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Direkte und indirekte Überlieferung
ОглавлениеApollodoros’ „Bibliothek“ wurde in Antike und Mittelalter immer wieder abgeschrieben (und dabei mit Anmerkungen versehen, von denen einige beim wiederholten Kopieren versehentlich in den Text gerieten und erst in den modernen Editionen wieder getilgt werden), doch ist keine Abschrift der gesamten „Bibliothek“ erhalten. Es fehlen uns deshalb ein paar kleinere Textteile, vor allem aber fehlt uns der vollständige Text für die Mythen um Theseus, Pelops und den Troianischen Krieg mitsamt den Irrfahrten der Heimkehrer.
So sind wir bei der Rekonstruktion des griechischen Textes der „Bibliothek“ auf unterschiedliche Zeugnisse angewiesen. Deren bestes bietet eine Handschrift aus dem 14. Jahrhundert, der heute in der Nationalbibliothek zu Paris bewahrte Codex Parisinus graecus 2722, der letztlich die direkte oder indirekte Vorlage aller erhaltenen späteren Abschriften war. Von ihm sind aber nur etwa zwei Drittel bewahrt (für 1,12-43.80-115.129-147; 2,1-20.38-76.96-132.152-173; 3,11-46.67-90.112-183), so dass wir die fehlenden Partien des griechischen Textes aus zwei Codices rekonstruieren müssen, die aus dem Parisinus zu einer Zeit abgeschrieben wurden, als dieser noch vollständig erhalten war: aus dem Codex Oxoniensis Laudianus graecus 55 (15. Jahrhundert), der seinerseits häufiger kopiert wurde, und aus dem Codex Monacensis graecus 182, einer guten lateinischen Übersetzung von Auszügen mit griechischen Zitaten, die sich der Humanist Angelus Politianus (Angelo Ambrogini aus Montepulciano) in demselben Jahrhundert anfertigte.
Ebenfalls aus einem noch vollständigen Exemplar der „Bibliothek“ sind unabhängig voneinander zwei Auszüge (Epitomai) erstellt worden: der im Sabbas-Kloster in Jerusalem bewahrte Codex Sabbaïticus 366 aus dem 13. Jahrhundert und der ein Jahrhundert jüngere, in der Vatikanischen Bibliothek bewahrte Codex Vaticanus graecus 950, der wohl eine Arbeit des byzantinischen Gelehrten Johannes Tzetzes (12. Jahrhundert) wiedergibt. Dieser hat die „Bibliothek“ außerdem in seinem Großgedicht „Chiliades“ (E2,15) sowie seinem Kommentar zu Lykophrons „Alexandra“ (E6,15a-c) verwendet, wie dies auch für den anonymen Autor von Zusätzen zu einer (unter dem Namen des Zenobios überlieferten) Sammlung antiker Sprichwörter gilt (E1,13.21). Von Wert sind die Epitomai und die weiteren Textzeugnisse für die Rekonstruktion des Textes der ganzen „Bibliothek“, insbesondere aber für die Teile, im Codex Parisinus und seinen Abschriften fehlen. In der vorliegenden Übersetzung ist für diese Teile von Apollodoros’ Werk die Textgrundlage stets erkennbar: Im Codex Vaticanus überlieferte Textteile stehen in Grundschrift, kursiv hingegen Teile, die ausschließlich – oder umfassender als dort – im Codex Sabbaïticus überliefert sind, außerdem in spitzen Klammern und unter Angabe des Belegs die nur bei anderen Autoren bewahrten Textstücke.