbekommen haben, nanu ein Raub sollte anders ablaufen. Es gibt keinen niveauloseren Haufen von Kriminellen, als jene die angeblich den Frieden bewahren. Männer für die eine Aufnahme in die Cohorte urbane eine Altersvorsorge ist, in Form von Bestechungen und Schweigegeld. Männer, die den Krieg in all seinen Facetten lieben und, deshalb um eine Versetzung nach Rom gebettelt haben. In der Taverne hängen die Schwerter und Messer nicht zur Zierde an den Gürteln der saufenden Wächter, die erst am Abend hier aufschlagen werden. Auf den Hockern neben mir sitzen besoffene römische Buchmacher, denen der Schlaf des Babys scheißegal ist. Sie schreien ihre Fragen zum Trainer der Gladiatorenschule Ludus. »Ey Marcus wie hat der Minosius heute gegessen?«, will einer wissen. »Marcus was ist mit dem Thraker wo ist er? Warum war er heute nicht beim Training«, will ein anderer wissen. Jeder hat seinen Favoriten für die bevorstehenden Spiele. Der Trainer, ein Typ, dessen gesamter Körper und breites Gesicht von Narben seiner Ringkarriere gezeichnet ist, beantwortet gelangweilt die Fragen. Er weiß Kommunikation ist eben ein Teil seiner Arbeit. Links von mir betrinkt sich ein im Gesicht blau tätowierter Kelte mit zottigem Vollbart, in dem er einen Teil seines letzten Essens spazieren trägt. Barbaren vor den Toren des Imperium Romanum, das Krieg um Krieg seine Grenzen erweitert und uns unbekannte Nachbarn beschert. Die es kurz später in die Stadt Rom verschlägt. Als wären unsere Eroberungskriege eine Einladung auf Gegenbesuch zu kommen. Sollen sie, wenn sie sich die Jahresmieten ab 2000 Sesterzen für ein Loch in einer Insulae leisten können. Zum Verständnis, man verdient als Tagelöhner 5 Sesterzen am Tag. Rom ist besser als sein Ruf wiederholte der Censor regelmäßig im Senat. Er verkündet es im Forum, als habe er ein persönliches Interesse daran, was der Rest der Welt von der Stadt hält. Wenn er das tut, ist er umgeben von Liktoren und Leibwächtern, ich finde seine Vorsicht spricht für sich! Ich finde zudem, jeder Ort bekommt die Regierung, die er verdient. Die Situation ist kritisch geworden, in der dicht besiedelten Stadt, mit den höchsten, teuersten und einsturzgefährdetsten Gebäuden der Welt, die man aus fauligen Baumaterialien, wässrigen opus cementium und mit Schlamperei gebaut bekommt. Aber die Stadt ist bei ihrer Gründung schon gefährlich gewesen, hat nicht Romulus den Remus ermordet, und was ist mit dem Raub der Sabinerinnen? Man kann nur sagen: Kriminell bis auf die Knochen der Urahnen, speziell da, wo man die Stadtcohorte abzieht, um die feinen Viertel zu schützen. Vor den prächtigen Villen der Patrizier der Fabiolas, Catos und Iuliuer auf dem Esquilin kann man einen Beutel Gold auf dem Gehweg liegenlassen, ohne das man ihn anders, als mit hochgezogener Augenbraue ansehen würde. Im überbevölkerten Stadtteil Subura zwischen Aventin und Forum wird einem die älteste Tunika geraubt, wenn in Rom irgendwer bezahlt. Ich hasse die Hektik der Feiertage nach mir sollte Weingott Dionysos gestohlen werden nur nicht das Rezept für den Wein! Die Gäste kommen und die Sklaven müssen die Villa putzen und streichen. Man schindet uns Sklaven als würden wir bezahlt. Und jeder Gast erwartet Geschenke. Man trinkt und isst bis man platzt und feiert hemmungslose Fressorgien und tut, als hat man die Streitereien des vergangenen Jahres vergessen. Die Bacchanalien sind der Feiertag, dem jeder außer mir entgegenfiebert, die Warenhäuser und Marktstände machen in dieser Woche einen ansehnlichen Umsatz. An das denke ich gerade und stiere in mein Bier, bis eine junge Frau die mit drei anderen an einem Tisch sitzt, aufsteht und zu mir kommt. Sie will vermutlich ihren Schabernack mit mir treiben, es fällt einem Rechtlosen schwer sich zu wehren, sobald im Gegenzug das Kreuz auf dich wartet. Das Zwölftafelgesetz ... dass römische Anwälte auslegen, wie es ihnen gerade passt, ist den Sklaven ein milder Richter. Die schwangeren Frauen und Mädchen, die sich gegen die Belästigungen ihrer Eigentümer gewehrt haben, dürfen zuvor vom Eigentum des Besitzers entbinden, bevor es zum Kreuzigen geht. Jeder zweite Einwohner Roms ist ein Sklave und um uns Sklaven, als arbeitendes Nichts kenntlich zu machen, ist es uns bei Todesstrafe verboten, die Toga zu tragen. Bei diesem herrlichen Wetter finde ich es nicht ärgerlich meine Gänge in luftiger Tunika zu erledigen.

Die würdige Toga ist eine 6 Meter lange und dicke Bauwollbahn, wie bequem kann die schon sein? Von aller Kleidung, die man im Laufe der Zivilisierung erfinden kann, ist die Toga die unbrauchbarste. Oben herum schwitzt du, wie im Hydrocaustum und der Rest von dir schlackert vor Kälte. Dieses würdige Gewand ist eine Belastung für den Träger. In sommerlicher Hitze oder bei Kälte eine 6 Meter lange Stoffbahn aus Wolle tragen zu müssen ist nicht bequem. Eine Toga verleiht Würde ist im Gegenzug dafür unpraktisch und hindert die Beweglichkeit. Man hat genau darauf zu achten dass die Toga einen eleganten Faltenwurf hat und rempelte jemand einen auf den überfüllten Straßen an, ist alles für die Katz. Leider ist Rom kein Säulengang und man hält sich, nicht oft im Capitol auf, um sich zu zeigen. Man muss auch wieder durch dunkle dreckige Gassen nach Hause gehen. In ein Restaurant oder eine Taverne. Die Lebenszeit einer fehlerlosen, sauberen und exquisit gefalteten Toga dauerte genauso lange wie man brauchte von seinem Haus auf eine belebte Straße zu treten. Ist die Toga verschmutzt, muss sie in eine Wäscherei zum Walken oder Färben. Und schon klimpert es bei Lucullus und Crassus im Geldbeutel, denn gefärbt wird mit Harn.

Ich bin erst seit kurzem Sklave und gewöhne mich langsam an meine neue Stellung, als Gegenstand und Besitztum. Ich betrachte die Venus, die gerade auf mich zu kommt und einen Gang hat, als würde sie schweben. Nein, einen Laufstil, als würde sie vor mir ins Schlafzimmer schweben und mich an der Hand hinter sich herziehen. Sie will mir aller Voraussicht nach, ihren Retsina auf die Bekleidung kippen und ihren lustigen Spruch aufsagen. Ihre blöden Freunde, die zu uns hinstarren, müssen darüber lachen. Bis ich das Gleiche tue, nur mir wird es echt Spaß machen. Sie trägt kein Brustband unter ihrer Seidentunika, so dass ich was für meine Augen geboten bekomme. Meine Tunika verrät meinen rechtlichen Status. Wer etwas im Unterricht bei seinem griechischen Sklaven aufgepasst hat, weiß, dass die selten im Straßenbild erscheinende Farbe Gelb einzig von sakrosankten Sühne Sklaven getragen wird. Weil nur eine Handvoll Priester das Geheimnis kennen, wie man Tunikas in die Signalfarbe Gelb gefärbt bekommt. Ich bin vom Meuchelmord und Giftmischerei Gerichtshof zu 27 Monaten Sühne verurteilt worden. Egal was ich im Augenblick tue die Gesetze können mir den Buckel runter rutschen. Bis mir in zwei Jahren, als Bürger die Rechnungen präsentiert werden. Weshalb ich mein Temperament auf Sparflamme koche, obwohl das Wetter grausig heiß und schwül ist.

Das Mädchen, mit der makellosen Figur scheint in eine aristokratische Aura gehüllt zu sein, die allen römischen Patriziern eigen ist. Sie trägt seltene Seerer Seide und drei massive Goldreife klimpern an ihrem dünnen Unterarmen. Das Gold ist wiegt mehr, als sie selbst auf die Waage bringt. Ihre Turmfrisur ist mit Perlen und Seidenbändern geschmückt und steckt in einem goldenen Haarnetz. Da sie ihr Haar aufwendig und luxuriös schmückt und auf die Luxusgesetze pfeift, entstammt sie einer der Familien, die nicht nur den guten Namen, sondern auch Geld über die Zeit gerettet hat. Sie ist absolut hinreißend, als sei die Göttin Venus kurz in die Taverne gekommen, um mir ihren Wein ins Gesicht zu kippen. Sie hat ein bronzenes secespita, ihr fein ziseliertes Ritualmesser am Gürtel. Es ist eines für das rituelle Sühneopfer, es sind die einzigen Waffen, die Zivilisten innerhalb der Stadtmauern tragen dürfen. Sie ist also religiös und hat bestimmt gerade ein geweihtes Tier geopfert und die Arbeit, einem Opfertier den Hals durchzuschneiden selber erledigt. Ich sehe nämlich Bluttropfen und Spritzer auf ihrer Kleidung.

»Da brate mir einer einen fetten Storch! Du bist der Centurio von der IX Legion von den Wachen vom Schweinemarkt?«, ruft sie laut. Ihre Stimme ist genauso wie die eines Marktweibes, was bei ihrem Aussehen ein regelrechter Schock ist. Ich frage mich, auch warum Frauen dauernd ans Kochen denken müssen, und auch, das ich schon lange keinen Storch mehr auf dem Teller hatte.

»Iulius Decimus! Centurio der vierten Centurie der vierten Cohorte«, bestätigte ich. Aus irgendeinem Grund schmettere ich meinen Rang, als stehe ich vor meinen Legionären. Steht man vor den Galgenvögeln, muss man schmettern. Die Männer sind die Elite, nur die sich in Schlachten bewehrten, kommen in die Cohorte urbanae. Das zeigt nichts über den Grips der Jungs, nur dass sie kämpfen können. Manche möchten einzig zur Cohorte urbanae, weil es in der Stadt mehr Gefechte gibt und erst an zweiter Stelle, weil der Sold doppelt, so hoch ist.

»Decimus, noch einer dieses Namens«, sagt sie.

Ich nicke denn ich stamme aus einem Imperium in dem es viele Millionen Menschen gibt, die sich wenige Namen teilen. Römer sind erstaunlich erfinderisch beim Benennen von todbringenden Waffen, aber nicht bei der Namensgebung für humanere Dinge, wie Menschen. Seit vielen Menschenalter werden unzählige Römer, Decimus oder Rufus und Freigelassene Tiro gerufen. In meiner alten vieren Centurie, heißt jeder zweite Soldat Decimus. Man kann sich vorstellen, was das für einen Anblick bietet, wenn die verwirrten Legionäre über das öde, von Leichen bedeckte Schlachtfeld rennen und aus allen Mündern der Name Decimus schallt. Ich hab mir einmal die Mühe gegeben, als Zeit für sowas war, die Namen von den Männern, die ich verhaftete zu zählen. Es waren 188 Verbrecher, wobei 46-mal der Name Decimus vorkam, dicht gefolgt von Keso, Quintus und Lucius. Was ein kulturelles Armutszeugnis ist. Das gesamte Imperium Romanum hat insgesamt genauso viel Vornamen wie ein normaler Ägypter, bevor der noch volljährig ist. Ich kicher vor mich hin. Das hübsche Mädchen sieht mich an, als wäre ich verrückt, dann leuchten ihre Augen.

»Ah diese Lache, jetzt weiß ich das du es wirklich bist«, sagt sie und beugt sich zu mir und gibt mir den Wangenkuss. Eine Menge teurer Klunker stecken an ihren Fingern und sie riecht nach Honig und einem ägyptischen Duftwasser.

»Ich bin Aebutius. Erkennst mich nicht mehr? Vater ist praefectus urbi ... «

Ich erinnere mich dunkel an sie und sage: »Valerius die Tochter vom Praefectus urbi stimmt‘s?«

Sie nickt geschmeichelt, dass ich mich an sie erinnere. Sie ist die Tochter des Präfekten der Cohorte Urbanae, er war es zumindest noch, als ich in der größten und korruptesten Stadt der Welt für Ordnung sorgte. Das tat ich viele Jahre lang und bin, wegen meines Pflichtgefühls verurteilt worden Sklave der Witwe eines Verbrechers zu sein. Ich hinderte ihren Ehemann daran, einen Mord zu begehen. Brutus war ein Senator und der Händler, den er erdolchen wollte, weil er ihn komisch angesehen hatte, ohne Bürgerrecht und somit beging ich einen Mord. Man hielt mir zugute das es nachts unmöglich ist, einen Senator an dem Purpurstreifen seiner Toga, zu erkennen. Die Strasse war pechfinster und ich durchbohrte ihn mit meinem Schwert von hinten. Ich stimmte den Geschworenen zu und sagte Rom sei bei Nacht eine schlecht beleuchtete Stadt. Das von mir gerettete Opfer, ein steinreicher Händler aus Hibernia bestach den obersten der zwölf offiziellen Auguren und rettete mich davor, grausam umgebracht zu werden. Der Carcer Tullianus, das Gefängnis in Rom steht auf dem Forum Romanum. Hier wartete ich bei schlechtem Essen auf den Tod – durch Erdrosseln – dann sollte meine Leiche zum Verwesen auf die Gemonische Treppe gleich neben dem Forum geworfen werden. Zum Glück gibt es nur noch selten altmodische Hinrichtungen, der Gestank auf dem Capitol ist eh schon unerträglich bei Nordost Wind. In meiner Zelle saß der berühmte Jugurtha, was anzeigt, wie wichtig man meinen Fall nahm und wie klar der Prätor mit meinem Todesurteil rechnete. Ich kann mir schönere Todesarten vorstellen, als erdrosselt zu werden oder im Circus maximus von hungrigen Löwen verputzt zu werden. Aber ich kam ja noch einmal davon. Mein Lieblingsaugur besuchte die Verwandtschaft der 27 Geschworenen meines Prozesses zu Hause und meinte, wenn ich zum Tod verurteilt werde, möchte er nicht in ihrer Haut stecken. Denn der Willen des Iuppiter ist ihm klar offenbart worden. Er hat wiederholt den Vogelflug und den Blitz befragt, um ganz sicherzugehen. Da sieht man mal wieder, wie man mit 200000 Denaren das Gesetz umgangen bekommt. Der oberste Augur stand bei meiner Gerichtsverhandlung auf dem Forum in der ersten Reihe. Er sagte vor der Urteilsberatung, die Geschworenen können einem leidtun, wenn die das falsche Urteil beschließen. Die einzige Lösung, die er sieht, ist es den edlen Centurio zum Sühnesklaven zu machen. Das ist eine Gesetzeslücke, die man unter Juristen „Jupiters Schlupfloch“ nennt. Mehrmals sagte er mit erhobenem Zeigefinger, die Zeichen der Götter lügen nicht. Er sagte, bevor der Anwalt des Anklägers, Tullius Cicero sein Schlussplädoyer hielt, er muss als oberster Priester an die Sicherheit aller denken. Und falls man mich zum Tode verurteilt, schlägt er eine Evakuierung Roms vor. Der Flug der Falken war eindeutig ein Fingerzeig in diese Richtung. Er meinte zu dem, immer panischer werdenden Publikum, er will sich nicht in die Strafordnung einmischen. Gesetz ist Gesetz, selbst wenn das Leben aller davon abhängt, ob der Jupiter seinen Sühnesklaven für 27 Monate bekommt oder wir eine Naturkatastrophe, die sich gewaschen hat, die Hühner lügen nicht. Diese Vogeltiere sind kein so imposanter Anblick wie ein Adler, Sperber oder Falke aber es sind den Weissagern heilige Tiere. Jeder Augur hat seinen eigenen Hühnerstall und am Morgen erkennt der Seher, am Fressverhalten der Tiere, was es für ein Tag wird. Stürzen sich die Hühner auf das Frühstück ist es ein gutes Zeichen, kommen die nur zögerlich aus den Käfigen, soll man schwerwiegende Entscheidungen nicht treffen und den Tag am besten im Bett verbringen.

Das Gute an der Situation tagtäglich der von mir zur Witwe gemachten Frau gegenüberzustehen ist, sie hasste ihren Mann und ist mir tief im inneren dankbar. Das Erste was sie tat, als man ihr vom Unfall des ungeliebten Ehemannes mit meinem Schwert erzählte, außer sich was Schönes zum Anziehen zu kaufen. Iulia die Tochter Gaius Iulius Caesars ließ die Porträts ihres Gatten aus dem Stadthaus entfernen und gab eine Feier. Mein Los, als ihr persönliches Eigentum ist also nicht unangenehm.

»Wie geht es deinem Vater?«, frage ich, mich wieder ums hier kümmernd.

Sie lacht gekünstelt auf, es klingt nicht unangenehm. Ich frage mich, zu welcher Orgie sie gehen wird, ihre Familie ist im Bacchantenkult und ziemlich frivol. Leider steht da dieser dumme Kodex zwischen Beziehungen von Sklaven und Bürgerinnen. Wie erst zu sprechen, wenn man dazu aufgefordert wird, und zwar keine Anmachsprüche. Sklaven die eine Herrin nackt sehen sollen nach dem dummen Zwölftafelgesetz kastriert werden. Für das Risiko muss es sich lohnen. Und es lohnt sich, sie besitzt eine fabelhafte Figur und ein Gesicht, süß wie Honig von den Tischen des Olymps.

»Das wollte ich dich fragen. Wir hören nie von ihm. Sein Name wird in Rom auch nur noch geflüstert.«

Was meint sie? Ich war in Pompeji, wo meine Besitzerin eine Villa Rustica und Weinberge besitzt. Ich habe vom Klatsch nichts mitbekommen. Außer, das es wie üblich Spannungen zwischen Iulias Vater, Caesar und dem Senat gibt. Den Ärger hat er, seit ihn seine Mutter auf die Welt gebracht hat, er sucht ihn regelrecht und nutzt jede Chance dem Senat eins auszuwischen. Das Einzige, was er noch nicht getan hat, ist mit einer Legion über den Rubikon zu marschieren und damit dem Senat den offiziellen Krieg zu erklären. Ich denk kurz an Valerius, ist er wegen Unterschlagung oder Bestechung ins Exil gegangen, das ist üblicherweise der Hauptgrund bei Beamten.

»Das Exil ist nicht das Übelste. Er hat Geld, wie ein Freigelassener und er ist ja nicht in Judäa«, tröste ich sie.

Sie sieht mich an und ihre Wimpern klappern als wollen die mich einladen. »Wieso Judäa? Er treibt sich in Ostia rum. Besuchst du ihn nicht? Du bist sein Centurio?«

Ich murmel etwas von „Zeitknappheit“ und wundere mich, dass man die Feinde des Senats direkt vor die Tore Roms nach Ostia verbannt. Ich werde ihn nicht besuchen, ich bin nicht verrückt, wenn Valerius verbannt wurde, hat er mächtige Feinde. Bestimmt haben die Prätorianer ihre Fruttarii, ihre Spitzel da postiert, die sich notieren, wer Valerius besucht. Ich soll schön meine Finger von Senatoren und von der Politik lassen. Mein Krug Bier scheint versiegt zu sein, denn getrunken habe ich es nicht. Heiß ist heute und nirgendwo ein lauen Windchen in Sichtweite. Ich frage das Mädchen was sie trinken will. Sie will natürlich das Teuerste von der Karte, Schnee gekühlten Wein.

Kaufe frischen Schnee, rufen die Anpreiser von jedem Platz der Stadt in dieser Mörderhitze. Das Eis ist teurer als der beste Retsinawein. Man karrt das Eis von den Gipfeln der Sabiner Berge. Der Schnee wird in Gruben geworfen und gepresst und mit Holzbrettern Stroh und Gras verdichtet. Die Eisblöcke aus den Eisfabriken sind gigantisch. Ich hatte vor Jahren, verkleidet als Arbeiter in der Eisfirma des Scipio Craccus ermittelt. Man hatte Leichen in den Eisblöcken eingefroren gefunden. Es stellte sich aber nicht als Verbrechen, sondern als Unfälle heraus. Ein paar seiner Sklaven hatte es erwischt sie waren beim Eissägen an Erschöpfung verreckt. Ich bestelle schriftlich beim Wirt unsere Getränke. Er knallt mir das kleine Wachstäfelchen hin und knurrt mich bestätigend an. Die Kleine blickt mich so enttäuscht an, dass ich ein schlechtes Gewissen bekomme.

»Warum ich ihn nicht besuche? Ich lebe momentan als Sklave, ich sehe selten Leute von früher.«

»Ich würde ihn gerne treffen«, sagt sie.

»Und warum tust es nicht?«, will ich wissen.

»In der tullinischen Strasse auf dem Aventin wohnt er nicht mehr. Er verkaufte das Domus für eine Million Denare. Seine Adresse ist auch nirgendwo verzeichnet, nicht mal im Steuerbuch wegen der vielen Leute die ein Huhn mit ihm rupfen wollen.«

»Ich weiß, wer dir helfen kann. Frage den Aedilen des Marktes, Claudius. Er ist ein guter Freund von mir und Valerius, ein guter Mann.«

»Ein guter Mann?«, fragt sie amüsiert.

Ich nicke er ist es. Claudius Petronius ist einer der sechs plebejischen Aedilen. Die Bürger und Bürgerinnen können bei ihm einen Wasseranschluss beantragen, sich in die Listen der Getreideempfänger eintragen. Er ist ein Mann, der aus dem Nichts aufgetaucht ist. Er stammt nicht aus Rom, sondern aus der Stadt Brundisium. Petronius hat in den Augen des Censors Cato einen Makel, weshalb er Petronius das Leben schwer macht. In den Augen von Cato ist er kein Römer. Die Menschen unterschätzen die Macht des Censoramtes, Cato verfügt zwar über kein militärisches Kommando, doch ist es seine Befugnis die Liste der Senatoren von denjenigen zu säubern die angeklagt und per Handzeichen der urteilenden Senatoren für unwürdig befunden werden. Catos Listen sind immer sehr lang, er betrachtet sein Amt als persönliches Werkzeug und rächt sich an den Enkeln für die Beleidigungen, die ihm von deren Großvätern angetan wurden. Censoren werden auf 18 Monate gewählt und seit der Zeit versucht Cato, den Praefectus urbi mit irgend etwas anzuklagen. Valerius Vater kritisierte vor 40 Jahren Catos Buch „von den Ahnen“, als eine Zumutung. Es ist ein Kreislauf solange Valerius der Praefectus urbi Roms ist, kann er ihn nicht anklagen, was Valerius zwingt, dieses ungeliebte Amt auszuüben.

»Du meinst den Aedilen vom Schweinemarkt?«

»Genau der, vom Speck und Schweinemarkt!«, sage ich und denke gerührt an Suburas Marktplatz. Ein halbkreisrundes Forum und in den 120 Buden und Ständen auf drei Etagen gibt es alles zu erwerben. Getreide aus Nordafrika, Olivenöl aus hespania attica und Garum aus Hybernica. Kosmetik aus Germanien, Schweine, Gewürze, Seide und Sklaven. Die Geschäfte werden auf dem, von Kolonnaden gesäumten schattigen Platz abgewickelt, vor Zeugen und mit Handschlag besiegelt. Es geht nicht ums Kaufen und Verkaufen. Der zentrale Schweinemarkt ist ein Treffpunkt, um sich mit seinen Klienten zu zeigen. Vormittags trifft man dort zusammen, um zu sehen und gesehen zu werden. Er dient auch als Gerüchteküche, Heiratsvermittlung und Pfandleiher und Taverne. Der Markt gibt vielen Leuten ihr tägliches Auskommen, den Händlern, ihren Gehilfen, Bettlern und Taschendieben. Auf meinem Weg ins „Rufus“ habe ich kurz auf dem Markt nachgesehen, die Preise sind gefallen. Ein Sklave kostete jetzt weniger als eine Kuh. Neben dem Schweinemarkt liegt die Garnison der Cohorte Urbanae, der Prätorianer und der Feuerwehr. Im Erdgeschoss befinden sich die Räume der Vigiles, der aus ehemaligen Sklaven bestehenden Feuerwehr. Die 700 Vigiles sind auch für den Alltagskram wie Ladendiebstahl zuständig, außer ein Feuer bricht aus und Feuer brechen häufig aus und nehmen oft katastrophale Formen an. Über den Räumen der Feuerwehrleute sitzt die Prätorianische Garde, die Verschwörungen und Mordanschläge, die in der Subura geplant werden vereiteln sollen. Der Eingang der Kaserne wird streng bewacht, es kommt vor das ein Mob versucht einen Verbrecher zu befreien noch öfter einen zu lynchen. Das ist das Vorrecht der Spieleveranstalter. Bei großen Feierlichkeiten wie denen die anstehen werden an einem Tag, im Circus maximus oder dem Circus Flaminius ganze Massen von Verbrechern und Kriegsgefangenen und Sklaven abgeschlachtet. Wenn du die Geier über dem Circus maximus kreisen siehst, weißt du die Spiele Saison hat gerade angefangen. Wenn du die Geier, die zu fett zum Fliegen sind, auf den Straßen beieinanderstehen siehst, weißt du eine gute Saison ist gerade zu Ende gegangen.

Die Tresviri capitalis, die Wächter der Hauptstadt denen ich angehörte besitzen, Polizeigewalt und eine eigenständige Gerichtsbarkeit. Die Tresviri sind in der Zuständigkeit auf die plebejische Unterschicht und auf die Verbrechen von Sklaven beschränkt. Weshalb es von der Täterergreifung bis zum Urteilsspruch oft keine Stunde dauert. Der Praefectus oder ein Prätor sprechen die Urteile selber. Stockschläge, Geldbußen ohne großes Prozedere, daher kommt das Wort kurzer Prozess. Die Ermittlungen und Untersuchungen der Verbrechen der Oberschicht obliegen dem Prätor und den Prätorianern.

Das hübsche Mädchen schwebt nach draußen und mietet die Dienste eines Läufers, die mit ihren Besitzern, vor jeder Taverne zu finden sind. Dann setzt sie sich zu ihren Freunden und sie lachen die ganze Zeit. Ich ziehe meinen Bauch ein, wenn sie rüberblicken. Etwas später donnerte es an die Tür. Sie geht hinaus und kommt mit strahlendem Gesicht zu mir.

»Ich habe ihn gefunden«, jubiliert sie.

»Wen deinen Vater?«

»Nein, den Aedil. Ich gehe hin und spreche mit ihm, wenn er weiß, wo Papa steckt, soll er ihm einen Brief von mir geben.«

Das nenne ich vorbereitet sein, wer weiß wie lange die Kleine den Brief schon mit sich rum trägt. Die Tür geht in diesem Moment auf und Xerxes springt an mir empor und stößt mir die Vorderpfoten in den Bauch. Die Luft weicht aus meinen Lungen, als würde ein Pfeil einen luftgefüllten Ball treffen. Das Tier wiegt samt der ausgefahrenen, messerscharfen Krallen 60 Kilogram. Am anderen Ende der dekadenten Goldkette steht Iulia, sie liebt Geparden. Sie meint Katzen aus Karthago seien besonders schlau, was ich nicht feststellen konnte. Ich mag es auch nicht, wenn sich Xerxes die Raubkatze an mich anschleicht und mich wie eine Antilope durch die Villa jagt. Iulia meint dann sie will Spielen. Meine Besitzerin wirkt ziemlich erschöpft und glücklich, als sei sie gerade aus Eros unersättlichen Armen geschlüpft. Ihre dunklen Haare sind zu einem hübschen, mit roten Seidenbändern und Goldringen geschmückten Turm hochgesteckt. Strähnen vom Einkaufsgefecht hängen ihr keck im Gesicht. Sie ist eine schöne Frau. Merkur sei es gedankt, kommt sie vom Aussehen nach ihrer Mutter. Caesar mag brillant sein, besonders attraktiv ist er nicht.

»Na wie war es?«, frage ich.

»Wir haben einen wunderbaren Einkaufstag hinter uns! Bei Tiro & Mintus biss Xerxes in einen Wühltisch und jagte das fette Kind einer fetten Frau durch das ganze Warenhaus. Ich denke Xerxes hat Hunger.«

»Ich merke es, das Mistvieh versucht mir die Därme aus dem Leib zu krallen!«, sag ich und muss über meine Besitzerin lächeln. Es ist ein warmes Gefühl, voller Sympathie und es erschreckt mich. Ich bin es einfach nicht gewöhnt, Zorn, Wut und Verzweiflung, aber Glück ist etwas sich fremd anfühlendes. Iulia schnippt mit dem Fingern und befiehlt dem Gastwirt dem Tier einen Teller Pfauenzungen und gesottene libysche Wühlmäuse zu geben.

»Wir haben nichts zu essen, wenn das Miezekätzchen Hunger hat, warum lässt du es nicht die Ratten jagen?«, fragt der Wirt und zeigt zu seinem Vorratsraum. Iulia wirft den Kopf nach hinten und lacht:

»Ich bitte dich guter Mann, Xerxes hat 200000 Sesterzen gekostet, man kann einem so edlen Tier doch keine Ratten anbieten!«

Eusebius, ihr Eunuch knallt die schweren Pakete und Amphoren auf die Theke und schwankt zu einem Hocker, er wischt sich die Stirn ab und gibt dem Wirt ein Zeichen, er will Cervesia. Ich mache die beiden Frauen miteinander bekannt.

»Iulia die Tochter Gaius Iulius Caesars. Iulia das hier ist Aebutius, Tochter Valerius sie stammen direkt von Herakles und der ersten Könige ab ... Ihr Vater ist mein Präfekt gewesen, als ich noch ein freier Mensch war. Kein schlechter Kerl, ein Sabiner ... «, ich rolle mit den Augen und Iulia versteht. Sabiner gelten als anfällig für den Größenwahn. Wenn man alle übertrieben und grotesk proportionierte Bauwerke analysieren würde, kommt man bestimmt zum Ergebnis, dass die entweder von Sabinern erdacht oder gebaut worden sind. Bis auf die Pyramiden, die Ägypter haben ihre eigenen Sabiner dort unten.

Meine Besitzerin schüttelt dem Mädchen die Hand und küsst ihre Wangen.

»Ich war hin und Weg von ihm!« Die Tochter von Valerius sieht in meine Richtung. Ich grinse, was meine Besitzerin stirnrunzelnd zur Kenntnis nimmt. Vielleicht hat sie das selbe warme Gefühl, wie ich es habe wenn ich sie betrachte?

»Ich wich ihm nie von der Seite, wenn er uns besuchte. Er erzählte immer die ungeheuerlichsten Lügen, wen er alles verhaftet hat. Und immer ist es ein Dichter auf den ich stand Plautus oder Catathisos«, schwatzt sie.

»Du siehst müde aus Iulia«, sag ich.

»Ich bin es.«

»Setzen wir uns doch alle an einen Tisch«, schlag ich vor. Aebutius sagt sie müsse zurück. Sie umarmt uns zum Abschied.

»Ihr solltet unbedingt mal bei uns vorbeischauen wir wohnen im Quirinal. Mutter wird sich bestimmt freuen einen alten Freund von Vater zu treffen.«

Mir kommt es so vor, als habe sie mit einer gewissen Bedeutung gesprochen. Aber so sind Sabiner. Man fragt einen nach der Tageszeit, »hora octava!« achte Stunde antwortet er und du grübelst über diese Antwort nach, ob da nicht mehr da hinter steckt. Ich denk auch: Wo sonst sollten die wohnen, als im schicksten Quartier von Rom. Mit echter Luft in einer Stadtvilla 70 Meter über dem verseuchten Klima des toten Flusses Tiberis.

Iulia sagt: »Sehr gern wir wohnen im Esquilin, die Stadtmauer entlang schräg neben dem Domus Aurea und dem Minervatempel. Wir bleiben die Spiele über in Rom und dann Reisen wir nach Pompeji. Komm uns besuchen, wann immer du willst.«

Aebutius Valerius tätschelt den Geparden, der zur Unterstreichung seiner Klugheit in meinen Hocker beißt und geht zu ihren Freunden.

»Sie ist eine Augenweide«, meint meine Besitzerin eine Spur eifersüchtig.

»Wenn man auf Sabinerinnen steht.«

»Auf was stehst du?«, fragt sie und sieht mich neugierig an.

»Nur auf Verbotenes, auf dich!«, sag ich. Weil unsere Beziehung ist, in jeder Hinsicht ausgezeichnet, sie zeigt mich nicht gleich beim Prätor an.

»Und was ist mit der Sklavin, mit der du gestern Nacht bei den Apuleius stundenlang geredet hast?«

»Sei nicht einfältig. Die wollte mich bloß zu einer Orgie in die Küche einladen.«

Mord an Senatoren

Подняться наверх