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MACHT

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Stürmischer Applaus dröhnt durch die Aula, alle stehen und freuen sich, als die neue Chefin ihren Dienst antritt. Kommunikatives, seichtes Wortgeplänkel kreist allenthalben, leicht Witz und Spaß unterlegt, entspannte, aber auch erwartungsvolle Atmosphäre.

Doch schon am nächsten Morgen beginnt der Alltag, ein neuer Alltag mit neuen Maßgaben und Vorzeichen und neuen Verordnungen.

Herr K. muss ins Chefzimmer zum Gespräch unter vier Augen. Was sie wohl von mir will? denkt er sich. Mit Unbehagen betritt er das Vorzimmer, fieberhaft in seinem Inneren nach Verfehlungen irgendwelcher Art suchend. Doch es ist nichts zu finden, bei ihm jedenfalls nicht, da ist er sich sicher, völlig sicher. Trotz allem betritt er etwas verunsichert das Zimmer seiner neuen Chefin, die er zurzeit noch so gar nicht einschätzen kann. Sie verwickelt ihn schnell in ein Gespräch, fragt ihn nach seiner Einschätzung eines Sachverhaltes, gibt sich locker und freundlich, was dazu führt, dass auch er sich entspannt und anfängt, freizügig mit ihr zu plaudern. Schön, es gibt eine Atmosphäre zum Wohlfühlen.

Schließlich, die nächste Stunde beginnt, und er ist Dienst beflissen und erhebt sich. Beim Herausgehen sagt sie noch etwas, so ganz nebenbei, was ihm den Atem stocken lässt, was er so nicht auf sich sitzen lassen will und kann. Jedoch ist es Zeit, er muss gehen, was sie ihm auch eindeutig mitteilt. Auf einmal reicht die Zeit nicht einmal mehr für einen weiteren Satz, seinen Satz, den er braucht, um nicht an dem Sachverhalt zu ersticken. Doch sie schickt ihn zügig und bestimmt zur Tür hinaus und ist bei Weitem nicht mehr an seiner Meinung interessiert.

Da geht er nun und es brodelt der Sachverhalt, eben gesagt, lebt in ihm weiter, läuft hoch und runter, hin und her und schließlich hat er Magendrücken, als er mittags erschöpft von seiner Arbeit nach Hause fährt. Noch immer kreist die Mitteilung seiner Chefin – so nebenbei gesagt – in ihm, packt ihn, würgt ihn und lässt ihn einfach nicht los. In der Nacht wird er wach, träumt von dieser Situation mit seiner Chefin, kann nicht wieder einschlafen.

Morgens, unausgeschlafen, verunsichert, geht er noch pünktlicher als sonst zur Arbeit, begrüßt seine Chefin höflich und distanziert und tut so, als sei nichts vorgefallen. Und immer noch leben in ihm die Gedanken an die gestrige Situation.

Schließlich spricht er mit wenigen Vertrauten, Kollegen, darüber, möchte deren Meinung wissen und zeigt sich sehr erstaunt, dass andere anders darüber urteilen. Andere fühlen nicht seine Gefühle, andere fühlen nicht seine gefühlten Verletzungen. Was ist zu tun?

Immer wieder fragt er sich, ob er zu empfindlich sei, weil er das empfindet, was er empfindet. Tage vergehen und fast schon Wochen, doch seine Empfindlichkeit bleibt. Schließlich fasst er sich ein Herz und beschließt, mit ihr zu sprechen, mit ihr, die seiner Meinung nach die Schuld an seiner Misere trägt. Doch vorerst hat sie keine Zeit- jedenfalls nicht für ihn- was er erneut als Kränkung empfindet.

Schließlich, nach Tagen, sitzt er ihr gegenüber und versucht, an der Situation von vor Monaten wieder anzuknüpfen. Sie jedoch weiß nichts mehr, kann oder will sich einfach nicht mehr erinnern. Er fühlt sich unverstanden, lächerlich, traurig und deprimiert. Trotz aller Widerstände bringt er sein Anliegen vor. Sie lächelt, will verstehen, ist sich aber keiner Schuld bewusst, wiegelt ab und versucht, aus der für sie unsympathischen Situation zu entfliehen. Schließlich, es klingelt, sie atmet auf, erleichtert, dieser für sie unbequemen Situation entledigt zu sein. Er, frustriert von seinem vergeblichen Versuch, seine Beschwerde abzuladen, seine Albträume loszuwerden, geht seiner Wege, doch es bleibt etwas in ihm zurück. Er behält seine Gedanken, seine Gefühle und seine Verzweiflung. Weiterhin fühlt er sich unverstanden und gedemütigt und machtlos, und es macht ihm doch etwas aus.

Machtspiele sind eben nicht jedermanns Sache.

Strandkorb und andere Kurzgeschichten

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