Читать книгу Migräne Kämpfer - Echt. Stark. Kreativ - Anna Wichelmann - Страница 4

Migräne mit Haustieren

Оглавление

Haustiere bedeuten grundsätzlich eines: Verantwortung für ein oder mehrere Lebewesen zu tragen - unabhängig vom eigenen Gesundheitszustand. Und da beginnt ja eigentlich schon das Dilemma.

Finger hoch, wer mehrere Tage im Monat so richtig ausgeknockt ist - meinen Finger könnt ihr gerade nicht sehen, aber er ist oben. Und ja, ich habe Haustiere, zwei zauberhafte (und manchmal sehr anstrengende) Katzen - ein Mädel, ein Jung.

Wie läuft so ein ganz normaler Tag ohne Migräne bei uns ab?

Ich stehe auf, geh ins Bad, setz Heißwasser auf, fahre den PC (Home Office) hoch und mach dann in der Küche Frühstück für die Katzen. Wenn ich gerade Hunger oder Appetit habe, natürlich auch für mich selbst.

Ich setze mich an die Arbeit, verdrehe ein-oder zweimal die Augen, weil die beiden Kasper im Hintergrund toben. Naja, ihr merkt, worauf das hinausläuft. Ein normaler Tag eben. Mit-tagessen, Feierabend und dann, je nachdem, was unternehmen oder ein gemütlicher Abend aufm Sofa.

Wie läuft ein Tag ab, der bereits morgens oder sogar nachts mit Migräne startet?

Meistens ist es so früh, dass die beiden verwirrt sind, dass sich im Bett etwas bewegt und dann auch noch so leidige Geräusche von sich gibt. Hektik entsteht, Tabletten? Katzen werden also wach und haben dann auch Hunger. Und jetzt geht’s los! Schmerzen vs. Verantwortung vs. Schuldgefühle… die müssen ja was essen. Bücken zum Napf kommt nicht infrage, also greife ich zu Trockenfutter (die beiden denken sich, sie haben im Lotto gewonnen) und lass einfach eine Handvoll auf den Boden fallen. So, 1. Aufgabe erstmal halbwegs gemeistert.

Badezimmer, Katzenklo… zwei Möglichkeiten: stehen lassen und das Beste hoffen oder sau-ber machen? Ja, es gab Tage, da hab ich es stehen lassen, aber wer mag schon auf ein schmutziges Klo gehen, also doch einmal in die Knie. Da es Menschen gibt, die mit solchen Dingen nicht gut umgehen können (wie ich unter Schmerzen), erspare ich euch die genaue Problematik der Situation. Also auch die 2. Aufgabe gemeistert. Die Katzen sind rein existenziell erstmal versorgt. Triptan rein, Decke über den Kopf und ciao.

Nun sind Haustiere keine Roboter, die man ausschalten und in ein Regal stellen kann. Sie sind Lebewesen mit Herz und Seele. Sie wollen umsorgt werden, sie machen sich vielleicht


Sie wollen beschäftigt werden! Einen Tag kriegen sie gut mal alleine hin, beim 2. wird’s schon schwierig, in einem Status tanzen sie einem ab Tag 3 vol ständig und ohne Rücksicht auf Verluste auf der Nase rum. Natürlich sind die beiden hier mit ausreichend Spielzeug und Beschäftigungsmöglichkeiten versorgt, aber da sind wir auch gemeinsam reingewachsen.

Dann gibt es aber noch den Worst Case und auch den habe ich schon erleben müssen: unter Migräne zum Tierarzt müssen. Manche Dinge lassen sich nicht auf den nächsten Tag ver-schieben, wenn das Tier Hilfe braucht. Dann Augen zu (naja beim Fahren auf!) und durch.

Schwankend in das grelle Behandlungszimmer kommen. Der Tierarzt braucht die Beleuchtung in dem Moment, sonst bin ich mir sicher, dass sie es auch dunkler machen würden (auf Nachfrage). Ich darf mich dort zum Glück immer auf einen kleinen Hocker setzen, da mir eigentlich immer schlecht beim Tierarzt ist (Panik, Ängste, Traumafolge). Und dann geht’s


Wenn ich das alles so schildere, kommt schnell der Gedanke auf: wieso tu ich mir das alles an? Es könnte vieles leichter sein ohne die beiden Katzen. Weniger Ängste, mehr Ruhe. Ich könnte mich während einer Attacke hinlegen und mir würde keine Katze auf den Bauch hüp-fen und mir einen Schreckschmerzstoß durchs Gehirn jagen.

Finger hoch, wer selbst Haustiere hat. Ich denke, das sind gar nicht so wenige. Warum tun wir das? Ich sehe (gerade auf Instagram) so viele chronisch erkrankte Menschen mit Haustieren - meistens Katzen, aber auch sehr viele Hunde (oder beides). Warum tun wir das? Warum tu ich das? Ich kann nur für mich sprechen.

Ich lebe seit 6 Jahren alleine, seit etwas mehr als 2 Jahren leben nun zwei Fellpfoten bei mir.

Hat sich dadurch in Bezug auf meine Gesundheit etwas geändert? Definitiv! Durchaus was

zum Negativen, ich bin häufiger genervt oder mal überfordert. Aber ich kann depressive Stimmungen viel besser auffangen und wenn ich so starke Schmerzen habe, dass ich weine, sitzt sofort mein Kater bei mir und schaut mich fragend an. Ich habe außerhalb meiner Wohnung Familie und Freunde, definitiv genug Anschluss, aber ich habe durch die beiden auch innerhalb meiner Wohnung mehr Leben.

Ich habe Gründe auch am Wochenende „rechtzeitig“ aufzustehen und ich freue mich darauf mich abends mit ihnen einzukuscheln. Ich liebe es, wenn sie an der Tür stehen, wenn ich nach Hause komme und sofort die Einkaufstüten durchstöbern. Als würde der Weihnachts-mann seinen großen Geschenkebeutel dabeihaben und sich Kinderhände darauf stürzen. Ich liebe es, wenn sie mich verschlafen anschauen, wenn ich abends etwas später nach Hause komme. Mit ihren kleinen, vorwurfsvollen Blicken, als würden sie sagen: „Kommst Du auch schon nach Hause?“

Das Leben mit den beiden ist definitiv anstrengend, nervenaufreibend und energiezehrend, aber ich würde sie nicht missen wollen!

Die Frage aller Fragen: würde ich anderen chronisch erkrankten Menschen (z.B. mit Migräne) empfehlen sich Haustiere zuzulegen? Darauf habe ich leider keine al es umfassende Antwort, da es so viele Krankheitsbilder mit verschiedenen Ausprägungen gibt.

Rein auf Migräne bezogen würde ich sagen: solange eine tägliche Versorgung der Katzen ge-währleistet ist (und es muss nicht immer al es perfekt sein), dann spricht fel igen Mitbewoh-nern nichts entgegen. Das bedeutet auch, dass man immer und jederzeit unter jeder Migräneattacke in der Lage sein muss für das eigene Tiere schnel e Hilfe beschaffen zu können, wenn „mal was ist“.

Kann man sowas nicht gewährleisten, dann ist es ein ganz großes Zeichen von Tierliebe, wenn man keine Tiere bei sich einziehen lässt. Wie immer gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel!

Wir werden unseren Weg weiter gemeinsam rocken. Wer weiß, wo der Wind uns noch so hintreibt. Wenn ihr unseren Pfotenspürchen ein Stück folgen wol t, luschert gerne mal vorbei.

Claudia mit Muffy und Dori

Instagram: @mit_wetter_im_kopf und @muffy_finds_dori

___________

Claudia Taddey ist 33 Jahre alt, Versicherungsfachwirtin und hat Migräne ohne Aura seit ca.

17 Jahren. Claudia hat für das erste Buch einen Artikel über Migräne und psychische

Erkrankungen geschrieben. Ihre Migräne Geschichte findest Du ebenfal s in dem ersten Buch

„Menschen mit Migräne sind Kämpfer“.

Migräne Kämpfer - Echt. Stark. Kreativ

Подняться наверх