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Prolog

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Nun ist es soweit. Wir schreiben das Jahr 2012. Es ist September und ich bin mit meinem Theaterverein zu einem Ausflugswochenende nach Rothenburg ob der Tauber unterwegs. Und mit dabei in meinem Gepäck – ein Rollstuhl! Ups.

Das erste Mal darin zu sitzen, war schon ein sehr komisches Gefühl. Und die Blicke, die ich von entgegenkommenden Mitmenschen zugeworfen bekomme, sprechen Bände. Sie zeugen von Mitleid, von Neugier darauf, was ‚die arme Frau’ wohl hat, immer wieder werde ich von oben bis unten gemustert.

Gewöhnungsbedürftig ist auch diese Abhängigkeit von anderen, die meinen Rollstuhl schieben, meistens trifft es meinen Mann. „Da kann man ja seine Zigarette nicht mehr in Ruhe rauchen, mit einer Hand, und dann diese Ruckelei, und aus dem Rollstuhl fliegt sie auch noch raus, wenn man nicht aufpasst, blödes Kopfsteinpflaster!” Immer die Ruhe selbst, der Gute.

Unsere Gruppe nimmt am Abend an einer mittelalterlichen Nachtwächterführung teil. Alle stehen im Kreis herum und hören dem Mann im schwarzen Umhang mit Laterne in der Hand andächtig zu, alle stehen – nur ich sitze in meinem Rollstuhl. Der Nachtwächter kommt zögernd auf mich zu und blendet mich dabei mit seiner Kerze, die genau in meiner Sichthöhe hängt.

„Da kommen gleich ein paar Stufen, wird das gehen?” fragt er mich mit leichter Besorgnis in der Stimme. Mein Mann, nett wie immer, antwortet ihm:

„Och, die kann laufen, die ist nur faul!” Der Nachtwächter ist etwas verdutzt, aber alle anderen fallen in ein anständiges Gelächter ein und ich auch, warum auch nicht. Ich weiß ja, dass sie über den Spruch lachen und nicht über mich.

Trotzdem ist das der Zeitpunkt. Eine neue Hüfte muss her. Dringend.

Dabei bin ich doch erst vierundvierzig Jahre alt – noch viel zu jung für eine Hüfte. Wenn ich jetzt ein künstliches Hüftgelenk bekomme, dann muss ich mich in voraussichtlich fünfzehn bis zwanzig Jahren noch einmal unters Messer legen. So lange halten die Dinger im Schnitt. Na prima! Das sind ja tolle Aussichten. Aber so geht es nicht mehr weiter – wohl oder übel muss ich mich für diesen Schritt entscheiden.

Von Geburt an habe ich Hüftdysplasie. Das heißt, ich hatte schon früh Probleme und wusste, dass ich irgendwann um eine OP nicht herumkommen würde. Natürlich habe ich versucht, diesen Zeitpunkt so weit wie möglich nach hinten zu verschieben, mich mit gelenkschonenden Sportarten wie Nordic Walking und Trimmradfahren in Form gehalten. Doch trotz all meiner Bemühungen ist er nun da, der gefürchtete Tag X.

„Oh du Arme, wenn man dir beim Gehen zuschaut, da bekommt man schon beim Zusehen Schmerzen!” Na danke! Ich bin es leid, mir solche Sprüche anzuhören. Dabei hab ich gar nicht so große Schmerzen, man hört nur ein Knacken von Knochen bei fast jeder Bewegung und mein Gang weicht stark nach links außen aus. Ich laufe also Schlangenlinien – und würde damit durch jede Polizeikontrolle fallen. Noch muss ich aber keine Schmerzmedikamente nehmen und schlafe nachts wie ein Murmeltier. Aber inzwischen kann ich zum Einschlafen nicht mehr auf meiner Lieblingsseite liegen. Doch damit ist jetzt Schluss.

Nicht ohne meine Hüfte

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