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1. Tag - Flughafen

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Da stand ich nun, in der einen Hand mein Flugticket, in der anderen umklammerte ich den Griff des Kofferwagens. Ich, eine junge Frau, allein, vor dem riesigen Gebäude auf weiter Flur. Erneut überkam mich ein kurzer Zweifel. Hatte ich den richtigen Entschluss getroffen? Sollte ich tatsächlich alleine verreisen? Und dann auch noch ins Ausland? Ich hoffte, ich hatte mir das gut überlegt und das alles gut ginge. „Nein, das war eine gute Entscheidung.“ Schnell schob ich die schlechten Gedanken beiseite und meine Vorfreude auf diese Reise hielt wieder Einzug. „Ab in den Süden“, dachte ich. Jetzt begann MEIN Urlaub.

Staunend und beeindruckt von der großen Flughafenhalle bewegte ich mich auf der Rolltreppe Richtung der Schlange am Check-in-Schalter zu. Kurz zuvor musste ich meinen ach so nützlichen Kofferwagen abstellen, schnallte mir somit meinen Rucksack auf den Rücken und hievte und zerrte den Koffer über den Fliesenboden des Gebäudes und reihte mich in die endlos lange Warteschlange ein.

Mein Gepäck fand neben mir Platz, darauf meine Jacke, das Flugticket und alle weiteren Papiere, die später von der Dame am Schalter benötigt wurden. Nun war Warten angesagt und Geduld haben.

Ich schaute mich um. Genügend Zeit dazu blieb immerhin. In der Schlange hatten sich zahlreiche ältere und jüngere Pärchen sowie Familien eingereiht, die mehr oder weniger ausdauernd auf den Beginn ihres bevorstehenden Urlaubs warteten. „Ich glaube, ich bin die Einzige, die alleine reist“, dachte ich. „Oder ich bin im falschen Komplex?“ Im Businessterminal wäre ich unter den zahlreichen Geschäftsleuten gar nicht aufgefallen, aber hier im Urlaubsterminal erntete ich bereits jetzt schon die ersten seltsamen Blicke. Während ich versuchte, mich mit Lesen der Anzeigetafel abzulenken, rückte die Schlange und somit auch ich, hin und wieder tatsächlich und exakt einen Millimeter vor. Dabei stellte ich immer deutlicher fest, wie ich von den anderen Passagieren mit kritischen und abwertenden Blicken begutachtet und gemustert wurde. Von oben bis unten und wieder zurück. „Oje, das kann ja heiter werden“, dachte ich. „Naja, das Abenteuer beginnt. Mit allen Unannehmlichkeiten.“

Ich redete mir ein, dass sie wahrscheinlich ganz zufällig in meine Richtung schauten, als ich mich ihnen zuwandte. Somit probierte ich krampfhaft, die Blicke der Anderen zu ignorieren und scannte regelrecht jeden Winkel der Halle mit meinen Augen ab. Irgendwann erschöpfte auch diese Ablenkung. Nun blieb nur noch das Zurückmustern der Fremden. Egal in welche Richtung ich blickte, überall trafen mich Blicke der Mitreisenden. Langsam fühlte ich mich wie ein kleines Mäuschen, welches von hungrigen Katzen mit ausgefahrenen Krallen umkreist wird und angsterfüllt darauf lauert, dass sie alle über das verängstigte, schüchterne Tierchen herfallen. Warum gerade ich? Unwohlsein überkam mich. Ich wurde nervös und hoffte insgeheim, dass mein Deodorant mir die Treue erwies und jetzt nicht versagen würde. Keine Angriffsfläche für die Lästermäuler bieten!

„Was ist?“, wollte ich am liebsten Herausbrüllen. „Habe ich einen großen Fleck auf meiner Hose, der jedem auffällt, nur mir bislang nicht? Habe ich Schokolade im Gesicht verschmiert oder doch einen Kaugummi im Haar kleben?“ Irgendetwas musste an mir dran sein, was ich bislang nicht bemerkt hatte, aber dem Anschein nach alle Blicke auf mich zog und lenkte. „Stopp! Heute keine Fleischbeschauung!“

Meine Gegenoffensive scheiterte. Ich versuchte mich wenigstens so zu verhalten, als würde ich die Begutachtungen überhaupt nicht bemerken, doch das funktionierte nicht im Ansatz. Nächste Option, die Suche nach einem neutralen Punkt auf dem Fußboden. Dies glückte, doch ich wusste und sah auch im Blinkwinkel, dass ich die Hauptattraktion in dieser Räumlichkeit war. Die Frau in der Warteschlange nebenan empfand dies offensichtlich auch so. Seit dem Moment ich mich zu den Warteten eingereiht hatte, beobachtete sie mich. Obwohl, beobachten ist nicht das richtige Wort, für das, was sie machte. Sie zog mich schon förmlich aus, so penetrant starrte sie. Es störte mich und das musste ich ihr irgendwie nonverbal begreiflich machen. Es gab keinen Grund, dass ich mich wegen so einer Sonnenbank Gebräunten unwohl fühlte. Nein, ich gab mir einen Ruck, holte tief Luft und starrte sie genauso an, wie sie mich. Fast schon erschrocken reagierte sie, wandte ihren Blick mit einer Peinlichkeit ab, drehte sich zu ihrem Mann um und tuschelte. Die beiden grinsten kurz und machten eine abwertende Kopfbewegung. „Was soll das heißen?“, fragte ich mich selbst. Was soll ich von so einer Reaktion halten? Das kann ja noch spaßig werden! Ich wünschte mir jetzt schon Michael oder eine Freundin als seelische und moralische Unterstützung an meiner Seite. Dann hätte ich selbstbewusster den Mitreisenden die Stirn geboten und sämtliche Angriffsfläche zum Lästern meiden können. Naja, so sorgte ich wenigstens für Gesprächsstoff und Unterhaltung der Anderen. Bitte, gern geschehen, liebe Mitwartenden!

Ich wandte mich der Sonnenbankliebhaberin und ihren Mann ab. Immerhin wussten sie jetzt, dass ich ihre Abneigung mir gegenüber bemerkt hatte. Meine Aufmerksamkeit lenkte ich auf mich und stellte fest, dass ich noch nicht einmal im Flugzeug saß, aber schon sehnsüchtig an Michael und Anna dachte. Nein, ich musste selbstbewusst und entschlossen sein! Immerhin freute ich mich so sehr auf meinen Urlaub, auf meine persönliche Auszeit und auf das Abschalten meiner Gedanken. Die Entscheidung hatte ich getroffen und dazu musste ich jetzt stehen, stark und motiviert. Komme, was wolle. „Nur bitte lass die Warteschlange zügig vorrücken, so dass ich schnell im Flugzeug sitze!“, betete ich zu Gott.

Mein Flehen und Betteln wurde erhört. Die Schlange rückte mit einem Schlag einige Schritte vor und ich war endlich an der Reihe.

Es gibt doch ein Wesen, ganz weit oben im Himmel, der gerade ein Erbarmen mit mir hatte und mich von meinem Leid der Blicke erlöste. Danke!

Die Dame hinter dem Schalter schaute auf und lächelte mich freundlich an. „Reisen Sie alleine?“, erkundigte sie sich sicherheitshalber. Skeptisch prüfte ich, ob jemand unerlaubter Weise den Sicherheitsabstand nicht einhielt und sich direkt hinter mich geschmuggelt hatte, so dass die Dame davon ausging, dass ich in Begleitung war. Da war niemand, also nicht direkt hinter oder neben mir.

Mit runzelnder Stirn blickte ich die Flughafenangestellte an und meinte in einem ruhigen Tonfall: „Ja, ich reise alleine“ und stellte meinen Koffer auf das Laufband links neben dem Schalter.

In dieser Situation hätte ich auch anders reagieren können, denn ihre Frage fand ich sehr unangebracht. Sie nahm mich seit über eineinhalb Stunden wahr und konnte feststellen, dass ich ohne Begleitung reiste. Zu den abwertenden und kritischen Blicken kam nun so eine Frage. Ihr Glück, dass ich mich beherrschen konnte und ruhig geblieben bin. Anderenfalls wäre das Szenario bestimmt folgendermaßen abgelaufen:

„Sie reisen alleine?“, fragte mich die nette Dame am Schalter. Ich überlegte, ob sie dies ernst meinte und brüllte mit rasenden Puls lautstark durch die Halle: „Naja, klar oder sehen Sie hier noch jemanden neben mir stehen?! Ist das denn so ungewöhnlich? Bin ich denn der einzige Mensch auf der Welt, der alleine reist? Und Ihr alle hinter mir in der Schlange und die, die bereits von der Warteschlange nebenan eingecheckt haben – was klotzt Ihr mich eigentlich so blöd an?“.

Ich denke, mit dieser Variante hätte ich mich nicht nur bei der Check-in-Frau unbeliebt gemacht, auch bei den anderen Passagieren. Ein Anlass mehr zum Tuscheln, Mustern und mich wahrscheinlich für verrückt erklären zu lassen. Am liebsten hätte ich mir Luft gemacht und das, was mir die gesamte Zeit über auf der Zunge lag, von der Seele schreien wollen. Ich appellierte an meine Vernunft, kontrollierte meine zwiespältigen Gefühle und entschied mich für das erste und ruhigere Szenario.

Die Dame scannte das Flugticket ein, überprüfte meinen Ausweis und klebte die Banderole um die Kofferschlaufe. Nun ging dieser auf Reisen und ich wusste, ich folgte ihm in ein paar Minuten. Das Handgepäck führte ich mit mir.

„Einen guten Flug“, wünschte mir die Frau und händigte mir all meine Papiere mit einem freundlichen Grinsen wieder aus. Erlösung! Nun war der Weg frei zur Personenkontrolle, die ich mit Bravour bestand. Nachdem der Metalldedektor keinerlei Alarm schlug und der Rucksack nichts Auffälliges aufwies, winkten mich die Luftsicherheitsassistenten freundlich durch und wünschten mir ebenfalls einen angenehmen Flug.

Der Blick auf die Uhr verriet mir, dass bis zum Boarding noch reichlich Zeit blieb. Daher nahm ich auf einen Sitz der Stuhlreihen in der Wartehalle Platz. Von hier aus konnte ich die zum Abflug bereitstehenden Flugzeuge betrachten. Auch das Rollfeld hatte ich im Visier. Hier saß ich wirklich gut. Ich machte es mir bequem und genoss die Aussicht. Das rege Treiben in und außerhalb der Halle beobachtete ich. Flugzeuge landeten und starteten, Passagiere gesellten sich zu mir und verschwanden wieder. Das reinste Durcheinander.

Nach einer gefühlten Ewigkeit schaute ich erneut auf meine Armbanduhr. Ich erschrak. Es waren erst sieben Minuten vergangen. Und nun? Immer noch viel zu viel Zeit bis zum Aufruf und bis der Flieger endlich starten konnte. Mein Blick ließ ich erneut durch den riesigen Bereich des Terminals schweifen, diesmal auf der Suche nach einer Beschäftigung, um die Wartezeit zu überbrücken. Mein im Rucksack mitgeführtes Buch wollte ich nicht herausholen und anfangen zu lesen. Dieses sollte erst auf meiner Liege am Strand zum Einsatz kommen.

Apropos, weit hinter mir auf der rechten Seite erspähte ich einen Buchladen. Kurz entschlossen nahm ich mein Hab und Gut und steuerte das Geschäft zielstrebig an. Dort angekommen, durchblätterte ich diverse Zeitschriften, Bücher, betrachtete Postkarten und kleine Verkaufsartikel, die im Kassenbereich präsentiert wurden. Eigentlich interessierte mich das alles gar nicht, denn ich wollte nur die Zeit bis zum Abflug überbrücken, aber gebildet und intelligent sah ich bestimmt beim Stöbern aus und um einige Informationen und Neuigkeiten aus der Welt der Schönen und Reichen war ich ebenfalls schlauer. Ich schlug zwei Fliegen mit einer Klappe, wie es sprichwörtlich so schön heißt und nahm im Anschluss, bewandeter als vorher, in der Sitzreihe vor dem Buchladen Platz.

Mittlerweile, das heißt nach weiteren zwanzig Minuten, war ich vom vielen Warten etwas gelangweilt und wenn eine Lena gelangweilt ist, dann überkommt sie schnell schlechte Laune. Da es aber in den Urlaub ging, war diese total fehl am Platz! Nun hieß es, ablenken. Nur womit? Mein Handy hatte ich bereits ausgeschaltet und ganz weit unten in meinem Rucksack verstaut. Den Buchladen hatte ich ja auch schon durchgestöbert. Etwas essen oder trinken? Ach nein, kein Bedarf. Auf Toilette gehen? Das geht als Frau immer! Mit langem Händewaschen hinterher und nochmal die eine oder andere Haarsträhne richten, ja, da kann ich auch noch ein paar Minuten Zeit schinden. Außerdem lag die Toilette am anderen Ende der Halle. Wenn ich ganz langsam hinlaufe, vergeht auch noch etwas Zeit. „Ja, das ist eine gute Idee“, bestätigte ich selbst meine Strategie und machte mich auf den Weg. Doch dann plötzlich, auf halber Strecke, ertönte durch die Lautsprecher ein Gong, gefolgt von dem Aufruf zum Boarding. Meine Flugnummer. Endlich, es konnte losgehen! Ich war total aufgeregt. Freudig aufgeregt. Endlich ging es aus dem verregneten Deutschland ins Warme. Dorthin, wo die Sonne immer lacht. Ach, war ich auf einmal mit Glückshormonen geflutet. Ausgerechnet jetzt hätte ich wirklich auf Toilette gemusst, aber man muss im Leben Prioritäten setzen und bei der Wahl zwischen einem Toilettengang oder das Flugzeug zu verpassen und somit den Urlaub des Jahrhunderts, da fiel die Entscheidung nicht schwer.

Erneut stellte ich mich an. Diesmal am Boardingschalter. Hier rückte die Schlange deutlich schneller weiter. Die benötigten Unterlagen zeigte ich vor, welche der junge Mann in Uniform einscannte und freundlich meinte: „Guten Flug.“ Ich bedankte mich höflichst, verließ das Terminal über den Flugsteig und betrat die Gangway, welche deutlich zu kühl klimatisiert war. Zum Glück trug ich meine Jacke bei mir und zog sie schnell an.

Voller Vorfreude lief ich die Fluggastbrücke entlang. Ein Blick nach draußen wurde leider allen Passagieren verwehrt, da diese eine der geschlossenen Variante war, also ohne Fenster. Der Vorteil daran, alle Flugreisenden mussten nach dem Verlauf des Boarding nicht mehr das Flugfeld betreten und gelangten direkt in die Maschine. Gerade bei schlechtem Wetter optimal, wie ich finde.

Nun kam ich mich vor, als würde ich als Winzling durch eine Wasserrutsche gehen, nur ohne Wasser und ohne zu rutschen und dass die Wände eckig waren statt rund. Am Ende der Rutsche plumpste ich auch nicht in das kühle Nass, sondern wurde von zwei freundlich lächelnden Stewardessen begrüßt. Wie im jetzigen Moment, als ich den Flieger betrat. Eine der beiden Flugbegleiterinnen reichte einen Korb mit Bonbons. Natürlich griff ich zu, ich wollte schließlich nicht unhöflich sein. Außerdem erfüllte das süße Naschwerk einen nützlichen Zweck. Irgendwie musste ich den Druckunterschied auf meine Ohren beim Start und der Landung ausgleichen. Warum die eigenen Bonbons dafür verschwenden, wenn mir hier welche so freundlich angeboten worden und dann auch noch gratis? Zugreifen, hieß meine Devise. Mitnehmen, was ich bekommen und tragen kann!

Auf der Suche nach meinen Sitzplatz lief ich den schmalen Gang entlang und kämpfte mich mit Lesen oberhalb der Sitze einundzwanzig A, einundzwanzig B, einundzwanzig C, zweiundzwanzig A und so weiter durch die Reihen. Gefunden. Den Fensterplatz konnte ich als den Meinen bezeichnen. Ja gut, wenn man von den abgenutzten und abgewetzten Sitzbezügen absieht, die einst bestimmt in einem kräftigem Grün leuchteten, nun aber mit einem graubraunen Film überzogen waren, war der Platz ganz annehmbar.

Jetzt nur noch schnell den Rucksack und die Jacke über den Sitzen verstauen, Platz nehmen und die Maschine mustern. So ähnlich, wie es vorhin die anderen Passagiere in der Warteschlange bei mir angewandt hatten, so war nun der Flieger an der Reihe. Meine eigene Qualitätskontrolle. Ich saß gut, der Sitz war widererwartend bequem. Eine gute Aussicht wurde mir geboten. Genau auf die Tragfläche. Zu meiner Erleichterung sah ich keinen Rost und die Fenster, die waren zwar dreckig, aber hoffentlich dicht.

Ich will nicht sagen, dass ich Flugangst habe; Respekt trifft es eher. Etwas mulmig wurde es mir schon immer bei dem Gedanken, mich in fremde Hände zu geben und dann auch noch ohne festen Boden unter den Füßen. In schwindelerregender Höhe. Daher vertraute ich auch bislang immer nur Maschinen von großen und namhaften Fluggesellschaften und dennoch beunruhigt mich jede Luftturbulenz während des Fluges. Da kann schon mal Angstschweiß aus mir herausbrechen oder sich meine Fingernägel im Sitzbezug einspießen. Man weiß ja nie. Da hat es immer den Vorteil, wenn die Polster schon so abgewetzt sind, wie in dieser Maschine. Da fallen die „Einkrallspuren“ gar nicht weiter auf und ich hatte die Gewissheit, dass das Flugzeug schon einige Flüge verzeichnen konnte. Anscheinend sicher.

Direkt neben mir saß ein jüngerer Mann. Ich konnte schon immer das Alter von Anderen schwer schätzen, aber ich würde behaupten, er war so alt wie ich. Am Gang nahm ein Mann Platz. Meiner Schätzung nach mittleren Alters. Mir wurde jetzt schon bewusst, dass es für ihn kein angenehmer Flug werden würde. Er war sehr korpulent und passte gerade so in den Sitz hinein. Zudem saß er dort, wo andere Passagiere sich zu ihren Sitzplätzen oder zu der Bordtoilette durchdrängelten und dann noch das ständige Hin und Her der Stewardessen. Der Mann hatte wirklich Pech und tat mir irgendwie jetzt schon leid.

An der Stelle wurde mir eins deutlich: Ich war nicht die Einzige, die ohne Partner oder Kind reiste. Rein diese Tatsache, dass die beiden Männer neben mir jeweils unabhängig voneinander, ohne dass sie sich kannten und somit ebenfalls alleine flogen, beruhigte mich. Wir waren bestimmt nicht die Einzigen in dem Flieger, denen es so erging. Als mir dies bewusst wurde, musste ich etwas schmunzeln, denn mir schoss ein ulkiger und sarkastischer Gedanke durch den Kopf: Über uns fehlte nur noch ein Schild mit folgender Aufschrift: „Sitzreihe der Alleinreisenden. Anglotzen erlaubt, füttern verboten!“ oder so ähnlich.

Auf einmal ertönte ein leises Summen, das immer lauter wurde. Das Licht im Flugzeug erlosch und über den Sitzen blinkten die kleinen Lämpchen mit dem Symbol zum Anschnallen auf. Ein kurzer Ruck und die Maschine setzte sich rückwärts in Bewegung. Die Lampen gingen wieder an und zwei Stewardessen traten in den Gang. Eine mittig und die Andere vorne, wo vorhin noch die Bonbonausgabe stattfand. Sie begannen das obligatorische „Was ist zu tun im Notfall“ - Programm durchzuführen. Anschließend ertönte die Stimme des Piloten, der uns allen einen guten Flug wünschte. Was soll ich sagen, dies lag nun wirklich allein in seinen Händen und an seinem Können. Eher sollten wir Passagiere ihm die Wünsche aussprechen! Immerhin klang er selbstbewusst, sprach deutsch und hatte so einen beruhigenden Klang in seiner Stimme. Ich kann mir glatt vorstellen, dass bei Bewerbungsgesprächen die zukünftigen Piloten einen Text laut und deutlich vorlesen müssen, um die jeweiligen Stimmfarben heraus zu hören. Je beruhigender und optimistischer, umso größer die Chance, den Job zu bekommen. Zumindest würde ich es so machen. Nichts ist alarmierender, als wenn ich ängstlich in einem Flugzeug sitze, meine Fingernägel sich bereits im Sitz festkrallen und dann noch eine zittrige, unsichere Stimme erklingt, die unsicher einen guten Flug wünscht. Das ist nicht gerade vertrauenserweckend. Für niemanden!

Vertieft in meine Hirngespinste bemerkte ich nicht, dass das Flugzeug bereits auf die Startbahn gerollt war. Erst als die Maschine kurz stehen blieb, blickte ich auf und aus dem Fenster hinaus. Leider konnte ich nur eine endlose dunkelgraue Startbahn und ganz viel Grün erspähen. Ein kurzer Ruck, dann setzte sich der Koloss erneut in Bewegung. Nun ging es los. Der Flieger wurde immer schneller und schneller. Es drückte mich in das Polster der Lehne. Meine Hände umklammerten ganz fest die Schnalle des Gurtes und dann spürte ich, wie das Flugzeug vom Boden abhob. Die Landschaft neigte sich am Horizont schräg zum Flugzeug und wurde immer kleiner und kleiner. Eifrig lutschte ich das Bonbon, um den Druck in meinen Ohren zu minimieren. Das Fahrwerk klappte ein und die Maschine stieg immer höher. Mit erreichten Höhenmetern erloschen die Anschnallzeichen. Geschafft. Der Vogel verließ erfolgreich sein Nest und flatterte davon!

Ich löste meinen Gurt und konnte mich entspannt zurücklehnen. Die kleinen Bildschirme, die über uns in der Gepäckablage eingelassen waren, klappten aus und ich schaute die bevorstehende Flugroute detailliert an und verfolgte diese akribisch. Merkwürdig, wenn man das kleine Flugobjekt auf der Landkarte sieht, wie langsam es sich fortbewegt; wie lange sollte denn der Flug dauern? Gemäß der Darstellung tippte ich auf mindestens noch sieben Stunden, wenn nicht länger. Dass mich mein optisches Auge hier trübte, muss ich nicht explizit erwähnen.

Urlaub - jetzt komm ich!

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