Читать книгу Sophies Erwachen - Anna Bloom - Страница 6
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ОглавлениеAls sich die Tür automatisch öffnete und meine Augen sich an das gleißende Licht, das durch die Öffnung hereinströmte, gewöhnten, sah ich ein paar Gestalten in der Empfangshalle herumstehen. Einige Personen schloss ich gleich aus. Eine wild winkende Dreiergruppe erregte meine Aufmerksamkeit. Sie mussten Vater, Mutter und Tochter sein. Ich erkannte ihre Gesichter von den Fotos, die mein Vater mir gezeigt hatte. Das war eindeutig meine neue Familie. Ich lächelte sie breit und erleichtert an. Sie hatten kein peinliches Schild mit meinem Namen dabei. Das Eis war damit gebrochen. Barbara, die Mutter, umarmte mich als Erste, dann Volker, der Vater und dann Stephanie ihre Tochter, die so etwas wie eine Schwester für mich werden würde.
„Endlich bist Du da!“, rief Stephanie.
„Herzlich willkommen Sophie“, sagte Barbara.
„Wie war Dein Flug?“, fragte Volker.
Ich wusste gar nicht, was ich auf diese Flut von Fragen sagen sollte. „Ich bin sterbensmüde“, war das Einzige, das mir einfiel, was aber auch der Wahrheit entsprach.
„Nach dreißig Stunden ist das auch kein Wunder“, antwortete Barbara.
Dann besann ich mich auf meine gute Erziehung und fügte hinzu: „Danke, dass ich bei Euch sein kann. Ich freue mich schon sehr auf die Zeit hier.“
„Als Dein Vater uns darauf ansprach, ob Du ein Schuljahr hier verbringen könntest, waren wir Feuer und Flamme. Stephanie redet von nichts anderem mehr, als von ihrer neuen Schwester.“ Volker zwinkerte Stephanie zu.
„Ich habe meinen Freunden von Dir erzählt. Wir haben uns echt coole Sachen überlegt, die wir unternehmen können. Hast Du schon Wale gesehen?“
„Nur im Zoo“, erwiderte ich.
„Der Großvater meiner besten Freundin fährt mit Touristen am Samstag raus aufs Meer zum Wale beobachten. Wir können mitfahren.“
„Das wäre echt cool“, sagte ich begeistert.
„Kommt, lasst uns Deine Sachen in den Wagen befördern. Gib mir Deinen Rucksack und Deine Tasche“, sagte Volker. Er nahm sofort den Wagen mit meinen überdimensionierten Koffern in Beschlag. Stephanie riss die Tragetasche mit meiner Jacke und meinen Stiefeln aus meinen Händen.
„Ich will mich auch nützlich machen“, rechtfertigte sie sich, als ihr Vater den Kopf verständnislos schüttelte. Barbara und Volker gingen vor, während Stephanie und ich ein paar Schritte hinter ihnen gingen. Sie begutachtete meine Stiefel, deren Schaft aus der Tüte raushing. „Die sind sehr schön. Aber so schnell wirst Du sie hier nicht brauchen“, sagte sie und lachte dabei.
„Ja, ich weiß. In Frankfurt liegt jetzt viel Schnee und hier ist Sommer. Der Wahnsinn!“, sagte ich und spürte den warmen neuseeländischen Sonnenschein auf meiner Haut als wir aus der Tür des Flughafens traten. Hinter dem kleinen Parkplatz mit einer Handvoll Autos türmten sich blaugrüne Berge auf. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tals, in dem Blenheim lag, waren die Berge gelblich-braun, fast wie die Landschaft aus einem Western-Film. Volker und Barbara steuerten auf einen silbernen Jeep zu. Ich betrachtete die Beiden. Sie waren sehr sportlich, braun gebrannt und trugen beide Jeans und helle kurzärmlige Hemden. Sie wirkten leger und ausgeglichen. Zwar hatten sie sehr viel Deutsches an sich, aber ihr Gang war etwas langsamer und geschmeidiger als bei Menschen, die in Deutschland leben. Die Lachfältchen rund um den Mund verrieten, dass sie nicht nur bei meinem Empfang ein freundliches Grinsen aufsetzten. Nachdem meine Sachen im riesigen Jeep verschwunden waren und wir losfuhren, stellte ich mit Erstaunen fest, dass Volker sich schnurstracks auf der linken Straßenseite einordnete. Natürlich fuhren wir auf der linken Straßenseite. Neuseeland war ja mal eine englische Kolonie, aber so richtig bewusst hatte ich mir das vorher nicht gemacht. Wir fuhren an einigen Kasernen vorbei. Blenheims Flughafen war mal ein Militärflughafen gewesen und lag etwas außerhalb der Stadt. Rechts und links von der Straße standen Obstplantagen und Weinstöcke. Nach zehn Minuten Fahrt erreichten wir die Stadt. Die Straßen waren breiter als bei uns. Ein Grünstreifen trennte sie auf beiden Seiten von den dahinterliegenden Gehwegen. Auf einer Straßenseite standen Strommasten in Reih und Glied. Die Häuser waren hinter Bäumen und blühenden, wild wuchernden Hecken versteckt, die nicht wie bei uns in Deutschland mit Hilfe einer Wasserwaage beschnitten waren. Wenn man überhaupt ein Haus hinter den Heckenmauern vermuten konnte, dann waren es einstöckige Einfamilienhäuser. Nur ihre Dächer lugten hervor. Den Menschen hier lag wohl viel an ihrer Privatsphäre. In Frankfurt wohnten wir in einer Wohnung im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses. Die Wände waren recht dünn und man konnte so sehr leicht am Leben der Anderen teilnehmen. Mein Viertel bestand nur aus solchen Häusern. Strommasten gab es bei uns fast nicht, da die Stromkabel unterirdisch verbaut wurden. Hecken gab es nur in den Vororten oder im Park. Das hier war eine andere Welt. Hinter den Bergen begann bereits die Wildnis. Alles, was die Menschen hier an Zivilisation hatten, rangen sie der Natur in einem langen und anstrengenden Prozess ab.
„Hier gibt es Palmen?“, stellte ich erstaunt fest, als wir an zwei ausgewachsenen Exemplaren vorbeifuhren.
„Ja klar. Blenheim ist die Stadt mit den meisten Sonnenstunden in Neuseeland“, sagte Stephanie in ihrem schnellen Redetempo, das sie mit wilden Gesten unterstützte.
„Das ist die Nikau-Palme. Sie ist die südlichste Palmenart der Welt“, klärte mich Barbara auf.
„Es wird hier nicht so kalt im Winter wie in Deutschland“, fügte Volker hinzu. „Deswegen sind wir hergekommen. Der Riesling hat hier beste Bedingungen zum Reifen“, fuhr er fort.
„Und die Leute sind fröhlicher und entspannter“, sagte Barbara lächelnd.
„Das Meer und die Berge sind das Beste an Blenheim. Ich gehe oft Wandern, Schwimmen oder Kajakfahren. Manche Schüler kommen morgens mit dem Kajak zur Schule“, schwärmte Stephanie von ihrer Heimat.
„Das klingt verrückt für meine Frankfurter Ohren“, sagte ich verdutzt. „Aber auf jeden Fall cool.“
Dann fuhren wir schon in eine Einfahrt. Ein riesiger grüner Garten war auf der rechten Seite angelegt, mit der obligatorischen wilden Heckenmauer davor, um die Bewohner vor neugierigen Blicken zu schützen. Dahinter stand ein zartrosa gestrichenes eingeschossiges Einfamilienhaus. Mein neues Zuhause sah zwar kitschig aus, aber auch irgendwie süß. Mein erster Eindruck war, dass die Leute hier alles taten, um fröhlich und beschwingt leben zu können. Ob ich mich mit meiner melancholischen Stimmung hier wohl fühlen würde fing ich an zu bezweifeln. Die Vorstellung, im rosaroten Schweinchenhaus düstere Musik von Björk zu hören und mich vor Heimweh heulend unter meiner Bettdecke zu verstecken, war doch zu abstrus.
„Hier wohnen wir, Sophie.“ Barbara holte mich aus meinen Gedanken.
„Komm, ich zeige Dir das Haus und Dein Zimmer.“ Stephanie streckte mir ihre Hand entgegen und kaum hatte ich ihr meine Hand gereicht, zog sie mich schon ins Haus. Es war nicht abgeschlossen. Das wäre in Frankfurt undenkbar gewesen. Hier am anderen Ende der Welt waren Einbrüche wohl kein großes Thema. Wohin sollte man auch flüchten, wenn man auf einer Insel mit lediglich vier Millionen Einwohnern mitten im Pazifik eine Straftat beging? Ein großer Flur lag hinter der Eingangstür. Auf der rechten Seite ging es in die Küche. Sie war recht modern eingerichtet, mit einem großen Tisch und vier Clubsesseln in der Mitte des Raumes.
„Komm, ich zeige Dir unser Wohnzimmer“, drängelte Stephanie und zog mich durch eine weitere Tür, die aus der Küche führte. Das überdimensionierte Wohnzimmer nahm die Breite des ganzen Hauses in Anspruch. Eine große Fensterfront und eine Tür, durch die man auf die Terrasse und den davor liegenden Garten gelangen konnte, ließen das Zimmer noch größer wirken, da man den Blick bis zur Hecke am Straßenrand schweifen lassen konnte. Auf der Terrasse standen Gartenmöbel samt Liegen. Der Raum selbst war lichtdurchflutet und die hellen Möbel reflektierten das Licht zusätzlich. Ein großer Fernseher stand an der linken Wand, den Stephanie gleich anmachte und ihn mir stolz präsentierte. „Dank Satellitschüssel haben wir auch deutsche Sender. So bleiben wir immer up-to-date.“ Ich schaute sie merklich etwas gelangweilt an. „Die Zeitungen bringen hier nur neuseeländische Nachrichten und seitenweise Rugby-Ergebnisse. Ohne den Fernseher hat man keine Ahnung, was auf der Welt passiert“, sagte sie entschuldigend.
„Habt ihr einen Internetanschluss?“, packte ich die Gelegenheit am Schopf.
„Ja klar. Da musste ich nicht lange argumentieren. Papa braucht das Netz wegen dem Wein. Ich habe einen Laptop, wenn Du ihn benutzen willst, ist das kein Problem.“
„Ich habe meinen mitgenommen“, freute ich mich über die Aussicht, ins Internet gehen zu können.
„Na, dann können wir gleich versuchen, bei Dir das WLAN-Netz einzurichten“, lachte sie und machte sich sofort auf den Weg zum Flur. Auf der rechten Seite gingen zwei Türen ab.
„Das ist das Schlafzimmer meiner Eltern und das hier ist das Bad“, kommentierte Stephanie beim Vorbeigehen. Geradeaus sah ich zwei weitere Türen, die unsere Zimmer sein mussten.
„Das Zimmer links ist Deines“. Sie riss die Tür auf. „Deine Sachen sind auch schon hier. Es war unser Gästezimmer. Du kannst es ein wenig wohnlicher dekorieren, wenn Du möchtest. Ist noch ein bisschen anonym.“
„Es sieht sehr hübsch aus“, sagte ich, ohne zu flunkern. Die Möbel waren auch hier aus weiß gestrichenem Holz, wie auch der Holzboden. Ein dunkellila Teppich gab dem Zimmer den nötigen Farbkontrast. Die Wände waren beige gestrichen, das erinnerte mich an mein Frankfurter Zimmer. „Mit ein, zwei Bildern an der Wand und meinen Sachen im Regal wird das Zimmer schon wohnlich aussehen“.
„Lass uns mal schauen, ob dein Laptop läuft. Ich hole den Zugangscode zum WLAN.“ Stephanie stürzte aus dem Zimmer, bevor ich etwas sagen konnte. Mit ihrem schnellen Tempo, ihren rotblonden langen Haaren und ihrer schlanken Figur war sie wie ein roter Blitz in Sekundenschnelle aus meinem Zimmer fort. Sie schien alles schneller zu machen als normale Menschen. Das Sprechen, das Gehen, das Denken. Ich kam mir wie eine Schnecke neben ihr vor. Sie hatte viel überschüssige Energie. Oder war sie nur aufgedreht, weil ich da war? Eine Schwester, die sie nie hatte. Ich schaltete meinen Laptop ein und blickte in das verlassene fremde Zimmer. Aus meinem Gepäck wühlte ich meinen Kulturbeutel heraus. Ich kramte nach dem Parfümflakon und als ich ihn endlich hatte, sprühte ich in jeder Ecke des Zimmers einmal kurz in die Luft. Ich wollte, dass mein Zimmer nach mir roch. Nachdem ich mit den Armen durch die Luft gewedelt hatte, durchströmte mich endlich ein wohliges Gefühl des Angekommenseins. Da Stephanie noch nicht zurück war, ging ich auf die Toilette. Ihre Eltern räumten in der Küche auf und redeten miteinander, doch ich verstand nichts. Als ich zurück in meinem Zimmer war, saß Stephanie schon an meinem Laptop und versuchte die Verbindung zum Netz herzustellen.
„Sorry, ich hab schon ohne Dich losgelegt. Hoffe, Du bist mir nicht böse“, entschuldigte sie sich.
„Ja, kein Thema“, winkte ich ab und setzte mich neben sie aufs Bett.
„Das scheint zu funktionieren. Ich starte den Browser.“ Drei Sekunden später fügte sie triumphierend hinzu: „Du bist online, Sophie.“
„Danke, Du hast mein Leben gerettet. Ich bin absolut internetsüchtig. Ich wollte mit meinen Freunden zu Hause in Kontakt bleiben.“
„Ich bin auch viel im Netz. Aber auch viel draußen in der Natur mit meinen Freunden. Willst Du jetzt schon ins Netz oder vorher etwas essen? Meine Eltern haben Frühstück gemacht.“
„Ich könnte einen Happen vertragen. Aber wieso Frühstück? Wie spät ist es denn?“
„Es ist acht Uhr.“
„Da seid ihr aber früh aufgestanden wegen mir. Sorry.“
„Macht nichts. Ich stehe immer so früh auf. Auch wenn ich Ferien habe.“
„Ich beneide dich. Ich bin ein absoluter Langschläfer. Mich kriegt man nicht so leicht aus dem Bett.“
„Wart mal ab. Wenn Du meine laute Musik morgens hörst, wirst Du schon wach werden. Bei meiner Mutter wirkt das auch. Komm, lass uns was essen.“
Barbara und Volker machten gerade einen Fruchtsalat als wir in die Küche traten. Der Tisch war bereits gedeckt. Der Duft von Kaffee durchströmte den Raum. Stephanie setzte sich an den Tisch, ich nahm mir den freien Stuhl. Joghurt, Milch und verschiedene, mir unbekannte Müslisorten standen auf dem Tisch.
„Trinkst Du Tee oder Kaffee?“ fragte mich Barbara. „Ein Kaffee wäre perfekt“, antwortete ich. Stephanie griff schneller als ihre Mutter zur Kanne und schenkte mir ein.
„So, der Obstsalat ist auch fertig. Nimm Dir, Sophie. In Blenheim sind wir verwöhnt, was Obst angeht. Hier gibt es dutzende Obstplantagen. Wir exportieren auch ins Ausland, aber wenn es direkt vom Baum kommt, dann schmeckt es am besten.“
Ich nahm Joghurt, Müsli und dekorierte das Ganze mit Obstsalat.
„Funktioniert der Internetzugang, Sophie?“, fragte Volker.
„Ja, danke.“
„Fühl Dich wie zu Hause, bitte. Genieß die Zeit bei uns. Stephanie wird Dich ihren Freunden vorstellen. Du wirst schnell Anschluss finden.“
„Es gibt hier so viele tolle Dinge, die man in der Natur unternehmen kann, die Du in Frankfurt sicher nicht häufig machen konntest. Du wirst eine schöne Zeit haben“, ermunterte mich Barbara. War mir die Angst so leicht anzusehen oder war das alles nur selbstverständlich, wenn man in ein ganz neues Land reiste?
„Wir können in den Ferien eine Reise auf die Nordinsel machen“, schwärmte Stephanie verzückt.
„Ihr könntet ein paar Leute mitnehmen. Das wäre mir lieber, als wenn Ihr alleine reist.“
„Klar Mutter!“ Stephanie rollte mit den Augen und stupste mich an. „Mit ein paar Jungs ist es sowieso spannender“, flüsterte sie in meine Richtung. Stephanie kannte bestimmt viele Jungs. Mit ihrem hübschen Gesicht, den blauen Augen und der rotblonden Mähne kam sie sicher bei allen gut an. In Frankfurt kannte ich auch einige Jungs, aber der Richtige war noch nicht unter ihnen gewesen. Ob Stephanie einen festen Freund hatte? Die Frage merkte ich mir für später, wenn wir beide unter vier Augen waren. Stattdessen fragte ich Volker, wie lange sie schon in Neuseeland lebten.
„Barbara und ich sind in den achtziger Jahren hergekommen. Wir waren noch jung und abenteuerlustig. Mein Vater war Weinbauer und ich hatte alles bei ihm über den Weinbau gelernt. Mein älterer Bruder sollte das Weingut übernehmen. Für uns zwei hätte es nicht genügend abgeworfen. Zufällig habe ich in der Zeitung gelesen, dass in Neuseeland auch Wein angebaut wird, aber kein Riesling. Ab da habe ich nur noch von Neuseeland geträumt und von einem eigenen Riesling-Weingut. Als ich Barbara kennengelernt habe und sie die Idee auch gut fand, wanderten wir aus. Mein Vater gab uns ein Startkapital, wir nahmen zusätzlich Kredite auf, mit dem wir ein kleines Gut hier kaufen konnten. Den Riesling nahmen wir aus Deutschland mit. Er gedeiht hier gut und der Wein ist fantastisch. Nach und nach haben wir Land hinzugekauft und dann dieses Haus. Wir exportieren den Wein auch nach Deutschland. Deswegen kennen Dein Vater und ich uns.“
„Mit fällt gerade auf, dass ihr alle so gut Deutsch sprecht. Fast akzentfrei. Gerade Du, Stephanie. Du bist ja schon hier geboren“, sagte ich verdutzt.
„Das deutsche Fernsehen hält uns fit und einige Freunde, die ebenfalls aus Deutschland ausgewandert sind“, erklärte Barbara.
„Ich bin öfter in Deutschland. Bei meinen Großeltern. In der Schule lerne ich auch Deutsch“, fügte Stephanie hinzu.
Als wir mit dem Frühstück fertig waren, stand Barbara auf und fing an aufzuräumen. Ich reichte ihr einige Sachen.
„So, lass uns mal zum Weingut hinüberschauen“, bat Barbara Volker.
„Ruf deine Eltern an, Sophie. Sie machen sich bestimmt Sorgen. Das Telefon ist im Wohnzimmer. Und dann schlaf Dich etwas aus. Lass sie bitte schlafen, Stephanie. Egal wie aufregend es für Dich sein sollte, mit ihr zu sprechen.“
„Ja, Mutter. Ich werde mich zurückhalten“, rief Stephanie unzufrieden.
„Morgen gehen wir dann für die Schule einkaufen. Du wirst Unterlagen brauchen und vor allem eine Uniform“, stellte Barbara fest.
„Eine Uniform?“, fragte ich ungläubig.
„Uniform. Wie in England. Wir haben hier auch Sportclubs. Du musst dich für einen Club entscheiden. Und wir haben in der Schule „Häuser“, in die wir eingeteilt werden. Das ist wie bei Harry Potter“, referierte Stephanie in ihrem Spitzentempo und ihrer wild gestikulierenden Art.
„Worauf habe ich mich da eingelassen! Hoffentlich gibt es keine bösen Zauberer oder sonstigen Spuk“, lächelte ich.
„Zauberer gibt es zwar nicht, aber einige seltsame Leute, vor denen Du Dich in Acht nehmen solltest.“ Barbara schaute mich ernst an. Das war wohl die Pass-auf-Dich auf-Ansage.
„Klar, ich passe auf mich auf“, erwiderte ich automatisch. Aber vielleicht war doch mehr dahinter, als das? Da war wieder das mulmige Gefühl in meinem Magen. Aber ich war zu müde, um mir Gedanken darüber zu machen.
„Danke für das tolle Frühstück. Ich gehe jetzt duschen und dann schlafen, sonst breche ich vor Müdigkeit zusammen“.
„Schlaf gut, Liebes“, sagte Barbara.
„Wenn Du aufwachst, zeige ich Dir mein Zimmer und wir hören Musik“, sprudelte es aus Stephanie heraus.