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LABYRINTH

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Manchmal steckst du mittendrin, siehst keinen Weg, kein Ziel, keinen Horizont, keinen Ausweg. Mauern umgeben dich, so hoch, dass du einfach nicht mehr über sie hinweg blicken kannst. Du findest jedoch keinen Ariadne-Faden, der dich herausbringt aus diesem Labyrinth. Du bist voller Angst und Verwirrung, du hast völlig die Orientierung verloren, du fühlst dich einsam und so sehr von der Welt abgeschnitten.

Das Einzige, was du in einer solchen Situation, in deiner Situation, hast, das sind die Kinder, deine Kinder, die mit ihren leuchtenden Augen etwas von dem fernen und so sehr vermissten Horizont erahnen lassen. Du drehst dich im Kreis und läufst los, doch das nur, um immer wieder in dem nächsten Irrweg anzukommen. Dein Verstand sagt dir, für alles gibt es einen Ausweg, eine Lösung, doch du hast dich so sehr verlaufen, dass dir schwindelig ist, dass du jede Perspektive verloren hast, dass dir zunehmend mehr der Mut fehlt, einfach noch einmal loszulaufen und den Ausgang aus deiner Misere zu suchen.

Also, was machst du? Du bleibst stehen, verharrst mit klopfendem Herzen, fieberhaft arbeitet dein Geist und schon breitet sich die nächste Fata Morgana vor dir aus. Du zögerst, du wartest, du glaubst nicht mehr an Wunder, das hat dein Leben dir abgewöhnt. Und doch, du hast Hunger nach Nähe, du verdurstest vor Einsamkeit, du bist leblos geworden und ringst mit dem spirituellen Tode.

In dieser Situation erwachen jedoch deine Selbstheilungskräfte wieder, sie lassen dich prüfen, was an dieser so fernen Fata Morgana wohl dran sei. So läufst du schließlich doch, plötzlich und unerwartet los, in kleinen, vorsichtigen Schritten, dich langsam vorantastend, dich selber bestärkend, dass es immer einen Weg, einen Ausweg aus der noch so verfahrenen Situation, gibt. Es stürmt, es regnet, doch du versuchst, dem Sturm zu trotzen, dem Regen die Stirn zu bieten, dich nicht unterkriegen zu lassen. Du bist kalt und nass und vor lauter Zittern, vor Angst und Kälte kommst du kaum voran, immer deine beiden Kinder an deinen Händen, diese Kleinen, die du so sehr beschützen willst. Du versuchst dir so sehr den Weg zu merken, du, der jede Art von Orientierung so schwer fällt, jedoch was bleibt dir anderes übrig, wenn du deine Kinder behalten, beschützen willst?

So vergehen die Stunden, die Tage, die Wochen und Monate, und du bist am Leben geblieben, du stellst fest, dass es auch hier in diesem Labyrinth von Pflichten und Verantwortung manchmal Sonnenstrahlen gibt, die beginnen, dir den Weg zu weisen. Du lächelst endlich wieder, das erste Mal nach Monaten, weil du merkst, dass du bereits in den Außenirrwegen des Labyrinthes umherwanderst. Wieder bleibst du stehen, wieder musst du tief Luft holen und verschnaufen, weil der Weg und das Ziel dich derartig anstrengen. Immer wieder musst du über neue Hindernisse steigen, immer wieder ist dein Weg von Kakteen gesäumt, die dir fürchterliche Schmerzen bereiten. Schließlich lauert eine Klapperschlange und will dir eine Falle stellen, jedoch du zeigst deine Angst nicht, sondern nimmst schließlich dein Küchenmesser und tötest sie. Jetzt kannst du feststellen, dass auch diese Kreatur nur ein armer Wurm war, jemand, vor dem du eigentlich hättest keine Angst haben müssen.

So vergehen wieder die Tage, Wochen und Monate und schließlich stellst du fest, dass offensichtlich die Richtung stimmt und du dich immer weniger häufig verläufst. Deine Schritte werden größer, dein Tempo wird schneller und endlich erscheint ein Licht, ein Leuchten am Ende des langen Ganges. Noch immer hältst du deine Kinder krampfhaft fest, hast Angst sie alleine laufen zu lassen, sie zu verlieren, als du schließlich am Ausgang in der warmen Sonne stehst. Du bist ganz geblendet von ihrer Schönheit und traust dich nur langsam, ihr in die Augen zu sehen, denn zu lange hast du deinen neuen Weg aus der Finsternis gesucht.

Du hörst Reden und Lachen, viele liebevolle Menschen haben sich um dich herum versammelt und du genießt es, dass du wieder im Leben angekommen bist.

Strandkorb und andere Kurzgeschichten

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