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b) Die bescheidene Gesinnung

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Die hochstrebende Gesinnung also hat, wie wir dargelegt haben, hohe Ehren zum Ziele. Das gleiche Ziel nun darf man als noch für eine andere Art von sittlicher Gesinnung geltend bezeichnen, wie wir gleich im Anfang bemerkt haben, die zur hochstrebenden Gesinnung in einem ähnlichen Verhältnis stehen möchte, wie die vornehme Gesinnung in Geldsachen zur Großherzigkeit steht. Jene vornehme Gesinnung und die, die wir jetzt im Auge haben, verzichten beide auf das Große und setzen, uns dafür zum mäßig Großen und zum Geringen in das rechte und geziemende Verhältnis. Wie es aber im Abgeben und Entgegennehmen von Geldwerten eine rechte Mitte, ein Zuviel und ein Zuwenig gibt, so gibt es auch im Streben nach Ruhm, dem was recht ist gegenüber, ein Mehr und ein Weniger, und das in bezug sowohl auf die Mittel wodurch, als auf die Art und Weise wie man Ruhm erstreben soll. Den Ehrgeizigen tadelt man, weil er mehr als recht ist und mit unrechten Mitteln nach Ruhm strebt, den Mann ohne Ehrgeiz, weil er auch nicht durch edle Taten Ehre zu erwerben sich zum Ziele setzt. Es kommt vor, daß man dem Ehrgeizigen seine Achtung gewährt als einem mannhaft gesinnten und für das Edle begeisterten, und dem Mann ohne Ehrgeiz als einem gemäßigten und besonnenen Mann, wie wir schon oben bemerkt haben. Offenbar hat das Wort Ehrgeiz (philotimon), da wir das Wort, das in der Zusammensetzung die Neigung zu etwas ausdrückt, in verschiedenem Sinne gebrauchen, auch nicht immer die gleiche Bedeutung; wir billigen ihn, wenn wir dabei an ein höheres Streben als das der Mehrzahl, und tadeln ihn, wenn wir an ein eifrigeres Streben als das sittlich angemessene denken. Da aber für die Bezeichnung der rechten Mitte ein besonderer Ausdruck nicht geprägt ist, so macht es den Eindruck, als stritten sich die beiden Extreme um den dadurch leer gelassenen Platz. Wo es aber ein Zuviel und ein Zuwenig gibt, da gibt es auch eine rechte Mitte. Man strebt nach Ruhm mehr oder weniger als recht ist; also gibt es auch ein Streben im rechten Maß. Diese letztere Haltung als festgewordene Gesinnung ist es, die sich Hochachtung erwirbt; es ist die rechte Mitte in dem Streben nach Ruhm, für die es ein eigenes Wort nicht gibt. Dem Ehrgeiz gegenüber nimmt sie sich aus als Gleichgültigkeit gegen die Ehre, solcher Gleichgültigkeit gegenüber als Ehrgeiz, und beiden gegenüber als wäre sie das eine und das andere. So nun verhält es sich eigentlich auch bei den anderen Arten von sittlicher Gesinnung; nur daß hier die beiden Extreme allein den Gegensatz zu bilden scheinen, weil es für die rechte Mitte an einem eigenen Ausdruck fehlt.

Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst

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