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Das Problem mit Afrika

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Ihrem Gatten gegenüber hegte Aurora sehr zwiespältige Gefühle. Für gewöhnlich hasste sie ihn, weil er ihr seine Behinderung erst nach der Heirat eingestanden hatte und sie nun gezwungen war, als bildschöne Frau an der Seite eines keinesfalls ebenso makellosen Mannes zu leben. Manchmal jedoch liebte sie ihn aber auch, etwa wenn ihre Freundinnen, denen zu berichten von dem, worüber er sie Stillschweigen zu wahren gebeten hatte, sie nie satt wurde, sie aufopferungsvoll und beneidenswert selbstlos nannten. In solchen Momenten liebte Aurora ihren Gatten für seine Behinderung, die sie nur beschreiben konnte, weil es ihre sensiblen Nerven nicht zuließen, das Unerträgliche auch noch beim Namen zu nennen.

Holger hatte zunächst keinen Anlass gesehen, Aurora auf seine Behinderung aufmerksam zu machen, da er sich selbst mit den Jahren so sehr an sie gewöhnt hatte, dass er sie nicht mehr als solche empfand. Als er sich aber in den Flitterwochen aus einer Laune heraus die Brust rasiert hatte, ließ sie sich nicht mehr verbergen.

„Was ist denn das?“, hatte seine Braut entsetzt gefragt und dabei auf seinen nackten Oberkörper gedeutet.

„Das ist Brasilien!“, hatte er leichtfertig geantwortet, da es ihm sehr nebensächlich erschien, ein Muttermal in der Form Brasiliens auf der Brust zu tragen. Aurora aber hatte auf diese Eröffnung alles andere als wie von ihm erwartet reagiert. „Brasilien? Das sieht doch viel mehr aus wie – O Gott, Afrika!“, hatte sie fassungslos gestammelt, worauf er nur beiläufig mit den Schultern gezuckt hatte. „Ja meinetwegen, dann halt Afrika.“

Sein Gleichmut hatte ihr den Rest gegeben. „Ägypten! Oder Marokko! Aber doch nicht gleich das komplette Afrika! Mit all diesen armen Gegenden! Wenn dich jemand so sieht – Das glaubt dir doch niemand, dass du dir das nicht selber gemacht hast!“, hatte sie, vor Erregung am ganzen Körper bebend, gerade so herausgebracht. „Die klaren Umrisse, diese Übereinstimmung – Unsere Freunde müssen dich doch für …“

„Wie soll ich mir denn …? Und wofür sollten mich unsere Freunde halten?“

Sie hatte heftig geschluchzt. „Kannst du dir das nicht denken? Für so einen Weltverbesserer, der sein Geld in irgendwelche Schulen in der dritten und vierten und sonst einer Welt steckt und mit Entsalzungsanlagen alle Strände verschandelt. Afrika!“ Sie hatte höhnisch aufgelacht. „Immer, wenn du so“ – mit einem angewiderten Blick hatte sie auf seine Brust und den Fleck in deren Mitte gezeigt – „das Polohemd aufknöpfst oder auch nur die Krawatte abstreifst – Immer verdirbst du allen die Stimmung mit deinem Afrika!“

Zuerst hatte er sie für verrückt gehalten. Aber an ihren Vorwürfen war ja tatsächlich etwas dran, hatte er dann erschrocken festgestellt, als er sich kritisch im Spiegel betrachtet hatte. Sein Mal hatte wirklich nicht die verspielten Umrisse von Brasilien, sondern hatte viel mehr – Afrika geähnelt.

„Tja, das“, hatte er vor sich hin gemurmelt, während er sein Hemd zuknöpfte, „das ist in der Tat recht ärgerlich. Dann sollte ich mir wohl auf keinen Fall noch einmal die Brust rasieren.“ Fragend hatte er sie angeblickt, doch sie hatte ihn nur aus vollkommen verweinten Augen angesehen. „Und was ist mit mir?“, hatte sie gefragt. „Ich werde es immer wissen, auch wenn es die anderen zwischen deinem Brusthaar nicht sehen. Es wird mich förmlich anziehen, dieses Afrika, dieser ständige Aufruf, sein Geld zu verschleudern – deine verfluchte soziale Ader!“

„Nun rede aber mal keinen Unsinn!“, hatte er verärgert ausgerufen. „Ich habe ganz bestimmt keine soziale Ader – und das weißt du auch!“

„Aber du siehst so aus“, hatte sie ihm vorgehalten. „Damit siehst du so aus!“

*

Wie um sich und ihr und aller Welt zu beweisen, dass er nicht einer von jenen war, die ihr Geld in soziale Projekte steckten und pompöse Feiern nur auszurichten verstanden, wenn es galt, wie ein Hausierer im eigenen Hause Spenden für wohltätige Zwecke einzusammeln, war er aus dem Lions Club ausgetreten, hatte auch seine Mitgliedschaft im Freundeskreis seiner Universität gekündigt und zuletzt die Preise in der firmeneigenen Kantine grundlos erhöhen lassen.

Aber was immer er auch getan hatte, es war ihm nicht genug gewesen, es hatte ihn nicht beruhigt. Die unerträgliche Vorstellung, jemand könnte sein Mal entdecken, Vergleiche anstellen und ihn des sozialen Wesens bezichtigen, hatte ihn mit ungeahnter Furcht erfüllt.

Ständig war er versucht, seine Brust zu verbergen. So war er mit den Freunden nicht mehr in die Sauna gegangen, hatte sich mit ihnen nicht mehr wie einst zum Rudern, Schwimmen, Tennis getroffen – Selbst dem Golfplatz war er ferngeblieben aus Angst, einer der Freunde könnte, während er selbst leicht gebeugt am Ball stünde, einen Blick in sein Hemd werfen und so sein Geheimnis enthüllen.

Er vermied es nun, privat auch nur ein Telefonat anzunehmen, da er befürchtete, wieder einmal die Einladung zu einer ihm möglicherweise gefährlich werdenden Verabredung absagen zu müssen und sich gerade dadurch verdächtig zu machen. Aurora hatte es übernommen, ihn gegenüber den Freunden, die ja schwerlich auf Dauer missachtet werden konnten, ohne damit einen Eklat auszulösen, erst verhindert und bald schon, weil sie sich davon weniger lästige Nachfragen und dafür umso mehr Mitleid erhofft hatte, als behindert zu melden.

Und es gelang: Da man allgemein davon ausging, dass Holgers Behinderung – bei seiner beruflichen Brillanz! – doch gar nicht anders als körperlich sein konnte, begegnete man ihm mit Bewunderung und Respekt wie nie zuvor, wenn er sich mal hier, mal dort bei verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen zeigte. Aurora wurde grenzenloses Mitleid zuteil, was sie über den Hass hinwegtröstete, den sie immer mehr für Holger empfand, der ihr diese schwere Last aufgebürdet hatte. Doch musste sie feststellen, dass sich in ihrem Freundeskreis kaum ein spannenderer Gesprächsstoff fand als Holgers namenlose Behinderung, nach der sich aus distanzierter Höflichkeit niemand so recht zu fragen wagte und die dennoch immer wieder in gewandtem Plauderton gestreift wurde, worüber Aurora zwar zur liebenden und aufopferungsvollen Märtyrerin der Liebe an ihrem versehrten Gatten verklärt wurde, aber eben auch als eine an einen Krüppel verschwendete Schönheit galt.

*

„So kann es nicht weitergehen!“, rief Aurora verärgert in die morgendliche Stille am Frühstückstisch hinein. „Dein Afrika ruiniert mir vollständig die Nerven. Es zieht uns immer mehr aus der Gesellschaft heraus und sind wir doch einmal unter Leuten – Ich habe es satt, von aller Welt immer nur seltsame Blicke zugeworfen zu bekommen!“

„Was für Blicke?“, tat Holger unwissend.

„Du musst etwas unternehmen!“, entgegnete sie bestimmt. „Ich habe auch schon mit einem Fachmann darüber gesprochen und er hat mir versichert, dass es nur ein kleiner Eingriff wäre.“

„Was für ein Eingriff?“, fragte Holger, nun doch erstaunt.

„Ein chirurgischer natürlich!“, erklärte Aurora ungehalten. „Es wäre im Grunde nichts weiter als eine bedeutungslose Hauttransplantation, kaum der Rede wert, wobei dein Muttermal abgetragen und diese Fläche mit einem Stück Haut aus deinem Gesäß …“

Weiter kam sie nicht, denn er war aufgesprungen und sah sie aus großen Augen an. „Und du möchtest allen Ernstes …? Das kann doch nicht die Lösung sein!“, rang er um Worte.

„Es wäre ja nicht nur für mich – Denk doch nur an all die Einschränkungen, die auch du durch diese Verunstaltung ertragen musst. So aber könntest du wieder dein altes Leben führen, mit deinen Freunden und all den – Um Himmels Willen, so setzte dich doch endlich wieder hin! Du machst mich ja noch ganz verrückt!“, herrschte sie ihn an. Doch Holger zögerte.

„Aber so eine Operation tut doch bestimmt weh“, meinte er mit leiser Stimme.

„Nun sei nicht albern!“, rief Aurora. „Wenn du dich nur hören könntest! Du bekommst doch sicherlich eine Vollnarkose. Holger!“, fuhr sie in einem eindringlichen Ton fort. „Ich könnte es dir nie verzeihen, wenn du mich absichtlich unglücklich machtest!“

Er sah sie mitleidig an, dann setzte er sich wieder.

„Glaube mir, alles ist besser als dieses – Ding da auf deiner Brust“, redete sie mit sanfter Stimme auf ihn ein.

„Und die Narben am Gesäß?“, fragte er, doch sie wischte seinen Einwand mit einer flüchtigen Handbewegung weg.

„Ich bitte dich!“, rieft sie entrüstet. „Wer wird die denn jemals zu Gesicht bekommen?“

*

Nachdem er die Notwendigkeit einer Hauttransplantation eingesehen hatte, war ein Behandlungstermin schnell gefunden worden. Lange Tage verbrachte er nach dem Eingriff auf der Seite liegend, da ihn vorn die Brust, hinten aber das Gesäß schmerzte und ihm auch das Gehen schwerfiel, hatte ihm doch der Chirurg, um auch die unterste Spitze des Muttermals zu ersetzen, bis auf den Oberschenkel hinab Haut entfernt.

Dann endlich war es soweit, dass auch der letzte Verband abgenommen werden konnte, und erst mit einem kritischen Blick, im nächsten Moment aber schon mit einem zufriedenen Lächeln betrachtete Holger seine Brust, auf der sich nur sehr schwach die Umrisse der eingesetzten Haut abzeichneten.

„Die Narben werden noch weiter verblassen“, erklärte der Chirurg, „und sind erst ein paar Haarwurzeln implantiert, gibt es auf Ihrer Brust überhaupt keine Auffälligkeit mehr zu sehen.“

Auch wenn ihn der Gedanke an eine weitere Operation beunruhigte, nickte Holger zu den Worten des Arztes, konnte er doch nichts mehr an sich ausmachen, dass auch nur entfernt an Afrika erinnert hätte. Selbst die Umrisse der Narben ergaben eine ganz andere Form. „Wie kommt das?“, fragte er.

„Um sämtliche Hinweise auf das Muttermal und seine Form zu tilgen, mussten wir ein etwas größeres Stück Haut von Ihrem Gesäß entfernen, mit dem dann der zu ersetzende Hautausschnitt freizügiger ersetzt werden konnte. Sehen Sie?“

Langsam drehte sich Holger vor dem ihm hingehaltenen Spiegel und erschrak. „Das ist ja riesig!“, stieß er entsetzt aus.

„Ich weiß nicht, was du hast“, ergriff sofort Aurora das Wort. „Dort hinten siehst nicht einmal du selbst so genau hin. Und wenn doch, so kannst du dir ja einreden, die nachgewachsene Haut sähe wie – Argentinien aus. Lieber Südamerika am Arsch als Afrika auf der Brust“, beschied sie spöttisch.

„Ich weiß nicht“, meinte er zögernd. Die Größe der rötlich schimmernden Hautpartie irritierte ihn. „Argentinien? Und der separate Fleck dort unten, auf dem Schenkel?“

„Meinetwegen die Falklandinseln“, tat Aurora seine Bedenken ab.

„Auch diese Fläche wird noch an Farbe verlieren“, warf der Chirurg ein. „Am Ende wird nichts mehr zu sehen sein.“ Er hielt den Spiegel etwas gefälliger zum Licht. „Na, was meinen Sie?“

Holger war noch immer unschlüssig, was er von der überraschend großen Fläche künstlicher Haut auf seinem Gesäß und vor allem von der weiter unten gelegenen Partie halten sollte. „Die Falklandinseln gehören gar nicht zu Argentinien“, murmelte er vor sich hin.

*

Die Narben auf Holgers Brust heilten derart gut aus, dass er, auch da sich allen ärztlichen Prognosen zum Trotz ein üppiger Haarwuchs auf der transplantierten Haut einstellte, sein altes Leben wieder aufnehmen konnte, ohne sich noch einem weiteren Eingriff unterziehen zu müssen. Bald schon hielt er sich mit Geschäftspartnern und Freunden wieder auf dem Tennisplatz, im Schwimmbecken oder in der Sauna auf. Holgers unverhoffte Rückkehr, die er als durch verbesserte, seine immer noch ungenannte körperliche Beeinträchtigung minimierende Medikamente ermöglicht erklärte, stieß auf großen Zuspruch.

Er fühlte sich nun, da er nichts mehr zu verbergen hatte, wie befreit und genoss eine zurückgewonnene Selbstsicherheit. Dass die neue Haut am Gesäß und besonders jene von Aurora so genannte Falklandinseln nicht ebenso problemlos verheilten wie das Transplantat auf seiner Brust, bekümmert ihn nicht. Wie auch sein Umfeld achtete er wenig auf diesen Teil seines Körpers, erklärte die Wunde als harmlose Folge eines Reitunfalls und empfand es als äußerst lästig, sich von seiner Frau die für ihn nur schwer zu erreichende allabendlich mit Salben und Pudern versorgen zu lassen.

Während Holger seine wiedergewonnenen Freiheiten genoss, erfüllte Aurora das veränderte Leben an seiner Seite mit grenzenloser Schwermut. Hatte sie vor der Operation darunter gelitten, ausschließlich als die an einen Behinderten vergeudete Schöne zu gelten, musste sie nun, nachdem seine Behinderung aufgrund der von ihm an den Tag gelegten Körperlichkeit an Brisanz verloren hatte, schmerzlich erkennen, dass sich die Gespräche der Freundinnen kaum mehr um sie kreisten. Aurora litt darunter, nicht alle Aufmerksamkeit auf sich gelenkt zu wissen, und stattdessen wie jede andere auch mit Charme und Esprit um eine Teilhabe am Gespräch buhlen zu müssen.

Um ihr Vergnügen gebracht, beäugte Aurora neidisch, wie gewandt und fordernd sich Holger in der Gesellschaft bewegte, während sie neben ihren Freundinnen völlig austauschbar nur eine von all den übrigen, gewöhnlichen Gattinnen war. Unter diesen Umständen widerstrebte es ihr zutiefst, allabendlich zu Holgers weiterer Genesung und damit zu einer weiteren Verschlechterung ihrer Lage beizutragen, und nur spärlich trug sie Salbe und Puder auf. Er aber erkannte ihre Zurückhaltung, wenngleich auch nicht ihre Motive dafür, und mahnte sie mit einer ihr vollkommen unbekannten Bestimmtheit, sich gewissenhafter seiner Wunden anzunehmen. Und so begann Aurora, empört über diese fordernde Haltung und seine Blindheit für ihr Leid, die Salbe mit ruppigen Handbewegungen in das empfindsame Narbengewebe einzumassieren, und freute sich insgeheim über die kleinen, schwach blutenden, doch äußerst schmerzhaften Risse, die sich unter ihrer besonderen Kur auftaten.

Schnell fühlte sie sich von der Lust ergriffen, ihn mit ihrer Behandlung abzustrafen für all die Missachtung, die ihr zuteil wurde nun, da er kaum noch als ernsthaft behindert galt. Sie schabte immer wieder so unauffällig wie möglich und doch unablässig über die blutdurchtränkten, sich auftuenden Narben, und ersehnte dabei nichts mehr als sein gepresst ausgestoßenes Stöhnen, dem sie zufrieden lauschte. Verbiss er sich, bäuchlings auf dem Bett ausgestreckt, diese Klagelaute, stieg eine unbändige Wut in ihr auf und machte sie sich mit versteiften Fingerkuppen über die geschundene Haut her, bis ihn der Schmerz doch noch aufschreien ließ.

Als sie bemerkte, dass sich unter ihrer Behandlung die auf den Oberschenkel transplantierte Haut allmählich abzulösen schien, mischte Aurora Salz unter das Puder und vertauschte die Salbe mit einer ihrer kosmetischen Cremes, um diesen Prozess zu beschleunigen. Nur zu gern hätte sich Holger rücksichtsvolleren Händen anvertraut, doch verstand es Aurora überzeugend vorzugeben, nur das Beste für ihn im Sinne zu haben; auch wollte er weder eine Pflegerin zu sich holen noch sich in eine Klinik begeben, nahm er doch an, beides würde nicht unbemerkt bleiben und Zweifel an seiner wiedergewonnenen Vitalität aufkommen lassen, was es unbedingt zu verhindern galt. Und so blieb er, trotzdem sich sein Gesundheitszustand immer weiter verschlechterte, in der Pflege seiner Gattin, die ihm das wahre Ausmaß seiner Wunde verschwieg aus Furcht, er könnte sich ihr entziehen und so vollends genesen. Da sie diesen Moment jederzeit kommen wähnte, wandte sie umso verzweifelte Methoden an, ihn zu quälen, und redete ihm und auch sich geschickt seine Beschwerden, seine Einschränkungen und zuletzt sogar seine Bettlägerigkeit klein. Dass er fieberte, nahm sie kaum noch wahr, und obwohl sich die transplantierte Haut, einen starken, fauligen Geruch ausströmend, von seinem Oberschenkel ablöste und ein feucht vibrierendes Stück Fleisch freigab, trug sie weiterhin beharrlich ihre Creme auf. Erst als er ohnmächtig wurde, ließ sie von ihm ab, entsetzt über seinen schrecklichen Zustand, den sie erst jetzt in ganzem Ausmaße zu erfassen schien, entsetzt auch über sich selbst. Sie ließ Holger sofort in ein Klinikum bringen, doch die Fäulnis des Gewebes und eine Blutvergiftung hatten ihm inzwischen schwer zugesetzt; sein Bein war unrettbar.

*

Holger ging nicht gern an den Krücken, da es ihn über seine Kräfte und Geduld anstrengte, und so saß er meistens im Rollstuhl. Darüber in tiefe Depression verfallen, erging er sich in wehmütigen Klagen über seine Behinderung, zog sich in seine Villa zurück und suchte nur selten die Gesellschaft seiner Bekannten, was Aurora noch weiter zu beschränken wusste, als er es aus eigenem schwachen Antrieb schon tat, da sein beständiges Jammern einen negativen Eindruck zu hinterlassen drohte. Ungeachtet dessen aber liebte sie ihn mehr denn je, stand sie doch aufgrund seines folgenschweren Rückfalls wieder unangefochten im Mittelpunkt sämtlicher Gespräche, wurde sie als großartiges Beispiel aufopferungsvoller Liebe von den Freundinnen und auch den Männern verehrt und ihr jegliche gelegentliche Launenhaftigkeit nachgesehen, als impulsiver Ausdruck einer geschundenen Seele gedeutet. Und als sich Aurora auf eine Affäre einließ, geschah es unter allgemeiner Duldung und Freude sogar, schien dieses kleine Abenteuer doch die einzige, bescheidene Freiheit zu sein, die sie sich in ihrem ganz und gar von seiner Behinderung geprägten, tragischen Leben herausnahm. Und dankbar und gewissenhaft wusste Aurora alles zu unternehmen, um dieser Deutung ihres Eheglücks gerecht zu werden. So galt sie bald als beste Gattin, die man sich denken konnte.

Das Problem mit Afrika

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