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1. Tag

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1. Tag Mein Koffer war gepackt und der Rucksack sehr gut gefüllt. Obwohl das Reiseziel im Warmen lag, hatte ich allerhand Klamotten eingepackt. Vom Bikini über Sportsachen, schicke Abendgarderobe, bis hin zum Pullover und lange Jeans. Man weiß ja nie, wie die Temperaturen sind und was ich zum Anziehen benötige. Dementsprechend packte ich auch reichlich Schuhe in den Koffer ein, denn viele Anziehsachen bedeuteten viele Schuhe. Für jeden Anlass das passende Outfit, so lautete meine Devise. In meinem Rucksack hingegen befand sich mehr oder weniger Freizeitbeschäftigung. Ein Buch, eine Rätselzeitung und eine Illustrierte mit dem neuesten Klatsch und Tratsch, aber auch Notwendiges wie mein Portemonnaie, das Handy, die Digitalkamera und die entsprechenden Ladekabel. So war ich gut gewappnet. Im Normalfall gehörte ich zu der Sorte, die ein Handy nicht mit in den Urlaub nehmen oder ins Kino, auch nicht in ein Fitnessstudio oder sonst irgendwo hin, aber da ich diesmal ganz alleine unterwegs war, bestand Michael darauf, dass ich es einpacke. „Falls doch mal irgendetwas mit dir ist, kannst du sofort anrufen oder eine Nachricht schicken. Außerdem bist du für mich erreichbar.“ Sicher ist sicher. Dennoch nahm ich mir vor, mein Mobiltelefon ausgeschaltet und gut verwahrt im Safe des Zimmers zu lassen. Immerhin wollte ich meine Ruhe haben und abschalten.

„Sobald du angekommen bist, meldest du dich bei mir, ja!?“, redete Michael mir ins Gewissen, als wir vor der großen Drehtür des Abreiseterminals am Flughafen standen. Ich nickte und dann fielen wir uns zum Abschied in die Arme. Ein leidenschaftlicher Kuss folgte.

Michael wollte mich nicht in das Gebäude begleiten. Abschiednehmen, auch nur für eine kurze Zeit, war generell nichts für ihn und versuchte es weitestgehend zu vermeiden. Obwohl er ein Gefühlsmensch ist, war er dafür einfach nicht geschaffen oder gerade deswegen. Es erinnerte ihn immer so an Trennung und damit verbundenen Schmerz. Ein lang gehütetes Kindheitstrauma, wie ich vermutete oder er wollte als Mann mir gegenüber einfach keine Schwäche mit einem vermeidlichen Tränenausbruch zeigen.

Ich war ihm nicht böse. Ich besaß die Gewissheit, dass er mich ungern alleine gehen ließ und mich sehr vermissen würde, auch wenn er es in der Situation nicht zugegeben und sagen konnte.

„Ich liebe dich Michael“, flüsterte ich ihm ins Ohr.

„Und ich dich, wie verrückt. Pass gut auf dich auf, hörst du Lena?“, erwiderte er.

Er machte sich große Sorgen um mich. Das fand ich niedlich. Vor Rührung schossen mir die Tränen in die Augen. Eine letzte Umarmung, dann wurde es auch schon Zeit. Um nicht den alten Lederkoffer meiner Eltern, den ich für die Reise als Meinen bezeichnet durfte, durch das große Flughafenterminal schleppen zu müssen, hievte Michael diesen sowie den Rucksack auf einen der Gepäckwagen. Dieses große braune Rechteck verfügte zwar über Räder, so dass ich diesen bequem hinter mir herziehen konnte, jedoch spürte ich bei jeder Berührung des Leders den Inhalt des Koffers. Jeder Absatz meiner Schuhe verwandelte sich in einen Dolch, die Ecken der Kosmetiktasche zu Nadelspitzen, welche lediglich von meiner langen Jeans abgehalten worden, sich direkt in meinen Beinen zu verewigen. Nicht nur blaue Flecke wären jetzt garantiert!

„Warum genau kaufte ich mir bislang noch keinen Hartschalenkoffer mit Rädern? Wer behauptete bislang, dies rentiere sich nicht? Richtig, ich vergaß, ich selbst!“. Wie sehr ich das in diesem Moment bereute! Zum Glück gab es Gepäckwagen. Ich danke dem Erfinder!

Ein letzter Kuss und dann stieg Michael in sein Auto ein. „Ich wünsche dir viel Spaß und erhole dich, mein Schatz“, rief er mir noch zu, bevor die Autotür ins Schloss fiel. Er startete den Motor und dann brauste er rasant davon. Wäre heute im Radio ein Gewinnspiel ausgerufen worden, nach dem Motto „Wer fährt am schnellsten von dem Flughafengelände? Derjenige bekommt fünfhundert Euro geschenkt, cash auf die Hand“, hätte er den Gewinn schon mal sicher gehabt. Wie bereits erwähnt, Abschiede waren einfach nichts für Michael und schon gar nicht von seiner Freundin. Durch die Heckscheibe sah ich ihn noch winken und dann hupte er kurz, bevor er um die Kurve vor und aus meiner Sichtweite verschwand.

Urlaub - jetzt komm ich!

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