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Migräne und Studium

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Migräne ist eine Erkrankung, die Belastungen im Alltag mit sich bringt – und damit auch im Studium. Migräneattacken führen dazu, dass Vorlesungen verpasst werden, Lernzeit weg-fäl t, Abgabefristen nicht eingehalten werden können und Prüfungen mit Triptan intus geschrieben werden.

Ich selbst habe zwei Studiengänge hinter mir und bin nicht selten während einer Migräneattacke in Vorlesungen gesessen oder komplett ausgefal en und musste im Nachgang den be-handelten Stoff selbstständig nacharbeiten. Für mich war es ein klarer Nachteil gegenüber meinen gesunden Kommiliton:innen.

Die Prüfungsphase während meines ersten Staatsexamens war für mich extrem belastend und ich bin aus jeder bestandenen Prüfung mit einer Migräneattacke rausgegangen. Im Nachhinein würde ich das nie wieder ohne Nachteilsausgleich machen, aber darüber wusste ich zu diesem Zeitpunkt zu wenig und war fälschlicherweise davon überzeugt, ich hätte keinen Anspruch darauf. Außerdem würde ich heute rechtzeitig meine Dozent:innen mit ins Boot holen, um den Druck etwas rauszunehmen.

Nachteilsausgleich im Studium

Mit Behinderung bzw. chronischer Erkrankung besteht nämlich die Möglichkeit auf einen Nachteilsausgleich im Studium. Er sol die Chancengleichheit unter den Studierenden sichern und die Diskriminierung verhindern. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Grundgesetz (Artikel 3 und Artikel 20). Auch in dem Hochschulrahmengesetz und den Landeshochschulgeset-zen ist der Anspruch auf den Nachteilsausgleich verankert. Er sollte immer individuell auf die jeweilige Krankheit und den Studiengang angepasst werden, denn es gibt so viele verschiedene Erkrankungen, deren Betroffene ganz eigene Lösungen benötigen.

Mögliche Maßnahmen zum Nachteilsausgleich können beispielsweise sein: Verlängerung der Schreibzeit bei Prüfungen oder Klausuren Schreiben der Prüfung oder Klausur in einem separaten Raum (z. B. alleine mit einer Prü-fungsaufsicht)

Entzerrung des Prüfungszeitraums

Aufteilung der Prüfung in Einzelabschnitte

Verlängerung der Bearbeitungszeit von Hausarbeiten

Änderung der Prüfungsform

Es muss individuel entschieden werden, welche Maßnahmen mit der Erkrankung und in dem jeweiligen Studiengang mit seinen Prüfungsformaten Sinn ergeben. Mir hätte in meinem Examenszeitraum z. B. eine Entzerrung des Prüfungszeitraums sehr geholfen, aber dafür hätte ich keine Verlängerung des Bearbeitungszeitraums von Hausarbeiten gebraucht. Es ergibt Sinn, dass Du Dich selbst fragst: welche Maßnahmen würden mir helfen und den Al -

tag im Studium erleichtern? Das kannst Du dann im Nachgang gemeinsam mit dem Prüfungsamt besprechen und im besten Fal auch umsetzen.

Die Voraussetzung für einen Nachteilsausgleich im Studium ist ein medizinisches Gutachten, das bestätigt, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt, die das Studium beeinträchtigt und in welcher Weise. Das Gutachten kann Dir Dein:e behandelnde:r Ärzt:in aus-stel en. Für die Beantragung ist es nicht notwendig, dass eine Behinderung amtlich festgestel t ist. Fal s bei Dir jedoch eine Behinderung festgestel t wurde, kannst Du diese

Bestätigung natürlich zum Antrag hinzufügen. Normalerweise hat jede Hochschule selbst auch Informationen über den Nachteilsausgleich auf ihrer Internetseite stehen.

An dieser Stel e kannst Du auch den Antrag herunterladen und Dich informieren, welche Unterlagen benötigt werden, um den Nachteilsausgleich an Deiner Hochschule zu stellen. Sollte das nicht der Fal sein, kann Dir das Prüfungsamt weiterhelfen. Den Antrag sol test Du unbedingt rechtzeitig stellen, damit Du schnellstmöglich bei Prüfungen oder auch im studenti-schen Alltag davon profitieren kannst. Leider dauert das nämlich häufig etwas länger, bis der Antrag bearbeitet – und im besten Fall genehmigt – ist.

Übrigens gibt es an den meisten Hochschulen eine Person, die Behindertenbeauftragte:r ist.

Diese Person kannst Du im Voraus aufsuchen, um Dich im Hinblick auf den Nachteilsausgleich beraten zu lassen. Auch kann sie Dich dabei unterstützen, den Antrag richtig zu stel en und Dir im Anschluss bei der Umsetzung geeigneter Maßnahmen helfen. Alternativ gibt es auch beim Studentenwerk eine Beratungsstel e. Wie bei vielen Anträgen kann es nämlich sein, dass die Antragsstel ung nach der Prüfung nicht zum gewünschten Ergebnis führt. Dies-bezüglich kann ich Dich nur ermutigen, dranzubleiben und für Deine Rechte einzustehen, denn nur dann ändert sich langfristig etwas und viel eicht macht es anderen Studierenden, die nach Dir kommen, das Leben ein wenig leichter.

Bei meinem zweiten Studium (M.A. Personalmanagement) habe ich mich für ein Fernstudium entschieden, das mir maximale Flexibilität bot. Ein Nachteilsausgleich war daher nicht nötig, hätte es jedoch gegeben.

Das Studium fand komplett online und von zuhause aus statt. Ich konnte mir deshalb meine Zeit innerhalb der Kurse und Semester komplett selbst einteilen und war auch frei (und spontan) in der Terminierung bzw. Verschiebung von Klausuren. Das war für mich besonders in schlechten Migräne-Phasen eine große Erleichterung, da ich dann weniger machen konnte und in guten Phasen wieder mehr. Leider ist ein Fernstudium ein finanziel er Aufwand, der berücksichtigt werden muss.

Tipps für ein Studium mit Migräne:

Ich habe insgesamt sieben Jahre studiert. Das ist eine lange Zeit und ich habe mir verschiedene Lernstrategien im Hinblick auf Migräne angeeignet. Daher möchte an dieser Stel e zum Abschluss noch meine Tipps mit Dir teilen, die ein erfolgreiches Studium mit Migräne unterstützen können:

Schreibe einen realistischen Lernplan:

Dieser Lernplan kann entweder über das ganze Semester oder über eine Phase des Semesters (z. B. die Prüfungsphase) andauern und brich diesen Lernplan anschließend herunter auf Monate, Wochen und Tage. Versuche Dir dabei nicht zu viel vorzunehmen, sondern wirklich realistisch zu bleiben.

Plane mit Puffer-Tagen:

Es wird immer wieder Tage geben, an denen Du krankheitsbedingt eingeschränkt bist oder ausfäl st. Plane daher mit Puffer-Tagen, die Du realistisch von Deinen monatlichen Migräne-Tagen ableitest (am besten wirfst Du dazu einen Blick in Dein Kopfschmerztagebuch).

Vermeide Multitasking:

Migräne ist eine Reizverarbeitungsstörung – minimiere daher beim Lernen die Reize, vermeide Multitasking und mache „nur“ eine Sache, nämlich lernen. In der Prüfungsphase hatte ich immer meine Benachrichtigungen am Handy komplett ausgeschaltet, damit ich nicht ab-gelenkt werde. Außerdem gibt es tol e Apps, die den Bildschirm sperren und so Ablenkung über das Handy vermeiden.

Pausen nicht vergessen:

Mache genügend Pausen. Wenn Du beim Lernen dazu tendierst, die Zeit zu vergessen, dann stelle Dir einen Wecker. Ich habe beispielsweise immer einen Timer über 40 Minuten gestellt und anschließend mache ich eine kurze Pause – dann geht es wieder weiter.

Migräne kann in sämtlichen Alltagssituationen eine große Belastung sein. Kommunikation mit den Mitmenschen ist deshalb sehr wichtig. Ich kann Dich zum Abschluss nur ermutigen: sprich mit Deinen Mitmenschen und teile ihnen mit, wie es Dir geht. Migräne ist eine unsichtbare Krankheit und wenn wir nicht darüber sprechen, dann bleiben die vielen Mythen bestehen.

Das ist auch während des Studiums wichtig. Wer kann Dich unterstützen? Und wenn ja, wie?

Hole Dir Unterstützung, damit Du Dein Studium sowie Deinen Al tag gut meistern kannst. Ob das die Hilfe Deiner Familie, von Kommiliton:innen, von Dozent:innen oder von Therapeut:innen ist – überlege Dir, wer Dir helfen kann und sprich mit ihnen darüber. Das ist kein Zeichen von Schwäche. Wir Menschen mit Migräne sind stark und halten sehr viel aus. Wer seinen Alltag mit Migräne meistert, der leistet viel mehr als ein gesunder Mensch. Was wir leisten, wird jedoch häufig nicht gesehen, weil unsere Krankheit unsichtbar ist und man nicht sieht, welche Schmerzen wir haben. Vergiss‘ das nicht!

Deine Sabrina

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Sabrina Wolf ist Entspannungstrainerin und Gesundheitscoach. 2018 hat sie „Unwetter im Kopf“ den ersten deutschen Migräne Podcast gegründet. Sabrina hat seit 12 Jahren Migräne.

Das Interview mit Sabrina findest Du auf meinem Blog: Muräne Stories No. 37. Für das erste Buch hat sie einen Artikel zum Thema Migräne und Entspannung geschrieben. Du findest in diesem Buch in Kapitel 5 eine Yoga Sequenz von Sabrina zum Nachmachen.

[Instagram: @unwetterimkopf]

Anmerkung von Anna:

Übrigens: Tipps und Erfahrungen zum Thema Studium und Migräne inkl. Links zu hilfreichen Webseiten findest Du auf meinem Blog!

Migräne Kämpfer - Echt. Stark. Kreativ

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