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b) Eintracht

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Als eine Art der Befreundung stellt sich ferner auch die Eintracht zwischen Mitbürgern dar. Sie bedeutet deshalb nicht bloße Gleichheit der Ansichten, diese kann auch zwischen solchen stattfinden, die einander persönlich unbekannt sind. Man spricht von Eintracht auch nicht bei solchen, die über irgendeinen beliebigen Gegenstand, z.B. über astronomische Fragen, gleicher Meinung sind; gleiche Ansichten in diesem Punkte zu haben hat mit freundschaftlicher Zuneigung gar nichts zu schaffen. Sondern von Eintracht spricht man im Staate, wenn die Bürger über das was dem Staate frommt übereinstimmen, wenn sie dieselben Ziele verfolgen und sich im Sinne der öffentlich gefaßten Beschlüsse betätigen. Einträchtig ist man also in Fragen der Praxis und zwar in solchen, die eine gewisse Bedeutung haben und für zwei oder für alle wichtig sind. So wenn im Staate alle die Ansicht haben daß die Beamten durch Wahl einzusetzen sind, oder daß ein Bündnis mit Lakedämon geschlossen werden oder Pittakus zu der Zeit die Regierung führen soll, wo auch er selbst es wollte. Hält dagegen jeder an seinem Willen zu herrschen fest, wie die feindlichen Brüder in Euripides' »Phönizierinnen«, dann leben sie in Zwietracht.

Einträchtig sein heißt nicht, daß zwei bloß denselben Gegenstand welcher es auch sei ins Auge fassen, sondern es gehört dazu auch, daß sie denselben Gegenstand auch derselben Person zuwenden wollen: so wenn das Volk und die oberen Klassen einig sind, daß die Besten die Herrschaft haben sollen; denn dann erlangen alle was sie anstreben. Die Eintracht stellt sich also als freundschaftliche Gesinnung unter Mitbürgern dar, und so faßt sie auch der Sprachgebrauch; sie dreht sich um die öffentlichen Interessen und um das was dem praktischen Leben dient.

Eintracht in diesem Sinne herrscht zwischen Menschen von edler Art. Solche leben mit sich selbst und untereinander in Eintracht, da sie im Grunde gleiche Gesinnung hegen. Menschen von dieser Art beharren bei ihren Entschließungen und fluten nicht hin und her wie die Strömungen in einer Meerenge; ihr Wille ist auf das Gerechte und Heilsame gerichtet, und das bezeichnet auch ihr Streben für das Gemeinwesen. Dagegen können Menschen von niederer Gesinnung unmöglich Eintracht halten oder können es doch nur für kurze Zeit, gerade wie es mit der Freundschaft zwischen ihnen der Fall ist. Wo es einen Vorteil gibt, da bedenken sie immer nur sich selbst, und wo es gilt eine Mühe oder eine Leistung zu übernehmen, da versagen sie. Da jeder so mit seinem Willen auf den eigenen Nutzen gerichtet ist, so krittelt er an dem anderen herum und bildet nur ein Hindernis. Denn ein Gemeinwesen muß zugrunde gehen, wenn es nicht wohl gepflegt wird. Die Folge ist allgemeine Zwietracht; einer schiebt dem anderen die Nötigung zu; selbst aber will keiner leisten was die Gerechtigkeit fordert.

Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst

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